Schacholympiade: Macht Indien den Doppelsieg perfekt?

von Stefan Liebig
21.09.2024 – Was haben Indien und Deutschland nach der Vorletzten Runde gemeinsam? Nun, die Teams beider Nationen liegen jeweils auf demselben Platz in der Open- und der Frauenkategorie: Der Unterschied ist nur, dass die beiden indischen Teams auf Rang 1 und die beiden deutschen auf Rang 13 liegen. | Fotos: Michal Walusza, Maria Emelianova, Mark Livshitz (FIDE), Titelfoto: Mark Livshitz / Katharina Reinecke (DSB)

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Olympiade – Offenes Turnier

Lässt sich Indien noch den alleinigen Sieg bei der 45. Schacholympiade in Budapest wegschnappen? Wohl kaum. Auch die topgesetzten Amerikaner kamen im Kampf gegen die jungen Inder unter die Räder. Am Ende hieß es 2,5:1,5 für Gukesh, Pragg, Erigaisi und Vidit. Vor der letzten Runde hat das Team nun volle zwei Mannschaftspunkte Vorsprung auf die Chinesen, die mit demselben Ergebnis gegen Titelverteidiger Usbekistan gewonnen haben.

Das Titelbild zeigt das große Interesse an der Spitzenpaarung dieses Turniers: Gukesh Dommaraju mit bisher 7 Punkten aus 8 Partien traf mit seinen bislang ungeschlagenen Indern (erst ein Unentschieden gegen Usbekistan in Runde 9) auf den US-Spitzenspieler Fabiano Caruana, der seine ersten vier Partien gewann und danach viermal remisierte. Gukesh gab im Interview nach der Partie zu, von der Eröffnungswahl Caruanas überrascht gewesen zu sein, doch davon ließ er sich nicht von seinem beeindruckenden Lauf abbringen und spielte erneut eine überzeugende Partie. Mit diesem Sieg steht Gukesh bei einer Performance von über 3000 Punkten.

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Nicht so gut lief es für Praggnanandhaa Rameshbabu an Brett 2. Er spielte gegen Wesley So und verlor gegen einen starken weißen Angriff. So landete damit den einzigen US-Sieg. „Pragg“ hat mit 5 aus 9 die deutlich schlechteste Punktausbeute im überragenden indischen Team.

Wesley So steht nun bei 5,5 aus 10 – allerdings dürfte ihn das wenig trösten, denn für die USA haben sich damit alle Titelträume in Luft aufgelöst.

Wie gewohnt stark spielte Arjun Erigaisi. Nach seinem nie gefährdeten Sieg gegen Leinier Dominguez steht er nun bei 9 aus 10 und hat bislang als einziger Inder alle Matches bestritten.

Spielt eine großartige Olympiade: Arjun Erigaisi.

Den noch fehlenden halben Punkt für Indien holte Vidit Gujrathi mit Schwarz gegen den lange drückenden Levon Aronian klar. 2,5:1,5 und Indien bleibt weiter unangefochten vorne.

Die zweite Toppaarung des Tages war die zwischen China und Usbekistan. Tragisches spielte sich an Brett 1 ab. Mit großer Verwunderung konnte man beobachten, wie sich Nodirbek Abdusattorov schnell in eine verlorene Stellung blitzte. Und wie so oft in diesem Jahr und auch bei dieser Olympiade konnte Ding Liren seinen riesigen Vorteil nicht nutzen. Die Partie endete Remis:

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Da aber Dings Mannschaftskollegen an Brett zwei und drei gewannen, konnte sich Ding zumindest über den Teamerfolg freuen. Hier die Siege von Wei Yi gegen Nodirbek Yakuboev und von Yu Yangyi gegen Javokhir Sindarov:

Für Usbekistan konnte lediglich Shamsiddin Vokhidov gegen Wang Yue einen vollen Punkt erzielen und so hieß es am Ende 2,5:1,5 für China:

Angeführt vom Carlsen-Bezwinger Vladimir Fedoseev stürmte Slowenien auf den alleinigen dritten Platz hinter Indien und China – und das als 26. der Setzliste. Zwar gewann Fedoseev gegen Anish Giri im Kampf gegen die Niederlande nicht. Aber die Remisen an den ersten drei Brettern plus der Sieg von Matej Sebenik gegen Benjamin Bok, machte auch hier ein überraschendes 2,5:1,5 für die Slowenen perfekt.

Damit haben sich die Slowenen einen Abschluss im Rampenlicht erarbeitet: Sie spielen an 1 gegen die Inder. Allerdings liegen sie bereits drei Mannschaftspunkte dahinter, können also nicht mehr Erster werden. China hingegen möchte mit einem Sieg gegen die USA die Chance wahren, auf den letzten Drücker noch mit Indien gleichzuziehen.

Deutsches Team gewinnt und spielt in Runde 11 gegen Bulgarien 

Gegen Argentinien gewann Deutschland standesgemäß. Beim 3:1 gab es Weißsiege von Vincent Keymer und Matthias Blübaum, während Dimitrij Kollars und Topscorer Frederik Svane mit Schwarz remisierten. Durch den Sieg schoben sich die Deutschen auf Rang 13 mit jetzt 14 Punkten. Damit zogen sie mit den deutschen Damen in der anderen Gruppe gleich. Die Herren möchten mit einem Abschlusssieg gegen Bulgarien noch in die Top 10 vorstoßen.

Spielt ein starkes Turnier und hat jetzt 7 Punkte aus 9 Partien: Matthias Blübaum.

Ergebnisse

Team Pkt. MP Erg. : Erg. MP Pkt. Team
India 29 17 : 15 25½ United States of America
Hungary *) 22½ 14 2 : 2 14 23½ Serbia
Uzbekistan 25 15 : 15 24 China
Ukraine 23½ 14 2 : 2 14 23 Armenia
Slovenia 26½ 14 : 13 23 Netherlands
France 23½ 13 : 13 22 England
Iran 22 13 2 : 2 13 22½ Romania
Poland 22 13 2 : 2 13 23 Turkiye
Vietnam 23½ 13 : 13 23½ Spain
Norway 22½ 12 2 : 2 13 22 Moldova
Germany 25 12 3 : 1 12 21½ Argentina
Azerbaijan 22½ 12 3 : 1 12 21 Cuba
Greece 22½ 12 : 12 22½ Montenegro
Sweden 21½ 12 : 12 23 Bulgaria
Brazil 21½ 12 : 12 22½ Hungary B

94 Matches

Stand nach 10 Runden

Rg. Team  Wtg1 
1 India 19
2 China 17
3 Slovenia 16
4 United States of America 15
5 Uzbekistan 15
6 Ukraine 15
7 Serbia 15
8 Hungary 15
9 Armenia 15
10 Spain 15
11 France 15
12 Azerbaijan 14
13 Germany 14
14 Turkiye 14
15 Romania 14
16 Georgia 14
17 Iran 14
18 Greece 14
19 Poland 14
20 Bulgaria 14
21 Kazakhstan 14
22 Moldova 14
23 Brazil 14
24 Chile 14
25 Vietnam 13

189 Teams

Partien

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Frauenolympiade

Deutlich spannender wird die letzte Runde vermutlich bei den Frauen verlaufen: Hier liegen Indien und Kasachstan mit 17 Punkten einen Punkt vor den USA und Polen. Es folgen fünf Teams mit 15 Punkten. Deutschland blieb nach der 1,5:2,5-Niederlage gegen Polen leider bei 14 Punkten stehen und liegt nun auf Rang 13 statt punktgleich mit Rang 3. 

Der Sprung zurück an die geteilte Spitze gelang Indien durch ein 2,5:1,5 gegen China. Vaishali Rameshbabu hielt den entscheidenden halben Punkt gegen Qi Guo fest, nachdem auch Harika Dronavalli gegen Jiner Zhu und Agrawal Vantika gegen Lu Miaoyi remisiert hatten. Matchwinnerin war Desmukh Divya mit ihrem Sieg gegen Shiqun Ni:

Brachte Indien zurück an die Spitze: Desmukh Divya.

Indien konnte mit Kasachstan gleichziehen, da in deren Kampf gegen Georgien alle Partien Remis endeten. Hier die Begegnung am Spitzenbrett:

Die Abschlussrunde mit den Partien zwischen Kasachstan und den USA, Indien und Aserbaidschan sowie Polen und Georgien versprechen viel Nervenkitzel.

Medaillenträume für deutsche Damen passé

Schade, mit einem Sieg hätte sich Deutschland den dritten und vierten Platz mit den USA geteilt und weiter von einer Medaille träumen können. Doch Polen erwies sich als etwas zu stark. Zwar konnten die ersten drei Bretter ein Remis erkämpfen, doch Hanna Maria Klek, die gestern noch den entscheidenden Punkt gegen England erobert hatte, verlor gegen Oliwia Kiolbasa:

An den Spitzenbrettern spielten Dinara Wagner mit Schwarz gegen Alina Kashlinskaya und Elisabeth Pähtz gegen Monika Socko remis. Hinzu kam die Punkteteilung an Brett 3 von Josefine Heinemann gegen Aleksandra Maltsevkaya. 

Spielte remis gegen Monika Socko: Elisabeth Pähtz.

In der letzten Runde geht es nun gegen Armenien um eine gute Abschlussplatzierung.

Ergebnisse

Team Pkt. MP Erg. : Erg. MP Pkt. Team
Georgia 23½ 14 2 : 2 16 25½ Kazakhstan
Vietnam 26½ 14 : 13 25½ Hungary *)
India 25 15 : 14 29½ China
Poland 24½ 14 : 14 25 Germany
United States of America 26 14 : 14 22½ Ukraine
Spain 27 14 2 : 2 14 25½ Armenia
Azerbaijan 23½ 13 : 13 22½ Mongolia
Bulgaria 22½ 12 : 13 25½ Israel
France 22 12 2 : 2 12 21 Slovakia
Uzbekistan 20½ 12 3 : 1 12 23½ England
Latvia 21½ 12 : 12 21½ Turkiye
Iran 24½ 12 2 : 2 12 20½ Netherlands
Estonia 21½ 12 : 12 21½ Serbia
Lithuania 21½ 12 2 : 2 12 22½ Switzerland
Romania 23 12 3 : 1 12 21 Brazil

85 Matches

Stand nach 10 Runden

Rg. Team  Wtg1 
1 India 17
2 Kazakhstan 17
3 United States of America 16
4 Poland 16
5 Spain 15
6 Armenia 15
7 Georgia 15
8 Hungary 15
9 Azerbaijan 15
10 China 14
11 Vietnam 14
12 Ukraine 14
13 Germany 14
14 Romania 14
15 Bulgaria 14
16 Argentina 14
17 Serbia 14
18 Uzbekistan 14
19 Turkiye 14
20 Italy 14
21 Iran 13
22 Mongolia 13
23 Israel 13
24 France 13
25 Canada 13
26 Greece 13
27 Switzerland 13
28 Peru 13
29 Netherlands 13
30 Slovakia 13
31 Lithuania 13
32 Austria 13

169 Teams

Partien

Links

Offizielle Turnierseite...

Ergebnisse und Tabelle bei Chess-Results: Offenes Turnier | Frauenturnier


Stefan Liebig, geboren 1974, ist Journalist und Mitinhaber einer Marketingagentur. Er lebt heute in Barterode bei Göttingen. Im Alter von fünf Jahren machten ihn seltsame Figuren im Regal der Nachbarn neugierig. Seitdem hat ihn das Schachspiel fest in seinen Bann gezogen. Höhenflüge in die NRW-Jugendliga mit seinem Heimatverein SV Bad Laasphe und einige Einsätze in der Zweitligamannschaft von Tempo Göttingen waren Highlights für den ehemaligen Jugendsüdwestfalenmeister.
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