Schachweltmeisterschaft: Viel Spannung, aber kein Sieger in Partie zehn

von André Schulz
22.11.2018 – Die zehnte Partie beim WM-Kampf zwischen Carlsen und Caruana bot noch einmal Höchstspannung. In einer asymmetrischen Position in der Sveshnikov-Variante schien Carlsen die besseren Chancen zu haben. Caruana verteidigte sich jedoch aufmerksam. Im Endspiel agierte Carlsen zu optimistisch, verlor einen Bauern, konnte aber in ein Remisendspiel abwickeln. | Fotos: Nikolai Dunaevsky (Agon)

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Die Schachweltmeisterschaft 2018 befindet sich nach fast zwei Wochen Dauer und bislang neun gespielten Partien nun wirklich auf der Zielgeraden. Es ist ein Duell auf Augenhöhe. Alle neun Partien endeten remis. Alle Partien waren ausgekämpft. Die besten Chancen auf einen Sieg hatte Magnus Carlsen in der ersten Partie, als er deutlichen Vorteil hatte. Doch Fabiano Caruana sprang ihm noch einmal von der Schippe. Auch der US-Großmeister ließ in den folgenden Partien ein paar Möglichkeiten ungenutzt.

Die Zuschauer und die sensationslüsterne Presse hätte gerne einige Gewinnpartien gesehen. Die Schach-Großmeister bewundern indes die beiden Spieler für ihr hohes technisches Niveau. "Es ist nicht die Aufgabe der Spieler, die Zuschauer zu unterhalten, sondern das beste sportliche Ergebnis zu erzielen," urteilte Robert Hübner in seiner Zwischenbetrachtung. Das ist aus der Sicht der Spieler sicher richtig. Dennoch: Klappern gehört zum Geschäft. Etwas mehr Show, auch für Nicht-Experten, würde dem Schach als Zuschauersport sicher nicht schaden. Aber auch so ist das weltweite Interesse an diesem "Wettkampf des Geistes" gewaltig.

Viel Presse

Inzwischen ist jede Schachweltmeisterschaft auf allen großen Internetportalen ein absolutes Topthema. Nicht nur in Deutschland berichten sämtliche Zeitungen auf ihren Portalen "auf Seite eins" und die Schachartikel liegen in der Hitliste der meist gelesenen Artikel stets an der Spitze.

Und heute boten die beiden besten Spieler der Welt noch einmal großes Kino.

In den letzten drei Partien darf der Herausforderer noch zwei Mal die weißen Steine führen. Ob das ein großer Vorteil ist, weiß man nach dem bisherigen Verlauf der Weltmeisterschaft nicht mehr so recht. Zu Anfang der Wettkampfes brachte der Weißspieler seinen Aufschlag nur mit Mühe durch. Erst in den letzten beiden Partien kam der Anzugsvorteil besser zur Geltung.

Während Caruana praktisch nur mit 1.e4 aufschlägt, hat Carlsen ein größeres Arsenal an Eröffnungszügen zur Auswahl: 1.d4, 1.e4. 1.c4. Er hat alles schon probiert. In der achten Partie wollte Caruana nach drei Partien mit der Rossolimo-Variante endlich wissen, was Carlsen denn nach dem Hauptzug 3.d4 plant. Es war die Sveshnikov-Variante- nicht ganz unerwartet nach 2...Sc6. Das Caruana-Team hatte dort etwas vorbereitet und der Herausforderer holte mit der Variante 7.Sd5 einen spürbaren Vorteil heraus. Doch ein ungenauer Zug reichte schon und die Partie stand schon wieder gleich.

Erneut Sveshnikov-Variante

In der heutigen zehnten Partie stand nun die gleiche Variante auf dem Brett. Statt 12.Ld2 spielte Fabiano Caruana nun 12.b4, ein weiterer neuer Zug in dieser Position. Der Herausforderer spielte die folgenden Züge recht flott, war also auf die Geschehnisse gut vorbereitet. Doch auch Carlsen zeigte sich auf der Höhe. Er brach dem weißen Bajonett-Angriff am Damenflügel die Spitze ab und brachte dann seine Bauern im Zentrum in Stellung. Ein großer schwarzer Raumvorteil am Königsflügel lud den Weltmeister dort zum Angriff ein.

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Caruana-Carlsen, 10. Partie
Nach 23.Lxb6

Im 23. Zug opferte Carlsen am Damenflügel einen Bauern (23...Dg5).

Spannende Partie

Doch Caruana traute sich nicht, diesen zu nehmen. Stattdessen schaltete er am Königsflügel auf Defensive. Vielleicht war dies eine verpasste Chance für Weiß, die Initiative in dieser Partie zu ergreifen. In der Folge löste sich die Spannung nach und nach. Carlsen gewann einen Bauern im Zentrum, Caruana den letzten schwarzen Damenflügelbauern. Nach dem Damentausch entstand eine Doppelturmendspiel, in dem Schwarz ein Bauernübergewicht im Zentrum besaß und Caruana einen weit vorgeschobenen Freibauern am Damenflügel hatte.

 
Caruana-Carlsen, 10. Partie
Nach 37...d5

Die asymmetrische Stellung bot noch viel Spannung. Mit dem aktiveren König wirkte die schwarze Position optisch besser, doch der norwegische Supercomputer Sesse beurteilte die Stellung als völlig ausgeglichen.

Beim Versuch aktiv zu spielen unternahm Carlsen einen zu optimistischen Königsausflug. Der König musste sich unversehens wieder zurückziehen. Der weiße Gegenangriff kostete Carlsen einen Bauern. Der Weltmeister konnte jedoch in ein Turmendspiel mit drei gegen zwei Bauern an einem Flügel abwickeln, das nicht zu gewinnen ist.

 
Caruana-Carlsen, 10. Partie

Caruana bot im 54. Remis an.

Die zehnte Partie

 
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1.e4 c5 2.Nf3 Nc6 3.d4 cxd4 4.Nxd4 Nf6 5.Nc3 e5 6.Ndb5 d6 7.Nd5 Nxd5 8.exd5 Nb8 9.a4 Be7 10.Be2 0-0 11.0-0 Nd7 12.b4 Ein neuer Zug. Weiß erobert sofort Raum am Damenflügel und strebt die "Badewanne" an, Bauern auf a4,b4,c4 und d5. Carlsen dachte nun etwas nach. In der achten Partie geschah 12.Bd2 Der Hauptzug ist hier 12.Kh1 z.B.: f5 13.f4 a6 14.Na3 exf4 15.Bxf4 Ne5 16.Qd2 Bd7 17.Qb4 Rb8 18.c4 a5 19.Qb3 Ng6 usw. 12...a6 Nach zunächst 12...f5 13.c4 und nun a6 käme der weiße S auf ein besseres Feld. 14.Nc3 Spielbar wäre das aber auch gewesen. Durch Zugumstellung hätte man sogar eine Vorgängerpartie erreicht, die für Weiß aber nicht gut verlief. e4 15.Be3 Ne5 16.Bd4 Bf6 17.c5 Nd3 18.Bxf6 Qxf6 19.Qb3 Nf4 20.g3 Qxc3 21.Qxc3 Nxe2+ 0-1 (21) Borek,P-Kostelny,J Stary Smokovec 1996 13.Na3 a5 Damit bricht Schwarz den weißen Bauernaufmarsch am Damenflügel auf, auf Kosten einiger Felderschwächen. Eine andere Idee war 13...b6!? , um sich gegen c5 und a5 zu stemmen. Auch hier war 13...f5 wieder eine Alternative. 14.bxa5 Rxa5 15.Nc4 Ra8 16.Be3 f5 17.a5 Bis hierhin hat Caruana kaum Zeit verbraucht. Er befindet sich offenbar noch in seiner Vorbereitung. f4 18.Bb6 Qe8 18...Nxb6 19.Nxb6 19.Ra3 Qg6 Das ist eine sehr spannende Stellung. Weiß hat Vorteil am Damenflügel, Schwarz am Königsflügel. Der Turm auf a3 hat vor allem defensive Aufgaben. Mit seinen e5 und f5-Bauern hat Schwarz interessante taktische Möglichkeiten. 20.Bc7 e4 20...b5 21.axb6 Rxa3 22.Nxa3 e4 21.Kh1 21.f3 e3 und die schwarzen Bauern sind sehr lästig. 21...b5! Ein starker Störzug am Damenflügel. 22.Nb6 22.Nb2? Ra7-+ mit Läuferfang. 22.axb6 ist gefährlich, z.B.: Rxa3 23.Nxa3 f3 24.gxf3 Ne5 mit Angriff, falls nun etwa 25.fxe4? so Bh3 26.Rg1 Qxe4+ 27.f3 Rxf3 28.Bxf3 Nxf3 29.Rg3 Nd2+ 30.Kg1 Qd4+ 31.Kh1 Qxd5+ 32.Kg1 Qd4+ 33.Kh1 Qe4+ 34.Kg1 d5 und Lc5. Weiß wird Matt. 22...Nxb6 23.Bxb6 Qg5?! Carlsen gibt den Bauern b5 und verbessert die Stellung seiner Dame. Tf8-f6-h6 und Dh4 ist eine Idee. Carlsen hatte hier noch 25 Minuten auf der Uhr, Caruana 35 Minuten. Objektiv besser war wohl 23...b4!? 24.Rb3 Bf6 25.Rxb4 Bc3 26.Rb3 Be5 mit Angriff. 24.g3?! Der prinzipielle Zug war 24.Bxb5! Nach Rf6 25.Re1 Bf5 25...Rg6 26.Bf1 Bf5 27.a6 26.f3 e3 27.a6 wird der a-Bauer sehr schnell. Auf Rh6 (droht Dg3 und Matt), folgt 28.Re2 Qg3 29.Qg1+- und der a-Bauer entscheidet. 24...b4 Interessant war wieder 24...Bf6!? 25.Bxb5 Be5 mit der Drohung Lg4. 25.Rb3 Bh3 Oder 25...f3!? 26.Bb5 und nun Qg4 was Tf8-f6-h6 droht. Weiß hat aber 27.Re1 Rf6 28.Rxe4 Qxe4 29.Re3= 26.Rg1 f3 Beide Spieler hatten hier noch 15 Minuten auf der Uhr. 27.Bf1 Bxf1 28.Qxf1 Qxd5 29.Rxb4 Qe6 Die weiße Stellung mit den zwei defensiven Schwerfiguren Königsflügel ist nicht gerade angenehm. Und wenn die schwarzen Zentrumsbauern sich in Bewegung setzen, kann das gefährlich werden. Die Rechner schätzen die Position allerdings als völlig ausgeglichen ein. 30.Rb5 Bd8 31.Qe1 Bxb6 32.axb6 Rab8 33.Qe3 Qc4 34.Rb2 Rb7 35.Rd1 Qe2 36.Re1 36.Qxe2 fxe2 37.Re1 Rxf2 38.Kg1 Rbf7 39.b7 Rf1+ 40.Kg2 Rxb7 41.Rxe2 Rxb2 42.Kxf1 mit schwarzem Mehrbauern. 36...Qxe3 37.Rxe3 d5 Nun hat sich die Spannung aufgelöst und es ist ein Doppelturmendspiel enstanden, das vom Kollegen Computer ebenfalls als ausgeglichen eingeschätzt wird. Es ist aber noch genug Spiel in der Partie. 38.h4 Rc8 39.Ra3 Kf7 40.Kh2 Ke6 41.g4 Rc6 42.Ra6 Ke5 43.Kg3 h6 Mit der Idee g5 Voreilig wäre 43...d4 44.Rb5+ Kf6 45.Ra4 Rcxb6 46.Rf5+ Ke7 47.Rxd4 Re6 48.Rf4 mit weißem Vorteil. Falls 43...g6 so 44.g5 44.h5 Kd4?! Das ist ein riskanter Versuch. 44...g6 45.hxg6 Rxg6 46.Rb5 h5= 45.Rb5 Droht 45.Ta4 Ke5 46.c4 45.Ra4+ sofort war auch eine Idee Kc3 45...Ke5 46.Ra6= 46.Rb5 Rcxb6 47.Rxd5 45...Rd6 Der Turm steht hier passiver als zuvor auf c6. 45...Kc4 46.Raa5 Rbxb6 47.Rxd5 Rb1 48.Re5 Rg1+ 49.Kf4 Rf6+ 50.Rf5 50.Kxe4? Re1# 50...Rxf5+ 51.Rxf5 Rg2 52.Rf7 45...Rxc2 46.Raa5 Rc6 47.Rxd5+ Kc3 48.Re5 Rcxb6 49.Rxe4± 45...Ke5 46.Raa5 Rd6 47.c4 Rbxb6 48.Rxd5+ Rxd5 49.Rxd5+ Ke6± 45...e3 46.Ra4+ Ke5 47.fxe3 Rbxb6 48.Rxb6 Rxb6 49.Kxf3 Rc6 50.Ra7 g5= 46.Ra4+ Ke5 Der unbedachte Königsausflug nach d4 hat Schwarz nur Ungemach gebracht. 47.Rab4 Ke6 48.c4 dxc4 49.Rxc4 Rdxb6 50.Rxe4+ Kf7 51.Rf5+ Rf6 52.Rxf6+ Kxf6 53.Kxf3 Kf7
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Caruana,F2832Carlsen,M28352018B33World Chess Championship 201810

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André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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