Schönes Wetter, schönes Open

von ChessBase
16.08.2013 – Mit 250 Spielern war das 17. Zeeland Open in Vlissingen sehr gut besucht. Da die Runden zumeist am Abend gespielt wurden, hatten die Teilnehmer auch noch Zeit, das ausgesprochen gute Wetter am Strand von Vlissingen zu genießen, der wegen seiner südlichen Lage die "Riviera der Niederlande" genannt wird. Wertungssieger wurde Michal Krasenkow. Gerd Densing berichtet. Zum Zeeland Open...

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17. Zeeland – Open 2013 in Vlissingen

In einer meist sonnigen Ferienwoche fand vom 3. – 10. August in der Küstenstadt Vlissingen in den Niederlanden in der Provinz Zeeland die 17. Auflage des „HZ“-Turniers statt. Austragungsort war unverändert die in der Ferienzeit von Studenten gemiedene Hochschule von Zeeland. Dort fanden die nahezu 250 Teilnehmer/innen erneut ideale Turnierbedingungen.

Am Hafen von Vlissingen

Der Yachthafen

„Zeeland“ und hier insbesondere die Halbinsel „Walcheren“ ist bei Nordseeurlaubern aus den Niederlanden und Deutschland sehr beliebt, denn der Strand von Vlissingen ist der südlichste Strand in den Niederlanden und die Küstengegend dort in der Region so etwas wie die „Riviera“ der Niederlande. Durch die Runden erst am Abend (Ausnahme: Sonntags und Schlussrunde am 2. Samstag) war für die Teilnehmer genug Gelegenheit für Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten nach dem Turniermotto „Chess by the sea“. Vlissingen ist nicht nur als Urlaubsort beliebt und bekannt, sondern auch geschichtlich von Bedeutung, waren es doch die Städte Vlissingen und das nur weniger entfernte Städtchen Middelburg, von welchem vor einigen Hundert Jahren die niederländischen Kolonien angefahren und die Weltmeere erkundet wurden. Seinerzeit waren dies die bedeutensten Städte in den Niederlanden.

Das De-Ruyter-Denkmal am Hafen

Erneut waren neben vielen, vor allem jungen, starken, einheimischen Spielern auch wieder einige Amateure aus Deutschland und Belgien mit am Start sowie einige Profis. Mit mehr als 30 Titelträgern war das Turnier erneut sehr gut besetzt. Besonderheit war, dass erstmals gleich mehrere Sieger der Vorjahre gleichzeitig mit am Start waren. Der polnische GM Michael Krasenkow gewann in Vlissingen bereits 2006 und 2009 mit je 8 Punkten souverän.

Krasenkow, li.

GM Konstantin Landa gewann 2011 ebenfalls souverän als einziger Spieler mit 8 Punkten, und auch der amtierende niederländische Meister und Vorjahressieger GM Dimitri Reinderman (7,5 Punkte in 2012) war mit am Start und wollte seinen Titel verteidigen.

Konstantin Landa, hier gegen Niclas Huschenbeth

Dmitry Reindermann, li, hier gegen Manuel Bosboom

Zum weiteren Favoritenkreis zählten aber auch natürlich der frische Biel-Open-Sieger und Vlissingen-Debütant und virtuell über ELO 2700 spielende indische Großmeister Pentala Harikrishna als Setzlistenerster sowie der zuletzt in guter Form spielende niederländische Großmeister Erwin L’Ami.

Harikrishna, li.

Erneut bot die Vielzahl der Titelträger für die jungen Talente und ambitionierten Amateurspieler die Möglichkeit, sich mit sehr starken Spielern messen zu können und evtl. auch eine Norm zu erreichen.

Besonders hervorzuheben ist auch dieses Jahr wieder die perfekte Organisation und Turnierdurchführung incl. täglicher Bulletins, guter Verpflegung/Gastronomie, Bücherstand, Live-Übertragung der ersten 12 Bretter ins Internet sowie Live-Übertragung über Public-Viewing in den gemütlichen Analysebereich, optimale und schnelle Datenaufbereitung auf der Turnierseite im Internet mit vielen Fotos und Partien zum Nachspielen … und nicht zuletzt die äußerst (gast)freundliche Stimmung unter allen Teilnehmern.

 

Erneut gab es keinerlei Streitfälle, sodass das routiniert arbeitende Schiedsrichterteam um Hauptschiedsrichter J.H. Pots nur Routinearbeiten zu erledigen hatte. Assistenten bzw. weitere Schiedsrichter waren A. Bruijns, E. van Elven und E. Ruben. Wie bereits im Vorjahr wurde mit der neuen Fide-Bedenkzeit (90 Minuten für 40 Züge und 30 Minuten für den Rest der Partie zzgl. 30 Sekunden für jeden Zug) gespielt, sodass „Zeitüberschreitung“ ein Fremdwort war und seitens Schiedsrichtern nirgends mitgeschrieben werden musste.

Untergebracht waren die nicht einheimischen Spieler in den verschiedensten Hotels und Pensionen in Vlissingen, wobei die Top-Gesetzten Großmeister im Grand-Arion-Hotel unmittelbar am Boulevard/Strand von Vlissingen einen angenehmen Schach-Urlaubs-Aufenthalt genießen konnten.

Turnierverlauf:

Die erste Runde brachte naturgemäß an den vorderen Brettern keine Überraschungen. Das erste unerwartete Resultat war an Brett 51 zu vermelden, als der deutsche Benno Fuchs sich gegen seinen favorisierten Gegner durchsetzen konnte.

In der zweiten Runde (Sonntags vormittags) gaben sich die Top-Leute erneut keine Blöße. Erst an Tisch 19 war ein Überraschungsergebnis zu verzeichnen.

Die dritte Runde (Sonntags nachmittags) brachte dann die ersten Duelle von Titelträgern untereinander, wobei GM Erwin L’Ami gegen den dieses Jahr in Vlissingen insgesamt sehr gut aufspielenden FM Arno Bezemer an Tisch 4 ein erstes Remis abgab. Auch die am weitesten angereiste Teilnehmerin, die chinesische Top-Spielerin Xue Zhao gab gegen den starken niederländischen Amateur Mark Timmermans in eimem ausgekämpften Turmendspiel ein erstes Remis ab. Ebenso kam die indische Top-Spielerin GM Dronavalli Harika gegen FM Richard Vedder nicht über ein Remis hinaus.

Xao Zhue

Harika Dronavalli

In der vierten Runde waren erneut interessante Duelle zu verzeichnen. Der junge deutsche IM Ilja Zaragatski, welcher auf dem nächsten Fide-Kongress in wenigen Wochen zum GM ernannt wird, spielte an Tisch eins gegen den Top-gesetzten GM Harikrishna eine interessante Partie, musste aber eine Niederlage hinnehmen und viel im Gesamtklassement vorübergehend zurück. Der Sieger der Jahre 2006 und 2009, der polnische GM Krasenkow kam gegen den vorübergehend sehr stark aufspielenden niederländischen Jungstar IM Twan Burg an Tisch zwei in einer sizilianischen Partie mit Minusbauer fast unter die Räder und konnte sich gerade so in‘s Remis retten. An Tisch zehn gab die chinesische Großmeisterin gegen einen niederländischen Amateur ein weiteres Remis ab, sodass sie sich zunächst aus dem Titelrennen verabschiedete.

Die fünfte Runde war „die Runde der Deutschen“.  Während sich an Tisch eins etwas überraschend der indische Top-GM Harikrishna relativ schnell mit Vlissingen-Veteran GM Ikonnikov auf Remis einigte, waren an den nächsten Tischen wesentlich spannendere Partien zu verzeichnen. Der junge deutsche GM Niclas Huschenbeth spielte gegen den Routinier und Sieger des Jahres 2011 sehr gut auf und erreichte im Endspiel eine mehr oder weniger klare Gewinnstellung.

Niclas Huschenbeth

Eine lange Kombination, welche auch diverse Schach-Engines so ausgewiesen haben führte zwar zu einem materiellen Übergewicht von Dame gegen Turm, allerdings dachte sich Konstantin Landa „my home is my castle“ und baute sich eine uneinnehmbare Festung auf. Dieses Motiv ist wohl für Schach-Engines – noch – nicht richtig zu erfassen. Wenngleich die ganz große Überraschung ausblieb, so ist das Remis dann doch immerhin eine kleine Überraschung. Am Nachbartisch steckte IM Thomas Henrichs (geteilter erster in Vlissingen im Jahre 2010) in einer interessanten Partie eine Leichtfigur in’s Geschäft, um am Damenflügel eine Bauernwalze zu kreieren. In aufkommender beiderseitiger Zeitnot behielt er – im Gegensatz zu seinem Gegner - die Übersicht und konnte sich etwas überraschend gegen den Vorjahressieger GM Dimitri Reindermann durchsetzen.

In der Zwischentabelle nach Runde 5 führte Thomas Henrichs das Feld mit einem halben Punkt Vorsprung an! Das brisanteste Duell war an Tisch 5 zu beobachten. In einem familieninternen Duell setzte sich GM Erwin L’Ami – nicht gentlemen-like – nach mehrstündigem Kampf gegen seine Ehefrau Alina L’Ami durch. Wobei die Hoheit des Hotelzimmerschlüssels bei ihr lag und – gemäß Facebook-Eintrag wohl auch eine Übernachtung auf dem Balkon des Hotelzimmers für den Partiegewinner zur Diskussion stand.

L'Ami gegen L'Ami

In der sechsten Runde konnte IM Thomas Henrichs an Tisch eins dem Druck des indischen GM Harikrishna nicht standhalten und musste im Endspiel mit Minusqualität die Segel streichen, womit die Tabellenführung futsch war.

Harikrishna gegen Thomas Henrichs

Am Nachbartisch befand sich GM Michael Krasenkow gegen GM Ernst Sipke mit Turm und 2 Bauern gegen Springer und 3 Bauern – verteilt auf 2 Flügel – in einem vielleicht verlustträchtig aussehenden Endspiel, konnte sich aber nach geschicktem Spiel noch in’s Remis retten.

Sipke Ernst gegen Michal Krasenkow

GM Konstantin Landa setzte sich gegen GM Ikonnikov durch und übernahm die Tabellenführung, punktgleich mit GM Harikrishna. GM Erwin L’Ami und GM Niclas Huschenbeth trennten sich nach spannendem Kampf in einem Turm-Endspiel remis, ebenso ging die Partie zwischen Titelverteidiger GM Dimitri Reinderman und israelischem IM Mark Berkovich remis aus.

Huschenbeth gegen L'Ami

In der siebten Runde trennten sich die beiden Tabellenführer an Tisch eins remis. An Tisch zwei erreichte die indische Großmeisterin Dronavalli Harika gegen den favorisierten GM Krasenkow ein Remis, nachdem in einem Endspiel Turm und Leichtfigur gegen Turm die 50-Züge-Regel ausgiebig getestet wurde. Nur weitere 2 oder 3 Züge später wäre das Matt auf dem Brett gewesen; der polnische GM nahm’s mit Humor. Durch Siege von GM Erwin L’Ami gegen IM Thomas Henrichs und des zweiten indischen Großmeisters am Start, Babu M.R. Lalith gegen IM Stefan Kuipers sowie der nun wieder herangekämpften chinesischen Großmeisterin Xue Zhao gegen IM Mathew Tan schlossen gleich mehre Spieler zur Tabellenspitze auf. GM Niclas Huschenbeth verlor gegen den niederländischen IM Manuel Bosboom und damit den Kontakt zu den vorderen Tabellenplätzen. Nach der Runde führten punktgleich mit je 6 Punkten gleich 6 Spieler die Tabelle an und es – anders als in manchen Vorjahren – völlig offen war, wer das Turnier gewinnen könnte/würde.

In der achten Runde wurden an den ersten beiden Brettern im indischen Duell zwischen GM Harikrishna und GM Lalith sowie chinesisch-russischen Duell zwischen GM Zhao und GM Landa die Punkte geteilt. GM Erwin L’Ami nutzte die Gunst der Stunde und setzte sich nach seinem Partiegewinn gegen IM Manuel Bosboom alleine an die Tabellenspitze; mit einem halben Punkt Vorsprung eine gute Ausgangslage für die Schlussrunde. Einer der Überraschungsspieler des Turniers und insbesondere der letzten Runden war der junge niederländische IM Quinten Ducarmon. In der 8. Runde konnte er sich gegen Vorjahressieger GM Reinderman durchsetzen. GM Krasenkow behielt gegenüber FM Bezemer die Oberhand und somit Kontakt zur Tabellenspitze.

Die Schlussrunde verlief sehr spannend. Während sich GM Erwin L’Ami und GM Pentala Harikrishna an Tisch eins auf Remis einigten und auch das Duell zwischen GM Sipke Ernst und GM Konstantin Landa remis endete, punktete GM Michael Krasenkow gegen GM Xue Zhao ebenso wie GM Lalith gegen IM Van Delft und IM Ducarmon gegen IM Zaragatski.

L'Ami gegen Harikrishna

Krasenkow gegen Xao Zhue

Im Ergebnis führte dies zu gleich 4 Spielern mit 7,5 Punkten (Krasenkow, L’Ami, Lalith, Ducarmon), wobei GM Krasenkow nach Feinwertung als Sieger 2013 in die Siegerliste eingetragen wird. Das Verfolgerfeld der 7 Spieler mit je 7 Punkten wird vom Elo-Favoriten GM Harikrishna angeführt.

Herzlichen Glückwunsch an GM Krasenkow für den 3 Turniergewinn in Vlissingen. Bleibt zu hoffen, dass auch in den nächsten Jahren regelmäßig gleich mehrere Titelverteidiger an den Start gehen und es erneut zu einem spannenden Turnierverlauf kommt.

Beste Dame wurde GM Xue Zhao – nach einer Niederlage in der Schlussrunde - mit 6,5 Punkten auf Rang 13.

FM Arno Bezemer erzielte eine weitere IM-Titelnorm.

Arno Bezemer, rechts

Da er bereits vor dem Turnier ausreichend Normen hatte, fehlt ihm nur noch das Erreichen des Elo-Kriteriums. IM Quinten Ducarmon erreichte trotz guter Punktzahl keine GM-Norm, da er zu wenig Titelträger als Gegner im Turnierverlauf hatte.

Quinten Ducarmon (li.)

Besonders bemerkenswert ist die erzielte IM-Norm des sehr jungen titellosen Milan Mosterman (geboren 1993, ELO 2280), 7 Punkte, Tabellenplatz 10, Performance 2450 (u.a. Remis gegen IM Bernd Kohlweyer, IM Twan Burg und IM Ilja Zaragatski sowie Siege gegen IM Thomas Henrichs und IM Manuel Bosboom).

Hier die vorderen Tabellenplatzierungen:

Endstand: 

 

Rank Name Score Fed. M/F Rating TPR W-We BH SB PS
1 GM Krasenkow, Michal 7.5 POL M 2635 2671 +0.52 54.5 44.5 38.5
2 GM L'Ami, Erwin 7.5 NED M 2626 2653 +0.50 52.0 42.5 39.0
3 GM Lalith, Babu M.R. 7.5 IND M 2576 2630 +0.72 51.0 41.5 38.0
4 IM Ducarmon, Quinten 7.5 NED M 2438 2532 +1.26 48.0 39.0 36.5
5 GM Harikrishna, P. 7.0 IND M 2696 2698 +0.19 58.0 43.5 39.5
6 GM Ernst, Sipke 7.0 NED M 2560 2612 +0.76 56.5 42.25 38.0
7 GM Landa, Konstantin 7.0 RUS M 2632 2688 +0.79 56.0 42.75 39.5
8 IM Burg, Twan 7.0 NED M 2486 2512 +0.39 55.0 41.5 36.0
9 GM Ikonnikov, Vyacheslav 7.0 RUS M 2555 2572 +0.43 52.0 38.5 37.0
10 Mostertman, Milan 7.0 NED M 2280 2450 +2.12 48.0 36.0 34.5
11 FM Rijnaarts, Sjef 7.0 NED M 2354 2369 +0.38 45.0 32.5 32.0
12 IM Van Delft, Merijn 6.5 NED M 2415 2481 +1.05 54.5 36.0 36.0
13 GM Zhao, Xue 6.5 CHN F 2562 2523 -0.09 53.0 36.0 36.5
14 GM Reinderman, Dimitri 6.5 NED M 2598 2495 -0.83 51.5 35.0 36.0
15 Kerigan, Demre 6.5 TUR M 2257 2420 +1.62 50.0 34.75 33.0
16 IM Akshat, Khamparia 6.5 IND M 2354 2370 +0.43 48.0 31.75 34.0
17 IM Leenhouts, Koen 6.5 NED M 2379 2318 -0.38 46.5 31.5 33.0
18 WGM L'Ami, Alina 6.5 ROU F 2358 2309 -0.31 46.0 31.5 32.5

... 250 Spieler 

Partien...

Abschließend bleibt festzuhalten, dass in Vlissingen wieder einmal ein sehr spannendes, interessantes und schönes Urlaubs-Open ausgetragen wurde und ganz bestimmt viele Spieler, Profis wie Amateure, nächstes Jahr sehr gerne wieder kommen.

Bericht und Bilder von Gerd Densing

Internetlink zur Turnierseite:

www.hztoernooi.nl

Infos über Vlissingen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Vlissingen

Die Turnierberichte (Bulletins, in niederländisch), Tabellen, Paarungslisten, weitere Fotos sowie Partien sind auf der Turnierseite verfügbar.


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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