Tata Steel: Unterhaltsam bis zum Schluss

von Johannes Fischer
26.01.2014 – Die Sieger beim Tata Steel Turnier standen schon vor der Schlussrunde fest: Levon Aronian lag in Gruppe A mit zwei Punkten Vorsprung an der Spitze und im Challengers war Ivan Saric der Sieg nicht mehr zu unternehmen. Spannend war die Schlussrunde trotzdem. Hübsche taktische Tricks, Mattangriffe und Endspielfinessen brachte sie auch. Mehr...

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Runde 11 - Sonntag, 26. Januar
Nakamura, H. - Giri, A. 1/2
Naiditsch, A. - Rapport, R. 1-0
So, W. - Caruana, F. 1/2
Gelfand, B. - Harikrishna, P. 1-0
Aronian, L. - Van Wely, L. 0-1
Karjakin, S. - Dominguez, L. 1/2

Mit 8 aus 10 und einem Vorsprung von 2 Punkten auf Anish Giri und Sergey Karjakin stand Levon Aronian schon vor der letzten Runde als Turniersieger fest. Aronian startete 2014 zum achten Mal in der A-Gruppe in Wijk aan Zee und gewann das Turnier nach seinen Erfolgen 2007, 2008 und 2012 zum vierten Mal. Damit befindet er sich in der illustren Gesellschaft von Max Euwe, Viktor Kortschnoi und Lajos Portisch, die das Turnier ebenfalls vier Mal gewinnen konnten. Erfolgreicher war nur Vishy Anand, der Wijk fünf Mal als Turniersieger verließ. Magnus Carlsen und Garry Kasparov trugen sich drei Mal in die Siegerliste ein.

Turniersieger Levon Aronian

Aronian hatte das gesamte Turnier hindurch souverän gespielt und keine Partie verloren. Doch gegen Van Wely stolperte die Nummer zwei der Welt. Zwar stand Aronian, der mit Weiß spielte, dem Computer zufolge fast die ganze Partie über besser, aber Van Wely tat alles, um die Stellung kompliziert zu gestalten und sich praktische Chancen zu verschaffen. Bei knapper werdender Zeit hatte er damit schließlich Erfolg. Im 38. Zug übersah Aronian in objektiv besserer Stellung einen taktischen Trick - Van Wely ließ sich nicht lange bitten und zwang Aronian mit einem Läuferopfer zwecks Linienunterbrechung zur sofortigen Aufgabe.

Loek Van Wely sicherte sich mit seinem Sieg in der Schlussrunde einen Elo-Gewinn von sieben Punkten.

Einen scharfen Kampf lieferten sich Hikaru Nakamura und Anish Giri. Giri spielte mit Schwarz und konterte die Englische Eröffnung Nakamuras mit einem frühen doppelten Bauernopfer. Das bescherte ihm aktive Figuren, die dafür sorgten, dass sich die Stellung bis zum Remis durch Dauerschach immer im dynamischen Gleichgewicht befand.

Not amused: Sein Ergebnis von 5 Punkten aus 11 Partien kostete Hikaru Nakamura 13 Elo-Punkte.

Mit 6,5 aus 11 landete Anish Giri ungeschlagen auf Platz zwei bis drei.

Mit einem Sieg gegen Sergy Karjakin in der letzten Runde hätte der Kubaner Leinier Dominguez Perez sein gutes Turnier krönen und sich auf den geteilten zweiten Platz schieben können. Und die Chance dazu war da, obwohl Leinier Dominguez mit Schwarz spielte. Denn Karjakin verlor bereits früh in der Eröffnung ohne nennenswerte Kompensation einen Bauern. Dominguez hielt seinen Vorteil die ganze Partie über fest, aber in einem Turmendspiel mit zwei Minusbauern, in dem Karjakin ganz auf die Kraft seines b-Freibauern setzte, entschlüpfte Karjakin noch ins Remis und sicherte sich damit doch noch den geteilten zweiten Platz.

Sergey Karjakin kam wie Anish Giri ebenfalls auf 6,5 aus 11, verlor jedoch zwei Partien und weist die schlechtere Wertung auf.

Leinier Dominguez Perez blieb mit 6 aus 11 knapp über den Erwartungen.

Wesley So und Fabiano Caruana trennten sich nach einem auf den ersten Blick dramatischen Kampf, in dem Schwarz zwischenzeitlich zwei Figuren für einen Turm und einen starken Freibauern gab, am Ende mit Remis. Allerdings folgten sie dabei in einer aktuellen Variante des Grünfeld-Inders lange bekannten theoretischen Vorbildern, was der Partie viel von ihrer scheinbaren Dramatik nimmt.

Wesley So feierte mit 6 aus 11 und dem geteilten vierten bis sechsten Platz ein erfolgreiches Debüt im A-Turnier in Wijk aan Zee.

Fabiano Caruana holte ebenfalls 6 Punkte.

1992 war Boris Gelfand das erste Mal im A-Turnier von Wijk aan Zee dabei und gewann gleich auf Anhieb. Spieler wie Fabiano Caruana, Wesley So und Richard Rapport waren damals noch gar nicht geboren. Seine Erfahrung kam Gelfand in der letzten Runde gegen Pentala Harikrishna zugute. Gelfand hatte Weiß und erreichte mit der Abtauschvariante im Damengambit keinerlei Vorteil. Tatsächlich war es eher Harikrishna, der das Tempo diktierte. Doch beim Übergang ins Schwerfigurenendspiel verlor Harikrishna den Faden und plötzlich hatte Weiß die besseren Chancen. Die nutzte Gelfand mit einer Abwicklung in ein gewonnenes Bauernendspiel.

Mit 4,5 aus 11 lief für Boris Gelfand dieses Jahr in Wijk nicht viel zusammen.

Pentala Harikrishna liegt mit 5,5 Punkten genau bei 50 Prozent und landete so auf dem alleinigen siebten Platz.

Für Arkadij Naiditsch endete das katastrophal begonnene Turnier halbwegs versöhnlich. Nach seinem Sieg gegen Fabiano Caruana in Runde 10 gewann er in der Schlussrunde auch noch gegen Richard Rapport. Ungeachtet der missglückten Turnierbeginns spielte Naiditsch nicht auf Sicherheit, sondern griff gegen die von Rapport gewählte Moderne Verteidigung aggressiv an. So kam es noch in der Eröffnung zu einem taktischen Handgemenge, in dem Weiß Dank seiner besseren Entwicklung deutliche Vorteile hatte, den Naiditsch mit hübschen taktischen Schlägen schon vor dem 20. Zug in eine Gewinnstellung verwandelte. Als die taktischen Komplikationen im 27. Zug schließlich vorbei waren, hatte Weiß zwei Bauern mehr und die bessere Stellung. Sechs Züge später gab Rapport auf.

Arkadij Naiditsch kam trotz Siegen in den letzten beiden Runden nur auf 3,5 aus 11.

Richard Rapport zeigte originelles Schach, aber allzu viele Punkte brachte ihm das nicht. Mit 3,5 aus 11 teilte er sich Platz 11 und 12 mit Arkadij Naiditsch und büßte elf Elo-Punkte ein.

Daniel King's Highlights of Round 11

 

Partien des A-Turniers

 

 

Challengers Turnier

 

Runde 13 - Sonntag, 26. Januar
Yu, Y. - Zhao, X. 1-0
Brunello, S. - Saric, I. 1/2
Bok, B. - Muzychuk, A. 1/2
Timman, J. - Wojtaszek, R. 1/2
Reinderman, D. - Van Delft, M. 1-0
Troff, K. - Jobava, B. 1/2
Duda, J. - Goudriaan, E. 1-0

 

Auch im Challengers Turnier stand Ivan Saric als Turniersieger bereits vor der Schlussrunde fest. Gekämpft wurde trotzdem und so gab es manche interessante Partie zu sehen, zum Beispiel gelang Dmitri Reinderman ein hübscher Angriff gegen Merijn Van Delft.

Turniersieger Ivan Saric

Den zweiten und dritten Platz teilten sich Jan Timman und Baadur Jobava, die Plätze vier und fünf gingen an Anna Muzychuk und Dmitri Reinderman.

Jan Timman ließ sich von seinem verletzten Arm nicht beeindrucken und landete auf Platz zwei.

Partien des Challenger Turniers

 

 

Spielplan und Ergebnisse der A-Gruppe:

 

Runde 1 - Samstag, 11. Januar
Dominguez, L. - Giri, A. 1/2 
Van Wely, L. - Karjakin, S. 0-1
Harikrishna, P. - Aronian, L. 1/2
Caruana, F. - Gelfand, B. 1-0
Rapport, R. - So, W. 0-1
Nakamura, H. - Naiditsch, A. 1-0 

 
Runde 2 - Sonntag, 12. Januar
Giri, A. - Naiditsch, A.  1-0
So, W. - Nakamura, H.  1/2
Gelfand, B. - Rapport, R.  0-1
Aronian, L. - Caruana, F.  1-0
Karjakin, S. - Harikrishna, P.  1/2
Dominguez, L. - Van Wely, L.  1/2

 
Runde 3 - Montag, 13. Januar
Van Wely, L. - Giri, A.  1/2
Harikrishna, P. - Dominguez, L.  1-0
Caruana, F. - Karjakin, S.  1-0
Rapport, R. - Aronian, L.  1/2
Nakamura, H. - Gelfand, B.  1/2
Naiditsch, A. - So, W.  1/2
Runde 4 - Mittwoch, 15. Januar
Giri, A. - So, W. 1/2 
Gelfand, B. - Naiditsch, A. 1/2
Aronian, L. - Nakamura, H. 1-0 
Karjakin, S. - Rapport, R. 1-0 
Dominguez, L. - Caruana, F. 1-0 
Van Wely, L. - Harikrishna, P. 1/2

 
Runde 5 - Freitag, 17. Januar
Harikrishna, P. - Giri, A. 0-1
Caruana, F. - Van Wely, L. 1-0 
Rapport, R. - Dominguez, L. 0-1 
Nakamura, H. - Karjakin, S. 1/2
Naiditsch, A. - Aronian, L. 0-1 
So, W. - Gelfand, B. 1-0 

 
Runde 6 - Samstag, 18. Januar
Giri, A. - Gelfand, B.  1/2
Aronian, L. - So, W.  1-0
Karjakin, S. - Naiditsch, A.  1-0
Dominguez, L. - Nakamura, H.  1/2
Van Wely, L. - Rapport, R.  1/2
Harikrishna, P. - Caruana, F.  1/2

 
Runde 7 - Sonntag, 19. Januar
Caruana, F. - Giri, A.  1/2
Rapport, R. - Harikrishna, P.  1-0
Nakamura, H. - Van Wely, L.  0-1
Naiditsch, A. - Dominguez, L.  1/2
So, W. - Karjakin, S.  1/2
Gelfand, B. - Aronian, L.  1/2

 
Runde 8 - Dienstag, 21. Januar
Giri, A. - Aronian, L. 1/2
Karjakin, S. - Gelfand, B. 1-0
Dominguez, L. - So, W. 1-0
Van Wely, L. - Naiditsch, A. 1-0
Harikrishna, P. - Nakamura, H. 1-0
Caruana, F. - Rapport, R. 1-0

 
Runde 9 - Donnerstag, 23. Januar
Rapport, R. - Giri, A. 1/2
Nakamura, H. - Caruana, F. 1/2
Naiditsch, A. - Harikrishna, P. 0-1
So, W. - Van Wely, L. 1-0
Gelfand, B. - Dominguez, L. 1/2
Aronian, L. - Karjakin, S. 1-0

 
Runde 10 - Samstag, 25. Januar
Giri, A. - Karjakin, S. 1/2
Dominguez, L. - Aronian, L. 0-1
Van Wely, L. - Gelfand, B. 0-1
Harikrishna, P. - So, W. 1/2
Caruana, F. - Naiditsch, A. 0-1
Rapport, R. - Nakamura, H. 0-1

 
Runde 11 - Sonntag, 26. Januar
Nakamura, H. - Giri, A. 1/2
Naiditsch, A. - Rapport, R. 1-0
So, W. - Caruana, F. 1/2
Gelfand, B. - Harikrishna, P. 1-0
Aronian, L. - Van Wely, L. 0-1
Karjakin, S. - Dominguez, L. 1/2

 

Fotos: Alina l'Ami, Joachim Schulze

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Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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