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Stand nach zwei Runden
Zwei Spitzenreiter in Dortmund, Naiditsch kämpft
Von Dagobert Kohlmeyer
Fotos: Dagobert Kohlmeyer und Jeroen van den Belt
Dortmunder Schachnachwuchs wird geehrt
Nach zwei Runden des Sparkassen Chess Meetings führen Peter Leko (Ungarn) und Peter Swidler (Russland) mit je 1,5 Punkten die Tabelle an. Beide Großmeister hatten ihr Auftaktspiel in dem Kategorie-19-Turnier gewonnen und trennten sich am Sonntag im direkten Vergleich remis.
Nach 23 Zügen nahm Peter aus Szeged das Friedensangebot seines Namensvetters aus St. Petersburg an.
Zuvor teilten der Engländer Michael Adams und der Georgier Baadur Jobava als erste den Punkt.
Michael Adams
Baadur Jobava
Die Fans von Arkadij Naiditsch hatten am Sonntag mehr Grund zur Freude als zu
Beginn der Schachtage.
Der Großmeister aus Dortmund fand in der zweiten Runde zu seinem Spiel zurück
und lieferte Boris Gelfand aus Israel einen beherzten Kampf. Mit Weiß opferte
Arkadij in einer Sizilianischen Partie im 16. Zug einen ganzen Turm und erhielt
danach einen verheißungsvollen Angriff.
Zum Sieg reichte es mit einer Figur weniger zwar nicht, aber
ein Dauerschach mit der Dame sicherte dem Dortmunder wenigstens das
Unentschieden.
Im Duell der Schachdamen zwischen Elisabeth Pähtz und Irina Krush steht es nach
zwei Spielen 1:1. Am Montag, dem ersten Ruhetag, tragen die Großmeister des
Chess Meetings ab 15 Uhr im Dortmunder Rathaus gegen Vereinsspieler und
ambitionierte Schachamateure ihr traditionelles Blitzturnier aus. Zuschauer sind
herzlich willkommen.
Schon am ersten Wochenende sorgten die 34. Schachtage für volle Ränge im
Schauspielhaus. Am Brett von Weltmeister Wladimir Kramnik und Boris Gelfand
führte Uwe Samulewicz, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Dortmund, den ersten
Zug aus.
Der Hauptsponsor und einige hundert Schachfreunde erlebten am
Samstag eine nicht nur von den Temperaturen her heiße Auftaktrunde. In ihr war
alles enthalten, was Schach zu bieten hat: taktische Operationen, kühne
Angriffe, vorsichtiges Lavieren, ein schneller Friedensschluss sowie ein Kampf
auf Biegen und Brechen über sechs Stunden.
Erster Gewinner im Hauptturnier des Sparkassen Chess Meetings war am Samstag der
Ungar Peter Leko, der in Dortmund schon 1999 und 2002 siegreich war. Mit den
weißen Steinen überspielte er Lokalmatador Arkadij Naiditsch, der voriges Jahr
die versammelte Weltelite hinter sich lassen konnte. Der 20-jährige Arkadij
hatte seinen Gegner mit einer Nebenvariante überrascht, so dass dieser erst
einmal tüchtig ins Grübeln kam. Aber Leko fand die richtige Antwort. Nach dem
Spiel sagte er zum Schachkolumnisten der WR: „Der heutige Sieg ist mir nicht
leicht gefallen. Es war eine ganz interessante und zweischneidige Partie. Ich
habe mit dem Damenbauern eröffnet, was ich sonst eigentlich nur sehr selten
spiele. Es war einfach ein Experiment.“
Leko nahm sich sehr viel Zeit für den Partieanfang. Nach 12 Zügen hatte er
bereits mehr als eine Stunde verbraucht.
„Das Nachdenken lohnte sich“, konstatierte der Ungar: „ Obwohl die Stellung sehr unklar war, hatte ich alles unter Kontrolle. In der Analyse nach der Partie haben wir nicht gesehen, wie Schwarz weiterkommt. Auch wenn ich nur wenig Zeit hatte, konnte ich die Partie mit ganz präzisen Zügen nach Hause fahren.“
Peter Leko wird wie immer von seiner Ehefrau Sofia begleitet, die er 1999 in
Dortmund kennen lernte. Schwiegervater Arschak Petrosjan, der armenische
Schach-Nationaltrainer, ist sein Sekundant.
Viel eher als Leko und Naiditsch standen der Dortmund-Seriensieger Wladimir
Kramnik und Boris Gelfand am ersten Nachmittag vom Schachtisch auf.
Der Weltmeister aus Moskau begnügte sich als Schwarzer mit einem Kurzremis in 19 Zügen. In der zweiten Runde traf Kramnik gestern auf den Armenier Levon Aronian, der am ersten Spieltag mit Michael Adams den Punkt teilte. Die längste Partie der Auftaktrunde spielten Baadur Jobava und Peter Swidler. Beide Großmeister schenkten sich nichts. Sie kämpften sechs Stunden lang verbissen um den Sieg, ehe der St. Petersburger Swidler seinen Gegner aus dem Kaukasus im Endspiel überlisten konnte.
Interessantes Duell in Runde zwei: Aronian gegen Kramnik
Aronian grübelt
Last but not least die Damen. Auf der Bühne des Schauspielhauses duellieren sich
neben den etablierten Herren der Schachzunft auch Elisabeth Pähtz aus Erfurt,
Deutschlands stärkste Großmeisterin, und Irina Krush aus den USA.
In dem 6-Partien-Match führte die 21-jährige Elisabeth zu Beginn die weißen Figuren und hatte in der Sizilianischen Partie auch einen verheißungsvollen Angriff. Doch in einer unklaren Position wiederholten die Schachladies die Züge und einigten sich auf Remis. „Elisabeth stand besser und hätte weiter spielen sollen“, beurteilten Kramnik & Co. die Sachlage hinterher.
Aronian erklärt Gelfand die armensische Schrift
So sieht armenisch aus
"Ich konzentriere mich nur auf mein Spiel“
Interview mit Peter Leko
Von Dagobert Kohlmeyer
Peter Leko ist Stammgast und Publikumsliebling in Dortmund. Im Revier lernte der
Ungar seine Frau Sofia kennen, hier gewann er die Schachtage 1999 und 2002. Auch
in diesem Jahr muss man mit dem austrainierten Großmeister rechnen, der sich
gleich zu Beginn an die Tabellenspitze setzte. Nach seinem Startsieg gegen
Vorjahressieger Arkadij Naiditsch sprachen wir mit dem 26-jährigen Schachstar
aus Szeged.
Peter, wie kommentierst du die Auftaktpartie?
Der heutige Sieg war sehr schwer. Es war eine ganz interessante und
zweischneidige Partie. Ich habe mit dem Damenbauern eröffnet, was ich sonst
eigentlich nur sehr selten spiele. Es war einfach ein Experiment. Natürlich
hatte ich etwas vorbereitet, aber mein Gegner reagierte sehr gut darauf.
Was tat er?
Arkadij wählte eine Nebenvariante, die für mich total neu war. Ich hatte die
Stellung vorher noch nie gesehen, weil ich kein d4-Spieler bin. Ich musste
praktisch schon ab dem 5. Zug mit dem eigenen Kopf denken. Nach 12 Zügen hatte
ich bereits mehr als eine Stunde Bedenkzeit verbraucht. Das zeigt, dass ich auf
die Situation nicht vorbereitet war.
Warum hast du denn zum Turnierauftakt deinen Leib- und Magenzug 1.e4
vermieden?
Das ist mein Geheimnis. Ich möchte jetzt nicht verraten, ob ich etwas umgehen
oder etwas ganz anderes ausprobieren wollte. Bei der WM in Brissago gegen
Kramnik hat es ja mit 1.d4 auch geklappt.
Du hast dich ja dann gegen Naiditsch sehr clever herausgewunden…
Ja, weil ich prinzipiell gespielt habe. Mein Zug e4-e5 war nicht
ungefährlich, aber ich dachte, okay, probieren wir es mal. Es gab dann
Verwicklungen, und ich musste sehr auf der Hut sein. Erst hatte ich ein ungutes
Gefühl, doch dann spürte ich, wenn ich meine Stellung stabilisieren kann, werde
ich sehr gut stehen.
Habt ihr später etwas für Schwarz gefunden?
Obwohl die Stellung sehr unklar war, hatte ich wohl alles unter Kontrolle. In
der Analyse nach der Partie haben wir nicht gesehen, wie Schwarz spielen soll.
Auch wenn ich nur wenig Zeit hatte, so konnte ich die Partie mit ganz präzisen
Zügen nach Hause fahren. Arkadij hat meinen Zug 17.Sf3 und das später folgende
Damenmanöver nach d4 übersehen, wonach ich eine solide Stellung besaß. Die
bessere Bauernstruktur hat am Ende zu meinen Gunsten entschieden.
Nach seiner Niederlage gegen dich wird es Arkadij Naiditsch schwer haben,
seinen überraschenden Vorjahressieg zu wiederholen, zumal es diesmal nur sieben
Runden gibt. Wird 2006 vielleicht wieder ein Leko-Jahr in Dortmund?
Im Moment denke ich noch nicht daran. Ich bin natürlich froh, dass die erste
Partie so günstig für mich gelaufen ist. Weil sie sehr gut und kämpferisch war.
Das freut mich schon, und jetzt will ich mich weiter auf das Chess Meeting
konzentrieren. Noch ist es viel zu früh, über irgendwelche Vorentscheidungen zu
sprechen. Hier sind so viele starke Spieler, und wie wir sicher noch erleben
werden, kann jeder jeden schlagen.
Das betrifft auch die Neulinge Levon Aronian und Baadur Jobava?
Levon Aronian hat seine Klasse in den vergangenen Monaten schon hinreichend
bewiesen. Ich denke, dass auch Baadur Jobava ein sehr starker Spieler ist. Als
Sekundant von Weselin Topalow wird er dem Bulgaren in dessen WM-Kampf gegen
Wladimir Kramnik helfen. Das gibt ihm bestimmt weitere Motivation für das
Dortmunder Turnier.
Eine Frage zur Schachpolitik. Durch das WM-Duell zwischen Wladimir Kramnik
und Weselin Topalow in Elista soll die Schachwelt vereinigt werden. Wie ist
deine Meinung zu diesem Kampf?
Im Moment habe ich überhaupt keine Meinung dazu. Ich konzentriere mich momentan
nur auf das Chess Meeting in Dortmund. Natürlich bin ich als Schachspieler froh,
dass dieses Duell stattfindet und dass wir die Möglichkeit bekommen, ein
hervorragendes Match zu sehen. Über andere Dinge kann man dann später
nachdenken. Doch als Schachprofi interessiert mich in erster Linie die Qualität
des Spiels.
In jüngster Zeit spekulieren die Medien verstärkt darüber, dass Garri
Kasparow wieder ans Schachbrett zurückkehrt. Wie ist deine Meinung dazu?
Er hat ja nie ausgeschlossen, dass er eines Tages zurückkommt. Aber nur für
Schnellschach-Events. Sofern ich weiß, wird er Ende August in Zürich ein
Schnellschach-Turnier spielen, und ich finde, dass daran nichts
Außergewöhnliches ist. Auf jeden Fall freue ich mich sehr, wenn er wieder
spielt, weil es immer interessant war, seine Partien anzuschauen oder selbst
gegen ihn anzutreten.
Danke, Peter und weiterhin viel Erfolg in Dortmund!