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Es wird ein Stelldichein der Großmeister, so viel ist sicher. Und doch ist vor dem Meisterschaftsturnier der Schachbundesligisten Rätselraten ausgebrochen: Wer spielt? Werden wir WM-Kandidaten sehen? MVL? Fabiano Caruana?
Die Vereine halten sich bedeckt, und das wird bis zuletzt so bleiben, um den Gegenspielern die Vorbereitung zu erschweren. Erst so spät wie möglich soll die Konkurrenz sehen, wer am Mittwoch ans Brett geht. Und doch ist das eine oder andere durchgesickert. Fabiano Caruana zum Beispiel wird wahrscheinlich spielen. Allemal hält er sich in Deutschland auf, wie sich einer Mitteilung des Schachzentrums Baden-Baden entnehmen lässt, die von einer Trainingseinheit mit seinem Coach und Baden-Badener Teamkollegen Rustam Kazimdzhanov berichtet. Der französische GM Romain Edouard (SV Werder Bremen) hat derweil via Twitter verkündet, dass er gesund ist und bereit zu spielen.
In der internationalen, weltstärksten Liga ist noch die Aufstellung der Schachfreunde Deizisau am ehesten vorherzusagen. Deren Kader setzt sich in erster Linie aus den besten deutschen Schachmeistern zusammen, die sind als Einheimische am wenigsten von Reisebeschränkungen betroffen, insofern werden sie wohl spielen.
Dass Vincent Keymer seinen Ansturm auf die 2600-Elo-Marke in Karlsruhe fortsetzen wird, ist schon durchgesickert. Wahrscheinlich werden auch die jungen Großmeister Matthias Blübaum und Alexander Donchenko ihren Zweikampf um die Spitze der deutschen Rangliste in Karlsruhe fortsetzen – beide als Teil der Deizisauer Mannschaft.
Deren Mannschaftführer Sven Noppes mit seinen Drähten zur Grenke-Gruppe ist ein zentraler Teil des Teams, das das Meisterschaftsturnier möglich gemacht hat. Als nach dem Lockdown im März die erste Infektionswelle abebbte und Frage im Raum stand, ob und wie es weitergeht, hatte Noppes zunächst angeboten, ein Saisonfinale aller Mannschaften auszurichten. „Das erwies sich aber als schwierig. Einige Teams wollten daran nicht teilnehmen“, berichtet Markus Schäfer, Präsident des Schachbundesliga e.V.
Schließlich ließen sich die Bundesliga-Schachspieler von den Bundesliga-Basketballern inspirieren. Beim Basketball richtete der auch in der Schachbundesliga vertretene FC Bayern München ein Meisterschaftsturnier für die Teams aus, die spielen wollten. In einer Reihe von Online-Sitzungen einigten sich die Schachbundesligisten darauf, diesem Modell zu folgen: Alles auf null, es spielt mit, wer möchte, und es geht um nicht weniger als die Deutsche Meisterschaft 2020.
Spielort wird die „Gartenhalle“ der Messe Karlsruhe sein, gleichermaßen gut belüftet und geräumig. Ausrichter ist das Schachzentrum Baden-Baden in Zusammenarbeit mit dem deutschen Serienmeister OSG Baden-Baden und der Grenke-Gruppe. Die ist in Schachkreisen bekannt als Sponsor der Grenke Chess Classic und der dazugehörigen Open. Außerdem unterstützt Wolfgang Grenke die Bundesligateams OSG Baden-Baden und die SF Deizisau.
Das Organisationsteam um den Schachzentrum-Vorsitzenden Christian Bossert, Geschäftsführerin Hanna Marie Klek sowie Sven Noppes hat ein umfangreiches Hygienekonzept erdacht. Noppes war eigens zum Schachfestival in Biel gereist, um zu inspizieren, wie dort Schach in Corona-Zeiten möglich gemacht worden ist. Die aus Biel bekannten Plexiglas-Trennwände zwischen den Spielern werden nun auch in Karlsruhe aufgestellt. Außerdem gelten Abstandsregel und eine Maskenpflicht abseits der Bretter. Wer das Areal betritt, muss zuvor schriftlich versichern, frei von Krankheitssymptomen zu sein.
„Die ursprüngliche Idee eines zentralen Covid-Tests ließ sich leider nicht verwirklichen. Das war eine Kapazitätsfrage“, erklärt Schäfer. Nun liegt es in erster Linie bei den Vereinen, für die Gesundheit der anreisenden Spieler Sorge zu tragen. Im Falle der bereits genannten SF Deizisau wird das zum Beispiel weniger Aufwand erfordern als in Viernheim mit zahlreichen Osteuropäern im Kader, den der einstige Weltranglistenzweite Shakhriyar Mamedyarov anführt. Ob der spielt? „Ich hoffe doch“, sagt IM Christian Seel, Spitzenbrett des Aachener SV, der einzigen reinen Amateurmannschaft im Feld.
Alle Vereine haben sich darauf geeinigt, auf das Nachmelden neuer Spieler zu verzichten. Aber es war möglich, Spieler aus unteren Mannschaften für die Meisterschaftsrunde zu melden, um Ausfälle kompensieren zu können. Davon haben einige Vereine Gebrauch gemacht.
In Deizisau zum Beispiel ist der tschechische Großmeister Stepan Zilka neu im Kader, ein Indiz, dass er spielen wird. Bei den Schachfreunden Viernheim ist der lettische Großmeister Zigurds Lanka neu dabei, auch ihn werden wir wahrscheinlich am Brett sehen.
Am ersten Brett in der stärksten Liga der Welt bekommst du eine Granate nach der anderen vorgesetzt. Und doch ragt wahrscheinlich ein Gegner wie Viswanathan Anand noch einmal heraus. Auf den hast du dich vor einem halben Jahr vergeblich vorbereitet. Die Bundesliga hat damals kurzfristig den Spieltag abgesagt.
Das war ärgerlich, einerseits. Andererseits hatte die Pandemie Deutschland voll erreicht, und ich hatte in der Woche zuvor schon damit gerechnet, dass der Spieltag nicht stattfindet. Natürlich war ich enttäuscht, nicht gegen Anand zu spielen, aber ich wäre an diesem Wochenende mit einem sehr unguten Gefühl nach Viernheim gefahren. Insofern war es nicht ganz so schlimm.
Ihr geht in der Bundesliga als krasser Außenseiter ins Rennen, die einzige reine Amateurmannschaft. Habt ihr euch vor der Saison Chancen auf den Klassenerhalt ausgerechnet? Geht’s euch um die Gelegenheit? Was ist die Attitüde der Aachener Mannschaft?
Wir wären in den beiden Jahren zuvor beinahe aus der zweiten Liga abgestiegen. Dann sind wir in der Saison 2018/19 nach einigen knappen Siegen ziemlich unerwartet aufgestiegen. Es war eigentlich sofort klar, dass wir diese Chance wahrnehmen wollen – als Mannschaft, die nach dem Aufstieg zusammenbleibt. Dass wir in dieser Besetzung wahrscheinlich Letzter werden und absteigen, war auch jedem klar.
Christian Seel beim Karnevalsspieltag | Foto: SC Viernheim
Es zählt die Chance, richtig gute Leute ans Brett zu bekommen?
Nicht nur. Neben der Herausforderung für jeden Einzelnen geht es um die Gemeinschaft. Wir treffen uns als Mannschaft am Wochenende, oft reisen wir gemeinsam an, gehen zusammen essen, unternehmen etwas. Legionäre oder Neuzugänge haben wir ja nicht, unsere Leute kennen und schätzen einander teilweise seit Jahrzehnten als Vereinskollegen. Das gilt auch für unsere Belgier und Holländer. Aachen liegt im Dreiländereck, wir wohnen alle nahe beieinander.
Nominell bist du der Beste in Aachen, aber nicht mit Abstand. Musstest du ums erste Bundesligabrett kämpfen?
Thomas Koch und ich sind ungefähr gleichstark. Als ich vor einigen Jahren nach Aachen kam, hatte Thomas eine schlechte Zweitligasaison am Spitzenbrett hinter sich – und war damit einverstanden an Brett 2 zu spielen. Ich wollte gerne das Spitzenbrett und hatte wahrscheinlich auch etwas mehr Erfahrung mit Gegnern aus der 2600+-Kategorie, ansonsten wollte niemand, deswegen gab es darüber nie eine Diskussion. Auch nicht nach dem Aufstieg in die Bundesliga.
Wie hast du die Saison 19/20 bis zum Abbruch erlebt?
Highlight war gleich zum Auftakt die Partie gegen Vitiugov. Remis gegen jemanden mit 2750, toll. Der Vergleich mit dem Meisterschaftsmitfavoriten Hockenheim war auch hinsichtlich der Mannschaftsleistung einer unserer besten Kämpfe. Tom Piceu hat David Howell geschlagen zum Beispiel, und bei uns kam das Gefühl auf, dass wir gegen etwas schlechtere Mannschaften vielleicht doch mal gewinnen können. Außerdem würde ich unsere Heimrunde hervorheben wollen. Alle Leute, die im Verein beteiligt sind, konnten sich einbringen, das war im Sinne des Vereins eine wunderbare Veranstaltung. An den Brettern haben wir bei dieser Gelegenheit ein wenig durchrotiert …
… und gleich mal einen 30 Jahre alten Rekord eingestellt, indem ihr mit Patrick-Robert Breitkopf-Lazar den jüngsten Bundesligaspieler jemals eingesetzt habt.
Patrick-Robert hatte im Jahr davor auch einmal gespielt und eine schöne Partie gewonnen. Also wollten wir ihm die Gelegenheit geben, er hatte sie sich verdient. Generell gilt bei uns: Jeder, der aufgestellt ist, spielt mindestens eine Partie.
Vor einigen Wochen zeichnete sich ab, dass es ein Meisterschaftsturnier geben wird. Ihr spielt mit, aber nicht um die Meisterschaft. Habt Ihr noch nicht genug Prügel bekommen?
Ich habe immer ein wenig spekuliert, dass viele Teams aus dem unteren Mittelfeld nicht mitspielen, sodass es mit unserer Teilnahme klappen könnte. Für uns galt dasselbe wie in der regulären Saison: Wer spielt, zahlt seine Übernachtungskosten selbst, und der Verein gibt einen kleinen Fahrtkostenzuschuss. Anders geht es nicht als kleiner Verein. Trotzdem war eigentlich für jeden klar, dass wir die Chance wahrnehmen wollen, wenn sie sich ergibt. Für uns als Amateure lief nur die Planung ganz anders als für Teams, die ihre Profis irgendwie coronafrei aus Osteuropa nach Karlsruhe bekommen müssen. Bei unseren Spielern ging es eher darum, die Meisterschaftsrunde mit beruflichen oder familiären Verpflichtungen unter einen Hut zu bekommen.
Mittwoch geht’s los, was erwartest du?
Gegen Mamedyarov würde ich sehr gerne spielen. Und ich hoffe, dass Fabiano Caruana dabei ist. Er sei wohl in Deutschland, heißt es. Generell rechne ich damit, zwei, drei 2700ern zu begegnen, aber ich muss zugeben, dass ich mich noch gar nicht vorbereitet habe …
… wie auch? Es weiß ja keiner, wer spielt.
Man kann sich das eine oder andere zusammenreimen. Berlin zum Beispiel hat oben ein paar Leute gestrichen und unten welche nachgemeldet. Meine Kalkulation war, dass diejenigen spielen, die oben übrig geblieben sind. Trotzdem entfällt bei mir die intensive Vorbereitung, mir fehlen Zeit und Muße. Mittwochmittag, wenn die Aufstellungen bekannt sind, werde ich mich vor der Partie eine halbe Stunde hinsetzen, gucken, was mein Gegner spielt, und dann geht’s los.
Conrad Schormann ist Autor des Schachblogs "Perlen vom Bodensee"