Schacholympiade: Vladimir Fedoseev schlägt besten Spieler aller Zeiten

von Stefan Liebig
21.09.2024 – Am Vortag wurde Carlsen noch als „Bester Spieler aller Zeiten“ ausgezeichnet, am Freitrag musste er sich nach einer faszinierenden Partie Vladimir Fedoseev geschlagen geben. Das 1:3 gegen Slowenien beendete wohl die Medaillenhoffnungen der Norweger. Ganz anders die Inder: Das 2:2 gegen Usbekistan lässt sie mit einem beruhigenden Vorsprung in die Partie gegen die USA gehen. Einen Führungswechsel gab es bei den Frauen: Nach dem 2:2 gegen die USA mussten die Inderinnen Kasachstan vorbeiziehen lassen, die hatten Polen mit 2,5:1,5 besiegt. Die deutschen Frauen gewannen 3:1 gegen England, während die Männer gegen Armenien mit 1,5:2,5 erneut nicht überzeugen konnten. | Fotos: Michal Walusza, Maria Emelianova, Mark Livshitz (FIDE), Titelfoto: Michal Walusza / Katharina Reinecke (DSB)

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Gens una sumus

Das Titelbild von den Teams der Kap Verden und dieses Foto mit den Spielern aus Eritrea, stehen exemplarisch für die faszinierende Vielfalt der sich dem Ende entgegen neigenden Schacholympiade in Budapest. Natürlich geht es immer um Titel und Höchstleistungen, doch genauso wichtig ist auch das Treffen der Schachvölker dieser Welt. Man sieht und spürt mit welcher Freude die Teams aus aller Welt dabei sind und wie stolz es sie macht, im selben Turnier wie Ding, Gukesh, Carlsen, Caruana etc. zu spielen.

Olympiade Offene Klasse

Die Spannung strebt ihrem Höhepunkt entgegen: Dank der Usbeken konnten die Inder noch nicht komplett davonziehen und haben vor dem heutigen Match der beiden Topgesetzten USA und Indien „nur“ zwei Mannschaftspunkte Vorsprung. Immerhin genug, um selbst bei einer Niederlage wohl dank der Wertung noch vorne zu bleiben.

Der Ex-Weltmeister und usbekische Teamchef Wladimir Kramnik hatte sich sicher mehr als ein 2:2-Unentschieden erhofft.

Das Match gegen Usbekistan navigierten die Inder in den Remishafen. Aber es verlief keineswegs so friedlich, wie die vier Remisen es vermuten lassen könnten. Zunächst überraschten die Usbeken schon mit ihrer Aufstellung. Zwar spielte an 1 Topmann Abdusattorov, aber der zweite Nodirbek – nämlich Yakubboev – bekam seine erste Auszeit.

Die beiden sensationell spielenden Topbretter Gukesh Dommaraju und Abdusattorov, die mit 6,5 aus 7 bzw. 7,5 aus 8 ins Turnier gestartet sind, trafen aufeinander. Beide sind auch nach der Partie noch ungeschlagen.

Die Toppunktesammler Gukesh und Abdusattorov trennten sich Remis. Gukesh gelang es zwar, seinen Gegner mit einem seltenen sizilianischen Abspiel zu überraschen, für einen Sieg reichte es aber nicht.

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Die wohl vielversprechendste Partie für den Verfolger Usbekistan entwickelte sich an Brett 2. Doch Javokhir Sindakov konnte einfach die Verteidigungswand von Praggnanandhaa Rameshbabu nicht durchbrechen.

Arjun Erigaisi steht nach dem Remis gegen Shamsiddin Vokhidov nun bei überragenden 8 Punkten aus 9 Partien.

Da auch Vokhidov gegen den bislang so überzeugend auftretenden Erigaisi extrem umsichtig verteidigte, ging auch die Partie an Brett 3 unentschieden aus. Da Vidit Gujrathi bereits früh gegen Jakhongir Vakhidov eine Zugwiederholung angestrebt hatte, war das 2:2 zwischen dem aktuellen Titelfavoriten und dem Titelverteidiger perfekt.

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Niederlage für Carlsen

Eine dicke Überraschung war das 3:1 der Slowenen gegen die mit Medaillenambitionen gestarteten Norweger. Vladimir Fedoseev gelang es dabei am ersten Brett, das scheinbar Unmögliche zu schaffen: Er besiegte Magnus Carlsen im Endspiel. Auf die Bemerkung von Peter Svidler, dass er ihm bei der Analyse kein Lächeln entlocken konnten, reagierte Fedoseev wie folgt: „Es ist schwer, nach so einer Partie zu lächeln, es sind einfach keine Emotionen mehr da.“

Am Abend zuvor wurde Carlsen beim Gala-Dinner der FIDE noch zum besten Spieler aller Zeiten erklärt – das schien Fedoseev wenig zu beeindrucken.

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Der ehemalige Weltmeister verlor also, der aktuelle schaffte immerhin ein Remis. Doch nach seiner dreitägigen Ruhephase stand Ding Liren eigentlich sehr vielversprechend gegen Parham Maghsoodloo. Der Weltmeister hat wohl weiterhin mit seiner Form zu kämpfen:

China besiegte den Iran dennoch knapp mit 2,5:1,5. Entscheidend war, dass Wei Yi mit den schwarzen Steinen Amin Tabatabaei bezwang.

In Runde 10 trifft China in einem der Schlüsselspiele des Turniers auf Usbekistan.

Ein weiteres wichtiges Duell war das Aufeinandertreffen der topgesetzten Amerikaner und der Gastgeber. Das Team USA siegte dank des Sieges von Leinier Dominguez über Sanan Sjugirov gegen Ungarn mit 2,5:1,5 und überholte seine Gegner in der Turnierwertung.

Spannend verlief auch das Duell Peter Leko gegen Wesley So. Letzterer überraschte die ungarische Legende mit einer seltenen Eröffnungsvariante. Der spannende Kampf endete remis.

In der vorletzten Runde des Turniers kommt es nun zu einem spannenden Duell zwischen den USA und Indien. Wenn das Team von Fabiano Caruana eine Chance auf Gold haben will, muss es sein Bestes geben, um diese Partie zu gewinnen.

Deutsches Herrenteam verliert

„Nicht doll, wenn wir ehrlich sind“, hatte Bundestrainer GM Jan Gustafsson schon vor der Partie gegen Armenien zum Turnierverlauf gesagt. In Runde 9 lief es noch weniger doll. 1,5:2,5 unterlag die DSB-Auswahl Armenien. „Super bitter“, fand das GM Dimitrij Kollars: „Es war heute das wichtigste Match und wir hatten nie eine Chance, etwas zu gewinnen.“ Die Niederlage hätte sogar noch deutlicher ausfallen können. Doch da lediglich Matthias Blübaum verlor, während Vincent Keymer und Alexander Donchenko schwierige Partien ins Remis retten konnten und die Partie von Kollars reicht ereignislos unentschieden endete, stand am Ende die knappe Niederlage. Deutschland fällt damit auf Rang 20 zurück und spielt in Runde 10 gegen Argentinien.

Das deutsche Team vor dem Kampf gegen Armenien.

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Ergebnisse

Team Pkt. MP Erg. : Erg. MP Pkt. Team
India 27 16 2 : 2 14 23 Uzbekistan
United States of America 23 13 : 14 21 Hungary *)
China 21½ 13 : 13 20½ Iran
Norway 21½ 12 1 : 3 12 23½ Slovenia
Armenia 20½ 12 : 12 23½ Germany
England 20 12 2 : 2 12 21½ Vietnam
Turkiye 21 12 2 : 2 12 21½ Spain
Ukraine 20½ 12 3 : 1 12 22 Georgia
Cuba 20 12 1 : 3 12 20½ Serbia
Netherlands 19½ 11 : ½ 12 21 Brazil
Czech Republic 22½ 11 : 11 19½ Poland
Greece 20½ 11 2 : 2 11 20½ Azerbaijan
France 21 11 : 11 19½ Italy
Romania 20 11 : 11 18½ Austria
Moldova 19½ 11 : 10 20½ Israel

94 Matches

Stand nach 9 Runden

Rg. Team  Wtg1 
1 India 17
2 United States of America 15
3 Uzbekistan 15
4 China 15
5 Slovenia 14
6 Ukraine 14
7 Serbia 14
8 Hungary 14
9 Armenia 14
10 Vietnam 13
11 Turkiye 13
12 Spain 13
13 Romania 13
14 Iran 13
15 England 13
16 Netherlands 13
17 France 13
18 Poland 13
19 Moldova 13
20 Germany 12
21 Azerbaijan 12
22 Georgia 12
23 Norway 12
24 Lithuania 12
25 Philippines 12

189 Teams

Partien

Frauenolympiade

Bei den Frauen wurde im Spitzenspiel zwischen Kasachstan und Polen der erste Zug von Tahir Taghi-Zadeh, dem Botschafter Aserbaidschans in Ungarn, in Anwesenheit von Mahir Mamedov, dem FIDE-Vizepräsidenten und Präsidenten des aserbaidschanischen Schachverbandes, eröffnet. Die drei Partien an den Spitzenbrettern endeten unentschieden, so dass die Partie zwischen Alicja Sliwicka und Alua Nurman den Ausschlag geben musste. Wer auch immer gewinnen würde, würde seiner Mannschaft den Sieg und die Führung in der Frauenwertung sichern. Vor dem 40. Zug sah es vielversprechend für Sliwicka aus, aber nach der Zeitkontrolle überspielte Schwarz ihre Gegnerin langsam. Nach einem quälenden Kampf mit 86 Zügen gewann die 17-jährige Nurman die Oberhand und brachte das Team Kasachstan an die Spitze der Gesamtwertung.

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Die Partie zwischen dem bisherigen Tabellenführer Indien und der Nummer 7 des Turniers, den USA, endete mit einem umkämpften Remis. Gulrukhbegim Tokhirjonova besiegte Vaishali Rameshbabu am Spitzenbrett, und mit Remis an den Brettern 2 und 4 sah es für die USA vielversprechend aus. Doch Irina Krush geriet in Zeitnot, und Vantika Agrawal nutzte ihre Chance zum Ausgleich. Indien liegt nun einen Punkt hinter dem Tabellenführer zurück.

Deutsches Team pirscht sich an die Spitzengruppe heran

Keine Sorge: ChessBase-Reporter Arne Kaehler hat nicht das Spitzenbrett im deutschen Damenteam übernommen!

Große Freude gab es aber bei den deutschen Frauen und das, obwohl gleich mehrere Frauen kränkeln. „Es ist aus körperlicher Sicht ein schwieriges Turnier für einige“, sagt Bundestrainer Yuri Yakovich, „aber sie kämpfen, und der Teamgeist ist sehr gut.“ Die beiden Spitzenbretter Dinara Wagner  – gegen Lan Yao – und Elisabeth Pähtz – gegen Jovanka Houska – remisierten zwar wieder gegen deutlich niedriger geratete Spielerinnen, doch der Blick auf die anderen Bretter hatte sie nicht getäuscht: Zwei Siege folgten.

Mit ihrem hart erkämpften Sieg war Hanna Maria Klek die Matchwinnerin gegen England.

Josefine Heinemann trumpfte von Beginn an auf gegen Harriet Hunt und gewann souverän.

Hanna Marie Klek hingegen hatte eine hart umkämpfte Partie gegen Katarzyna Toma. Sie erspielte sich eine gute Stellung und schließlich überschritt die Gegnerin im 40. Zug die Zeit. 


In der vorletzten Runde geht es für die deutschen nun gegen die starken Polinnen, die wie oben beschrieben gestern den Spitzenkampf gegen Kasachstan verloren haben. Beide Teams sind punktgleich mit Rang 3 und nur einen Punkt hinter Indien, das wiederum nur einen Punkt hinter Spitzenreiter Kasachstan.

Ergebnisse

Team Pkt. MP Erg. : Erg. MP Pkt. Team
Kazakhstan 23 14 : 14 23 Poland
Canada 19 11 : 11 23 Hungary *)
United States of America 24 13 2 : 2 14 23 India
Ukraine 20½ 13 2 : 2 13 23½ Armenia
France 21½ 12 ½ : 12 20 Georgia
China 26½ 12 3 : 1 12 20½ Turkiye
Germany 22 12 3 : 1 12 22½ England
Netherlands 20 12 ½ : 12 23½ Spain
Bulgaria 21 12 : 12 24 Vietnam
Switzerland 22½ 12 0 : 4 11 19½ Azerbaijan
Mongolia 18½ 11 4 : 0 11 19 Austria
Serbia 19½ 11 2 : 2 11 18½ Uzbekistan
Italy 19 11 2 : 2 11 22½ Iran
Israel 21½ 11 4 : 0 11 19½ Mexico
Argentina 20½ 10 3 : 1 11 20 Bangladesh

85 Matches

Stand nach 9 Runden

Rg. Team  Wtg1 
1 Kazakhstan 16
2 India 15
3 China 14
4 Armenia 14
5 Poland 14
6 United States of America 14
7 Spain 14
8 Germany 14
9 Ukraine 14
10 Georgia 14
11 Vietnam 14
12 Azerbaijan 13
13 Hungary 13
14 Israel 13
15 Mongolia 13
16 England 12
17 Iran 12
18 Bulgaria 12
19 France 12
20 Switzerland 12
21 Argentina 12
22 Romania 12
23 Serbia 12
24 Turkiye 12
25 Estonia 12

169 Teams

Partien

Links

Offizielle Turnierseite...

Ergebnisse und Tabelle bei Chess-Results: Offenes Turnier | Frauenturnier


Stefan Liebig, geboren 1974, ist Journalist und Mitinhaber einer Marketingagentur. Er lebt heute in Barterode bei Göttingen. Im Alter von fünf Jahren machten ihn seltsame Figuren im Regal der Nachbarn neugierig. Seitdem hat ihn das Schachspiel fest in seinen Bann gezogen. Höhenflüge in die NRW-Jugendliga mit seinem Heimatverein SV Bad Laasphe und einige Einsätze in der Zweitligamannschaft von Tempo Göttingen waren Highlights für den ehemaligen Jugendsüdwestfalenmeister.
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