Schulabbrecher, Spitzenspieler, Geschäftsmann (1/2)

von Sagar Shah
25.08.2016 – Wer ist der jüngste Juniorenweltmeister der Schachgeschichte? Kasparov? Anand? Karpov? Nein, keiner von ihnen, dieser Titel geht an den französischen Großmeister Joel Lautier. Der in zehn Partien gegen Garry Kasparov eine positive Bilanz hat. Und maßgeblich an Kramniks Sieg im WM-Match in London 2000 und an der Gründung der ACP beteiligt war. Mit einer Elo-Zahl von 2656 zog er sich 2006 vom Turnierschach zurück. Sagar Shah traf Joel Lautier in Moskau und führte ein umfangreiches Interview mit ihm. Interview, Teil 1.

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Interview mit GM Joel Lautier

Von Sagar Shah

Eine kurze Einleitung: Joel Lautier gehörte Anfang der 1990er zu den größten Talenten der Schachwelt. Er wurde am 12. April 1973 geboren und 1990 Großmeister, damals der jüngste der Welt. Außerdem ist er der jüngste Spieler, der je Juniorenweltmeister wurde (mit 15!), ein Rekord, der bis heute Bestand hat. Er hat gegen fast jeden erdenklichen Spitzenspieler seiner Zeit gewonnen und eine positive Bilanz gegen Garry Kasparov. Die beiden haben zehn Mal gegeneinander gespielt, einmal gewann Kasparov, zwei Mal Lautier. Er war maßgeblich an Kramniks Sieg im WM-Kampf gegen Kasparov 2000 in London beteiligt und half bei der Vorbereitung der Berliner Verteidigung. Lautier war auch der erste Präsident der Association of Chess Professionals. 2006 zog er sich vom Turnierschach zurück und wandte sich der Finanzwelt zu. Er machte schnell Karriere und ist zur Zeit CEO von RGG Capital, einem Unternehmen, das sich auf Fusionen und Übernahmen spezialisiert hat.


Die zehnte Runde des Kandidatenturniers 2016 in Moskau lief. Ein Mann um die 40, mit Bart und tadellos gekleidet, schaute der Runde zu. Das Erscheinungsbild eines Geschäftsmannes und der Umstand, dass er ein wenig abseits von der Menge stand, schien mir zu suggerieren, dass er eigentlich keine Verbindung zum Schach hatte und das erste Mal bei einem Schachturnier war. Aber als ich genauer hinschaute, wusste ich plötzlich, wer das war! Ich ging zu ihm hin und sagte: "Hi! Sind Sie nicht Joel Lautier?" Leicht überrascht schaute er mich an. "Gut zu wissen, dass einen die Leute auch dann noch erkennen, wenn man vor zehn Jahren mit dem Schach aufgehört hat!" Joel kannte mich von meinen ChessBase-Artikeln. Wir unterhielten uns eine Weile und bevor er ging, fragte ich ihn, ob er Intereresse an einem Interview hätte. Wir trafen uns nach dem Turnier im Hotel Intercontinental in der Tweskaja Uliza, einer der elegantesten und teuersten Einkaufsstraßen Moskaus. Während des Interviews erkannte ich, wie vielseitig Lautier ist! Das zeichnet ihn aus. Er ist bereit, neue Herausforderungen anzunehmen und achtet darauf, die Dinge gut zu machen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei diesem zweiteiligen Interview.  

Das Hotel Intercontinental in der Twerskaja Uliza 

Sagar Shah: Joel, fangen wir doch mit dem Anfang an. Wie bist du zum Schach gekommen? 

Joel Lautier: Ich fing mit dem Schachspielen an, als ich dreieinhalb war. Mein Vater zeigte mir das Spiel. Meine Mutter brachte mir die Regeln bei, aber mein Vater brachte mir bei, wie man spielt. Er war ein ziemlich guter Spieler - mit einer Zahl von ungefähr 2200, was damals in Frankreich ziemlich selten war. Frankreich war damals in Sachen Schach nicht besonders stark. Wenn man Spassky nicht mitzählt, hatten wir keine Großmeister, sondern nur ein paar Internationale Meister. In den ersten Jahren spielte ich zu Hause Schach und merkte gar nicht, welchen Vorteil ich gegenüber anderen Kindern hatte - ich hatte zu Hause einen starken Spieler, mit dem ich trainieren konnte. Ich machte schnell Fortschritte. Mein Vater gab mir interessante Aufgaben und ich blieb am Schach interessiert.

SS: Ab wann hast du dich ernsthaft mit Schach beschäftigt?

JL: Als ich sah, dass ich viel besser war als andere Kinder in meinem Alter. So wurde ich ohne große Probleme Pariser U10-Meister und wurde danach Französischer Meister U10. Danach beschäftigte ich mich ernsthaft mit Schach.

Der nächste Meilenstein kam, als ich anfing, regelmäßig gegen meinen Vater zu gewinnen. Da war ich ungefähr elf. Zu dieser Zeit fing ich auch an, immer öfter zu verreisen, um an Turnieren teilzunehmen. Ich fuhr nach Argentinien zur U14-Weltmeisterschaft. Wir waren beim damaligen Präsidenten, Mr. Alfonsin, in der La Casa Rosada, dem Präsidentenpalast in Buenos Aires, zu Gast. Das lag vor allem daran, weil Najdorf in Argentienien so beliebt war. Er war damals noch ziemlich aktiv. Miguel besuchte das Turnier und war wirklich eine beeindruckende Persönlichkeit. Ein Erlebnis für ein Kind!

SS: Später bist du U14-Weltmeister geworden und dabei vor den Polgars gelandet. Welchen Eindruck hattest du von den ungarischen Talenten?

JL: 1986 fand die U14-Weltmeisterschaft in Puerto Rico statt. Ich wurde mit anderthalb Punkten Vorsprung Weltmeister und landete vor den beiden Polgar-Schwestern, Judit und Sofia. Judit war damals ungefähr zehn, aber schon ziemlich stark. Sie war genauso stark wie Sofia, die damals schon IM war. Vor den beiden zu landen, war also nicht leicht. Ich gewann gegen Sofia und remisierte mit Judit und gewann das Turnier.

SS: War dein Vater damals immer noch dein Trainer?

JL: Ich habe mit meinem Vater trainiert, bis ich 1986 meinen ersten WM-Titel gewann. Danach trainierte ich mit einem IM namens Didier Sellos. Er kannte nicht viel Theorie, aber war zäh und das hat meinen defensiven Fähigkeiten geholfen. Er kam immer wieder schlecht aus der Eröffnung heraus und musste sich dann verteidigen. Das hat meinen Stil geprägt.

Ich würde sagen, am Brett war ich eine Art Straßenkämpfer. Meine Eröffnungskenntnisse waren beschränkt, aber ich kannte ein paar Systeme sehr gut. Als Kind habe ich immer 1.d4 gespielt. Es klingt vereinfachend, aber mein Vater hatte die Idee, dass ich 1.d4 spielen sollte, da die meisten Kinder in Frankreich damals 1.e4 gespielt haben. Nach 1.d4 waren ihre Eröffnungskenntnisse erschöpft (lacht). Da alle Kinder das Gleiche lernten, brachte mir mein Vater etwas Anderes bei und dadurch hatte ich einen Vorteil. Gegen 1.e4 spielte ich Französisch, was nicht wirklich zu meinem Stil gepasst hat, aber trotzdem gut war, denn die Kinder hatten keine Ahnung, wie man geschlossene Stellungen spielt.

Außerdem hatte ich eine Leidenschaft für das Endspiel entwickelt. Das lag an einem Buch von André Cheron, einem Studienkomponisten, der außerdem ein mehrbändiges, monumentales Werk über Endspieltheorie geschrieben hat. Vor allem der Abschnitt über das Turmendspiel war beeindruckend. Er hat unendlich viel Zeit in diese Bücher gesteckt. Die Zeiten waren damals anders und die Leute haben Endspiele stundenlang analysiert. Heute ist das kaum noch vorstellbar. 

SS: Hast du dich als Jugendlicher viel mit dem Endspiel beschäftigt?

JL: Heute kann man sich das kaum noch vorstellen. Damals gab es keine Computer, keine Datenbanken und nur wenig Bücher, vor allem nicht in dem Teil der Welt, in dem ich lebte. Die Enzyklopädie der Schacheröffnungen, die von den Großmeistern betreut wurde, die auch die Informatoren herausbrachten, war die Bibel, die ultimative Quelle des Wissens. Die bekam man im Westen schwer und der Informator erschien nur alle sechs Monate. Die Welt drehte sich damals sehr langsam (lacht).

In der Eröffnung auf dem neuesten Stand zu bleiben, war sehr schwer, aber dafür hat man dann andere Aspekte des Spiels stärker betont. Das war auch die Zeit, in der man dazu angehalten wurde, Schach auf klassische Art und Weise zu lernen, indem man die Partien von Capablanca, Aljechin und der sowjetischen Meister studierte.

Ich hatte eine Schwäche für das Endspiel. Auch das ging auf meinen Vater zurück, der erklärt hatte, “mit Eröffnungen kann man klarkommen, aber wenn man das Endspiel erreicht und sich gut auskennt, dann wird man phantastische Ergebnisse erzielen.” Zur Zeit machen das nicht viele Leute, aber ich halte das für einen sehr guten Ratschlag.

SS: Glaubst du, dieser Rat ist immer noch gut, auch in unserer Zeit, in der man so viele Informationen so leicht bekommt?

JL: Eröffnungen sind einfach nur die Eintrittskarte zum Spiel. Wenn man schlechte Eröffnungen spielt, dann bekommt man nicht einmal gute Stellungen. Eröffnungen sind die Minimalanforderungen, die jeder erfüllen sollte, aber sie sind nicht das, worauf es ankommt. Die Stärken in anderen Bereichen der Partie sind es. Zum Beispiel ist Carlsens Überlegenheit im Endspiel ein Grund, warum er die Schachwelt so dominiert. Und das Endspiel war auch die Stärke von vielen berühmten Spielern wie Shirov, Karpov, Kramnik oder anderen. Deswegen glaube ich, dass das Endspiel wichtig ist und man daran arbeiten sollte.

SS: Welche Bücher - abgesehen vom Chéron - haben dir geholfen, im Endspiel besser zu werden?

JL: Mit der Zeit habe ich ein paar gute Bücher über das Endspiel in die Hände bekommen. Das Buch von Löwenfisch und Smyslov über Turmendspiele ist brillant. Batsford war damals der einzige Verlag, der reihenweise gute Schachbücher auf Englisch herausgebracht hat. Wenn ich ein bisschen Geld hatte, habe ich mir ein Schachbuch gekauft. Mein Vater hatte auch eine ziemlich gute Büchersammlung. Da waren auch etliche russische Schachbücher dabei und das hat mein Interesse am Russischen geweckt.

SS: Aber dein Verhältnis zum Russischen geht tiefer, nicht wahr?

JL: Natürlich! All diese Bücher von berühmten sowjetischen Autoren standen in der Bibliothek meines Vater, aber ich verstand die Sprache nicht. Ich konnte die Züge und Varianten nachspielen, aber was war mit den Kommentaren? Das war ziemlich frustrierend. Als ich zwölf war, beschloss ich deshalb, Russisch zu lernen! In meiner Schule brachte ich eine kleine Gruppe von Schülern zusammen, die am Russischen interessiert war und bat meine Eltern, mit dem Schuldirektor zu sprechen. Die Russischlehrerin war nicht mehr an der Schule und wir brauchten sechs Schüler, damit sie zurückkommen konnte. Ich konnte fünf meiner Klassenkameraden überzeugen, die allerdings überhaupt nicht wussten, was sie im Russischunterricht machen sollten (lacht)!

Die Russischlehrerin kam zurück und ich fing an, Russisch zu lernen. Nach dem ersten Jahr wollte die Hälfte der Klasse nicht mehr weitermachen, und nach dem zweiten Jahr war ich der einzige, der noch übrig war. Aber mittlerweile war dies der Schule auch nicht mehr wichtig, und so bekam ich fast drei Jahre lang Privatunterricht im Russischen! Aber ich habe nur die Grundlagen gelernt. Ohne Praxis kann man eine so komplexe Sprache nicht wirklich lernen. Als ich 19 war, fing ich an, regelmäßig nach Russland zu reisen. Die Sowjetunion gab es nicht mehr. Mittlerweile hatte ich auch über 2600 Elo und war Frankreichs Nummer eins.

Die einzige Person in Frankreich, mit der ich sinnvoll über Schach hätte reden können, war Boris Spassky, aber er war schon fast in Rente. Ich habe allerdings mit einer Reihe von russischen Trainern gearbeitet. Zum Beispiel war Polugaevsky ein wunderbarer Trainer. Anfang der Neunziger habe ich auch etliche Jahre immer mal wieder mit Viktor Kortschnoi gearbeitet, was meinen Stil geprägt und mein Verständnis etlicher Schlüsseleröffnungen in meinem Repertoire vertieft hat. Ab 1992 fuhr ich regelmäßig nach Russland. So lernte ich die Sprache wirklich und freundete mich mit Leuten wie Kramnik, Bareev, etc. an

SS: Russisch zu lernen hatte großen Einfluß auf dein Leben.

JL: Ja! Es ist kein Zufall, das wir uns in Moskau treffen, oder? (lächelt) Am Anfang bin ich wegen des Schachs nach Russland gefahren, aber später habe ich meine wunderbare Frau Alissa getroffen, die Russin ist, und so sind auch meine Kinder zur Hälfte Russen. Als ich mit dem Schach aufgehört habe und nach anderen Möglichkeiten gesucht habe, boten sich die mir in Russland. Was soll ich sagen? In der Schule Russisch zu lernen, war eine Entscheidung, die Folgen hatte, die ich mir nicht hatte träumen lassen!

SS: Ein anderes wichtiges Ereignis in deinem Leben war dein Sieg bei den Juniorenweltmeisterschaften 1988 in Adelaide.

Joel zeigt die Goldmedaille, die er bei der Juniorenweltmeisterschaft gewonnen hat

JL: Ich war damals gerade 15 Jahre alt. Ich war damals der jüngste Spieler, der je Juniorenweltmeister wurde, und ich glaube, dieser Rekord steht immer noch. Ich war Internationaler Meister mit einer Spielstärke von ungefähr 2500 Elo. Dieses Turnier war extrem wichtig für mich und ebnete mir den Weg, um später in Spitzenturnieren zu spielen.

Ich würde sagen, als Kind war ich extrem ehrgeizig. Ich habe geglaubt, dass alles möglich ist. Ich hatte nicht das erklärte Ziel, das Turnier zu gewinnen, aber ich habe definitiv daran geglaubt, dass ich es interessant machen könnte. Ich fuhr mit Eric Birmingham nach Adelaide, einem französischen Trainer, der nicht einmal IM war, aber wusste, wie man mit Kindern in meinem Alter arbeitet.

Wahrscheinlich war dies eine der stärksten Juniorenmeisterschaften in der Geschichte des Turniers. Starke Spieler wie Ivanchuk, Gelfand, Adams, Piket, Akopian, Susan Polgar, Patrick Wolff oder David Norwood waren dabei. Wahrscheinlich habe ich mindestens vier oder fünf Spieler, die später starke Großmeister wurden, vergessen. Mit einem Sieg gegen Jeroen Piket startete ich gut ins Turnier, aber habe dann eine wichtige Partie gegen Matthias Wahls verloren.

Ich erholte mich und gewann eine Reihe von Partien, bis ich dann gegen Akopjan verlor. Ich musste jetzt meine letzten beiden Partien gewinnen, um überhaupt eine Chance auf den ersten Platz zu haben, und genau das habe ich getan. Aber dennoch mussten in der letzten Runde eine ganze Reihe von Partien günstig für mich ausgehen, damit ich den Titel gewinnen konnte. Aber genau das geschah! Ich wurde zusammen mit Gelfand, Ivanchuk und Serper geteilter Erster, doch da bei Gleichstand die größere Zahl von Gewinnpartien den Ausschlag gab, wurde ich Juniorenweltmeister.

SS: Wann wurdest du Großmeister?

JL: 1990, mit 17, anderthalb Jahre nach dem Gewinn der Juniorenweltmeisterschaft. Meine dritte GM-Norm holte ich bei einem Mannschaftswettbewerb Frankreich gegen Holland in Cannes. Meine erste GM-Norm habe ich im Pariser Open geholt, meine zweite beim GMA Open in Palma De Mallorca. 1990 war ein sehr erfolgreiches Jahr für mich. Ich wurde Großmeister und gewann das Zonenturnier, wodurch ich mich für das Interzonenturnier qualifiziert habe. Damals konnte sich nur ein Spieler aus meiner Zone, die, wenn ich mich richtig erinnere, aus Frankreich, Holland, Belgien und Spanien bestand, qualifizieren. Ich gewann das Zonenturnier mit dem Riesenergebnis von 10 aus 12. Das war schön.

Mit 3,5 aus 4 und Siegen gegen starke Spieler wie Adams, Vaganian und Yudasin startete ich gut ins Interzonenturnier. Doch gegen Ende des Turniers verlor ich gegen Vishy Anand. Das war keins meiner besten Turniere, aber ich habe doch ganz gut gespielt. Damit fing ich auch an, in Spitzenturnieren zu spielen.

SS: Hielt man dich damals für eines der größten Talente der damaligen Schachwelt?

JL: Ja! Als ich Großmeister wurde, war ich der damals jüngste Großmeister der Welt. Adams und ich waren damals vielleicht die viel versprechendsten Spieler aus der westlichen Welt.

SS: Welche Folgen hatte das für deine schulische Laufbahn?

JL: Als ich 16 war, haben meine Eltern und ich das diskutiert. Ich hatte in der Schule ein Jahr übersprungen, aber das Interzonenturnier in Manila kollidierte mit meiner Abschlußprüfung. Natürlich wollte ich wegen der Prüfungen in der Schule nicht auf ein solches Turnier verzichten. Ich war der Meinung, ich sollte beim Interzonenturnier mein Bestes geben und meine Eltern waren der gleichen Meinung.

Ich hatte die Möglichkeit, die Prüfungen später abzulegen, aber meine Eltern waren damit einverstanden, dass ich Schachprofi werde und mit der Schule aufhöre. Ich möchte das noch einmal betonen, denn es kommt nur selten vor, dass Eltern bereit sind, die Risiken zu akzeptieren, die mit einer solchen Entscheidung verbunden sind. Jetzt, wo ich selber Kinder habe, kann ich das viel besser verstehen. Ich habe das damals nicht ganz begriffen, aber meine Eltern brauchten wirklich Mut, um mich tun zu lassen, was ich wollte, und zu akzeptieren, dass meine Chancen, einen ordentlichen Job zu kriegen, dadurch geringer wurden. Sie haben meine Schachkarriere immer unterstützt, aber auf kluge und verständnisvolle Weise.

Ich hatte damals auch einen Sponsor, eine französische Immobilienfirma names “Immopar”, immerhin ein Beleg, dass ich mit dem Schachspiel Geld verdienen konnte. Aber um die Frage zu beantworten - ich war ein Aussteiger und bin nicht auf die Uni gegangen (lächelt).

SS: Du bist jetzt Geschäftsführer einer Firma, die sich auf Fusionen und Übernahmen spezialisiert hat. Dann musst du doch später studiert haben, oder?

JL: Ja, das habe ich, aber viel später, als ich schon dreißig war. Ich habe ein Programm für Führungskräfte an der berühmten Wharton School in Philadelphia absolviert und ein paar Jahre später habe ich meinen Abschluss als leitender MBA an der Skolkovo gemacht, Russlands führender International Business School.

SS: Cool! Darüber sprechen wir später noch. Aber reden wir doch erst einmal über deine erste Partie gegen Garry Kasparov, die 1994 gespielt wurde.

JL: Wie bereits gesagt, war ich als Jugendlicher sehr ehrgeizig und nichts hat mich stärker motiviert als das Unmögliche. Schwieriges fiel mir leichter als das Übliche. Das ist ein Grund für meine wenig gradlinige Karriere. Nach einer guten Partie habe ich öfter eine weniger gute gespielt. Aber wenn mich eine interessante Herausforderung lockte, habe ich alle Kräfte mobilisiert.

Die erste Partie zwischen Kasparov und Lautier begann mit einer ruhigen Italienischen Eröffnung
und endete mit einem überzeugenden Sieg für den Jungstar

Meine erste Partie gegen Garry habe ich in Linares gespielt, in der letzten Runde des Turniers von 1994, in dem Anatoly Karpov mit 11 aus 13 überirdisch gut gespielt hat. Als ich gegen Garry gespielt habe, konnte er bereits nicht mehr Erster werden. Deshalb war er bereits vor der Partie ein wenig angesäuert. Aber das war nichts im Vergleich zu dem, was nach der Partie geschah (lacht).

Kasparov kämpfte mit Shirov um den zweiten Platz. Ich hatte Schwarz und vor der Runde habe ich mir Garrys Weiß-Partien der letzten Jahre angeschaut und konnte nicht eine einzige Partie finden, die er in den letzten vier oder fünf Jahren mit Weiß verloren hatte! Da dachte ich mir, “Es ist an der Zeit, dass er eine Partie verliert!” (lacht herzlich). Er entschied sich für eine merkwürdige Eröffnung - Italienisch. Ich hatte Spanisch erwartet. Nach der Eröffnung war er sich nicht wirklich sicher, ob er positionell spielen oder angreifen sollte.

Irgendwann spielte er dann ein wenig aggressiver, als die Stellung hergab. Ich opferte eine Figur und erhielt dafür eine ganze Reihe von Bauern. Diese Bauern setzten sich dann im Zentrum in Marsch. Tatsächlich war die Partie ziemlich spektakulär. Irgendwann standen drei Damen auf dem Brett. Er machte einen schweren Fehler und verlor die Partie. Nach der Niederlage war er extrem aufgebracht und entrüstet. Er murmelte irgendetwas auf Russisch, was ich ziemlich gut verstand (lächelt). Ich war natürlich sehr glücklich und war so keck, anzubieten, die Partie zu analysieren. Er lehnte ab und meinte, es gäbe nichts zu analysieren und ging.

 Dieses Bild wurde gemacht, nachdem Garry Kasparov zum zweiten Mal gegen Joel verloren hatte, dieses Mal beim Euwe Memorial, in Amsterdam 1995 (das Foto stammt von Stein Rademaker, siehe Genna Sosonkos Artikel"Have you seen a lion?" für chess-news.ru)

Garry hadert mit der Niederlage (Foto von Stein Rademaker)

Nach ein paar Stunden und als ich gerade mit ein paar der anderen Teilnehmer im Restaurant feierte, kam Garry, der sich wieder beruhigt hatte, zu mir, und meinte auf seine typische, nicht unbedingt förmliche Art: “Ich hätte das und das spielen sollen.” Ich schlug meinerseits ein paar Züge vor und nach einer Weile meinte er, dass wir uns diese interessante Partie gemeinsam anschauen sollten und lud mich in seine Hotel-Suite ein. Unterwegs sammelten wir Kramnik und Gelfand auf und analysierten die Partie dann zwei Stunden oder länger in freundlicher Atmosphäre.

Ich sah die gute Seite von Garry – obwohl er gerade eine Partie verloren hatte, und ihn diese Niederlage schmerzte, brachten ihn die ungewöhnlichen Motive der Partie doch dazu, sich die Partie zusammen mit mir gründlich anzuschauen. Das ist eine der attraktiven Seiten von Garry: Er hat wirklich leidenschaftliches Interesse am Schachspiel. Obwohl er sich aus dem Turnierschach zurückgezogen hat, kann man sicher sein, dass er die Spitzenturniere verfolgt, die Partien analysiert, usw. Das ist etwas, das ich an ihm schätze.

Abgesehen davon ist es schwer, mit ihm umzugehen. Er war sehr konkurrenzbetont und nach unserer ersten Partie, in dem ich gegen ihn gewonnen habe, stufte er mich bereits als jemanden ein, mit dem er nie befreundet sein würde! Wir wurden dann auch nie Freunde, aber meine positive Bilanz gegen ihn habe ich behalten. Das ist mir lieber als andersrum! (lacht)

Garry Kasparov vs Joel Lautier, Linares 1994 (die Anmerkungen stammen von Joel Lautier)

[Event "Linares 12th"] [Site "Linares"] [Date "1994.??.??"] [Round "13"] [White "Kasparov, Garry"] [Black "Lautier, Joel"] [Result "0-1"] [ECO "C54"] [WhiteElo "2805"] [BlackElo "2625"] [Annotator "Lautier"] [PlyCount "58"] [EventDate "1994.02.??"] [EventType "tourn"] [EventRounds "13"] [EventCountry "ESP"] [EventCategory "18"] [SourceTitle "CBM 040"] [Source "ChessBase"] [SourceDate "1994.06.01"] 1. e4 {Ftacnik Blatny,P} e5 2. Nf3 Nc6 3. Bc4 Bc5 4. c3 Nf6 5. d3 d6 6. Bb3 h6 7. h3 a6 8. Nbd2 Be6 9. Bc2 $6 (9. Bxe6 fxe6 10. Qb3 Qc8 $10) (9. Nc4 O-O { /\ d5} 10. O-O {/\ d4} (10. g4 $2 d5 $17) 10... Ba7 11. a4 Re8 $13) 9... Ba7 { /\ d5} (9... d5 $2 10. Nxe5 $1 Nxe5 (10... Bxf2+ 11. Kxf2 Nxe5 12. d4 $16) 11. d4 Bd6 (11... Bxd4 12. cxd4 Nc6 13. e5 $16) 12. dxe5 Bxe5 13. Nf3 $16) 10. Qe2 Qe7 {/\ d5} 11. b4 $1 (11. Nf1 {Blatny,P} d5 12. Ng3 (12. g4 $5 dxe4 13. dxe4 b5 $15) 12... dxe4 13. dxe4 Rd8 $10) 11... d5 12. a4 (12. Ba4 {Blatny,P} b5 13. Bb3 d4 14. Bb2 dxc3 15. 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O-O (13. axb5 $2 axb5 {/\ Bf2} 14. d4 $2 exd4 15. Qxb5 Bd7 $19) 13... O-O 14. axb5 axb5 15. d4 $2 (15. Bb2 $10 {/\} d4 $6 16. Bb3 $1 dxc3 17. Bxc3 Nd4 18. Bxd4 Bxd4 19. Nxd4 exd4 20. Bxe6 fxe6 21. Nf3 $1 Qxb4 (21... Rxa1 22. Rxa1 Qxb4 23. Qa2 $1 $44) 22. Rab1 $14 {/\ Qb2}) (15. exd5 {Blatny,P} Nxd5 16. Bb2 Nf4 17. Qe4 Bd5 $36) 15... exd4 (15... dxe4 $2 16. Nxe5 $16) 16. e5 (16. Qxb5 $2 Bd7 $17 (16... dxc3 {Blatny,P} 17. Qxc6 cxd2 (17... Bxf2+ 18. Kxf2 Rxa1 19. Qxc3 $14 (19. Qxc3 Rfa8 $14)) 18. Bxd2 dxe4 19. Bxe4 {Ftacnik} Bd7 (19... Bxh3 $2 20. Qxa8 Rxa8 21. Bxa8 $18) 20. Qxa8 (20. Qxc7 Bxf2+ 21. Kxf2 Nxe4+ 22. Kg1 Nxd2 23. Nxd2 Qe3+ $19) 20... Rxa8 21. Bxa8 Bb6 22. Rfe1 $13)) (16. cxd4 {Blatny,P} dxe4 17. Nxe4 Nxb4 18. Ba3 c5 (18... Bc4 19. Bxb4 Qxb4 20. Nxf6+ gxf6 21. Qe4 $18) (18... Nxe4 19. Qxe4 f5 20. Bxb4 fxe4 21. Bxe7 exf3 22. Bxf8 $18) 19. Bxb4 cxb4 20. Qxb5 Nxe4 21. Bxe4 Rad8 $15) (16. exd5 {Blatny,P} Nxd5 17. Qxb5 dxc3 18. Qxc6 Bxf2+ {/\צa1}) 16... dxc3 $5 (16... Nd7 $6 17. cxd4 (17. Qd3 {Blatny,P} g6 18. cxd4 Nxb4 19. Ba3 Nxd3 (19... c6 {Ftacnik} 20. Qb3 c5 21. Bxb4 cxb4 22. Rfb1 $14) 20. Bxe7 Rfe8 21. Bxd3 Rxe7 22. Bxb5 $14) 17... Nxb4 (17... Bxd4 $4 18. Qd3 $18) 18. Ba3 c5 (18... Bb6 {/\ Ra3} 19. Bb1 $44) 19. Bb1 $5 $44 (19. Bxb4 cxb4 20. Qxb5 Rfb8 21. Qd3 g6 $13)) (16... Bd7 $1 {(Kasparov)} 17. cxd4 (17. Re1 dxc3 $1 18. exf6 (18. Qd3 cxd2 19. exf6 dxe1=Q+ 20. Nxe1 Qxe1+ 21. Kh2 g6 $19) (18. Nb3 Ne4 19. Bxe4 dxe4 20. Qxe4 Qxb4 $19) 18... Qxe2 19. Rxe2 cxd2 $19 {/\ Bf2}) 17... Bxd4 $1 (17... Nxd4 $2 18. Nxd4 (18. Qd3 $2 Bf5 19. exf6 Qxf6 $19) 18... Bxd4 19. Rxa8 Rxa8 20. Nf3 Bc3 (20... Bb6 $2 21. Qd3 Ne4 22. Qxd5 $18) 21. Qd3 Bxe5 22. Re1 Ra1 23. Qd2 $1 Rxc1 24. Qxc1 Ne4 25. Qd1 $16) 18. Rxa8 (18. Qd3 Bxe5 $19 (18... Rxa1 $4 19. exf6 $18)) 18... Rxa8 19. Nxd4 Nxd4 20. Qd3 Qxe5 21. f4 Ne2+ $19) 17. exf6 Qxf6 18. Nb3 (18. Qd3 {Blatny,P} Rfd8 19. Nb3 Nxb4 20. Qh7+ Kf8 $19) (18. Qxb5 {Blatny,P} cxd2 19. Bxd2 Ne5 {Ftacnik} 20. Ne1 (20. Nxe5 Bxf2+ $1 $19) 20... Nc4 21. Rd1 Rfc8 $17) 18... Nxb4 19. Bb1 (19. Be3 Bxe3 (19... d4 $6 20. Bxd4 Bxd4 21. Rxa8 Rxa8 22. Nbxd4 $13 {/\} Bc4 $6 23. Qe4 $40) 20. fxe3 Nxc2 21. Qxc2 b4 22. Nfd4 Qg5 $17) (19. Ba3 {Blatny,P} Nxc2 20. Qxc2 Rfd8 $19 (20... Rfd8 {Ftacnik} 21. Bb4 d4 $17)) (19. Bd1 { Blatny,P} Rfb8 {P->}) 19... d4 $1 (19... c5 $2 20. Ba3 d4 21. Bxb4 (21. Nbxd4 $2 Bc4 22. Qe4 c2 23. Bxc2 (23. Nxc2 $2 Bd3 $19) 23... Nxc2 24. Nxc2 Bxf1 25. Rxf1 $17) 21... Bxb3 (21... cxb4 $2 22. Nbxd4 $1 Bxd4 23. Qe4) 22. Rxa7 Rxa7 23. Bxc5 $14) 20. Rxa7 $6 (20. Nbxd4 $2 Bxd4 21. Qe4 (21. Rxa8 Rxa8 22. Qe4 Rd8 $19) 21... Bf5 $1 (21... c2 $2 22. Rxa8 $1 (22. Nxd4 $2 Rxa1 $19) (22. Bxc2 $2 Bf5 23. Qxa8 Bxa1 $1 $19) 22... Bd5 (22... Bf5 $2 23. Rxf8+ Kxf8 24. Qa8+ $18) 23. Rxf8+ Kxf8 24. Qh7 $1 cxb1=Q 25. Qxb1 $16) 22. Qxa8 (22. Qxf5 c2 $1 23. Bxc2 Qxf5 24. Bxf5 Bxa1 $19) 22... c2 $1 23. Bxc2 Bxa1 $1 $19) (20. Qe4 $2 c2 ( 20... d3 21. Qxb4 c2 22. Bxc2 dxc2 23. Ba3 $17) 21. Bxc2 Nxc2 (21... d3 22. Bxd3 Nxd3 23. Rxa7 Rxa7 24. Qxd3 Bc4 {Ftacnik} 25. Qe3 Ra6 $17) 22. Qxc2 d3 ( 22... Bc4 {Blatny,P} 23. Ba3 c5 $19) 23. Qxd3 (23. Qxc7 Bb8 (23... Rfc8 $40) ( 23... Bxf2+ $5) 24. Qc5 $1) 23... Bc4 $1 (23... Bxb3 24. Rxa7 $15) 24. Qc2 (24. Qb1 Bxf1 25. Kxf1 c5 $17) 24... Bxb3 $19) (20. Ba3 $1 d3 21. Bxd3 (21. Qe4 Bxb3 22. Bxb4 Bxf2+ $1 (22... c2 $6 23. Rxa7 $1 Rxa7 24. Bxf8 cxb1=Q 25. Rxb1 Bc2 26. Bc5 $1 $14 (26. Rxb5 $2 Ra1+ 27. Kh2 d2 28. Qe8 Qf4+ $1 (28... d1=Q $4 29. Be7+ Kh7 30. Bxf6 $18) 29. g3 Qxf3 30. Bxg7+ Kxg7 31. Qe5+ Kh7 $19)) 23. Kxf2 Rxa1 24. Bxd3 (24. Bxf8 $2 c2 25. Qxd3 cxb1=Q 26. Rxb1 Bc4 $19) 24... Qb6+ 25. Kg3 f5 26. Qe7 Qg6+ 27. Kh2 Re8 $17) 21... Nxd3 22. Bxf8 (22. Qxd3 $2 Rfd8 ( 22... Bxb3 $6 23. Bxf8 Bc4 24. Qe4 Rxf8 25. Rxa7 Bxf1 26. Kxf1 $13) 23. Qc2 ( 23. Qe4 Bxb3 24. Be7 Qb6 25. Bxd8 Rxd8 $19) 23... Bf5 24. Qc1 Bxh3 25. Bb4 Bxg2 26. Kxg2 Rd3 $1 27. Nbd4 (27. Nh2 Qg6+ 28. Kh1 Qe4+ 29. f3 Qxb4 $19) 27... Qg6+ 28. Kh1 c5 $1 29. Bxc5 Qh5+ $19) 22... Nf4 $1 (22... Bxf2+ 23. Rxf2 Rxa1+ 24. Nxa1 Nxf2 25. Bb4 $5 (25. Kxf2 Kxf8 26. Qxb5 $13) 25... Nxh3+ 26. gxh3 Bxh3 $13 ) 23. Qxb5 Nxh3+ $1 24. Kh1 (24. gxh3 $2 Qxf3 $19 {/\ Bd5}) 24... Nxf2+ 25. Rxf2 Rb8 26. Qe2 Bxf2 27. Qxf2 c2 $1 28. Rc1 Bxb3 29. Bc5 $15) (20. Qxb5 { Blatny,P} Bxb3 (20... Rab8 21. Qe5 Qxe5 22. Nxe5 c2 23. Bxc2 Nxc2 24. Rxa7 Rxb3 25. Rxc7 Rc8 $17) 21. Qxb4 Bc5 22. Qxc5 Rxa1 23. Ba3 (23. Bh7+ Kxh7 24. Qxf8 d3 $19 25. Be3 (25. Qc5 Rxc1 26. Rxc1 d2 $19)) 23... Rd8 24. Bh7+ Kxh7 25. Rxa1 d3 {Ftacnik} 26. Qb4 Bc2 27. Qe4+ Qg6 28. Qe7 Ra8 $19) 20... c2 $6 (20... Rxa7 $1 21. Nbxd4 (21. Nfxd4 $2 Bc4 22. Qe4 Qg6 $1 23. Nf5 c5 $1 24. Nxc5 Bd5 25. Qg4 Qxg4 26. hxg4 c2 $19) 21... Ra1 $1 (21... Bc4 $6 22. Qe4 g6 (22... Qg6 $2 23. Nf5 $1 {/\ Ne7} c5 24. Ne5 $40) (22... c2 {Ftacnik} 23. Nxc2 Nxc2 24. Bxc2 $14) 23. Ne5 $1 {(Kasparov)} Bxf1 24. Ng4 $40) 22. Qe4 Qg6 $1 (22... c2 23. Bxc2 Nxc2 24. Qxc2 Bc4 25. Re1 $13) 23. Qxg6 fxg6 24. Nxe6 (24. Bxg6 $2 Bc4 25. Re1 c5 26. Nf5 (26. Nc2 Nxc2 27. Bxc2 b4 28. Ne5 Re8 $19) 26... Rd8 $19 {/\ Nd3}) 24... Rxf3 $1 (24... Rxb1 25. Nxf8 Kxf8 26. Ba3 $13) 25. Be4 (25. gxf3 Rxb1 26. Nd4 (26. Nxc7 Nd3 27. Be3 c2 $19) 26... c5 27. Nxb5 Nd3 28. Nxc3 Rxc1 29. Rxc1 Nxc1 $19) 25... Rf7 26. Nd4 Rd7 $17) 21. Rxa8 $1 $8 (21. Bxc2 $2 Rxa7 22. Nbxd4 (22. Qe4 Nxc2 23. Qxc2 Bc4 24. Rd1 d3 $19) 22... Bc4 23. Qe4 (23. Qd2 {Blatny,P } c5 24. Nb3 Ra2 $19) 23... Nxc2 24. Qxc2 c5 $19 (24... Bxf1 $19 {Ftacnik})) 21... cxb1=Q 22. Rxf8+ Kxf8 23. Qxb5 $4 (23. Nc5 $6 Qbg6 $1 (23... Qc2 $2 24. Qxb5 Nd5 (24... Qc4 $2 25. Qxc4 Bxc4 26. Nd7+ $18) 25. Qb8+ Ke7 26. Ba3 $18 {-> }) (23... Qbf5 $2 24. Qxb5 Nd5 25. Qb8+ Ke7 26. Ba3 $18) (23... Kg8 $2 24. Bg5 $1 (24. Qxb5 $2 Qbg6 $1 $19) 24... Qxf1+ (24... Qfg6 25. Rxb1 Qxb1+ 26. Kh2 hxg5 27. Nxe6 fxe6 28. Qxe6+ $18) 25. Qxf1 hxg5 26. Qxb5 Nd5 27. Qe8+ Kh7 28. Ne4 $1 Qe7 29. Nexg5+ $1 Kg6 30. Qh8 Nf6 31. Nh4+ $1 Kxg5 32. Qxg7+ Kh5 (32... Kf4 33. Ng6+ $18) (32... Kxh4 33. Qh6+ Nh5 34. g3+ Kxh3 35. Qxh5+ $18) 33. Nf3 $18) (23... Qa2 $6 24. Qxb5 Nd5 25. Qb8+ Ke7 26. Nb7 $1 {/\ Qd8} Kd7 $8 27. Re1 $40) (23... d3 24. Qe4 {/\ Qa8, Ba3} Qfa1 $1 $8 25. Re1 $3 Qxc1 (25... d2 $6 26. Bxd2 Qxe4 27. Rxa1 Qc4 28. Ne5 {/\} Qxc5 $2 29. Ra8+ Ke7 30. Bxb4 Qxb4 31. Nc6+ $18) 26. Qxb4 d2 27. Nxe6+ Kg8 28. Qxd2 $1 (28. Qf8+ $2 Kh7 $19) 28... Qxd2 29. Rxa1 {/\ Ra8} Qd5 $8 30. Nxc7 Qc6 31. Na6 Qd6 $10) 24. Ne5 $1 {/\ Ncd7 } (24. Qxb5 $2 Kg8 $1 $19) 24... Qgf5 $8 25. f4 $1 Qd8 $1 (25... Nd5 $4 26. g4 $18) (25... Kg8 26. Qxb5 Nd5 27. g4 $1 (27. Qe8+ $2 Kh7 28. Ncd7 Bxd7 29. Nxd7 Qe7 $19) 27... Qc2 (27... Qh4 28. gxf5 Qg3+ 29. Kh1 Qxh3+ 30. Kg1 $10) 28. Qb8+ $1 (28. Qe8+ $2 Kh7 29. Ncd7 Bxd7 30. Nxd7 Qe7 $19) 28... Kh7 29. Ncd7 Bxd7 30. Nxd7 Qd6 31. Nf8+ Kg8 32. Ng6+ Kh7 $10) 26. Ba3 (26. Qxb5 Nd5 27. g4 Qc2 $17) 26... Bc4 $1 27. Qf2 Bxf1 28. Bxb4 Qd5 $1 29. Qxf1 Qc2 $17) (23. Bg5 $1 Qxf1+ ( 23... Qff5 $2 24. Nbxd4 Qbd3 (24... Qbe4 25. Be7+ $1 Kg8 26. Qxe4 Qxe4 27. Re1 Qd3 28. Bxb4 $13) 25. Be7+ $1 $16 (25. Be7+ $1 Kg8 (25... Kxe7 {Ftacnik} 26. Nxf5+ Qxf5 27. Nd4 $16) 26. Qxd3 Qxd3 27. Bxb4 Qc4 28. Bd2 c5 29. Rc1 $132)) ( 23... Qfg6 $6 24. Qxb5 Qxf1+ (24... hxg5 $4 25. Qb8+ Ke7 26. Qxb4+ $18) (24... Kg8 {Blatny,P} 25. Qb8+ (25. Rxb1 Qxb1+ 26. Kh2 Qxb3 27. Nxd4 Qc4 28. Qxc4 Bxc4 29. Bf4 $14) 25... Kh7 26. Rxb1 Qxb1+ 27. Kh2 (27. Nc1 hxg5 28. Nxg5+ Kg6 29. Nxe6 Qxc1+ $17 {_|_}) 27... Na6 28. Qa7 Qxb3 29. Nxd4 Qc4 30. Nxe6 Qxe6 31. Be3 $17) (24... Qbf5 $2 25. Qb8+ Bc8 26. Nh4 Na6 27. Nxg6+ fxg6 28. Qa8 $18) 25. Kxf1 Qd3+ $8 26. Qxd3 Nxd3 27. Nbxd4 hxg5 28. Nxe6+ fxe6 29. Nxg5 $10) 24. Qxf1 hxg5 25. Qxb5 Nd5 26. Nbxd4 $1 $10 (26. Qb8+ Ke7 27. Nbxd4 Bd7 $15)) 23... Qxb3 24. Qb8+ Ke7 25. Qxc7+ Ke8 26. Bd2 Qd8 (26... Nd5 $6 27. Qc6+ Kf8 (27... Bd7 $6 28. Re1+) 28. Qa8+ Ke7 29. Qa7+ $40) (26... Nd3 $1 27. Ra1 Qd5 $1 $19 {/\ Qfd8} ) 27. Qe5 Kf8 $6 (27... Nc6 28. Qxg7 Bxh3 $1 $19) 28. Nxd4 $2 (28. Qc5+ Kg8 ( 28... Qe7 $2 29. Qxe7+ Kxe7 30. Nxd4 Qc4 31. Bxb4+ Kf6 32. Nxe6 Qxb4 33. Nc7 Qc4 34. Ne8+ Ke7 35. Re1+ $10) 29. Bxb4 Qc4 (29... d3 $5) 30. Rd1 Qxc5 31. Bxc5 d3 $19) 28... Nd3 $1 29. Qe3 Qc4 0-1

SS: Warst du nervös, als du gemerkt hast, du stehst gegen Kasparov auf Gewinn? Schließlich warst du gerade einmal 21 Jahre alt und hast gegen den amtierenden Weltmeister gespielt!

JL: Natürlich war ich nervös. Aber auf die richtige Weise. Die ganze Partie über strömte das Adrenalin (lacht). Ich war extrem wach, extrem motiviert. Alle meine Partien gegen Garry waren interessant. Tatsächlich war auch die Partie, die er gegen mich bei der Olympiade verloren hat, ziemlich hübsch. Alle unsere Partien waren ausgekämpft. Da war kein leichtes Remis dabei.

SS: Du hast zehn Partien mit klassischer Bedenkzeit gegen Kasparov gespielt. Mit zwei Siegen, einer Niederlage und sieben Remis hast du eine positive Bilanz. Welche deiner Eigenschaften hat dir geholfen, gegen einen großen Spieler wie ihn zu bestehen?

JL: Ich glaube, das lag vor allem an meiner Einstellung. Denn Garry ist trotz all seines theoretischen Wissens und seines feinen Angriffsspiels im Grunde ein sehr emotionaler Mensch, beinahe instinkthaft. Er konnte sofort spüren, wenn ein Gegner Angst vor ihm hatte, und das gab ihm wichtigen zusätzlichen Auftrieb. Das hat ihn irgendwie beflügelt.

Aber er hatte Probleme gegen Spieler, denen sein ganzes Theater ziemlich egal war, und die einfach gegen ihn spielten. Das war der Grund, warum er Probleme gegen Kramnik hatte. Kramnik ist ein anderer Mensch, ruhig wie ein Spiegel. Und Kasparov konnte nicht viel gegen ihn machen, weil Vlad extrem ausgeglichen war. Er spielt einfach die Partie! Wie jeder andere hat er Gefühle, aber er zeigt sie nicht und ist sehr schwer zu lesen.

Ich habe mich gegenüber Garry etwas anders verhalten als Vladimir, denn ich habe Garry gerne imitiert und provoziert, sogar in Diskussionen, auch gerne einmal mit Absicht, weil ich Spaß daran hatte! Mein Vorteil gegen Kasparov bestand also vor allem in Psychologie und guter Eröffnungswahl. Und wenn man einmal gut startet, wirkt das nach. Wenn Spitzenspieler regelmäßig gegeneinander antreten, dann haben sie immer eine Geschichte.

Zum Beispiel hatte ich immer große Probleme gegen Shirov. Ich fand sein Spiel schwer zu durchschauen und war der Meinung, er wollte immer Chaos auf dem Brett stiften. Am Anfang verlor ich fünf Partien hintereinander gegen ihn. Aber nach meinem Sieg in Linares 1994 änderte sich der Trend. Ich gewann fünf Mal in Folge gegen ihn, danach wechselten sich die Siege ab und am Ende hatten wir ein etwa ausgeglichenes Score gegeneinander. Was ich sagen will ist, dass die Geschichte, die zwei Spieler miteinander haben, eine Rolle spielt. Psychologie spielt eine Rolle.

SS: Das ist auch der Grund, warum du gegen eine Reihe sehr starker Spieler wie z.B. Bologan einen sehr guten Score hast – 10,5/14, wenn ich mich nicht irre.

JL: Ja, das stimmt. Einmal hat er sogar in zehn Zügen gegen mich verloren.

Joel Lautier - Viktor Bologan, 1999

Weiß zieht und gewinnt?

Lösung:

[Event "Enghien les Bains 3rd"]
[Site "Enghien les Bains"]
[Date "1999.03.11"]
[Round "8"]
[White "Lautier, Joel"]
[Black "Bologan, Viktor"]
[Result "1-0"]
[ECO "B10"]
[WhiteElo "2596"]
[BlackElo "2608"]
[PlyCount "19"]
[EventDate "1999.03.03"]
[EventType "tourn"]
[EventRounds "9"]
[EventCountry "FRA"]
[EventCategory "15"]
[SourceTitle "CBM 070"]
[Source "ChessBase"]
[SourceDate "1999.06.08"]

1. c4 c6 2. e4 d5 3. cxd5 cxd5 4. exd5 Nf6 5. Nc3 Nbd7 6. Nf3 a6 7. d4 Nb6 8.
Ne5 Nbxd5 $2 9. Qa4+ $1 {Black has no real good way of blocking the check.} Bd7
(9... b5 10. Bxb5+ $1 axb5 11. Qxa8 $18) 10. Nxd7 {It is not everyday that you
see a strong player like Bologan losing in just 10 moves.} (10. Nxd7 Qxd7 11.
Bb5 $18) 1-0

Teil zwei dieses Interviews folgt in Kürze. Darin spricht Joel über den Wettkampf zwischen Kramnik und Kasparov im Jahre 2000, wo er Sekundant von Kramnik war. Außerdem erzählt Lautier ein paar schöne Anekdoten über Anand, Ivanchuk und Carlsen. Im zweiten Teil des Interviews spricht Joel auch über seine Rolle als ACP-Präsident, warum er sich vom Turnierschach zurückgezogen hat und über sein Leben abseits des Schachbretts.


Sagar Shah ist ein junger Internationaler Meister aus Indien. Er ist zugleich ausgebildeter Wirtschaftsprüfer und würde gerne der erste indische Wirtschaftsprüfer sein, der Großmeister wird. Sagar berichtet leidenschaftlich gerne über Schachturniere, denn so begreift er das Spiel, das er so liebt, besser. Aus Leidenschaft für das Schach betreibt er auch einen eigenen Schachblog.

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