Schachweltmeisterschaft: Wettkampf auf 2021 verschoben

von André Schulz
30.06.2020 – In einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur TASS hat FIDE-Präsident Arkady Dvorkovich unter anderem mitgeteilt, dass der Wettkampf um die Schachweltmeisterschaft auf 2021 verschoben wird. Ursprünglich sollte er Ende des Jahres in Dubai stattfinden. | Foto: FIDE/ Alexander Scherbak (TASS)

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Arkadi Dvorkovich: Weltmeisterschaft wird auf 2021 verschoben

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie kehrt der Sport allmählich in die Stadien zurück. Die wichtigsten Schachwettbewerbe werden jedoch bis zum Herbst nur online abgehalten. In seinem Interview mit der Nachrichtenagentur TASS sprach Arkady Dvorkovich, Präsident des Internationalen Schachverbands (FIDE), über die bevorstehende Online-Schacholympiade, gab der Hoffnung Ausdruck, dass das Kandidatenturnier in Jekaterinburg beendet werden kann und erklärte, dass der Weltmeisterschaftskampf mit ziemlicher Sicherheit auf 2021 verschoben wird.

- Lassen Sie uns mit den aktuellen Ereignissen beginnen: Die erste Station des Schnellschach Grand Prix der Frauen endete vor zwei Tagen. Was ist so an diesem Turnier so besonders? 

- Das Frauenturnier besteht aus vier Turnieren und einem Superfinale. Die besten zwölf Spielerinnen von mehr als 200 qualifizierten sich und trafen mit neun gesetzten Spielerinnen zusammen. Diese 21 Spielerinnen treten in vier Etappen der Grand Prix Serie gegeneinander an. Die Ukrainerin Anna Ushenina gewann den ersten Grand Prix, die Russinnen Valentina Gunina und Alexandra Kosteniuk belegten die Plätze zwei und drei. Aber es sind noch drei Turniere zu spielen. Jede Spielerin hat noch die Chance auf den ersten Preis. Wir sind der Ansicht, dass es nicht genügend Schachwettbewerbe für Frauen gibt. Die privaten Einladungsturniere werden hauptsächlich mit Männern ausgetragen. Vor diesem Hintergrund ist es unsere Pflicht, das Frauenschach auf diese Weise zu unterstützen.

- Gibt es ein großes Interesse am Frauenschach?

- Das Interesse ist ordentlich und die Zuschauerzahlen wachsen. Die Partien des ersten Turniers wurden auf dem englischen Kommentatorenkanal von mehr Zuschauern verfolgt, als die Partien der letzten Frauenweltmeisterschaft. Diese wiederum hatte mehr Zuschauer als alle anderen Frauenturniere zuvor. Das Interesse wächst also.

- Das Kandidatenturnier und der Weltmeisterschaftskampf waren für dieses Jahr geplant, aber beide wurden wegen der Pandemie ausgesetzt. Gibt es irgendwelche Gewissheiten dazu?

- Bis September werden die meisten unserer Turniere online stattfinden. Das größte Turnier nach Abschluss der Schnellschach-Meisterschaft der Frauen ist die Schacholympiade, die ebenfalls online durchgeführt wird. Die diesjährige Schacholympiade sollte eigentlich in Chanty-Mansijsk und in Moskau stattfinden, aber wir haben sie auf nächstes Jahr verschoben. In diesem Jahr wird es eine Online-Olympiade geben. In einigen Tagen beginnt die Registrierung der Nationalmannschaften für das Turnier. Wir möchten, dass so viele Mannschaften wie möglich an dem Turnier teilnehmen. Die FIDE hat 195 FIDE-Mitgliedsverbände. Ich weiß nicht, ob alle 195 Mannschaften teilnehmen können...

- Aber Sie werden versuchen, das Ziel zu erreichen...

- Ja, wir werden unser Bestes tun. Etwa 70 Prozent der Länder werden sicher teilnehmen. Die Online-Schacholympiade wird fast einen Monat dauern. Wir sind zudem fest entschlossen, die zweite Hälfte des Kandidatenturniers im Herbst durchzuführen. Diese soll, wenn möglich auch in Jekaterinburg stattfinden. Wenn die derzeitigen Beschränkungen und die epidemiologische Situation das nicht erlaubt, werden wir auch andere Austragungsorte in Betracht ziehen. Um es noch einmal zu betonen: Es ist sehr wichtig für uns, den zweiten Teil des Kandidatenturniers noch dieses Jahres durchzuführen. Wenn das in Jekaterinburg nicht möglich ist, wird das Turnier in eine andere Stadt verlegt. Wir treffen diese Entscheidung gemeinsam mit unseren Partnern aus der Region Ural, SIMA-Land, und den Stadtbehörden von Jekaterinburg. Ich hoffe aber, dass wir das Kandidatenturnier in Jekaterinburg beenden werden.

Der Wettkampf um die Weltmeisterschaft wird angesichts der aktuellen Situation mit ziemlicher Sicherheit auf das nächste Jahr verschoben. Wir haben dies bereits informell diskutiert. Ich denke, eine offizielle Entscheidung wird in Kürze getroffen werden. Wir denken über verschiedene Optionen nach - sowohl Frühjahr als auch Herbst 2021 sind mögliche Termine. Das wird noch bekannt gegeben.

- Sie sagten, alle Turnier bis September werden online sein...

- Um es klarzustellen: Einige nationale Turniere werden bereits offline abgehalten. Wir werden nationale Turnier offline durchführen, wenn es möglich ist. Ich bezog mich auf internationale Wettbewerbe. Aufgrund von Reisebeschränkungen können wir den Beginn der Turniere nicht wie üblich früh genug bekannt geben. Aber ich bin fast sicher, dass vielleicht schon im August, sonst im September-Oktober, wieder internationale Turniere stattfinden können. Keine FIDE-Turnier, aber private Einladungsturniere. Das ist ein wichtiger Schritt, damit die Spieler sehen, dass man wieder ins Ausland reisen kann.  

- Vor einigen Tagen traf sich das FIDE-Präsidium, ebenfalls online. Welche Fragen wurden diskutiert?

- Wir haben vor allem über die Online-Aktivitäten diskutiert, die Ergebnisse abgeschlossener Turniere zusammengefasst und über die bevorstehende Turniere gesprochen. Wir sprachen über das Ausbildungssystem für Trainer und Schiedsrichter. Es gab keine revolutionären Entscheidungen: Aber wir haben noch einmal bekräftigt dass die Schacholympiade nächstes Jahr in Chanty-Mansijsk und Moskau stattfinden wird. Das ist eine wichtige Entscheidung. 

- Es gab auch Informationen, dass in Moskau ein FIDE-Büro eröffnet werden soll. Ist das so? 

- Das ist eine langwierige Geschichte. Vor einigen Jahren bat mein Vorgänger Kirsan Ilyumzhinov die Moskauer Behörden um Büroräume für ein Zweitbüro. Das FIDE-Hauptbüro ist in Lausanne. Da es in Russland viele schachliche Aktivitäten gibt, hat die Regierung von Moskau dann vor einigen Monaten beschlossen, der Bitte nachzukommen. Jetzt gibt es einen guten Standort für unser zweites Büro. Es sind einige kleinere Vorbereitungen notwendig, aber ich hoffe, dass dies bald geschehen wird und wir die Vorbereitungen für die Olympiade dann direkt von unserem Moskauer Büro aus treffen werden.

Übersetzt von André Schulz

Interview in englisch bei der FIDE...

Interview bei TASS...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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