ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Viele Schachfreunde haben nicht im Schach, aber auf anderen Gebieten zur Meisterschaft gebracht. Sie wurden prominente Politiker, Wissenschaftler, Sportler oder Künstler, die sich aber die Liebe zum Schach bewahrten. Mancher war sogar auf mehreren Gebieten ein Meister, so wie beispielsweise Mark Tajmanov als Schauspieler, Pianist und Schachgroßmeister.
Mit seinen Buch "Liebe zum Schach" lädt der bekannt Schachautor Dagobert Kohlmeyer zu einer kleinen Zeitreise und Begegnungen mit berühmten Schachliebhabern ein. Der Leser trifft dabei Persönlichkeiten wie Philidor, Alexander Puschkin, Iwan Turgenjew, Leo Tolstoj, Maxim Gorki, Karl Marx, Lenin, Josip Tito, Michael Gorbatschow, Che Guevara, Stefan Zweig, Bertolt Brecht, Sergey Prokofjew, David Oistrach, Albert Einstein, Waldimir Nabokow, Humphrey Bogart, Steve McQueen, Artur Brauner, Ephraim Kishon und last, but not least Richard und Robert von Weizsäcker.
Von vielen dieser Berühmtheiten sind auch Schachpartien in Kohlmeyers Buch abgedruckt.
Richard von Weizsäcker war der erste Bundespräsident des wiedervereinigten Deutschlands. Er liebte das Schachspiel, nahm gerne an den Politikerschachturnieren teil und übertrug seine Liebe zum Schach auf seinen Sohn Robert von Weizsäcker. Dieser wurde Professor in München, aber auch Fernschachgroßmeister. Zeitweise stand der dem Deutschen Schachbund als Präsident vor.
Das Kapitel über Vater und Sohn, Richard und Robert von Weizsäcker drucken wir hier mit freundlicher Genehmigung als Nachdruck ab.
Unter den Bundespräsidenten kam Richard von Weizsäcker (1920-2015) eine besondere Rolle zu. In die Mitte seiner Amtszeit von 1984 bis 1994 fiel der Fall der Berliner Mauer, somit wurde er das erste Staatsoberhaupt im vereinten Deutschland. Mit seinem ruhigen und klugen Politikstil wirkte von Weizsäcker integrierend und erlangte hohe Anerkennung im In- und Ausland. Mehr als ein Dutzend Mal verliehen ihm Universitäten von New York bis Tokio die Ehrendoktorwürde.
In der adligen Familie von Weizsäcker wurde das Schachspiel nicht nur als edler Sport, sondern in gleichem Maße als wichtiges Kulturgut und Verständigungsmittel verstanden. Wer immer dem Politiker am Schachbrett begegnete, erinnert sich gern daran. Richard von Weizsäcker war ein großer Freund und Förderer des Denkspiels und vererbte seine Schachbegeisterung auch an seinen Sohn Robert.
Erstes Treffen mit Richard von Weizsäcker
Ich lernte den Politiker im September 1990 in Stuttgart kennen, wo zur gleichen Zeit ein Journalistenlehrgang stattfand. Der Bundespräsident erhielt damals in seiner Geburtsstadt die Ehrenbürgerwürde. Der Rathaussaal war brechend voll, als Oberbürgermeister Manfred Rommel die Laudatio auf den prominenten Sohn der Stadt hielt. Beim anschließenden Bankett ergab sich die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Richard von Weizsäcker. Ich erzählte ihm dabei, dass sich der Deutsche Schachbund und der Schachverband der DDR in wenigen Tagen in Leipzig vereinigen werden. „Das begrüße ich aus vollem Herzen“, sagte der erfreute Bundespräsident.
In den Folgejahren trafen wir uns oft bei den Schachturnieren der Politiker in Berlin, in denen Richard von Weizsäcker immer sehr gern mitspielte, wenn es sein Terminkalender erlaubte. Mit acht Starts gehörte er zu den häufigsten Teilnehmern.
Diese Tradition hatte schon vor dem Mauerfall im Westteil der Stadt begonnen, als der damalige Präsident des Berliner Schachverbandes, Alfred Seppelt, die Idee hatte, Politiker aller Parteien ans Brett mit den 64 Feldern zu bringen.
Nach bescheidenem Start mit elf Teilnehmern und einer kleinen Pause wurde das Schach-Treffen der Volksvertreter ab Mitte der 1990er Jahre zu einer festen Größe im Berliner Schachkalender. Immer mehr prominente Politiker, Diplomaten und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens trafen sich zum friedlichen Wettstreit am Brett. Alle Events verliefen freundschaftlich, Parteienzwist bleib außen vor. Laute, erhitzte Debatten waren nicht gefragt, sondern stille Züge. Vorrang hatte die Freude am Schach, Niederlagen wurden fair hingenommen.
In den Politikerturnieren belegte Richard von Weizsäcker meist vordere Plätze. Wie locker die Atmosphäre war, zeigte folgende Episode bei der Siegerehrung 1996: Dort meinte der Alt-Bundespräsident lächelnd, er freue sich, einen ganzen Harem mit nach Hause nehmen zu können. Im Turnierverlauf hatte er drei Gegnern die Dame abgeknöpft. Ein Fernsehteam filmte die Politiker diskret bei ihren Zügen, und im Bericht der Berliner Abendschau schwärmte der Reporter: „Keiner gewinnt und verliert beim Schach mit so viel Würde wie Richard von Weizsäcker.“
Richard von Weizsäckers Freude am Schach
Ich erinnere mich auch an ein Benefiz-Simultan, das Großmeister Liviu Dieter Nisipeanu im Herbst des Jahres 2000 in Berlin für behinderte rumänische Kinder gab, wo Richard von Weizsäcker gern die Schirmherrschaft übernahm und ebenfalls die Figuren setzte. Er durfte an diesem Tag die weißen Steine führen und fragte beim Gang ans Brett den Organisator mit Augenzwinkern: „Was meinen Sie, sollte ich die Partie heute mal mit 1.g3 beginnen?“ Dieser antwortete salomonisch: „Ich muss Ihnen doch keine Ratschläge zu geben, Sie spielen stark genug.“
Nachdem der frühere Bundespräsident seinem Sohn Robert (Jahrgang 1954) das Schachspiel beigebracht hatte, wurde dessen Ehrgeiz geweckt, darin mindestens so gut zu sein wie sein Vater. Als dann 1972 das aufregende WM-Match zwischen Bobby Fischer und Boris Spasski in Reykjavik stattfand, war der Filius endgültig vom Schachvirus infiziert. Robert von Weizsäcker arbeitete an seinem Schach und erreichte im Laufe der Zeit eine sehr beachtliche Spielstärke. Er ist Fernschach-Großmeister und Mitglied der deutschen Nationalmannschaft in dieser Disziplin. Der Münchner Wirtschaftsprofessor errang mit dem deutschen Team Olympiade-Gold. Von 2007 bis 2011 war Robert von Weizsäcker auch Präsident des Deutschen Schachbundes (DSB). In seine Amtszeit fallen zwei schachliche Großereignisse in Deutschland: das WM-Finale zwischen Viswanathan Anand und Wladimir Kramnik 2008 in der Bonner Bundeskunsthelle sowie die Schacholympiade 2008 in Dresden. Seit 2011 ist Robert von Weizsäcker Ehrenpräsident des DSB.
Robert von Weizsäcker mit Anatoli Karpow und Garri Kasparow 2010 in Berlin
Hier folgt eine Partie, die das schachliche Können Robert von Weizsäckers demonstriert.