Rapid Chess Open „Terres Rouges“ in Schifflingen, Luxemburg
GM Alberto David nach einem 7:0 Start nach 9 Runden souverän Sieger
Am vergangenen Sonntag hat im Herzen Luxemburgs im Ort Schifflingen bzw. „Schifflange“ erstmals ein Schnellschachturnier stattgefunden. Organisiert wurde das Open von dem bereits seit sehr vielen Jahren bestehenden Verein „Turm a Sprenger Matt Scheffleng“ gemeinsam mit dem erst vor wenigen Jahren gegründeten Verein „The Smashing Pawns Bieles“ (Belveaux).
Sporthalle Polyvalent in Schifflange
Nachdem bereits vor Monaten mit 1000 verteilten Flyern bei verschiedenen Schnellschachturnieren in der (Groß)Region in 3 Ländern (Deutschland, Luxemburg und Belgien) die Werbetrommel gerührt wurde, fanden sich 104 Spieler ein, um ein schönes Schnellschachopen zu spielen.
Eingeladen wurde der mit vielen Spielern der "Smashing Pawns" befreundete, sehr sympathische GM Simon Williams aus England, alias „Ginger GM“. Simon Williams ist zudem bekannt als Buchautor diverser Eröffnungsbücher und Autor von Chessbase-Videos. Mit im Schlepptau dabei war der australische Großmeister David Smerdon, welcher seit geraumer Zeit in Amsterdam lebt.
Aufgrund sehr vieler Sponsoren und eines für ein Schnellschachopen dieser Größenordnung sehr guten Preisfonds fanden sich mit GM Alberto David, GM Thorsten Michael Haub, GM Vladimir Epishin, GM Alexandre Dgebuadze einige weitere GM’s ein. Die nächste Anreise von den GM’s hatte Sebastien Feller mit einer nur 20minütigen Autofahrt. Neben 6 GM waren mit dem starken Luxemburger IM Tom Weber, dem starken französischen IM Mustafa Nezard, World-Cup Teilnehmer IM Michael Wiedenkeller, IM Fred Berend und IM Ilja Schneider weitere potenzielle Titelkandidaten mit am Start. Auf weiblicher Seite waren mit WGM Elvira Berend, WGM/IM Anastasia Savina und WIM Fiona Antoni-Steil auch Titelträger angereist. Zudem spielten noch mehrere FM’s mit, sodass das Turnier an der Spitze mit insgesamt 19 Titelträgern außergewöhnlich gut besetzt war.
GM Alexandre Dgebuadze
GM Epishin wartet auf seinen Gegner, Ihren Berichterstatter
Simon Williams, rechts
Ilia Schneider
Elvira Behrend
Anders als die bisherigen 2015er Schnellturniere wurde dieses Turnier zur ELO-Auswertung bei der FIDE angemeldet (FIDE-Rapid-ELO). Turniermodus waren 9 Runden nach Schweizer System bei 15 Minuten pro Spieler/Partie zzgl. 5 Sekunden Inkrement je Zug.
Bereits am Vortag hatte ein „Bughouse“ Turnier stattgefunden, also Tandemschach. Angetreten sind 13 Teams, wobei sich nach 8 Runden nach Schweizer System das Gespann „Team Casper“ mit GM David Smerdon und IM Vladimir Hamitevici souverän mit 16 Punkten durchsetzte vor den Mannschaftspunktgleichen Teams „Düp Düp Düp“ (IM Tom Weber und Gilles Daubenfeld) und „Hardcore Pawn“ (WFM Fiona Antoni-Steil und GM Simon Williams) mit je 13 Punkten.
Bughouse-Endstand...
An Tisch eins kam ein privates DGT-Brett erstmals zum Einsatz. Bei einigen Partien klappte die Aufzeichnung der Züge hervorragend, bei einigen Partien stoppte die Aufzeichnung wohl wegen eines auf einem Notebooks einsetzenden Bildschirmschoners bzw. Energiesparmodus. Weiteres Partiematerial ist zudem vorhanden aus 9-Runden Videoaufzeichnungen des Berichterstatters an Brett 2 sowie im Falle eines Kurzremis zusätzlich noch Mittelspiel- und Endspielsequenzen an den Brettern 3 und 4 auf der Bühne, sodass viele interessante Partien für die Nachwelt und ChessBase-Leserschaft vorhanden ist bzw. erhalten bleibt!
Partien:
Zum Turnierverlauf
Runde 1 brachte traditionell an den vorderen Brettern keinerlei große Überraschungen. Lediglich an Tisch 22 ist das erste Remis zu verzeichnen.
Runde 1: Vier Titelträger im Bild
In Runde 2 lag an Tisch 3 eine kleine Sensation in der Luft, als Mit-Organisator Claude Hoegener gegen GM Smerdon eine Gewinnstellung erreichte, sie aber – trotz oder wegen zahlreicher Zuschauer – nicht verwerten konnte. Sein Königsangriff verflachte, nach einer Springergabel verlor er eine Qualität und kurz danach die Partie. Ansonsten waren die Ergebnisse an den vorderen Brettern erwartungsgemäß. IM Fred Berend gab an Tisch 11 ein Remis ab, genau wie FM Benoit Taddei an Tisch 15. FM Sebastien Pucher verlor an Brett 18 überraschend gegen den aus langjähriger Schiedsrichtertätigkeit bekannten René Recking.
Claude Hoegener gegen GM David Smerdon
Eine Sensation liegt in der Luft
In der dritten Runde war an Tisch 1 das erste Aufeinandertreffen von Titelträgern zu sehen. In der Partie zwischen GM Sebastien Feller und IM/WGM Anastasia Savina setzte sich der GM durch. An Tisch zwei wurde mit 105 Zügen die wahrscheinlich längste Partie des Turniers gespielt. IM Tom Weber konnte mit Weiss gegen GM Vladimir Epishin die Partie zu jeder Zeit ausgeglichen gestalten. Nachdem bei beiden Spielern die Grundbedenkzeit abgelaufen war, spielten sie die letzten drei Dutzend Züge auf Inkrement vor vielen Zuschauern 60 Züge ohne Bauern zu ziehen bzw. Figuren zu schlagen (der Schiedsrichter zählte wohl mit, die Spieler offenbar nicht). Niemand reklamierte Remis. Nach langem hin und her lavieren zog Epishin dann doch noch einen Bauern und danach unterlief dem Luxemburger IM mit wenigen Sekunden auf der Uhr eine Unaufmerksamkeit und die Partie war dann doch leider schnell verloren. An Tisch drei setzte sich GM David Smerdon gegen Luxemburgs Nr. 1 bei den Damen, WGM Elvira Berend, durch.
GM Sebastien Feller gegen WGM Anastasia Savina
Andreas Gikas gegen David Alberto
Die vierte Runde brachte an Brett 1 zwischen GM Simon Williams und GM Sebastien Feller sowie an Brett 2 zwischen GM Vladimir Epishin und IM Ilja Schneider mehr oder weniger kurze Remis zutage, sodass die 3 GM’s in der Tabelle etwas zurückfielen. GM Thorsten Michael Haub setzte sich in einem interessanten, schwierigen Endspiel (siehe Aufzeichnung), lehrbuchartig und auf Inkrement spielend gegen GM Smerdon durch. Eine weitere Interessante Partie entstand zwischen den beiden sympathischen und für Luxemburgs Landesmeister Echternach in der ersten Mannschaft Seite an Seite spielenden GM Alberto David und IM Michael Wiedenkeller. Michael Wiedenkeller spielte vor kurzem beim World-Cup in Aserbaidschan in der ersten Runde gegen GM Levon Aronian.
Wiedenkeller und David
Die Partie der beiden Mannschaftskollegen wurde durch eine schöne Kombination entschieden. GM Alberto David berichtete mir nach Turnierende, dass diese Partie für ihn beim Schnellschachopen in Schifflange wohl die schwierigste/anspruchsvollste gewesen sei. Für mich als Zuschauer auch eine der interessantesten.
In der fünften Runde trafen an den ersten beiden Brettern die noch verbliebenen 4 Spieler mit voller Punktausbeute aufeinander. An Brett 1 setzte sich GM Alberto David gegen den erst vor kurzem von der FIDE zum GM ernannten, aber vor Turnierbeginn in der Datenbank noch als IM geführten Thorsten Michael Haub durch und behauptete die (alleinige) Tabellenführung, denn die Begegnung am Nachbartisch zwischen GM Alexandre Dgebuadze und dem an diesem Tag sehr gut aufspielendem französischen IM Mustafa Nezard endete Remis.
Haub gegen David
GM Feller schlug im Duell der beiden Setzlistenersten GM Epishin und behielt Tuchfühlung zur Tabellenspitze, während Altmeister Epishin zunächst zurückfiel. Die Partie an Tisch 4 endete sehr schnell, denn GM Williams stellte in der Eröffnung durch ein Abzugsschach seine Dame ein und gab sofort gegen IM Ilja Schneider auf. Der englische GM verabschiedete sich damit aus dem Titelrennen.
Schneider gegen Williams
Eine kleine Vorentscheidung für den Turniersieg fiel in der sechsten Runde an Tisch 1. GM Alberto David setzte sich gegen die Nr. 1 der Setzliste, Sebastien Feller durch und behauptete seine alleinige Tabellenführung mit voller Punktausbeute, während Feller in der Tabelle zurückfiel. An Tisch zwei endete die Partie zwischen den beiden IM’s Nezar und Schneider Remis. GM Smerdon gewann gegen GM Dgebuadze und behielt Tuchfühlung zur Tabellenspitze, wobei GM Alberto David nach der Runde bereits einen ganzen Punkt Vorsprung vor 3 Verfolgern hatte.
Seine Tabellenführung festigen bzw. ausbauen konnte GM Alberto David in Runde 7 nach seinem Schwarz-Sieg an Tisch eins gegen IM Ilja Schneider.
IM Schneider gegen GM David
Der sich nach der Niederlage gegen GM Epishin wieder nach vorne gespielte IM Tom Weber gewann an Tisch zwei gegen GM David Smerdon und behielt mit 6 Punkten zumindest Anschluss an den Tabellenführer. GM Haub gewann gegen Stephen Dishman und kam danach auch auf 6 Punkte ebenso wie IM Mustafa Nezard nach einem Sieg an Brett 4. GM Sebastien Feller kam an Brett 5 gegen IM Vladimir Hamitevici nicht über ein Remis hinaus und kam als Turniersieger bei noch zwei zu spielenden Runden kaum mehr in Frage.
IM Tom Weber gegen GM David Smerdon
In der vorletzten Runde ließ es Tabellenführer GM Alberto David etwas ruhiger angehen und war mit Weiss gegen IM Tom Weber mit einem frühen Remis zufrieden. IM Mustafa Nezard gewann an Brett zwei gegen GM Haub zunächst einen Bauern. Nach schrittweise Verbesserung seiner Stellung gewann er schließlich im Endspiel die Partie und hatte danach mit 7 Punkten aus 8 Partien nur noch einen halben Punkt Rückstand auf GM Alberto David. GM Epishin setzte sich an Brett 3 gegen GM Dgebuadze durch und kam auf 6,5 Punkte. GM Feller gewann gegen WGM Elvira Berend und kam danach auf 6 Punkte.
Vor der Schlussrunde
Die Schlussrunde brachte an Brett 1 ein Kurzremis zustande, was GM Alberto David den alleinigen Turniersieg sicherte und IM Nezar den zweiten Platz (aufgrund besserer Feinwertung) sicherstellte (sofern Epishin am Nachbartisch gewinnen sollte). Und in der Tat entstand zwischen GM Haub und GM Epishin eine interessante Partie, welche bis ins Endspiel ausgekämpft wurde. Bei einem sehr ungleichen Materialverhältnis bot GM Epishin – mangels Zeit – Remis an.
Herzlichen Glückwunsch an GM Alberto David für eine glänzende Vorstellung und einen souveränen Turniersieg in Schifflingen mit 8 Punkten aus 9 Partien. Beste Dame wurde WIM Fiona Steil-Antoni mit 6 Punkten auf Platz 17.
GM Thorsten Michael Haub gegen Stephen Dishman
GM Epishin gegen GM Dgebuadze
FM Sebastien Pucher gegen GM Haub
Endstand:
Rang |
Teilnehmer |
Titel |
TWZ |
Verein/Ort |
Land |
S |
R |
V |
Punkte |
PktSu |
MiBuch |
1. |
David, Alberto |
GM |
2566 |
De Sprenger Iec |
ITA |
7 |
2 |
0 |
8.0 |
43.5 |
42.5 |
2. |
Nezar, Mustapha |
IM |
2404 |
Cercle d'échecs |
FRA |
6 |
3 |
0 |
7.5 |
40.0 |
41.0 |
3. |
Feller, Sebastien |
GM |
2619 |
Evry 0-0-0 |
FRA |
6 |
2 |
1 |
7.0 |
36.5 |
42.0 |
3. |
Epishin, Vladimir |
GM |
2601 |
|
RUS |
6 |
2 |
1 |
7.0 |
36.5 |
42.0 |
5. |
Hamitevici, Vladi |
IM |
2431 |
TSP Bieles |
MDA |
6 |
2 |
1 |
7.0 |
35.0 |
41.0 |
6. |
Wiedenkeller, Mic |
IM |
2478 |
De Sprenger Iec |
LUX |
7 |
0 |
2 |
7.0 |
35.0 |
37.5 |
7. |
Haub, Thorsten Mi |
IM |
2478 |
Esch Rochade Re |
GER |
6 |
1 |
2 |
6.5 |
37.5 |
43.5 |
8. |
Dgebuadze, Alexan |
GM |
2554 |
|
BEL |
6 |
1 |
2 |
6.5 |
36.5 |
43.0 |
9. |
Weber, Tom |
IM |
2395 |
TSP Bieles |
LUX |
6 |
1 |
2 |
6.5 |
36.0 |
40.0 |
10. |
Smerdon, David C |
GM |
2573 |
|
AUS |
6 |
1 |
2 |
6.5 |
35.0 |
40.0 |
11. |
Berend, Fred |
IM |
2412 |
Cercle d'échecs |
LUX |
6 |
1 |
2 |
6.5 |
32.0 |
37.0 |
12. |
Filipovic, Slobod |
|
2203 |
Gambit Bonnevoi |
SRB |
6 |
0 |
3 |
6.0 |
33.0 |
39.5 |
13. |
Williams, Simon K |
GM |
2522 |
Cheddleton |
ENG |
5 |
2 |
2 |
6.0 |
33.0 |
39.5 |
14. |
Pucher, Sebastien |
FM |
2264 |
Metz Fischer |
FRA |
6 |
0 |
3 |
6.0 |
32.0 |
38.5 |
15. |
Zienkiewicz, Geof |
|
1877 |
Villers Caro Ka |
FRA |
6 |
0 |
3 |
6.0 |
31.0 |
37.0 |
16. |
Taddei, Benoit |
FM |
2340 |
Metz Fischer |
FRA |
5 |
2 |
2 |
6.0 |
30.5 |
34.5 |
17. |
Steil-Antoni, Fio |
WIM |
2184 |
TSP Bieles |
LUX |
5 |
2 |
2 |
6.0 |
29.5 |
34.5 |
18. |
Mayr, Thomas |
|
2160 |
|
AUT |
5 |
2 |
2 |
6.0 |
28.5 |
35.0 |
19. |
Dishman, Stephen |
|
2287 |
Gambit Bonnevoi |
ENG |
4 |
3 |
2 |
5.5 |
33.0 |
38.5 |
20. |
Savina, Anastasia |
IM |
2363 |
|
RUS |
5 |
1 |
3 |
5.5 |
30.5 |
... 104 Spieler
Abschlusstabelle...
Beginn der Siegerehrung durch Claude Birtz
Claude Birtz begrüßt den Bürgermeister
Gruß und Dankesworte des Bürgermeisters
Gratulation an den Turniersieger
Turniersieger Alberto David
Zweiter IM Mustafa Nezard
Die Turnierorganisation war sehr gut. Schiedsrichter war der Luxemburger FIDE-Schiedsrichter Olivier Jeitz, welcher keine nennenswerten Streitfälle zu regulieren hatte. Auch für das leibliche Wohl wurde bestens gesorgt. Höhepunkt vor der Siegerehrung war eine sich ewig in die Länge ziehende Tombola, was bei einem der angereisten GM für innere und äußere Unruhe sorgte, weil er seinen Zug nicht verpassen wollte. Nach der Siegerehrung wurde von Claude Birtz in Aussicht gestellt, nächstes Jahr eine Neuauflage zu starten.
Die Tombola: Zu viele Preise
Fazit: Den Veranstaltern ist ein super Turnier-Debüt gelungen!
Weitere Informationen, Tabellen und Fotos sind auf der Turnierseite zu finden.
http://www.schachscheffleng.lu/
Eine große Fotogalerie befindet sich auch auf der Facebook-Seite von Fiona Steil-Antoni...