Shamkir, Rd. 4: Es geht also doch

von Marco Baldauf
22.04.2018 – 15 Friedensschlüsse produzierten die ersten drei Runden in Shamkir. Heute gelang immerhin einem der Spieler ein Sieg. Veselin Toplalov rang in einer messerscharf angelegten Partie Shakriyar Mamedyarov nieder und übernimmt so die alleinige Tabellenführung. Zudem: David Navara analysiert Caro Kann bis zum Ende, Anish Giri springt Liren Ding von der Schippe und Teimour Radjabov erklärt, warum er mit Weiß gegen Weltmeister Magnus Carlsen auf Remis spielt | Foto: Turnierseite

Master Class Band 8: Magnus Carlsen Master Class Band 8: Magnus Carlsen

Freuen Sie sich auf die DVD über das größte Schachgenie unserer Zeit! Lassen Sie sich von unseren Experten Mihail Marin, Karsten Müller, Oliver Reeh und Niclas Huschenbeth die Spielkunst des 16. Weltmeisters erklären. Ein Muss für jeden Schachfan!

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Radjabov ½-½ Carlsen

Remis nach 19 Zügen und einer Spielzeit von 25 Minuten. Was soll man dazu sagen? Am besten einfach nichts und sehen, was die Spieler dazu zu sagen hatten.

Magnus Carlsen zeigte sich von seinen bisherigen Punkteteilungen keineswegs begeistert, meinte allerdings heute nicht in sehr kämpferischer Laune gewesen zu sein. Gestern spielte er gegen Rauf Mamedov das zweischneidige moderne System (1...g6) und kam zu etwas Vorteil. Zuletzt experimentierte er bei den Grenke Chess Classic auch mit der königsindischen Verteidigung. Gegen Radjabov, zweifelsohne einem der Spezialisten dieser Eröffnung schlechthin, vertraute er heute lieber auf das solidere Halbslawisch. Er wusste um die Möglichkeit einer Zugwiederholung in dieser Variante, kann dieser in der Schlussstellung jedoch nicht ausweichen - dies versicherten beide Spieler im Einklang.

The Semi-Slav

Halb-Slawisch (1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 e6) ist eine der interessantesten und spannendsten Eröffnungen nach 1.d4. Nielsen erklärt auf dieser DVD was hinter dieser Eröffnung steckt.

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Magnus Carlsen sieht den mäßigen Turnierstart nicht allzu tragisch | Foto: Turnierseite

Kein toller Start ins Turnier, aber alles kein Drama, so Carlsens Resümee. Mit dem Kommentar "We’re both in the lead, what’s not to like?" hatte er immerhin noch die Lacher auf seiner Seite.

Teimour Radjabov sah sich genötigt, eine gute Rechtfertigung für das kurze Remis zu liefern. Immerhin spielt er vor heimischem Publikum und hatte zudem die weißen Steine.

Radjabov führte strategische Gründe für das kurze Remis an. Er habe seine Partien gegen Magnus überprüft und sei zum Schluss gekommen, dass er mit Weiß immer versucht hatte "zu spielen" sich dabei jedoch immer nur Ärger eingefangen habe. Die Schwarzpartien seien auch kein besonders großer Spaß gewesen, doch immerhin punktete er in diesen hin und wieder. So kam er zum Schluss, dass dies momentan für ihn wohl der beste Weg sei, gegen Magnus zu spielen.

Radjabov sprach danach noch etwas über die Wichtigkeit der Elo und dass diese am Ende der einzige Marktwert eines Spielers sei. Er hatte mit seinen Königsindern das Publikum jahrelang gut unterhalten, doch letztlich gehe es am Ende darum, welche Plätze man am Ende in den Events der Spitzenklasse belege. "Man unterhält das Publikum und bekommt am Ende keine Einladungen" - dies sei leider die Realität. Daher, er war zufrieden mit einem kurzen Remis gegen Magnus, Publikum hin, Publikum her.

"Man unterhält das Publikum und bekommt am Ende keine Einladungen": Teimour Radjabov mit kurzer Partie aber dafür umso längerer Philosophiestunde | Foto: Turnierseite

Karjakin ½-½ Navara

Nach Carlsen unterzieht nun Karjakin Navaras Caro Kann dem Test - dieser hält jedoch mit Bravour stand! Eine theoretisch hochrelevante Partie in der Vorstoßvariante.

 

The Fashionable Caro-Kann Vol.2

Das dynamische Spiel, basierend auf einem starken strategischen Fundament, hat mich von jeher fasziniert, und ich habe auf diesen DVDs die Varianten vorgeschlagen, die ich auch persönlich in der Praxis bevorzuge.

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Anish Giri beäugt David Navaras Caro Kann - in Runde 6 darf sich der Niederländer selbst dagegen versuchen | Foto: Turnierseite

Wojtaszek ½-½ Mamedov

Radoslaw Wojtaszek gilt als ausgemachter Kenner der Theorie und als Schöpfer so mancher Neuerung von Vishy Anand, für welchen er lange Jahre als Sekundant tätig war. Rauf Mamedov wählte gegen ihn die selten anzutreffende Tarrasch-Variante des Damengambits. Dies galt lange als Kasparovs Steckenpferd, heute ist die Akzeptanz dieser Eröffnung im Profibereich stark gesunken. Schwarz erhält einen isolierten d-Bauern, hofft dafür im Gegenzug auf freies Figurenspiel.

 

Nach 15 Zügen konnte Mamedov bereits zufrieden sein. Zwar hat er sich auf b6 eine zweite Schwäche eingehandelt und musste diese eben mit 15...Ta6 überdecken. Doch die wichtigere Frage in diesem Stellungstypen dreht sich rund um das Feld d4. Schafft Weiß es zu kontrollieren und blockieren, so wird d5 mittelfristig zur Schwäche und der Läufer auf e6 zur Passivität verdammt. Kommt hingegen Schwarz zum Vorstoß ...d4, so ist der Bauer auf e2 oftmals schwächer als der Vorposten auf d4, zudem kann Schwarz das Feld d5 gut nutzen. In der konkreten Stellung ist bereits klar: Schwarz wird zu ...d4 kommen und ohne Sorgen der Zukunft entgegen blicken.

Rauf Mamedov | Foto: Turnierseite

In der Folge konnte Mamedov gegen die schwachen Bauern a2 und e2 spielen und mit einem interessanten Qualitätsopfer Wojtaszek an den Rand einer Niederlage bringen. Dieser rettete sich schließlich in ein Turmendspiel mit Bauern weniger. Dies war für Mamedov allerdings nicht zu verwerten.

 

Topalov 1-0 Mamedyarov

Eine spannende Begegnung mit dem glücklicheren Ende für Veselin Topalov. Beide legten die Partie messerscharf an, Mamedyarov kritisierte sein Spiel hinterher als "zu riskant". Lange Zeit hatte man den Eindruck, der Lokalmatador habe alles im Griff, doch Topalovs Läufer erwies sich als stärker als Mamedyarovs Bauern. Ebenso unterhaltsam war am Ende die Pressekonferenz - zu verschieden waren die Meinungen der Kontrahenten über quasi jede einzelne Variante.

 

Ein Rückschlag für den Spitzenspieler Aserbaidschans, Shakriyar Mamedyarov | Foto: Turnierseite

Giri ½-½ Ding

Das Duell der Remiskönige, so kann man das Aufeinandertreffen dieser beiden Spieler getrost nennen. Giris Liebe zum Unentschieden ist allseits bekannt - er selbst ist derjenige, der sich am meister darüber lustig macht - Ding wurde nach seinen elf Remis in Folge beim Kandidatenturnier in Berlin als Giris Erbe betrachtet. Beide Spieler sollten sich in Shamkir also pudelwohl fühlen. Denn schließlich fand in den ersten drei Runden noch keine einzige Partie einen Sieger. Nach 47 Zügen schweren Kampfes im Mittelspiel stand ein Damenenspiel auf dem Brett, dieses mündete ein wenig später in einem Läuferendspiel. Giri musste seinen Läufer für einen schwarzen Freibauern opfern, hatte aber aufgrund des reduzierten Materials berechtigte Hoffnungen auf einen halben Zähler. Ding rechnete und rechnete und rechnete - Giri spazierte souverän um das Brett umher und schien alles im Griff zu haben.

 

Endgames for experts

If you want to play successful chess you must pay great attention to the endgame. Because it is only if you handle the endgame correctly that you can turn an advantageous position into a full point or save half a point from an inferior position. On this DVD, Rustam Kasimdzhanov analyses the type of practical endgames which tournament players encounter on a daily basis.

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Hält am Ende einer schweren Partie den halben Punkt fest: Anish Giri | Foto: Turnierseite

Partien

 

Tabelle nach Runde 4

 

Turnierseite

 


Marco Baldauf, Jahrgang 1990, spielt seit seinem sechsten Lebensjahr Schach. Zwei Mal wurde er Deutscher Jugendmeister, seit 2015 spielt er für die Schachfreunde Berlin in der Bundesliga. Für Chessbase schreibt er gelegentlich auf der Homepage, kommentiert live oder versucht sich als Autor von Fritztrainern.

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