Schacholympiade: Die Stimmen zum Abschluss

von André Schulz
11.08.2022 – Paul Meyer-Dunker hat bei der Schacholympiade zu jeder Runde Videointerviews gemacht und den mitfieberden deutschen Schachfreunden die Spieler näher gebracht. Nach der letzten Runde erwischte er alle Spieler und Trainer noch einmal für ein abschließendes Fazit.

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Paul Meyer-Dunker hat nach der letzten Runde noch einmal die Spieler und die Teamcaptains Yury Yakovich und Jan Gustafsson befragt und um ihr Fazit gebeten.

Elisabeth Pähtz ist mit dem Ergebnis des Frauenteams zufrieden - die deutschen Frauen belegten mit 16 Punkten den 6. bis 14. Platz, nach Feinwertung Platz 10. Es wäre auch noch ein besseres Ergebnis möglich gewesen, denn das Match gegen die favorisierte Ukraine war sehr eng, die deutschen Frauen unterlagen schließlich knapp mit 1:5:2,5. Deutschlands langjährige Nummer Eins im Frauenschach wies darauf hin, dass die deutsche Frauennationalmannschaft hier erstmals mit einem vorwiegend sehr jungen Team am Start war und glaubt, dass die jungen Spielerinnen sich noch verbessern werden. Die Zukunft sehe gut aus, meint Elisabeth Pähtz. Sie hofft, dass eine Spielerin sie einmal in der Elozahl einholen werde. Elisabeth Pähtz, inzwischen 37 Jahre alt, möchte sich in einigen Jahren aus dem Turnierschach zurückziehen.

Dinara Wagner ist kürzlich in den Deutschen Schachverband gewechselt und spielte erstmals in der deutschen Nationalmannschaft. Sie hatte unglücklich ihre Partie gegen die Ukraine verloren, konnte aber den entscheidenden Sieg gegen Indonesien beisteuern. Mit ihrem persönlichen Ergebnis von 6,5 aus 9 ist sie ebenso zufrieden wie mit dem Ergebnis der Mannschaft.

Mit 2,5 aus 6 hatte Hanna Marie Klek das schlechteste Ergebnis im Frauenteam: "Das Turnier war für mich eine Katastrophe", sagt sie, "ich bin nie ins Turnier hineingekommen. Wenigstens konnte ich mich  über die Ergebnisse des Teams freuen. Leider habe ich mit meinem schlechten Ergebnis ein besseres Teamergebnis verhindert." Hanna Marie Klek will nun etwas Abstand gewinnen und dann analysieren, wieso sie Fehler gemacht hat, die sie sonst nicht macht.

Josefine Heinemann ist mit ihrem Ergebnis an Brett zwei (6 aus 9) im Großen und Ganzen zufrieden. Sie hat nur eine Partie verloren. Die Niederlage führte dann aber unglücklicherweise zu einem Matchverlust. Da dies schon recht früh im Turnier geschah, wirkte es sich für das Endergebnis nicht zu negativ aus. Josefine Heinemanns Fazit fällt positiv aus. Josefine Heinemanns nächstes großes internationales Turnier wird die Europameisterschaft der Frauen sein.

Jana Schneider ist überglücklich mit ihrem persönlichen Ergebnis, der Einzelgoldmedaille an Brett fünf, bei ihrer ersten Schacholympiade. Sie hatte es nur knapp in die Mannschaft geschafft und mit so einem Ergebnis überhaupt nicht gerechnet. Sie freut sich, dass sie damit auch der Mannschaft helfen konnte.

Frauentrainer Yury Yakovich konnte wegen einer Covid-Infektion erst verspätet anreisen. Die Niederlage gegen die Ukraine war sehr unglücklich, meint er. Yakovich freut sich aber, dass sein Team dem späteren Goldmedaillengewinner einen so harten Kampf geliefert hat. Der wichtige Sieg über Indonesien brachte dem Team Platz 10 ein, was ein gutes Ergebnis ist. Man kann zuversichtlich in die Zukunft schauen, meint Yakovich. Die Stimmung im Team sei ausgezeichnet gewesen.

Einige der Spielerinnen spielen nun in Magdeburg ein Qualifikationsturnier um den Ausrichter-Freiplatz beim Qualifikationsturnier in München, das Anfang 2023 dort ausgetragen wird.

Dieter Nisipeanu stand noch unter dem Eindruck des letzten Matches gegen Indien 2 (1:3). Mit seinem persönlichen Ergebnis und dem Ergebnis der Mannschaft ist Nisipeanu nicht zufrieden. Er habe in seinen Partien nicht die Sicherheit gezeigt, die er zeigen sollte. Er zeigte sich auch mit der Art seiner Vorbereitung nicht zufrieden. "Mit der Jugend kann ich mit dem Gedächtnis nicht mithalten. Ich muss mich schlauer vorbereiten." Die junge deutsche Mannschaft sei superstark und müsste eigentlich um eine Medaille kämpfen können.

Auch Rasmus Svane ist enttäuscht über das Ergebnis. Nur Vincent Keymer habe gut gespielt, die anderen vier Spieler seien nicht in Form gewesen. Trotz dieses Umstandes hätte man vor der letzte Runde noch eine gute Ausgangsposition für ein gutes Ergebnis gehabt. Es habe dann aber nicht geklappt: "Die gegnerische Mannschaft hat viel besser gespielt und wir haben keine Chance gehabt. Die Stimmung war gut im Team. daran hat es nicht gelegen. Auch Jan Gustafsson hat einen guten Job gemacht. Aber die Einzelperfomance hat nicht gestimmt. Wir haben zu viele Partien verloren."

Dmitrij Kollars ist nach der langen Olympiade sei müde. Einiges sei schief gelaufen, meint er. Die Zusammenarbeit mit Jan Gustafsson war sehr gut, urteilt Dmitrij Kollars. "Er hat uns viele Anregungen gegeben. Einiges hat in den Partien auch funktioniert."

Vincent Keymer freut sich über das tolle Erlebnis bei seiner ersten Schacholympiade. Er meint, dass er auch "halbwegs anständig" gespielt habe. Sein Ergebnis sei ganz in Ordnung. Das Gesamtergebnis mit dem 18. Platz sei nicht zufriedenstellend, aber in der letzten Runde hatte die deutsche Mannschaft Lospech, sei sehr weit nach oben gelost worden. Das letzte Resultat spiele für das Endergebnis eine sehr große Rolle. Die Mannschaft habe dennoch viel Potenzial.

Matthias Blübaum blickt aus persönlicher Sicht und aus Sicht der Mannschaft auf ein enttäuschendes Turnier zurück. "Für mich persönlich ein sehr schlechtes Turnier. Wir können nicht wirklich zufrieden sein, auch wenn der Gegner in der letzten Runde sehr stark war und die Niederlage uns weit zurückgeworfen hat." Matthias Blübaum hatte viel Stress in der jüngeren Zeit, hat jetzt sein Studium abgeschlossen und will sich nun wieder als Profi ganz aufs Schach konzentrieren.

Auch Jan Gustafssons Fazit fällt negativ aus. Das Ergebnis sei enttäuschend. "Außer Vincent Keymer kann keiner zufrieden sein." Als positive Aspekte der Schacholympiade nennt Gustafsson die Perspektive von Vincent Keymer und den ausgezeichneten Teamspirit der Spieler miteinander. Ungeachtet des diesmal nicht so tollen Ergebnisse wachse eine sehr starke Spielergeneration heran.


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.