ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Der Tegernsee ist einer der schönsten Seen in Deutschland. Ein bayrischer Ministerpräsident würde vermutlich höher ins Regal greifen. Vor über zehn Jahren zog es den russischen Oligarchen Alischer Usmanov nach Rottach-Egern. Fußballmillionäre kaufen ebenfalls gerne Immobilien am See oder lassen nach Niederlagen die Seele baumeln. Zweimal im Jahr, zu Beginn und gegen Ende der Tourismussaison, können Schachspieler hier, am Tegernsee, hervorragend organisierte Turniere spielen.
Foto: Thorsten Cmiel
Im Frühjahr die Senioren in Rottach-Egern und im Herbst in Bad Wiessee bei den Offenen Internationalen Bayrischen Meisterschaften. Zehnjähriges Jubiläum feierten die Senioren letztes Jahr und die OIBM sieht in diesem Jahr die 26. Auflage.
Eröffnung mit Musik
Ingo Cordts, Fide-Meister aus Köln, ist einer der fleißigsten Stammgäste bei beiden Turnieren. In diesem Jahr gewann er verdient das Seniorenturnier vor dem einzigen Internationalen Meister im Feld, Dieter Pirrot. Dritter wurde der Fide-Meister Michael Müller.
Ingo Cordts
Dieter Pirrot
Am Ende war es knapp. Pirrot hatte seine finale Schwarzpartie problemlos gegen den Österreicher Frank Belke gewonnen und lag wegen des besseren Elo-Durchschnitt auf Titelkurs. Ingo Cordts hatte mit sieben Punkten aus acht Partien einen halben Punkt Vorsprung und musste die Schlusspartie gewinnen. Damit hatte ein anderer Kölner zu tun. Cordts opferte die Qualität, um eine ausgeglichene Stellung noch zu gewinnen. Sein Gegner agierte zu Beginn etwas zu optimistisch und war letztmalig gefordert. Überfordert.
Cordts-Cmiel
Die Bedenkzeit beim Senioren-Cup ist üppig und ungewöhnlich. Beide Spieler erhielten zu Beginn zwei Stunden und zehn Minuten für die gesamte Partie. Hinzu kam vom ersten Zug an ein Inkrement von 30 Sekunden pro Zug. Es wurde demnach ohne Zeitkontrolle nach 40 Zügen gespielt. Falls beide Spieler ihre Bedenkzeit voll ausnutzen erreichen die Spieler nach 40 Zügen die fünfte Stunde. Das kam bei einigen Spielern und Spielerinnen häufiger vor.
Als Wertung dient ein um ein Streichergebnis korrigierter gegnerischer Eloschnitt. Das bevorteilt die Elo-stärkeren Teilnehmer. Die Buchholzwertung ist die Zweitwertung und die ist ebenfalls nicht aussagekräftig, da in der letzten Runde oder während des Turniers Spieler aussteigen. So entsteht ein verfälschtes Bild der Gegnerschaft. Die Fortschrittswertung, eigene Punkte nach jeder Runde werden addiert, wäre meines Erachtens die fairste Wertung. Dagegen spricht wiederum der fehlende Nervenkitzel. Der Thrill der Unwägbarkeiten ist bei der aktuell angewandten Durchschnittswertung allerdings ebenfalls nicht vorhanden.
Einen dokumentierten Vorteil bei den Elozahlen muss man am Brett umsetzen und das gestaltet sich gelegentlich als überraschend schwierig. Insbesondere Senioren können oft Erfahrungen besserer Zeiten in die Waagschale werfen. In der ersten Runde unterlief Dieter Pirrot gegen eine Aljechin-Verteidigung ein Fast-Totalschaden. Im Endspiel hatte der Favorit gegen Olaf Arndt eine Qualität weniger und konnte letztlich Remis halten.
Pirrot – Arndt
Ingo Cordts hätte es in der dritten Runde ebenfalls fast erwischt und einen halben Punkt gekostet. In einer dramatischen Schlussphase mit beidseitig wenigen Sekunden auf der Uhr gab Winfried Basener ein frontales statt ein diagonales Schach und verlor.
Cordts – Basener
Am Highlight des Turniers war in der fünften Runde Ingo Cordts beteiligt. Ein spektakulärer Zug. Es sah zunächst nach einem Kurzsieg für Schwarz aus. Es blieb eine Unvollendete.
Schwarz fand hier eine starke Lösung. Wie ging es weiter?
Cordts schien die Partie schnell und deutlich zu gewinnen. Pustekuchen. Sein Gegner Norbert Pfitzer fand einen versteckten Zug, der Cordts entgangen war, und die vorherige weiße Angriffsführung mit einer starken Riposte im 26. Zug widerlegte.
Weiß muss das Matt via Turmschwenk nach h8 abwehren. Wie?
Die Partie sollte danach eigentlich mit Remis enden. Aber es ging weiter und zum Schluss gewann der spätere Held des Turniers. Beim Italiener La Vela in Bad Wiessee fand sich dann die Lösung.
Foto: Thorsten Cmiel
Die israelische Großmeister und Eröffnungsexperte Boris Avrukh erinnerte sich bei Ansicht des Diagramms der Cordts-Stellung an die Partie eines Schülers und setzte einen Tweet dazu ab.
Two days ago @CmielThorsten shared this position (diagram 1 ) , I immediately recalled the game of my student (diagram 2 )where similar idea occurred. Do you see Black move? Can we call it thematic pattern in this line? 😎 pic.twitter.com/MduvYAofdo
— Boris Avrukh (@askavrukh) April 22, 2023
Vergleichsstellung Avruk
Die fünfte Runde hielt eine weitere Überraschung parat. Dieter Pirrot wurde von Ulrich Bäuml in einer pirottesken Eröffnungen überspielt. Bäuml bot dann aber Remis in klarer Gewinnstellung an. Weiß ist in der Schlussstellung praktisch in Zugzwang.
Die Entscheidung im Turnier sollte eigentlich in der achten Runde in der Begegnung zwischen Dieter Pirrot und Ingo Cordts fallen, wurde jedoch vertagt. Die Partie nahm einen schwunghaften und unterhaltsamen Verlauf in dem beide Spieler mehrfach auf Gewinn standen.
Die letzte Gewinnchance hatte Dieter Pirrot in einem Endspiel mit Randbauer und falschem Eckläufer gegen einen Springer. Allerdings waren beide Spieler bereits auf Inkrement-Niveau angelangt und die Gewinnführung bedarf genauer Spielführung.
Weiß am Zuge ist laut Tablebase gewonnen. Wie geht es los?
Wer sich für diesen Endspieltypus und die Gewinnführung interessiert, dem sei die kürzlich gespielte Begegnung Bok – Sevian zum Studium empfohlen. Es gibt zwei Phasen zu verfolgen und klingt einfacher als es ist: Weiß muss mit seinem eigenen König verhindern, dass der gegnerische König das Eck erreicht und kann dann seinen Gegner in Zugzwang bringen.
Die beste Frau im Feld war einmal mehr die Internationale Frauen-Meisterin Annett Wagner-Michel, die den fünften Platz belegte. Sie spielte acht solide Partien und musste nur in der achten Runde gegen Ingo Cordts hinter sich greifen.
Einige Partien, Fragmente und Endspiele. Es gab natürlich die üblichen Dramen, Einzüger und Unfälle. Aber genauso hervorragende Leistungen, die es nicht in diese subjektive Auswahl geschafft haben.
Einige weitere interessante Partien:
Die Sieger:
Endstand:
Rg. | Name | EloI | Pkt. | Wtg1 | |
1 | FM | Cordts Ingo | 2202 | 8 | 2074 |
2 | IM | Pirrot Dieter | 2313 | 7,5 | 2089 |
3 | FM | Müller Michael | 1994 | 6,5 | 2154 |
4 | Bub Volker | 2043 | 6,5 | 2058 | |
5 | WIM | Wagner-Michel Annett | 2046 | 6,5 | 2039 |
6 | Strobel Walter | 2146 | 6,5 | 2013 | |
7 | FM | Vatter Hans-Joachim | 2230 | 6,5 | 2006 |
8 | Hornung Hans Dr. | 2047 | 6,5 | 1978 | |
9 | FM | Cmiel Thorsten | 2011 | 6 | 2071 |
10 | Scheckenbach Franz | 2011 | 6 | 2065 | |
11 | Kesseler Heiko | 1981 | 6 | 2046 | |
12 | Prüfer Friedbert Prof. Dr. | 2233 | 6 | 2033 | |
13 | FM | Belke Frank Dr. | 2234 | 6 | 2028 |
14 | FM | Schumacher Gottfried | 2154 | 6 | 2016 |
15 | Marentini Marcel | 2118 | 6 | 2013 | |
16 | FM | Löw Gerald | 2188 | 6 | 2010 |
17 | Schober Ralf | 2082 | 6 | 2008 | |
18 | Esswein Karlheinz | 2069 | 6 | 1998 | |
19 | Müller Erich | 2036 | 6 | 1989 | |
20 | Kolthoff Siegmund | 2066 | 6 | 1982 | |
21 | Kierzek Matthias Dr. | 2183 | 6 | 1973 | |
22 | FM | Babar Michael | 2110 | 6 | 1965 |
23 | Kutschenko Roland | 2013 | 6 | 1957 | |
24 | FM | Haubt Georg | 2066 | 6 | 1902 |
25 | Wille Thomas | 2089 | 5,5 | 2067 |
166 Spieler
Es können nicht alle Geschichten erzählt werden. So bleiben das klingelnde Handy, die Drehung und der fliegende Turm unerwähnt. Ein Dialog zum Schluss. In einer Partie schaute der Weißspieler auf seine laufende Schachuhr und machte einen Zug. Sein Gegner wies ihn darauf hin, dass er nicht am Zug, aber für das Drücken seiner Uhr selbst verantwortlich sei.
Vom 6. bis zum 14. April 2024 findet die 12. Ausgabe des Senioren-Cup in Rottach- Egern am Tegernsee statt. Die meisten der 166 Teilnehmer dürften bereits für das kommende Jahr ihren Aufenthalt am Tegernsee planen. Dann kommt der Jahrgang 1974 zum Seniorenalter hinzu. Gespielt wird in einer Gruppe, anders als bei offiziellen Meisterschaften, die nach Ü50 und Ü65 unterscheiden.
Hervorragende Spielbedingungen, Foto: Thorsten Cmiel
Die Spielbedingungen sind ungewöhnlich großzügig und es bleibt zu hoffen, dass niemand am See Teilnehmerrekorde zu Lasten der Spielbedingungen anstrebt. Die drei Schiedsrichter und Mitorganisatoren Ralph Alt, Gregor Johann und Sandra Schmidt beenden ihr Engagement beim Deutschen Schachbund.
Gregor Johann und Ralph Alt
Es bleibt zu hoffen, dass sie bei Turnieren wie in Rottach-Egern weiterhin pfeifen.
Sandra Schmidt
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