Nachdem nun wegen der Corona-Pandemie 2021 lange Zeit gar nichts los war, brummt es derzeit im Turniergeschehen. Ein Event jagt den nächsten. Und neben der realen Turnierwelt hat sich auch noch eine vollwertige Online-Turnierszene etabliert. Manche Spieler sind im Dauereinsatz. Bei Carlsen würde es niemanden wundern, wenn er mal an zwei Orten gleichzeitig auftaucht. Aber auch Vincent Keymer ist derzeit fast ohne Pause im Einsatz. Der 16-jährege Vize-Europameister (Jaja!) und souveräne Sieger der Online Yifan Hou Challenge befindet sich nun im schwedischen Malmö und ist einer der Teilnehmer des traditionsreichen TePe Sigemann & Co-Turniers. Die schwedischen Organisatoren haben ein sehr interessantes Feld zusammen gestellt.
Neben dem deutschen Shooting Star ist mit Nihal Sarin ein weitere Jung-Großmeister des Jahrgangs 2004 am Start. Nihal ist nicht durch schulische Verpflichtungen gehandicapt und in seiner Turnierlaufbahn schon etwas weiter. Und auch der junge dänische Jonas Buhl Bjerre ist 2004 geboren. Bjerre ist für Anatoli Karpov eingesprungen, der ursprünglich vorgesehen war, aber absagen musste. Etwas älter und schon erfahrener als die 2004er ist Jorden van Foreest. Er wurde noch im letzten Jahrhundert geboren (Jg. 1999).
Mit Nils Grandelius (Jg. 1993), Gawain Jones (1987) und Etienne Bacrot (1983) sind drei erfahrene Großmeister am Start. Und damit kommen wir zum Turniersenior, Nigel Short (Jg. 1965). Der Vizeweltmeister von 1993 ist inzwischen auch Vizepräsident der FIDE. Kürzlich erschien sein autobiografische Buch "Winning". Short ist ein geistreiche und witziger Erzähler und wer in "live" sehen will, dem seien seine DVDs "Nigel Short's greatest Hits" empfohlen.
Einen interessanten Beitrag zum Endspielthema Dame gegen zwei Läufer lieferten Nigel Short und Etienne Bacrot in der ersten Runde des Turniers.
Short befand sich mit Weiß spielend unter Druck, befreite seine Stellung und gewann die schwarze Dame. Beim Übergang in das Endspiel Dame gegen zwei Läufer (und starke Freibauern) spielte Short zu ungeduldig und das Endspiel war eigentlich nicht zu gewinnen. Doch dann wurde Bacrot mit seinem Läufer paar zu ehrgeizig.
[Diese ungewöhnliche Position entstand aus Klassischen Sizilianischen Variante. Weiß steht nach einem schwarzen Bauernopfer unter Druck, hat aber einen Abzug in der Hinterhand.]
27...Sxb3 [27...Dd3 28.Kg2 Dxc2 29.Lxc2 Ta2 30.Tb1 und Weiß hat sich konsolidiert.]
28.Kg2 [Nicht 28.Sd5 Txb1+ 29.Dxb1 Dxc4 30.Se7+ Kf8 31.Sxc8 Sd2+]
28...Sc5 29.Sd5 [Jetzt!]
29...Dxc4 30.Se7+ Kf8 31.Sxc8 Lxc8 32.La2 Dxb5? [Besser war 32...Txa2 33.Dxa2 b3 34.Da8 Dxe2 35.Dxc8+ Ke7 36.Dc7+ mit gleichen Chancen.]
33.Txa1 Lxa1 34.Lc4 Db6 [Die weiße Dame dringt später auf die Grundreihe ein, deshalb war 34...Db8 besser.]
35.Lxc5 dxc5
36.Da2 [Weiß hat mit seiner Qualität mehr trotz zweier Minusbauern das bessere Spiel, dank der weißfeldrigen Kontrolle und des Besitzes der a-Linie.]
36...Ld4 37.Da8 Db7 [37...Dd8 38.Ta2 -- und 39.Ta7]
38.Ta2 Ke8 39.Lxf7+ Kxf7 40.Ta7 [Mit Damengewinn.]
40...Dd7
41.Dd5+ [Schwarz kann kaum etwas ziehen. Die Rechenmaschine empfiehlt deshalb vor dem Damengewinn eine Optimierung der weißen Stellung, z.B. mit 41.h4 h6 42.Txd7+ Lxd7 43.Db7 Ke7 44.h5+–]
41...Ke7 42.Txd7+ Lxd7 43.Dg8 [Ein seltenes Endspiel: Dame gegen zwei Läufer (plus Bauern). Die Angelegenheit ist jetzt alles andere als klar, denn es gibt ja noch die beiden schwarzen Freibauern.]
43...Kd6 44.g5 [44.Dxg7 b3=]
44...Le6 45.Dxg7 b3 46.Dxh7 b2 [46...c4 ist anscheinend genauer: 47.h4 (47.Db7 c3 48.Da6+) 47...c3 48.Db7 c2 49.Da6+ Ke7 50.Db7+ Weiß muss Dauerschach geben. Schwarz kann auch keinen erfolgreichen Gewinnversuch machen. 50...Kf8 51.Db8+ Kg7 52.Dc7+ Kg6 53.Dc6]
47.Db7 Lf7?! [47...c4 48.Db4+ (48.f4 exf4 49.Kf3 c3 50.g6 c2 51.e5+ Lxe5 52.Db4+ Kd7 53.Da4+=) 48...Kd7 49.g6 c3 50.g7 c2 51.Da4+ Ke7 52.Dxc2 Kf6=]
48.f4 exf4 49.Kf3
49... Lc4? [Um mit Ld3 die Umwandlung des b-Bauern zu erzwingen. Doch das erweist sich als zu ehrgeizig. 49...c4 50.g6 Le6 sollte zum Remis reichen.]
50.g6 Ld3 51.g7 Lc4 [Zurück, aber zu spät. 51...b1D 52.Dxb1 Lxb1 53.g8D+–]
52.Db6+ Kd7 53.Kxf4 [König spielt mit.]
53...Lxg7 54.e5 [Und der Bauer auch.]
54...Lh6+ 55.Kg3 Lc1 56.Dd6+ Kc8 57.Dxc5+ Kb7 58.Db4+ Ka7 59.h4 Le6 60.h5 Ka6 61.h6 Lf5 62.h7 1–0
Vincent Keymer musste gegen Jorden van Foreest eine Niederlage einstecken. Gegen den stets gut vorbereiteten Niederländer stand Keymer in der Panov-Variante der Caro-Kann Verteidigung lange unter Druck, hielt aber dagegen. Die Entscheidung fiel erst spät im Endspiel.
39... Le2 [39...Le8=]
40.f3 e5 [Schwarz hat das Matt mit Kf5–f4–g3 und Tb1 als Motiv vor Augen. Am besten war 40...Lxf3 41.gxf3 Kf4 42.Th6 e5 43.Txf6+ Kg3 44.Tg6+ Kxf3 mit ausreichendem Gegenspiel und Dauerschachdrohungen. 45.dxe5 Tb1+ 46.Kh2 Tb2+ 47.Kh1 d4=]
41.Txh5+ Kf4 42.Kf2 [42.Se6+ Kg3 mit undeckbarem Matt.]
42...Lxf3 43.Se6+ [43.gxf3 Tb2+=] 43...Ke4 44.Sc5+ 1–0
Auch die anderen Partien wurden entschieden. Nils Grandelius gewann gegen Nihal Sarin und Gawain Jones lieferte gegen Jonas Buhl Bjerre den einzigen Schwarzsieg des Tages.
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