Schacholympiade: Rapport spielt wieder für Ungarn. Leko ebenfalls

von André Schulz
31.05.2024 – Der ungarische Schachverband freut sich über einen Coup. Für die kommende Schacholympiade im eigenen Land (10. bis 23. September) konnte Richard Rapport wieder aus Rumänien zurück in das ungarische Team gelotst werden. Und außerdem konnte man Peter Leko reaktivieren. Ungarn, mit seiner langen Schachgeschichte, will oben mitspielen!

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Vom 10. bis 23. September ist der Ungarische Schachverband Gastgeber der 45. Schacholympiade der FIDE. Das große Länderturnier wird in der BOK-Sporthalle in Budapest stattfinden, die 10.000 Zuschauern Platz bietet. Ganz so viele Schachfreunde werden nicht erwartet, aber die Schacholympiade wird als zweitgrößte Sportveranstaltung der Welt - nach der Anzahl der Aktiven gerechnet - in Ungarn sicher viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nachdem bekannt wurde, dass die Austragung der 45. Schacholympiade nach Ungarn vergeben wurde, musste der Gastgeberverband einen Rückschlag verzeichnen.

Richard Rapport, Foto: Mark Livshitz

Ihr Spitzenspieler Richard Rapport war dem Ruf des Geldes gefolgt und hatte sich von einem rumänischen Sponsor in den Rumänischen Schachverband locken lassen. Natürlich wollte der ungarische Verband im eigenen Land an die Leistungen früherer Tage anknüpfen und mit einer starken Mannschaft um eine Medaille mitkämpfen. In diesem Sinne war der Verlust des besten Spielers keine gute Nachricht. Tatsächlich wurde Rapport auch die rumänische Staatsbürgerschaft angeboten, doch der 1996 in Szombathely (deutsch: Steinamanger) in Westungarn geborene Großmeister verzichtete auf diesen Schritt.

Nun ist es dem Verband, der seit dem vergangenen Jahr vom Philosophen, Doktor der Wirtschaftswissenschaften und stellvertretenden Staatssekretär Dr. Zoltan Polyanszky geleitet wird, gelungen, seinen besten Schachspieler wieder zurück nach Ungarn zu holen. 

Gleichzeitig hatten der Ungarische Schachverband auch um eine Rückkehr des Vizeweltmeisters von 2004 Peter Leko ans Schachbrett geworben. Leko dachte lange darüber nach und machte zur Bedingung, dass auch Rapport wieder für Ungarn spielen sollte.

Peter Leko, Foto: Simon Bohnenblust

Schließlich sagten beide Topspieler zu. Zuletzt waren sie beide vor zehn Jahren bei der Schacholympiade in Tromsoe in der Nationalmannschaft aktiv und gewannen damals die Mannschafts-Silbermedaille. Damals spielte auch noch Judit Polgar für ihr Land, doch die beste Schachspielerin aller Zeiten hat sich definitiv vom Turnierschach zurückgezogen. Dafür hat man mit dem aus Russland nach Ungarn gewechselten Sanan Sjugurov einen weiteren Topspieler zur Verfügung. Hinter Sjugirov und Leko stehen noch fünf Spieler mit Elo über 2600 zur Auswahl für die weiteren Plätze im Team. Ohne Rapport war Ungarn nach dem Schnitt seiner besten Spieler die Nummer elf in der Länderliste der FIDE. Mit ihren zurück gewonnenen Spitzenspieler wird sich der Verband noch verbessern.

Eine andere Frage ist allerdings, was davon zu halten ist, dass Spieler den Landesverband wechseln wie ihren Verein und dass die FIDE dies offenbar in beliebiger Häufigkeit duldet.

Ungarn hat eine große Schachtradition, die mindestens bis zu ihrem legendären Weltklassespieler (1805 bis 1857) Joszef Szen zurückreicht. Szen galt in seiner Zeit als einer der weltbesten Spieler und war einer der Teilnehmer des berühmten Turniers von London 1851. In Pest geboren gründete er 1839 den Budapester Schachklub (Pesti Sakk-kör). Zum Ausgang des vorletzten Jahrhunderts übernahm dann Geza Maroczy (1870-1951) die Rolle als bester ungarischer Schachspieler und Weltklasse-Großmeister. 

Die Liste ungarischer Weltklasseschachspieler ist lang und beinhaltet neben den Genannten Namen wie Johan Löwenthal, Otto Blathy, Andor Lilienthal, Laszlo Szabo, Pal Benkö, den mehrfachen WM-Kandidaten Lajos Portisch, Zoltan Almasi und die berühmten Polgar-Schwestern. Die Firste Saturday-Turniere sind ein beliebtes Turnier zur Normengewinnung. Hier verdienten viele Spitzenspieler ihre ersten Sporen.

Auch der Verband hat eine lange Geschichte. Der erste Ungarische Schachverband wurde 1911 von Daniel Huber und Geza Maroczy gegründet, aber schon 1913 wieder aufgelöst. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde 1921 ein neuer Verband gegründet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dieser 1945 als Arbeiterschachverband umgegründet, nahm aber ab 1956 den Namen Ungarischer Schachverband (Magyar Sakkszövetseg) an.

Im Laufe der Geschichte konnte Ungarn mit der Mannschaft zwölf Medaillen bei Schacholympiaden gewinnen. 1978 ließen die Ungarn in Buenos Aires beim Gewinn der Goldmedaille sogar die UdSSR-Mannschaft hinter sich.


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.
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