Steve Berger: Das angenommene Damengambit - eine Rezension

von ChessBase
01.09.2021 – Das Annahme des Damengambits mit 1.d4 d5 2.c4 dxc4 ist für Schwarz eine kompromisslose und direkte Antwort auf die weiße Eröffnung. Schwarz gibt das Zentrum auf und erhält freies Figurenspiel. Steve Berger stellt diese vitale Eröffnung auf seiner neuen DVD gründlich vor und erklärt die Ideen. "Eine wirklich gute DVD für Spieler, die mehr Wert auf ein solides Mittelspiel auf Basis einer gesunden Entwicklung legen denn auf reines Theoriewissen", lautet das Urteil von Christian Höthe.

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Rezension Steve Berger - das angenommene Damengambit

Das angenommene Damengambit

Das Damengambit (1.d4 d5 2.c4) ist die am häufigsten gespielte Variante einer Damenbauer-Eröffnung. Wann man den Bauern wieder zurückgibt und wie man den Zeitaufwand des Weißspielers am besten ausnutzen kann, erfährt man auf dieser DVD.

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Das angenommene Damengambit ist zweifellos eine der stiefmütterlich vernachlässigten Eröffnungen. Dabei erschliesst sich mir nicht auf Anhieb, warum das so ist. Schwarz nimmt den Bauern auf c4 und nutzt die Zeit, die Weiss zur Rückeroberung benötigt, um eine solide Stellung mit guten Perspektiven für ein gesundes Mittelspiel aufzubauen. Ähnlich solide geht es in Eröffnungen wie Caro Kann, Skandinavisch, Slawisch oder im orthodoxen Damengambit zu, bloss wird diesen Eröffnungen viel mehr Aufmerksamkeit eingeräumt als dem angenommenen Damengambit.

Dabei ist es womöglich gerade dieser Status der Solidität, der das angenommene Damengambit für Spieler unterschiedlicher Spielweisen und -klassen so interessant machen kann: denn in der Regel verfügen die Anziehenden nur über relativ bruchstückhafte Erinnerungen als handfestes Theoriewissen gegen diese unterschätzte Spielweise.

Der internationale Meister Steve Berger, der bei ChessBase schon durch seine guten DVDs zu Französisch und dem Chamäleon-Sizilianer in Aktion getreten ist, stellt auf seiner neuen DVD ein gesundes Schwarz-Repertoire auf Basis des angenommenen Damengambits zusammen und hat mich damit vollends überzeugt! Denn schon nach Durchsicht der ersten vier Videos juckte es mich in den Fingern, das neu erworbene Wissen in der Praxis auszuprobieren, sprich im online-Blitzen! Und was kann man von einer Eröffnungs-DVD mehr erwarten als
diese Art der Inspiration?

Nun sind bei ChessBase schon vor geraumer Zeit zwei DVDs von Lilov und Collins zum angenommenen Damengambit erschienen, literarisch erinnere ich mich an Bücher von Rizzitano, Sakaev und Delchev. Wie also tut sich die neue Berger-DVD im Vergleich?

Ich nehme die Antwort gleich vorweg: sie schlägt sich sehr gut!

Nachdem man sich die Einführung zu Gemüte geführt hat, geht es direkt ins Inhaltsverzeichnis der Varianten. Und bereits hier erwartete mich die erste Überraschung! Okay, hier finden sich die Abspiele 3. Da4+, 3. Sc3, 3. e4 als auch 3. e3. Ja, was denn, sollte IM Berger ausgerechnet die Hauptvarianten mit 3. Sf3 nebst 4. e3 vergessen haben? Natürlich hat er das nicht, er hat sie lediglich in dem Kapitel mit 3. e3 "geparkt"!

Recht glücklich war ich mit der Repertoire-Auswahl Bergers, besonders gegen den harmlos aussehenden Zug 3. e3. Früher hieß es, Schwarz könne an dieser Stelle gut mit 3. ...e5 antworten, aber die sich ergebenden Übergänge in die französische Abtauschvariante sind für Schwarz längst nicht so harmlos, wie man meinen könnte. Dies hat insbesondere
GM Kornev in seinem Buch "A practical white repertoire with 1 d4 and 2 c4" Volume 1 unter Beweis gestellt, der 3. e3 besonders im Hinblick auf 3. ...e5 dem Weißen empfahl.
 
IM Berger möchte 3. e3 lieber mit 3. ...a6, 4. Lxc4 Sf6 nebst e6 und c5 und Übergang in die Hauptvarianten mit perspektivischem Spiel gegen einen auf d4 entstehenden isolierten Bauern beantworten. Da diese Variante ohnehin das Herzstück der DVD ausmacht, stellt dies eine praktische Herangehensweise dar, die ich nur gutheißen kann.

Eine Variante, die mich persönlich dabei als Schwarzspieler oft gestört hat, war das Abspiel mit 7. dxc5 und folgendem Damentausch. Früher als harmlos verpönt, gilt sie heutzutage als ernst zu nehmender Versuch des Anziehenden, um Eröffnungsvorteil zu spielen. Schwarz muss sich hier auf eine lang anhaltende Verteidigung gegen eine unangenehme gegnerische Initiative einstellen, etwas, das nicht jedem liegt.  

Beeindruckt hat mich damals der sang- und klanglose Untergang meines Idols Bobby Fischer im Revanchekampf gegen Spassky des Jahres 1992:  
 

 

Berger folgt auf seiner DVD der Spielweise Fischers bis zu 12. ...Le7 und empfiehlt anschließend die kurze Rochade für Schwarz als Verbesserung.

Interessant ist es an dieser Stelle, die Empfehlung 7. ...Dxd1 zu vergleichen mit der Sakaevs, der 7. ...Lxc5 für einfacher im Ausgleichssinne hält.

Dies bleibt nach wie vor eine unangenehme Variante, wenn man mit Schwarz gegen
Elo-Schwächere auf Gewinn spielen möchte. Nur am Rande möchte ich erwähnen, dass der Zug, der gegen 7. dxc5 statistisch am besten punktet - in meiner Datenbank mit 51% für Schwarz - 7. ...Dc7 ist. Gespielt unter anderem von Donner, Keres und Petrosian ist dieser womöglich zur Überraschung gut, bekommt aber von den modernen Engines mit 8. b4 b6, 9. Sbd2 bxc5, 10. Lb2 Sbd7, 11. Tc1 eine deutliche Abfuhr.

Die andere kritische Variante stellt zweifellos der Zug 3. e4 dar, der auch in diversen Eröffnungsmonographien für Weiss empfohlen wird. IM Berger empfiehlt hier die klassische Fortsetzung 3. ...e5, 4. Sf3 exd4, 5. Lxc4 Sc6, 6. O-O Le6, wonach sich Weiss zwischen 6. Lxe6 und dem etwas moderneren 6. Lb5 entscheiden kann. Berger zeigt hier die typischen
schwarzen Verteidigungsideen auf dem Weg zu einem interessanten Mittelspiel und die Statistiken geben ihm Recht. Ich selbst frage mich, wann ein Autor endlich einmal das interessante 3. ...Sf6!? für Schwarz empfehlen wird.

Das angenommene Damengambit

Das Damengambit (1.d4 d5 2.c4) ist die am häufigsten gespielte Variante einer Damenbauer-Eröffnung. Wann man den Bauern wieder zurückgibt und wie man den Zeitaufwand des Weißspielers am besten ausnutzen kann, erfährt man auf dieser DVD.

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Fazit: Eine wirklich gute DVD für Spieler, die mehr Wert auf ein solides Mittelspiel auf Basis einer gesunden Entwicklung legen denn auf reines Theoriewissen. Meine Online-Blitzpartien konnten sich schon nach der Ansicht nur weniger Videos durchaus sehen lassen und
ließen in mir das Gefühl aufkommen, dass ich dank dieser DVD schon besser als die meisten Anziehenden vorbereitet war! 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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