Schachweltmeisterschaft, Partie 12: Ein taktisches Remis führt zum Tiebreak

von Johannes Fischer
26.11.2018 – Magnus Carlsen gilt als bester Schnellschach- und Blitzschachspieler der Welt. Und offensichtlich hat er großes Vertrauen in seine Fähigkeiten in Partien mit verkürzter Bedenkzeit. So großes Vertrauen, dass er in der zwölften Partie des WM-Kampfs gegen Fabiano Caruana in bequemerer Stellung und mit mehr Zeit auf der Uhr überraschend Remis anbot. Caruana nahm an und nach dem zwölften Remis in der zwölften Partie fällt die Entscheidung, wer Weltmeister bleibt oder wird, am Mittwoch im Tiebreak. | Foto: World Chess

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Ein taktisches Remis

Die zwölfte Partie des WM-Kampfs in London 2018 bot einige Überraschungen, aber die größte Überraschung war ihr plötzliches Ende. Denn nachdem Carlsen seinen 31. Zug gemacht hatte, bot er unerwartet Remis an. Und das obwohl er besser und bequemer stand und Caruana nicht mehr allzu viel Zeit auf der Uhr hatte. Caruana nahm das Remis natürlich an.

Allerdings nicht aus fehlendem Kampfgeist. Denn in einer zweischneidigen und komplexen Variante der Sveshnikov-Verteidigung verzichtete er im 12. und im 15. Zug auf ein mögliches Remis durch Zugwiederholung.

Caruana kann die Züge wiederholen und denkt über das stille Remisangebot Carlsens nach

Doch im weiteren Verlauf der Partie gewann Carlsen allmählich die Oberhand. Er nahm Weiß jedes Gegenspiel und kam zu einer Stellung, in der ohne großes Risiko auf Gewinn spielen konnte.

Außerdem hatte Carlsen mehr Zeit auf der Uhr, denn Caruana hatte eine halbe Stunde Bedenkzeit investiert, bevor er auf das mögliche Remis durch Zugwiederholung verzichtete und auch die Verteidigung seiner schwierigen Stellung hatte Zeit gekostet.

Doch nach 31 Zügen verzichtete Carlsen darauf, Caruana weiter unter Druck zu setzen und bot überraschend Remis an. Caruana musste dieses Angebot annehmen und wird jetzt hoffen, im Tiebreak für eine Überraschung zu sorgen.

Für viele Fans ist dieses Remis jedoch eine Enttäuschung, denn Carlsen hätte ohne großes Risiko weiterspielen können. Die vorherigen elf Remispartien waren alle ausgekämpft und meist inhaltsreich, spannend und kompliziert. Doch ausgerechnet die zwölfte und letzte Partie des regulären Wettkampfs endete nach spannendem Auftakt mit einem enttäuschenden taktischen Remis. Ein Remis, das umso mehr verwundert, weil Carlsen, der eigentlich als kompromissloser Kämpfer gilt, der auch ausgeglichene Stellungen bis zum Ende weiterspielt, dieses Remis forciert hat. Damit hat er viele Fans enttäuscht, die auf ein spannendes und ausgekämpftes Ende der letzten regulären Partie gehofft hatten.

 

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Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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