Schacholympiade: Freitag, der 13. – Deutsche Teams ohne Sieg

von Stefan Liebig
14.09.2024 – Nach den erwarteten vier Siegen in den ersten beiden Runden gab es am Freitag ein böses Erwachen: Im Open-Turnier verloren die Deutschen mit 1,5:2,5 gegen Litauen. Die Frauen mussten sich mit einem 2:2 gegen Slowenien zufriedengeben. Beide Teams waren als klare Favoriten in die Matches gegangen. | Fotos: Mark Livshit, Michal Walusza, Maria Emelianova / FIDE und Matthias Wolf / DSB

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Open

Nachdem die beiden ersten Runden ohne große Überraschungen über die Bühne gegangen sind, erwischte es in Runde 3 gleich mehrere Teams, die zumindest zum erweiterten Favoritenkreis gehören – darunter leider auch Deutschland. Doch noch zwei Plätze vor den an Nummer 7 gesetzten Deutschen in der Setzliste rangiert der Nachbar aus der Niederlande mit Spitzenspieler Anish Giri. 

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Sie unterlagen dem an Position 23 gesetzten Italien mit 1:3. Lorenzo Lodici (2556) besiegte Anish Giri (2724), Francesco Sonis (2554) gewann gegen Max Warmerdam (2679), und Sabino Brunello (2511) triumphierte über Erwin L'Ami (2628). Jorden Van Foreest (2696) war der einzige siegreiche niederländische Spieler. Er schlug Luca Moroni (2558).

Anish Giri gehörte zu den stolpernden Favoriten in Runde 3.

Die Niederländer werden sich steigern müssen, wenn sie ihre Außenseiterchancen um die Medaillen aufrecht erhalten wollen. Selbiges gilt seit Freitag leider auch für die deutsche Nationalmannschaft. Deutschland verlor gegen die durchweg deutlich schlechter besetzten Litauer mit 1,5:2,5, nachdem Alexander Donchenko (2638) eine Gewinnstellung gegen Valery Kazakouski (2577) verspielte. 

Den Olympia-Auftakt hatte sich Deutschlands Nr. 1 anders vorgestellt (Foto: DSB/Wolf).

Erstmals trat auch Vincent Keymer an, der in den ersten beiden Runden noch pausiert hatte. Die Frage, ob er von seinem Turniersieg in Polen mit Selbstvertrauen angereist ist oder ob ihm die dortigen beiden Schlussrundenniederlagen doch noch in den Knochen sitzen, wurde leider eher mit Tendenz zum Letzteren beantwortet. Sein um 200 Punkte schwächerer Gegner Stremavicius zeigte sich sehr gut vorbereitet und Keymer kam mit der Widerlegung seines Bauernopfers nicht zurecht.

Während Matthias Blübaum ein Remis beisteuerte, eroberte Frederik Svane bereits seinen dritten Punkt und ist damit einziger deutscher Spieler mit noch weißer Weste.

Weitere Überraschungen

England – Nummer 8 der Setzliste – schaffte nur ein Remis gegen Dänemark (Nr. 30) und der Iran (Nr. 10) verlor Matchpunkte durch ein Remis gegen die an 32 gesetzten Georgier. Außerdem verloren die an 14 gesetzten Franzosen mit 1,5:2,5 gegen Montenegro (Nr. 36). Irland (Nr. 64) spielte überraschend unentschieden gegen Israel (Nr. 20), Estland (Nr. 60) teilte sich die Punkte mit Serbien (Nr. 16), die Mongolei (Nr. 63) spielte unentschieden gegen die Tschechische Republik (Nr. 19), und Venezuela (Nr. 67) spielte unentschieden gegen Griechenland (Nr. 23).

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Topfavoriten mit weißer Weste

Topfavorit Indien hingegen ist auf einem guten Weg und besiegte Ungarn B mit 3,5:0,5. Bislang hat das Team in allen zwölf Partien nur einen halben Punkt abgegeben. Auch China gewann souverän mit 3:1 gegen Slowenien. Weltmeister Ding Liren spielte nach seinem Auftaktremis in Runde 2 gegen Cristobal Henriquez Villagra auch in Runde 3 remis – allerdings hatte er es gegen Slowenien mit einem deutlich stärkeren Gegner, mit Vladimir Fedoseev, zu tun:

Carlsen kommt mit Fahrrad – aber verspätet

Die Nummer 1 der Welt, Magnus Carlsen, spielte seine erste Partie und kam aber mit zehn Minuten Verspätung im Saal an. Seine Reise, um gegen den kolumbianischen GM Roberto Garcia Pantoja anzutreten, war ein kleines Abenteuer. Er kam mit dem Fahrrad im Regen an, eilte zum Spielort, war verwirrt über den Eingang und wurde schließlich durch die Medientüren geführt. Trotzdem besiegte er seinen Gegner mit den schwarzen Steinen und trug so zum 3,5-0,5-Sieg seiner Mannschaft bei. Nach der Partie kommentierte er: „Es war ein ziemliches Durcheinander. Ich wohne in einem anderen Hotel als die anderen, also sollten sie mich abholen. Dann sagten sie mir plötzlich, dass der Verkehr furchtbar sei und sie um fünf vor drei bei meinem Hotel sein würden. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass ich es mit dem Auto nicht mehr rechtzeitig schaffen würde, also beschloss ich, mit dem Fahrrad zu fahren.“


 

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Ergebnisse

3. Runde am 13.09.2024
Team Pkt. MP Erg. : Erg. MP Pkt. Team
Bulgaria 7 4 ½ : 4 United States of America
Austria 4 : 4 Hungary *)
India 8 4 : ½ 4 7 Hungary B
Slovenia 8 4 1 : 3 4 China
Uzbekistan 7 4 : ½ 4 7 Croatia
Italy 4 3 : 1 4 Netherlands
Lithuania 4 : 4 Germany
England 4 2 : 2 4 Denmark
Iran 4 2 : 2 4 8 Georgia
Argentina 6 4 1 : 3 4 7 Poland
Azerbaijan 7 4 3 : 1 4 7 Moldova
Cuba 4 : 4 Spain
France 6 4 : 4 7 Montenegro
Australia 6 4 : 4 Ukraine
Serbia 4 : 4 Switzerland
Brazil 4 1 : 3 4 7 Armenia
Romania 4 : 4 Sweden
Kazakhstan 4 1 : 3 4 Vietnam
Turkiye 7 4 2 : 2 4 Slovakia
Colombia 7 4 ½ : 3 Norway

91 Matches

Tabelle

Rk. Team  TB1 
1 India 6
2 United States of America 6
3 Uzbekistan 6
4 China 6
Vietnam 6
6 Azerbaijan 6
7 Poland 6
Spain 6
Ukraine 6
Armenia 6
Lithuania 6
Sweden 6
13 Hungary 6
14 Italy 6
Montenegro 6
16 Serbia 6
17 Georgia 5
18 Norway 5
19 Iran 5
20 Turkiye 5

194 Teams

Partien

Frauen

Auch bei den Frauen gab es Überraschungen. Einer der Favoriten, Georgien, spielte unentschieden gegen Rumänien. Dzagnidze (2508) und Batsiashvili (2461) an den Brettern 1 und 3 gewannen ihre Partien gegen Bulmaga (2406) und Voicu-Jagodzinsky (2271), aber an den beiden anderen Brettern siegten die rumänischen Spielerinnen. Javakhishvili (2446) verfing sich im Endspiel gegen Sandu (2248) in einem unerwarteten Mattnetz, und Khotenashvili (2432) patzte in zwei Zügen gegen Ciolacu (2160).

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Griechenland überraschte alle mit einem Remis gegen einen der Favoriten, Polen. Pavlidou (2141) gewann eine atemberaubende Partie gegen Maltsevskaya (2404), die mit drei Damen auf dem Brett und dem schwarzen König auf d3 endete.

Die beste Spielerin der letzten Olympiade, Kiolbasa (2348), schlug mit einem Sieg gegen Makropoulou (2103) zurück. Die beiden anderen Partien endeten remis.

Unentschieden für deutsches Frauen-Team

Die Topfavoritinnen Paehtz und Wagner kommen gegen Slowenien jeweils nicht über ein Remis hinaus – zu wenig, um zwei Mannschaftspunkte einzufahren (Foto: DSB/Wolf).

Josefine Heinemann setzte in Runde 3 aus und fasste es treffend zusammen, was sich am deutschen Freitag, dem 13. ereignete: „Zuschauen fühlt sich gar nicht gut an, eher katastrophal.” Sie sah, wie nur Hanna Marie Klek gegen Lara Janzelj gewann.

Die Partien von Elisabeth Pähtz gegen Zala Urh und Dinara Wagner gegen Laura Unuk (Foto) gingen Remis aus. Entscheidend war somit die Niederlage von Lara Schulze gegen Teja Vidic. Schulze hat ihre Partie dominiert und gut gespielt – ein Remis hätte gereicht, aber dann erfolgte in Zeitnot der Einbruch. 

Andere Topteams, nämlich Indien, China und die Ukraine, hatten in ihren jeweiligen Partien keine größeren Probleme, büßten aber einige Brettpunkte auf dem Weg dorthin ein.

Sechzehn Mannschaften in der offenen Abteilung haben bisher alle drei Partien gewonnen: Indien, USA, Usbekistan, China, Vietnam, Aserbaidschan, Polen, Spanien, Ukraine, Armenien, Litauen, Schweden, Ungarn, Italien, Montenegro und Serbien (in der Reihenfolge der Tiebreaks).

Ergebnisse

3. Runde am 13.09.2024 um 15:00
Team Pkt. MP Erg. : Erg. MP Pkt. Team
Switzerland 7 4 1 : 3 4 7 India
Hungary *) 4 : 4 7 Uzbekistan
Georgia 7 4 2 : 2 4 7 Romania
Greece 4 2 : 2 4 8 Poland
China 8 4 : ½ 4 Italy
Israel 4 1 : 3 4 6 Ukraine
Azerbaijan 7 4 2 : 2 4 8 Argentina
Canada 4 ½ : 4 United States of America
Germany 7 4 2 : 2 4 Slovenia
Cuba 4 1 : 3 4 8 Spain
Kazakhstan 4 3 : 1 4 Austria
Hungary B 4 1 : 3 4 8 Armenia
Bulgaria 4 3 : 1 4 Slovakia
Sweden 7 4 1 : 3 4 France
Norway 4 0 : 4 4 7 England
Turkiye 4 : 4 8 Iran
Estonia 4 : 4 Netherlands
Mongolia 7 4 : 4 Peru
Croatia 7 4 1 : 3 4 6 Serbia
Vietnam 4 4 : 0 4 7 Singapore

83 Matches

Tabelle

Rg. Team  Wtg1 
1 United States of America 6
Spain 6
England 6
4 China 6
5 Bulgaria 6
France 6
7 India 6
8 Uzbekistan 6
9 Ukraine 6
Serbia 6
11 Vietnam 6
12 Armenia 6
13 Turkiye 6
Netherlands 6
15 Kazakhstan 6
Mongolia 6
17 Poland 5
Argentina 5
19 Georgia 5
Azerbaijan 5
Germany 5
Romania 5

180 Teams

Partien

Offizielle Turnierseite...


Stefan Liebig, geboren 1974, ist Journalist und Mitinhaber einer Marketingagentur. Er lebt heute in Barterode bei Göttingen. Im Alter von fünf Jahren machten ihn seltsame Figuren im Regal der Nachbarn neugierig. Seitdem hat ihn das Schachspiel fest in seinen Bann gezogen. Höhenflüge in die NRW-Jugendliga mit seinem Heimatverein SV Bad Laasphe und einige Einsätze in der Zweitligamannschaft von Tempo Göttingen waren Highlights für den ehemaligen Jugendsüdwestfalenmeister.
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