Stavanger zieht Bewerbung um WM 2020 zurück

von André Schulz
28.06.2019 – Altibox Norway Chess und Stavanger waren vom Norwegischen Schachverband als norwegischer Kandidat für eine Bewerbung um die WM 2020 ausgewählt worden. Magnus Carlsen hätte lieber in Baerum oder Oslo gespielt und bat Stavanger nun um Rückzug. | Foto: Lennart Ootes/ Norway Chess

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Keine WM 2020 in Stavanger

Als einer der Kandidaten für den nächsten WM-Kampf wurde Stavanger gehandelt. Die norwegischen Organisatoren richten seit einigen Jahren sehr erfolgreich das Norway Chess Turnier aus und sind schon seit längerem mit der FIDE im Gespräch über einen möglichen Weltmeisterschaftskampf mit Magnus Carlsen in Norwegen. Doch daraus wird auch 2020 nichts werden. Magnus Carlsens Vater Henrik hat die Organisatoren in Stavanger darum gebeten, sich aus dem Bietverfahren für den WM-Kampf zurückzuziehen und erklärte gestern auf einem Facebook-Eintrag die Gründe für diesen Schritt: "Im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten bietet ein WM-Kampf im eigenen Land für Magnus absolut keinen Vorteil." Der Druck bei der Titelverteidigung sei zuhause einfach zu hoch, führte Henrik Carlsen weiter aus.

Kurz danach veröffentlichten Kjell Madland und Benedicte Westre Skog für Altibox Norway Chess folgende Presseerklärung:

 

Pressemitteilung von Altibox Norway Chess
Kjell Madland und Benedicte Westre Skog
27. Juni 2019

Im März 2018 wurden wir vom Norwegischen Schachverband zum Kandidaten Norwegens für die Ausrichtung der Schachweltmeisterschaft 2020 gewählt. Vor der einstimmigen Abstimmung durch den Norwegischen Schachverband gab es einen offenes und transparentes Auswahlverfahren mit mehreren Städten in Norwegen, um den besten Kandidaten zu finden. Der Norwegische Schachverband arbeitet seit mehreren Jahren aktiv daran, Offenheit und Transparenz innerhalb der eigenen Organisation und noch aktiver nach außen zu gewährleisten, insbesondere im Weltschachverband (FIDE).

Nachdem wir als Norwegens Kandidat für die Meisterschaft ausgewählt wurden, wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass der Weltmeister Magnus Carlsen zögert, einen WM-Kampf in Norwegen zu spielen. Carlsen glaubt, dass der Druck in seinem Heimatland zu groß sein wird. Aus diesem Grund hat uns Carlsen nun gebeten, nicht für die Ausrichtung des WM-Matches zu bieten.

Wir haben hart daran gearbeitet, ein Spitzenkandidat zu sein, um einen fantastischen Schach-WM-Event zu organisieren, in jeder Hinsicht, vor allem für die Spieler. FIDE hat mehrfach erklärt, dass wir ein aussichtsreicher Bewerber für das Match sind.

Mit den jüngsten Äußerungen von Carlsen sehen wir keinen Sinn mehr darin, die Weltmeisterschaft 2020 nach Norwegen zu holen.

"Wir sind sehr enttäuscht von diesem Ergebnis. Die Region Rogaland hat sich hinter diese Initiative gestellt und hart daran gearbeitet, dass die nächste Schachweltmeisterschaft in Stavanger stattfindet. Wir sind beeindruckt von den sehr professionellen Bemühungen der Organisatoren von Altibox Norway Chess und sind stolz darauf, was sie in unserer Region etablieren konnten", sagt Christine Sagen Helgø, Bürgermeisterin von Stavanger und Solveig Ege Tengesdal, Rogaland County Mayor.

Wir haben seit Herbst 2018 hart daran gearbeitet, um uns für den WM-Kampf in Norwegen im Jahr 2020 bewerben zu können und befinden uns nun in der Endphase der Finalisierung unseres Antrags an die FIDE. Es ist uns gelungen, fast 30 Millionen NOK von Sponsoren und aus öffentlichen Mitteln zu sammeln. Wir befinden uns in der Endphase der Verhandlungen mit dem norwegischen Staat, bei dem wir um finanzielle Unterstützung gebeten haben und nur noch auf die endgültige Klärung durch das Ministerium warten. Wir haben den Antrag bei der FIDE fast abgeschlossen und warten nur noch auf eine positive Antwort des Ministeriums, bevor wir das Angebot absenden. Wir haben einen sehr guten Dialog mit den Behörden und die FIDE hat uns sehr positive Rückmeldungen zu der Arbeit gegeben, die wir in diesem Prozess geleistet haben.

An dieser Stelle möchten wir uns bei den Unternehmen und Politikern bedanken, die einen enormen Enthusiasmus gezeigt und in vielerlei Hinsicht dazu beigetragen haben, ein starkes Angebot für Norwegen zu erstellen. Lokale Spitzenpolitiker haben uns enorm unterstützt, zumal wir über mehrere Jahre hinweg bewiesen haben, dass wir eine professionelle Organisation mit hervorragenden Ergebnissen sind. Unser Hauptziel war es, eine hochprofessionelle Veranstaltung mit optimalen Spielbedingungen zu gewährleisten. Wir wollten die Begeisterung und Aufmerksamkeit, die mit der Weltmeisterschaft einhergeht, nutzen, um solide und positive Nebeneffekte für das Schachspiel in Norwegen, insbesondere für Kinder und Jugendliche, und für das Schachspiel auf globaler Ebene zu schaffen. Wir wollten die einzigartige Expertise, die wir haben, nutzen, um eine noch stärkere Grundlage für das Altibox Norway Chess Turnier zu entwickeln, das in der Weltschachgemeinschaft hoch angesehen ist. In den letzten sieben Jahren haben wir viel geleistet, auf das wir sehr stolz sind.

Wir beschließen nun, die Initiative, die Weltmeisterschaft 2020 nach Norwegen zu holen, zu beenden und werden den Sponsoren und Politikern, die sich bereit erklärt haben, die Veranstaltung finanziell zu unterstützen, noch einmal unseren tiefsten Dank aussprechen. Wir hoffen, dass private Unternehmen und Politiker weiterhin zum Altibox Norway Chess Turnier beitragen werden, einem wichtigen Turnier für das Schach in Norwegen und weltweit.

Originaltext hier...

 

Zu den anderen norwegischen Bewerbern für einen WM-Kampf im Heimatland des Weltmeisters gehörten Oslo, Kragerö und Baerum. Carlsen wäre die Wahl von Baerum oder Oslo als Austragungsort lieber gewesen, da er dann die Möglichkeit gehabt hätte, während des WM-Kampfes zuhause zu wohnen. Dies hätte aus Sicht der Familie Carlsen den Nachteil eines Heim-Wettkampfes mit dem dazu gehörenden Druck einigermaßen kompensiert. Der Norwegische Schachverband entschied sich aber gegen die Wünsche von Carlsen und für Stavanger als norwegischen Kandidaten für den WM-Wettkampf, ohne Carlsen bei der Entscheidung mit einzubinden.

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Der Präsident des Norwegischen Schachverbandes Morten L. Madsen erklärte, dass man Stavanger ausgewählt habe, da der Verband der Meinung war, die Organisatoren dort hätten die besten Chancen im Wettbewerb mit anderen nichtnorwegischen Bewerbern. Man hätte aber Carlsens Bedenken zuwenig gewürdigt.

Stavanger will sich weiterhin für die Ausrichtung der Schnellschach- und Blitz-Weltmeisterschaft bewerben und erhält von Magnus Carlsen dafür volle Unterstützung.

Ob eine norwegische Bewerbung um die WM nun völlig vom Tisch ist, ist nicht klar. Im Prinzip könnte die anderen norwegischen Kandidaten ihren Hut jetzt noch einmal in den Ring werfen.

Meldung bei NRK...

  


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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