In der fünften Runde der Superbet Chess Classic in Bukarest gab es eine entschiedene Partie, in der sich Alireza Firouzja überzeugend gegen Wesley So durchsetzte und sich auf den geteilten zweiten Platz vorschob. Die Verfolger sind Fabiano Caruana mit einem halben Punkt Abstand auf den Fersen. Interessant, dass in vier der fünf Partien die Läufer die Hauptrollen auf dem Brett übernahmen.
Applaus gab es für diese unspektakuläre Partie wohl nur vorher.
Navigating the Ruy Lopez Vol.1-3
Spanisch ist eine der ältesten Eröffnungen überhaupt und genießt von Clubebene bis hin zur Weltspitze unvermindert hohe Popularität. In dieser DVD-Reihe präsentiert der amerikanische Super-GM Fabiano Caruana im Gespräch mit Oliver Reeh ein komplettes Repertoire.
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Mit Spannung erwartet wurde das Aufeinandertreffen von Fabiano Caruana und Ian Nepomniachtchi: Würde Caruana den Russen in seiner Russischen Verteidigung vor neue Probleme stellen? Die Antwort lautete schnell „nein“, denn Caruana eröffnete mit 1.Sf3 - ein erster moralischer Pluspunkt für den Schwarzspieler?! Die beiden folgten bis zum 15. Zug einer Partie von Kavalek und Cooper aus dem Jahr 1984.
So war der 16. Remisschluss im 18. Aufeinandertreffen der beiden besiegelt. Caruana sagte nach der Partie, er habe einige Varianten nicht parat gehabt und deshalb die Zugwiederholungsvariante gewählt - wohl etwas enttäuschend für die Schachfans.
Als einziger Verfolger konnte Alireza Firouzja die Chance nutzen und seine Partie gegen Wesley So gewinnen und damit auch die direkte Bilanz der beiden ausgleichen (je zwei Siege bei drei Remisen). Der Franzose, der in der ersten Runde gegen Caruana verloren hatte, überraschte seinen amerikanischen Gegner mit seinem c5-Vorstoß im Nimzoinder.
Ein Gambit, das sich auszahlen sollte: So, der im Turnierverlauf bislang fünfmal remisierte, kam in der gesamten Partie zu keinem ausreichenden Gegenspiel und verlor die Partie chancenlos, nachdem sein kraftloser Gegenangriff an Firouzjas seitlichem Läuferschutzwall neben dem König auf f2 abprallte. Der Sieger ist nun auf einen halben Punkt an die Tabellenspitze herangerückt - geht da noch was?
Durch das Remis des Spitzenreiters hätten die beiden jungen Inder Praggnanandhaa und Gukesh aufschließen können. Doch Praggnanandhaa konnte sich zwar ein optisch ansprechende Stellung aus einer nimzoindischen Eröffnung erspielen, doch Bogdan-Daniel Deac spielte sorgfältig und baute zunächst einen Bauernwall auf, um dann seine Läufer prächtig zu aktivieren. Schließlich war es der Inder, der mit der Zugwiederholung zufrieden sein konnte.
Bei der Partie Vachier-Lagrave gegen Gukesh kam überraschenderweise ein Marshall-Gambit aufs Brett. Die Kontrahenten waren gut vorbereitet für diese remisträchtige Eröffnung. Der Franzose brachte schließlich mit 18.a4 einen seltenen Zug aufs Brett. Gukesh versank in eine erstaunlich lange Grübelphase an deren Ende er eine Stunde weniger auf der Uhr hatte als sein Gegner, der noch fast bei zwei Stunden Restzeit stand. Dennoch kritisierte Gukesh im Nachhinein seinen Plan, den Läufer nach f8 zurückzuspielen. Im richtigen Moment opferte er einen Bauern und es entstand ein für den Inder bedrohlich wirkendes Endspiel. Sein Kommentar im Anschluss: „Ich hatte keine ernsten Bedenken und war zuversichtlich, das Remis halten zu können.“ Und tatsächlich Gukesh hielt das Endspiel, obwohl nicht nur die Stellung schwierig war, sondern auch sein Gegner weit über eine Stunde mehr auf der Uhr übrig hatte. Ein lehrreiches Turm-/Läuferendspiel endete schließlich remis.
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Im Interview äußerte sich Gukesh auch zur Bekanntgabe des WM-Austragungsortes Singapur durch die FIDE: „Ich bin superhappy. Ich habe gute Erinnerungen an Singapur. Da fand eines meiner ersten internationalen Turniere statt. Es wäre schön, wenn viele Fans kommen würden.“ Auf seine Vorbereitung angesprochen sagte er, er habe bereits sich bereits mehrfach mit Viswanathan Anand getroffen und interessante Gespräche mit dem Ex-Weltmeister geführt: „Er hat mir schon immer viel geholfen.“
Eine interessante von Kommentator Yasser Seirawan „Dragondorf“ benannte Eröffnung kam in der Partie von Nodirbek Abdusattorov und Anish Giri aufs Brett. Die Mischung aus Najdorf und Drachen mit einer seltsamen weißen Dame auf d3 und einem schwarzen Springer, der wohl lieber auf c6 als auf d7 gestanden hätte, versprach einen spannenden Kampf. Nach einigen Springerzügen schien es, als würde der Usbeke die Initiative übernehmen, doch Giri fand einen Weg in ein langes Läuferendspiel, indem die schmunzelnden Spieler auch immer wieder die Zugwiederholung umschifften, ohne Gewinnversuche zu unternehmen.
Am Ruhetag hatte Ex-Weltmeister Garry Kasparov eine ausführliche Pressekonferenz gegeben und sich ausführlich zum Turnier, zur Weltpolitik und zur Fußball-Europameisterschaft geäußert. Zur WM-Vergabe nach Singapur sagte er: „Das ist eine natürliche Wahl. Es ist besser für Gukesh, dass er nicht im eigenen Land antreten muss. Das nimmt Druck von seinen Schultern. Der ist sowieso groß genug.“ Die Schachlegende fügte noch hinzu, dass er gespannt sei, ob Ding überhaupt antrete.
Nach der sechsten Runde verließ Kasparov Bukarest aber nicht, ohne noch etwas zu den zum Teil noch laufenden Partien zu sagen: Er nannte Firouzjas Zug c5 „Alpha-Zero-Chess“ und zeigte sich von Gukeshs lange Denkphasen überrascht: „Gukesh unterschätzte wohl Txb5 – es sollte aber remis sein.“ Und auch das Remis von Pragg und Deac prognostizierte er korrekt.
Ergebnisse der 6. Runde:
Tabelle nach Runde 6:
Partien:
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