Schachweltmeisterschaft: Remis in der 10. Partie

von André Schulz
08.12.2021 – Die Frage vor der heutigen 10. Partie war, wie die beiden Spieler diese angehen würden. Wollte Nepomniachtchi nach zwei Niederlagen gleich wieder angreifen? Oder plante Carlsen seinen Vorteil der weißen Steine zu nutzen? Wie sich bald herausstellte, waren beide Spieler mit einer ruhigen Partie und der Punkteteilung zufrieden. Den ersten Zug führte diesmal die erste weibliche Autorennfahrerin der Emirate aus, Amna Al Qubaisi. | Fotos: Eric Rosen (FIDE)

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Nach zwei Niederlagen in Folge in seinem Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Magnus Carlsen war Ian Nepomniachtchi sicher mental angeschlagen. Nach alter Regel soll man sich in einem Wettkampf oder einem Turnier nach einer Niederlage mit einem Remis konsolidieren. Dies gilt umso mehr, wenn man die schwarzen Steine führt, so wie Nepomniachtchi in Partie zehn. Auf der anderen Seite hatte der Herausforderer nur noch fünf Partien Zeit, um den Rückstand noch wettzumachen - was theoretisch noch möglich war. Wer auf zurückliegende Weltmeisterschaftskämpfe schaut, wird eine ganze Reihe von Matches finden, in denen eine Seite bei Rückstand noch eine Siegesserie hingelegt hat. Magnus Carlsen vermittelte bisher jedoch nicht den Eindruck, als könnte dies gegen ihn möglich sein. Es ist schon unglaublich schwer, gegen den Norweger auch nur eine Partie zu gewinnen. Ganz fehlerfrei hat der Weltmeister in diesem Wettkampf allerdings nicht gespielt. In der zweiten und auch in der sechsten Partie hatte auch Ian Nepomniachtchi seine Chancen, doch er nutzte sie nicht.

Die Fragen vor der Partie waren: Würde Nepomniachtchi noch einmal sein Glück versuchen oder hat er sich vielleicht schon in sein Schicksal ergeben? Und wolle Magnus Carlsen noch einmal den Vorteil der weißen Steine nutzen und auf Gewinn spielen oder würde er ein ereignisloses Remis anstreben? Remis durch Übereinkunft vor dem 40sten Zug ist bei diesem Match verboten, aber wenn zwei Spieler ein Remis anstreben, werden sie sicher immer eine passende Stellungwiederholung finden.

Nach der Vorstellung der beiden Spieler durch Maurice Ashley führte diesmal Amna Al Qubaisi den ersten Zug aus. Die 21-Jährige ist die erste weibliche Autorennfahrerin der Emirate und außerdem die erste Fraue, die in den Emiraten einen Führerschein machen durft. Sie ist die Tochter von Khaled Al Qubaisi, der als erster Rennfahrer der VAR an den 24 Stunden von Le Mans teilnahm. Amnas Schwester Hamda fährt ebenfalls Autorennen. Beide nahmen unter anderem an der X30 Euro Serie in Wackersdorf teil.

Amna Al Qubaisi eröffnete für Magnus Carlsen mit 1.e4 und Nepomniachtchi wählte erneut die Russische Verteidigung, mit der in der 8. Partie eine Niederlage erlitten hatte. 
 

 

Carlsen entscheid sich diesmal aber für eine andere Variante und spielte nach 1....e5 2.Sf3 Sf6 den Hauptzug 3.Sxe5 und nach 3...d6 die seltene Variante mit 4.Sd3. Dieser Zug war seinerzeit eine Idee von David Bronstein. Die geleiche Variante hatte Carlsen schon in der 6. Partie seines WM-Kampfes gegen Fabiano Caruana, 2018 in London gespielt. Mit 6...Sf6 wich Neponiachtchi von dieser Vorgängerpartie ab.
 

Bei symmetrischer Bauernverteilung kam es im 10. Zug schon zum Damentausch. Es entwickelte sich eine ruhige Partie, in der nach und nach die Figuren durch Tausch vom Brett verschwanden. Zum Schluss stand ein Springerendspiel auf dem Brett, mit je vier Bauern an einem Flügel. Im 41.Zug wurde remis vereinbart. Nepomniachtchi hatte für diese Partie nur etwa 45 Minuten seiner Bedenkzeit verbracht, Carlsen etwa 90 Minuten.

Damit waren auch alle Ausgangsfragen beantwortet. Carlsen plant mit zwei weiteren Remis eine sichere Titelverteidigungen. Und Nepomniachtchi wollte nicht noch ein vierte Niederlage riskieren

Am Donnerstag ist wieder Ruhetag. Am Freitag geht es mit der 11. Partie weiter. Für Nepomniachtchi wird das sicher die letzte Gelegenheit sein, mit den weißen Steinen noch einmal anzugreifen. Carlsen benötigt noch einen Punkt zur erfolgreichen Titelverteidigung.

Karsten Müllers Analyse

 

 

Georgios Souleidis Videoanalyse

Harald Schneider-Zinners Videoanalyse

Stand

 

Partien

 

Turnierseite der FIDE


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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knight100 knight100 09.12.2021 08:53
@Sturmaske: Ich versuche es zu verstehen. Meinen Sie z.B. WM1972 Partie1 Spasski–Fischer 29...Lxh2??? Vielleicht können Sie es mal genauer erklären, warum Sie so unbefriedigt sind.
Sturmaske Sturmaske 09.12.2021 04:45
@knight100, schauen Sie sich die WM-Kämpfe von Aljechin, Botwinnik und Fischer alle an, dann verstehen Sie es vielleicht.
Silvio Z Silvio Z 09.12.2021 03:30
Noch mal die Frisur wechseln, Nepo. Mit Locken, vielleicht geht dann noch was, haha. Spaß beiseite. Ich denke auch, die WM wurde bereits in der 6. Runde durch K.o. entschieden. Das weitere war Taumelschach von Nepo.

Wer bereits nach 6 Runden am Boden liegt und auseinanderfällt, wird sich außerdem fragen müssen, ob er eigentlich fit genug für diese WM war. Ich fürchte, nein. Weder mental noch physisch war er der WM gewachsen. Und das hat Carlsen ab Runde 6 eindrucksvoll bewiesen.
Karl Hackenmeier Karl Hackenmeier 09.12.2021 03:16
Man hätte es wissen können... Von Nepo weiß man, dass er häufig nur für eine "Halbzeit" gut ist (siehe auch die lesenswerten Artikel von Ulrich Stock auf ZON). Insofern hat es gerade für den Kandidatenwettkampf gereicht, der ja zwischenzeitlich pausiert wurde, ua auch zum Nachteil der chinesischen Spieler. Tja, man kann spekulieren, ob Dvorkovich die Order hatte, unbedingt einen russischen Spieler auf Carlsen "anzusetzen". Die Äußerungen im Interview mit Tanja Sachdev könnten dahingehend so ausgelegt werden. Ist letztendlich aber egal, da Carlsen jedenfalls für klare Verhältnisse gesorgt hat. Und wunderbarerweise dauert jetzt die WM auch nicht so lange. Wer hat schon Zeit, sich 24 Partien Langeweile anzutun... ;) ? Ganz offensichtlich hat sich die Straffung des Matches durch die Verkürzung der Ruhetage bereits positiv bemerkbar gemacht.
knight100 knight100 09.12.2021 01:19
@Klataro & Sturmaske: Wie sieht in euren Augen ein idealer WM-Verlauf aus? Was erwartet ihr von den Spielern, damit ihr befriedigt seid bzw. eure Ansprüche erfüllt werden?
Sturmaske Sturmaske 09.12.2021 12:37
@Klataro, volle Zustimmung so wie es auch viele andere Insider sehen. Dazu geprägt in der Kürze bisheriger nur 10 Partien von vielen kleinen Ungenauigkeiten bis krassen Fehlern.
Steinschuld Steinschuld 09.12.2021 11:02
@Klataro
Nicht langweilig aber mit diesem Remis in der 10. Partie muss Nepo jetzt 3,5/4 machen und das heisst eine TPR von fast 3200 in diese 4 Partien, also 400 Punkte über sein Level.
Man könnte dazu sagen “Die Hoffnung stirbt zuletzt”.
Blitz2010 Blitz2010 09.12.2021 10:54
@Klataro: Nepo ist und bleibt ein faszinierender Spieler und Ausnahmetalent. Ich als Patzer kann nur mit Demut von dem sprechen, was an Können und Genialität in Nepo steckt. Jetzt gerade bloß wirkt er auf mich wie ein Boxer, der einen KO-Schlag abbekommen hat. Die 6. Boxrunde brachte ihn ins Taumeln. Jetzt, wo er wohl nur noch Sterne sieht, sollten wir ihm vielleicht NICHT zurufen: "Du willst doch nur das Preisgeld kassieren! Komm, kämpfe!" Diesen Zuruf finde ich nicht ganz passend.
Krennwurzn Krennwurzn 09.12.2021 10:39
Ein kleiner versteckter Witz in der Partie ist, dass nach 39. Tf7 plötzlich Td7 Matt droht
Klataro Klataro 09.12.2021 09:53
Die langweiligste WM, die ich je gesehen habe. Nepo macht den Eindruck, als wolle er nur die 800.000$ kassieren. Das ist kein Kampf, das ist ein Krampf!
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