Langsam strebt auch diese Weltmeisterschaft ihrem Ende zu. Die FIDE hatte die Distanz zuletzt auf 14 Partien erhöht, nachdem sich in zwei Carlsen-Wettkämpfen (gegen Karjakin und Caruana) 12 Partien als zu wenig erwiesen hatten. In der ersten Weltmeisterschaft ohne Carlsen nach zehn Jahren haben Nepomniachtchi und Ding inzwischen die zweite Halbzeit erreicht und dabei aufregendes und spannendes Schach und viele entschiedene Partien geboten. Heute stand nun die 9. Partie auf dem Programm.
Zur spektakulären 8. Partie gibt es aber noch etwas nachzutragen. ChessBase India berichtete, dass Schachfreund auf Lichess entdeckt hatte, dass dort zwei Spieler genau die Variante gegeneinander geübt hatten, die dann in der 8. Partie auf dem Brett stand, sogar bis zum Zug 15.e5. Der betreffende Schachfreund postete seine Entdeckung im viel gelesenen Reddit-Forum, von wo aus sich die Nachricht verbreitete.
Man benötigt wenig Fantasie, um sich vorzustellen, welche zwei Spieler dort diese Variante trainiert haben könnten. Wenn aber ein Schachfreund diese Entdeckung rein zufällig machen konnte, dann war das doch sicher auch interessierten Schachfreunden möglich, die vielleicht in diesen Wettkampf involviert sind, auf der Gegenseite zum Beispiel, wurde bei ChessBase India spekuliert. Denn die Überraschung 15.e5 in der 9. Partie hatte Nepomniachtchi überhaupt nicht beeindruckt. Allerdings gab es solche Mutmaßungen auch schon in vielen früheren WM-Kämpfen und einige Spieler entließen sogar ihre Sekundanten während des Wettkampfes oder wählten andere Eröffnungen als mit diesen abgesprochen, aus Angst vor Geheimnisverrat. Solche Geschichten gehören zu einem Wettkampf um die Schachweltmeisterschaft unbedingt dazu.
Schaut man auf die Eröffnungen, so gibt es zwei Arten von Weltmeisterschaftskämpfen. Entweder die Spieler wählen immer wieder die gleichen Eröffnung und versuchen in den langen beiderseits bekannten Varianten noch eine neue Finesse zu finden oder sie wechseln die Eröffnungen in jeder Partien, zumindest einer der beiden Spieler. Der andere muss dann ja mitmachen.
Die älteren Schachfreunde erinnern sich an die langen Serien von immer gleichen Eröffnungen zum Beispiel im ersten Wettkampf Karpov gegen Kasparov (Damengambit Tartakower Variante), Karpov gegen Kortschnoj (Französisch Tarrasch-Variante) oder Kasparov gegen Kranik (Berliner Variante). Aber auch in jüngeren Matches gab es das zu sehen, so wie in Carlsen gegen Caruana (Rossolimo und Sveshnikov). Ganz anders war seinerzeit Bobby Fischer an sein Match gegen Spasski herangegangen. Er hatte gleich ein ganzes Arsenal mit verschiedenen Eröffnungen vorbereitet, die er vorher noch nie gespielt hatte, von Pirc und Aljechin-Verteidigung bis Benoni.
Der Wettkampf zwischen Ian Nepomniachtchi und Ding Liren gehört sicher zur zweiten Kategorie, was vor allem an Ding liegt. Nach zwei Spanischen Anti-Marshall-Varianten und einer Französischen Partie machte der chinesische Spitzenspieler mit dem Angebot der Spanischen Berliner Verteidigung in diesem Match ein neues Fass auf.
Nepomniachtchi lehnte das Angebot mit 4.d3 ab. Es ist nicht das erste Mal, dass Nepomniachtchi und Ding die Berliner Verteidigung bzw. eine Anti-Berliner Variante auf dem Brett haben, insofern war die Wahl dieser Eröffnung auch keine riesige Überraschung.
Im Verlauf der Partie besaß Nepomniachtchi eine dauerhafte leichte Initiative, aber Ding hielt dem Druck stand und wickelte schließlich in ein Endspiel mit Minusbauern ab, das aber gute Remischancen bot.
Allerdings verlangte Nepomniachtchi seinem Gegner auch noch eine lange Verteidigung ab.
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