Simultan mit Elisabeth Pähtz im Stavenhagenhaus

von André Schulz
20.11.2025 – Am vergangenen Samstag war das prächtige Groß Borsteler Stavenhagenhaus, ein Herrenhaus aus dem frühen 18. Jahrhundert, Schauplatz einer Schachveranstaltung. Der Kommunalverein hatte zu einer Simultanvorstellung mit der besten deutschen Schachspielerin und einzigen Großmeisterin eingeladen. Elisabeth Pähtz gab eine Schachlektion und gewann auch den Vergleich mit 20 Gegenspielern. | Fotos: Uwe Schröder

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Der Hamburger Stadtteil Groß Borstel, zwischen Eppendorf und Niendorf gelegen, ist selbst bei vielen Hamburgern einigermaßen unbekannt, gilt aber bei anderen inzwischen als Geheimtipp. Zwar gehört Groß Borstel schon seit 1325 zu Hamburg, lag aber den größten Teil seiner Geschichte außerhalb der eigentlichen Stadt auf Hamburger Landgebiet. Das Dorf befand sich in einem Bogen der Tarpenbek, heute nur noch ein schmaler Bach, an der Grenze zur Grafschaft Pinneberg. Hier endete das Gebiet der freien Reichsstadt Hamburg. Auf dem anderen Ufer der Tarpenbek war man in Holstein, das lange zu Dänemark gehörte – wobei die Beziehungen zwischen Dänemark und Hamburg alles andere als durchweg friedlich waren. In den 1930er Jahren wurden die einstige dänische Stadt Altona und eine Reihe von umliegenden Dörfern zu Hamburg eingemeindet, und Groß Borstel wurde nun von der schnell wachsenden Großstadt Hamburg umspült. Trotzdem hat sich der Stadtteil seinen dörflichen Charakter noch etwas bewahrt.

Das stattlichste Gebäude des Stadtteils ist das 1703 erbaute „Stavenhagenhaus“. Es ist nach dem jung verstorbenen Dichter und Dramaturgen Fritz Stavenhagen benannt, der zwar um die Ecke zur Untermiete wohnte, ansonsten aber mit dem Haus nichts zu tun hatte. Im Zweiten Weltkrieg einigermaßen zerfallen, wurde das Haus in den 1960er Jahren aufwendig saniert und ist seitdem das prächtige Kulturzentrum des Stadtteils. Gleich mehrere Vereine und Kulturaktivisten kümmern sich um einen lebendigen Kulturbetrieb. Es gibt hier regelmäßig Vorträge, Musikveranstaltungen oder Ausstellungen. Der Groß Borsteler Kommunalverein spielt bei der Organisation eine wichtige Rolle.

Zu den Kulturträgern im Haus gehört auch eine kleine Schachgruppe, die sich hier seit vielen Jahren regelmäßig trifft, sich über die Schachereignisse austauscht, Partien anschaut oder versucht, knifflige Endspiele zu verstehen.

Gelegentlich gab es auch einmal eine größere Veranstaltung im Haus, in der das Schachspiel in den Mittelpunkt gerückt wurde. Der Pianist und Musikdozent Volker Ahmels, selbst auch ein guter Schachspieler, organisierte mit der Schachgruppe und den Kulturfreunden der „Initiative Marcus und Dahl“ einen Schönberg-Tag, bei dem der 12-Ton-Erfinder in seinem ganzen Schaffen vorgestellt wurde. Sein Koalitionsschach gehörte ebenfalls dazu.

So entstand auch die Idee, im Haus einmal eine Simultanveranstaltung zu organisieren. Dafür stellte sich gerne Elisabeth Pähtz zur Verfügung, die auch schon einmal Gast in der genannten Schachgruppe war und dort versucht hatte, das Schachverständnis der Schachfreunde zu verbessern, was in bescheidenem Umfang gelang.

Am vergangenen Samstag fand nun die erste Schach-Simultanvorstellung im Haus statt – mit der besten deutschen Schachspielerin und ersten und einzigen deutschen Schachgroßmeisterin, der bisher einzigen deutschen Spielerin, die von der FIDE zum absoluten Großmeistertitel ernannt wurde. Elisabeth Pähtz ist häufiger in Hamburg zu Gast, nimmt regelmäßig Videokurse für den in Hamburg ansässigen Schachverlag ChessBase auf und spielt derzeit in der Landesliga für den Schachklub Johanneum Eppendorf (SKJE).

Tatsächlich kam Elisabeth Pähtz diesmal „zu zweit“, denn sie ist seit ein paar Monaten schwanger. Vorgesehen waren 15 Spieler für das Simultan im Stavenhagenhaus, am Ende wurden es aufgrund des großen Interesses 20 Spieler, die mitspielten. Zum Teil kamen die Mitspieler von weit her. Die weiteste Anreise nahm ein Schachfreund aus Hessen auf sich.

Dennis Teschner kam aus Hessen und hatte viel Spaß

Tatsächlich bestand die Veranstaltung nicht nur aus der Simultanvorstellung, sondern wurde mit einer Lehrveranstaltung eröffnet. Vor dem Simultanspiel gab die Großmeisterin im Esther-Bejarano-Saal noch eine Schachlektion, die durchaus anspruchsvoll war. Die einstige Jugendweltmeisterin demonstrierte anhand eines konkreten Stellungsproblems, wie Schachgroßmeister denken und konkrete Aufgaben in einer Partie systematisch bestmöglich lösen.

In insgesamt 6 Kapiteln untersuchen wir folgende Aspekte: die richtige Entscheidung anhand taktischer Faktoren, Entscheidungen beim Abtausch & Schlagzügen, komplexe & psychologische Entscheidungen in längeren Partien und bei der Verteidigung.

Dann schritten die Spieler zur Tat. Die Gegnerschaft von Elisabeth Pähtz setzte sich aus einigen spielstarken Schachfreunden zusammen, größtenteils Vereinsspielern mit ansehnlicher Wertungszahl um die 2000 Elo/DWZ – einige Spieler lagen etwas darunter, einige darüber. Einige wenige Spieler hatten deutlich niedrigere Elo-Zahlen, darunter die siebenjährige Nike, die jüngste Teilnehmerin.

Elisabeth Pähtz spielte an allen Brettern mit den weißen Steinen, wie das bei solchen Simultanvorstellungen zumeist üblich ist, und eröffnete überall mit 1.d4. An den meisten Brettern ging es mit dem Londoner System weiter. Für diese Eröffnung ist die deutsche Spitzenspielerin nach einigen Veröffentlichungen und Trainingskursen inzwischen eine große Expertin. In der Eröffnung legte die Großmeisterin dann auch ein ziemliches Tempo vor.

Das Londoner System (1.d4 gefolgt von 2.Lf4) ist bei Vereinsspielern schon immer beliebt gewesen. Aber als Magnus Carlsen vor drei Jahren bei der Blitz-WM erstmals zu 2.Lf4 griff, avancierte das Londoner System zu einer der Trenderöffnungen unserer Z

Das Neo-London-System bietet viele neue, kreative Möglichkeiten, um Ihre Gegner schon in den frühen Phasen der Partie vor ernsthafte Probleme zu stellen.


An einigen Brettern erreichte sie nach der Eröffnung einen Vorteil. An manchen Brettern stieß sie aber auch auf kenntnisreichen Widerstand. Bei Simultanvorstellungen freuen sich Großmeister, wenn sie ein paar Partien schnell gewinnen können oder ein paar pragmatische Remis abgeben, um die Gegnerzahl zu reduzieren. Das war an diesem Samstagnachmittag nicht der Fall. Weder konnte Elisabeth Pähtz Partien schnell gewinnen, noch gab sie sich mit einem Remis zufrieden. Selbst wenn ein Endspiel remis aussah, spielte sie noch ehrgeizig auf Gewinn – was auch gelang.

So dauerten die Partien an fast allen Brettern um die drei Stunden, bis sich dann die Bretter nach und nach leerten. Am Ende hatte die Großmeisterin 15 Partien gewonnen, drei Partien verloren und zwei Partien remis gespielt. Endergebnis Pähtz gegen Groß Borstel: 16:4.

Sylvin Müller-Navarra gewann seine Partie, nachdem die Großmeisterin in guter Stellung den Faden verloren hatte.

Thoralf Wecke spielte Remis.

Außer den Schachfreunden waren eine Reihe von Zuschauern zu Gast, die mit dem Schach nicht viel zu tun hatten, aber einmal so einen Wettkampf aus der Nähe sehen wollten. Von den Organisatoren und Helfern des Kommunalvereins wurden sie auch neben den Brettern bestens mit Kaffee, Tee, Kaltgetränken und kleinen Snacks versorgt. In seiner Moderation erläuterte André Schulz einige Fachbegriffe aus der Schachwelt.

Die Schachfreunde freuten sich, dass sie ihrem Hobby einmal in einem so schönen Ambiente wie dem Stavenhagenhaus nachgehen konnten. Und die Nichtschachspieler hatten auch ihren Spaß. Mal eine andere Form von Kultur – Spielkultur.

Kamera und Schnitt: Arne Kähler


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.
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