Schachwochenende in Roosendaal
Text und Fotos: WGM Alina L'Ami
Gut möglich, dass Sie noch nie etwas von Roosendaal, einer kleinen Stadt im Süden
der Niederlande, gehört haben. So wie ich wahrscheinlich auch, wäre ich nicht
auf meinem Weg nach Belgien dort vorbei gekommen, denn in Rosendaal hält der Zug
das letzte Mal in Holland. Im Schatten seiner größeren und berühmteren Brüdern
wie Amsterdam, Haarlem, Groningen, Maastricht, Delft, Rotterdam, Utrecht, Den
Haag, Leiden (diese Liste scheint endlos zu sein, verblüffend angesichts eines
so kleinen Landes!) huscht Roosendaal ungesehen, unerhört und unbemerkt vorbei.
Zu Unrecht, wie ich glaube.
GM Vladimir Chuchelov und GM Loek van Wely bei einem Stadtspaziergang
Beim Marktplatz kann man immer noch Häuser bewundern, die mit den typisch holländischen
Abstufungen versehen sind.
Das Charisma der Tradition: die St. Jans Kirche und das alte Rathaus
Aber nichts bleibt auf ewig gleich und das hat auch einen Grund: zwischen dem
16. und 19. August schlug das Herz des holländischen Schachs (und nicht nur das
holländische) nirgendwo schneller als in dieser verträumten kleinen Stadt in Nordbrabant.
Start des Turniers, die Partien an den 24 Spitzenbrettern auf der Bühne wurden
live übertragen
IM Yochanan Afek und GM Daniel Stellwagen kommentieren
Hauptverantwortlich für dieses Schachfieber war das LBV Wochenendturnier, das
Sergey Tiviakov mit fünf Punkten aus sechs Partien gewann. Der ukrainische Großmeister
Martyn Kravtsiv spielte ebenfalls ein gutes Turnier und landete mit der gleichen
Punktzahl ebenfalls auf Platz eins. Und was die weniger Glücklichen betrifft,
so gibt es immer eine Entschuldigung: Doppelrunden und Partien, die spät am Abend/früh
am Morgen stattfinden - eine tödliche Kombination für die Kleinmütigen.
Top-Platzierungen nach sechs Runden
Der Turniersieger feiert seinen Erfolg auf dem Marktplatz
Korrektur: es handelt sich um die Bronzestatue eines Hahns
Turniersieger mit 5/6 und der besten Wertung: GM Sergei Tiviakov aus Holland
Zehnter Platz mit 4,5 Punkten: GM Erwin l'Ami, Niederlande, Elo 2628
18. Platz: WGM Iozefina Paulet aus Rumänien - es war wunderbar, alte Freunde wiederzusehen!
19. Platz: GM John Van Der Weil, 4/6, Holland, Elo 2419
Für seine Partie in der ersten Runde erhielt John den Schönheitspreis, der ihm
hier von seinem Großmeisterkollegen Jan Smeets überreicht wird.
Die Turniersieger GM Martyn Kravtsiv, Ukraine, Elo 2582, und Sergey Tiviakov mit
dem Siegerpokal
Die Stadt erlebte eine Flut (keine Sorge, das Land hat den Wasserstand im Griff)
enthusiastischer Schachfans; fast 200 Spieler gingen an den Start, eine großartige
Bilanz , denn schließlich fand das Turnier zum ersten Mal statt! Aber überrascht
darüber bin ich nicht, denn ich habe gesehen, wie viel Arbeit und Engagement das
Organisationsteam in Roosendaal in ihr Turnier gesteckt hat.
Trainingssitzung der holländischen Nationalmannschaft zur Vorbereitung auf die
Olympiade. Geleitet hat die Sitzung der holländische Nationaltrainer GM Vladimir
Chuchelov.
Die vielen technischen Einzelheiten, die alle offensichtlich reibungslos geklappt
und das Turnier so schön gemacht haben, möchte ich gar nicht erwähnen, sondern
vielmehr betonen, was mir am Besten gefallen hat: die Wärme. Ich kann guten Gewissens
sagen, dass ich noch nie so fröhliche, lebenslustige Organisatoren gesehen habe,
die sich gefreut haben, wenn sie helfen konnten! Ich kann mir das nur dadurch
erklären, dass sie ihre Arbeit geliebt haben. Und die holländische Art
gezellig
zu sein, wirkte ansteckend. Fast niemand eilte nach der abendlichen Runde ins
Hotel zurück, sondern man blieb weiter guter Stimmung während man kommentierte,
analysierte, sich unterhielt und ein zwei (oder drei) Bier trank…
Kleidungsvorschläge eines Rosendaaler Geschäfts für das Turnier im nächsten Jahr
Sollten Geschichte, Architektur oder Kultur keinen Erfolg hatten, Roosendaal in
ein Muss zu verwandeln, dann erledigt das mit Sicherheit die neue Schachwelle
(die sich leicht in eine Sturmflut verwandeln kann)!