Schönberg-Tag mit Schach und Musik im Groß Borsteler Stavenhagenhaus

von André Schulz
11.09.2024 – Kommenden Sonntag (15. Sept, ab 16 Uhr) organisiert der Groß Borsteler Kulturverein "Initiative Marcus und Dahl" anlässlich des 150sten Geburtstages des großen Künstlers im Groß Borsteler Stavenhagenhaus einen Schönberg-Tag mit einer Schachpartie, einer Ausstellung, einem Vortrag und Musik. Schachspieler, Musik- und Kunstfreunde sind herzlich eingeladen. | Foto: Arnold Schönberg mit Studenten (Ausschnitt). Rockinham Avenue, Los Angeles, 1948 | Foto: Richard Fish/Arnold Schönberg Center, Wien

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Der am 13. September 1874 in Wien geborene und 1951 im Exil in San Francisco gestorbene Künstler Arnold Schönberg ist vor allem als Musiker und Komponist und besonders als Urheber der 12-Ton-Musik bekannt. Er war aber auch als bildender Künstler und sogar als Erfinder aktiv und produktiv. Zudem hatte er am Schachspiel besonderes Interesse.

Unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges entwickelte Schönberg eine besondere Schachvariante, das Koalitionsschach. Hier spielen spielen jeweils zwei und zwei Spieler gegeneinander. Es gibt im Hinblick auf die Anzahl der Steine jedoch einen schwächeren und einen stärkeren Partner und es gibt einige zusätzliche besondere Spielfiguren wie z.B. U-Boote und Flugzeuge.

Der Groß Borsteler Kulturverein "Initiative Marcus und Dahl e.V" (IMUD), wurde vor einigen Jahren zur Erinnerung an die in Groß Borstel geborenen, 1933 vertriebenen, jüdischen Künstler Gert Marcus und Ingolf Dahl gegründet und fördert mit Veranstaltungen im örtlichen Kulturhaus, dem Stavenhagenhaus, das Kulturleben in Groß Borstel. 
   

Das im 18. Jh. erbaute Stavenhagenhaus in Groß Borstel, viel besuchtes Kulturhaus

Anlässlich des 150sten Geburtstages von Arnold Schönberg organisiert die IMUD einen Schönberg-Tag, bei dem die vielen künstlerischen Facetten des kreativen Genies beleuchtet werden. Arnold Schönberg und Ingolf Dahl, beide in den USA im Exil, kannten und schätzten sich. Dahl hatte Schönbergs berühmtes Werk „Pierrot Lunaire“ vom Deutschen ins Englische übertragen. 

Foto: Arnold Schönberg mit Studenten. Rockinham Avenue, Los Angeles, 1948 | Foto: Richard Fish/Arnold Schönberg Center, Wien

Die Hamburger Schachspieler Volker Ahmels und Frank Behrhorst haben sich intensiv mit dem Koalitionsschach von Arnold Schönberg beschäftigt und die Entwürfe seines Regelwerks soweit bearbeitet, dass das Spiel im Wettbewerb gespielt werden kann. Das Koalitionsschach entwickelt dabei eine ganz eigene Dynamik, ähnelt in vielerlei Hinsicht dem üblichen Schachspiel, bietet darüber hinaus aber auch viele eigene überraschende Momente. Der Doppelangriff erhält hier eine ganz andere Bedeutung, wenn zwei Spieler gleichzeitig auf den gegnerischen König der Gegenseite losgehen. Tatsächlich ist jede neue Partie Forschungsarbeit, den es gibt bisher keinerlei aufgezeichnete Partien und neben den von Schönberg geschaffenen Original-Figuren im Schönberg Center in Wien existieren überhaupt nur eine Handvoll Spiele des Koalitionsschachs.

Vier Hamburger Schachspieler werden sich am kommenden Sonntag, den 15. September diesem Experiment unterziehen, darunter auch Volker Ahmels, der sich als Dozent für verfemte Musik an der Universität Rostock besonders intensiv mit den Werken vertriebener, zumeist jüdischer Künstler beschäftigt hat. 

Eine Beratung unter den Spielern war von Schönberg eigentlich nicht vorgesehen. Um das Spiel für die Zuschauer zugänglicher zu machen, werden die Spieler hier aber während der Partie doch über ihre Absichten und Pläne sprechen und die Zuschauer können die Ideen mit verfolgen und eigene Pläne entwickeln. Frank Behrhorst wird als Schiedsrichter über die Einhaltung der Regeln wachen und die Partie auch ein wenig kommentieren.

Nach einer Pause stellt Volker Ahmels im Anschluss in einem Vortrag Arnold Schönberg und seine musikalische und künstlerische Hinterlassenschaft vor.  

Der Tag endet mit einigen kürzeren Klavierstücken von Arnold Schönberg und Ingolf Dahl, die vom Duo Volker Ahmels und Friederike Haufe am Piano vorgetragen werden.

Zur Veranstaltung gehört zudem eine kleine Ausstellung mit biografischen Informationen, Faksimiles und Bildern des Künstlers.

Der Eintritt ist frei.

Arnold Schönbergs Koalitionsschach

Dank der Anpassungen und Erklärung zur Durchführbarkeit des Spiels durch Daniel Hamann und Ernst Strouhal im Jahr 2004, wurden jetzt die Voraussetzungen geschaffen, dieses Spiel auch als Wettkampfspiel im Turniermodus zu erproben.

Arnold Schönbergs in den frühen 1920er Jahren entwickelte Schachspiel stellt eine Erweiterung des traditionellen Schachs dar. Gespielt wird von vier Parteien, zwei Großmächten (Gelb, Schwarz) und zwei Kleinmächten (Grün, Rot), die in den ersten drei Runden Koalitionen eingehen können. Statt über sechs verschiedene Figuren, wie das traditionelle Schach, verfügt das Koalitionsschach über Figuren mit neun Gangarten.

Die Bewegungsregeln werden entweder vom herkömmlichen Schach übernommen, oder,
wie bei den drei neuen Figuren, aus zwei traditionellen Figuren zusammengesetzt.

Schönbergs Figuren sind gegenständlich. Sie versinnbildlichen das vielleicht ursprüngliche
Motiv des Heeres in moderner Form. Die Figuren, ihre Bezeichnungen und ihre
Verteilung entsprechen den Erfahrungen Schönbergs mit der Kriegsmaschinerie des
Ersten Weltkrieges.

Rot symbolisiert die Luftreitkräfte (Flieger), Grün die Marine (U-Boote), die Großmächte
Gelb und Schwarz verfügen über das militärische Arsenal der Landstreitkräfte.
Arnold Schönberg konzipierte jedoch kein Kriegsspiel, sondern stellte dem Kampf die
Anstrengung der Diplomatie und die Verhandlung der Spieler über mögliche
Koalitionen voran.

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Die Steine

Der König zieht und schlägt wie im Schach und hat auch sonst die gleiche
Bedeutung.

Der Flieger ist eine neue Figur. Sie entspricht zwei aufeinander folgenden,
aneinander anschließenden Springerzügen. Ausgeschlossen ist dabei nur ein
solcher Zug, bei welchem der Flieger auf seinen Ausgangspunkt zurückfährt.

Das Unterseeboot ist ebenfalls eine im Schach nicht vorkommende Figur. Sie
macht alle Züge von Dame und Springer. 

Der Tank entspricht der Dame des Schachs.

Die Artillerie entspricht dem Turm.

Der Ingenieur entspricht dem Springer.

Der Radfahrer entspricht dem Läufer.

Der Schütze entspricht dem Bauern.

Das Maschinengewehr ist eine im Schach nicht vorkommende Figur; sie besitzt die
Rechte des Königs und des Bauern, kann aber ohne Partieverlust geschlagen werden.
Sie kann von der Ausgangsstellungeinen Doppelschritt tun und ein Feld weit
in alle Richtungen gehen und schlagen.

Im Folgenden werden die bestehenden Regeln als Vorschlag angepasst und somit leichter umsetzbar.

Regelwerk des Koalitionsschach...

Weitere Links:

Initiative Marcus und Dahl...

Arnold Schöberg - das kreative Genie (IMUD)...

Ankündigung im Borsteler Boten...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.
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