Die Weltmeisterschaft 2023 in Astana ist die erste seit zehn Jahren, bei der nicht Magnus Carlsen auf einer Seite des Tisches sitzt. Der Norweger sah sich bekanntlich nicht mehr motiviert und gab der FIDE-Führung seinen Entschluss, den Titel nicht mehr zu verteidigen, am Ende des Kandidatenturniers bekannt. Dabei wollte der 30-Jährige aber nicht ausschließen, dass er eines Tages nicht vielleicht doch noch einmal im Kampf um die Weltmeisterschaft eingreifen wolle. Man kann seinen Entschluss aus psychologischer Sicht nachvollziehen. Als Titelverteidiger kann man einen WM-Kampf immer nur verlieren, besonders als haushoher Favorit, der er zuletzt ja immer war. Die Angst vor dem Verlust hat das Spiel von Carlsen bei den WM-Kämpfen auch sichtbar gehemmt. Auf der anderen Seite waren die Herausforderer besonders vorsichtig, denn sie waren sich ihrer Unterlegenheit bewusst. So endeten viele der Carlsen-WM-Partien zur Enttäuschung der Zuschauer remis.
Beim Wettkampf um die Weltmeisterschaft zwischen Ian Nepomniachtchi und Ding Liren ist nun alles anders. Nepomniachtchi spielt auf Gewinn. Und Ding spielt auch auf Gewinn. Und beide sind in den bisherigen sechs Partien auch schon zweimal zum Ziel gekommen. So viele entschiedene Partien in so kurzer Zeit gab es bei einem WM-Kampf schon lange nicht mehr.
Nach einem Ruhetag wurde heute in Astana die 7. Wettkampfpartie gespielt. Nachdem es so aussah, als würde auch in Nordkasachstan bald der Frühling Einzug halten, kehrte überraschend der Winter noch einmal mit reichlich Neuschnee zurück.
Foto: Alexander von Gleich
Nepomniachtchi eröffnete erneut mit dem Königsbauern, so wie schon in der 1. und in der 5. Partie. Dort hatte sich Ding stets mit 1...e5 verteidigt, aber nach der Niederlage in der Spanischen Eröffnung in Partie fünf, machte der chinesische Spitzenspieler heute ein neues Fass auf und wählte die Französische Verteidigung.
Die Französische Verteidigung stand zuvor zwischen Nepomniachtchi und Ding bei verschiedenen Gelegenheiten schon fünfmal auf dem Brett und stets antwortete Nepomniachtchi mit 3. Sc3. Diesmal aber nicht - um allen zu großen Eröffnungsüberraschungen aus dem Weg zu gehen. Stattdessen wählte der russische Großemeister die Tarrasch-Variante 3.Sd2. In einer häufig gespielten Variante war dann 8...Sc6 ein neuer und ungewöhnlicher Zug, da er einen Einzelbauern auf der c-Linie in Kauf nahm. Der spielte aber im weiteren Verlauf keine Rolle. Es entwickelte sich eine sehr muntere Partie, in der Nepomniachtchi seine Chancen im Königsangriff suchte und Ding stets gute Gegenmittel zur Hand hatte.
Der Chinese gab schließlich eine Qualität für einen Bauern und erhielt eine sehr angenehme Stellung. Doch kurz nach dem 30. Zug erstarrte er plötzlich.
Am Mittwoch wird zur Halbzeit des Wettkampfes ein weitere Ruhetag eingelegt, damit nicht immer der gleiche Spieler nach dem Ruhetag die weißen Steine führt. Donnerstag geht es mit der achten Partie weiter.
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