Tatort Toilette

von ChessBase
07.01.2003 – Beim Open in Lampertsheim kam es zu einem Skandal. Manfred Mustermann (Name von der Redaktion geändert) wurde erwischt, als er auf der Toilette mit Hilfe von Pocket Fritz versuchte, die richtigen Züge zu finden. Es ist der erste publik gewordene Fall von elektronischem Doping mit Taschencomputern. ChessBase verurteilt elektronisches Doping. Wir danken allerdings Herrn Mustermann, dass er sich für Pocket Fritz entschieden hat. Beim Schach gilt übrigens wie in der Schule: Wer betrügt, sollte sich nicht erwischen lassen. Jetzt noch besser: Pocket Fritz 2.0...Betrügen, aber richtig...

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Tatort Toilette



Viele große Ideen in der Geschichte der Menschheit wurden unter der Dusche geboren, oder auf der Toilette. Manchmal ist neuerdings jedoch elektronische Hilfe im Spiel. Dies wird besonders auf Schachturnieren nicht gerne gesehen.

ChessBase freut sich über jeden, der mit Hilfe unserer Produkte im Schach besser wird. Allerdings sollte man auf die Einhaltung der gültigen Regeln achten. Wer dennoch betrügen will, darf sich zumindest nicht erwischen lassen. Wir sagen, wie man es richtig macht. Die folgenden Szenen wurden nachgestellt.  



Falsch! Dieser Spieler arbeitet ohne Sichtschutz und darf sich nicht wundern, dass er erwischt wird.

Richtiger Ansatz, falsche Durchführung. Der Sichtschutz wurde nicht präzise justiert.



Besser, aber noch nicht perfekt. Versierte Schiedsrichter werden sofort das verdächtige Licht am Schirmrand entdecken.




So ist es richtig. Niemand wird vermuten, dass Sie mit unerlaubten Hilfsmitteln arbeiten.

Weitere Tipps:

Beschränken Sie sich auf wenige Einsätze auf dem Klo an den entscheidenden Partiepunkten. Wer mehr auf der Toilette ist als am Brett fällt auf. Bereiten Sie ihre Toilettengänge psychologisch vor. Sagen Sie zum Beispiel vor der Partie zu ihrem Gegner: "Ich gebe Ihnen lieber nicht die Hand, weil ich eine Magen-Darm-Grippe habe." Raucher können Suchtanfälle vortäuschen und so tun, als müssten sie alle fünf Minuten eine Zigarette rauchen.


Verstecken Sie den Pocket-PC in ihrer Kleidung, zum Beispiel unter einem Hut oder unter einer Mütze, wo es nicht auffällt.


Unter dieser Mütze findet niemand den versteckten Pocket-PC


Sagen Sie während der Partie: "Uh, kalt heute," damit ihr Gegner nicht stutzig wird, dass sie eine Mütze tragen.

Einige Vorsichtsmaßnahmen sollten selbstverständlich sein. Achten Sie beim Gang auf die Toilette z.B. darauf, dass Ihnen niemand folgt. Setzen Sie sich hin, damit die Fußstellung toilettenspezifisch ist. Verwenden Sie einen Sichtschutz (s.o). Viel Erfolg.


Demnächst im Fachhandel: Pocket Fritz Tournament


 

In Vorbereitung:

Pocket Fritz Tournament -
Zum Trainieren unter realen Turnierbedingungen.
Im Lieferumfang: Pocket Fritz 2.0 und Pocket PC mit WC -Kit und  externer Tastatur.
Brille in pflegeleichten Plastik oder geschmackvoller Holzausführung wählbar.
 

André Schulz/8.1.2003

 

 

Dem Täter auf der Spur. Markus Keller berichtet.

"Elektronisches Doping" am Lampertheimer Open aufgedeckt.
 Erster Fall mit Taschencomputer in Deutschland



Applaus, als der Schiedsrichter zum Start der 7. Runde verkündete, dass ein Spieler in flagranti mit Fritzpocket erwischt wurde. Die sofortige Disqualifikation wurde ebenso begrüßt wie die Ankündigung, über die Verbände auf eine Sperre hinzuwirken. Doch was war geschehen…

"In der 6. von 7 Runden kam ein Spieler (Volker Widmann, früherer Vorsitzender der Schachjugend Baden) auf mich zu und berichtete mir von seinem Verdacht, dass der Spieler W. S. aus L. unlautere Hilfsmittel zu Hilfe zöge. Des Öfteren verließe er während seiner Partie für längere Zeit den Saal Richtung Toilette, mitunter auch, wenn er selbst am Zug sei. Dies habe er auch bei anderen Gegnern gemacht, in der Runde zuvor bei Volker Widmann selbst, bei der aktuellen Runde gegen Torsten Lang ebenso.
Ich ließ mir den Sachverhalt von Torsten Lang bestätigen und beobachtete in der Folge das Brett. Herr S. kam, spielte nun tatsächlich einige Züge recht schnell und verschwand wieder in Richtung Toilette. Ich ging ihm nach.
Aus seiner Toilette hörte ich keine Geräusche. Ich wartete einige Minuten im Vorraum, dann wagte ich einen Blick unter der Tür durch und sah, dass seine Füße parallel zu der Toilette standen. Zumindest eine Stellung, in der kein Geschäft verrichtet werden kann. Ich stieg also auf die Nachbartoilette und sah über die Seitenwand. Tatsächlich – Herr S. hielt ein Handheld (Mini-PC) mit einem Schachbrett (laufendes Schachprogramm) in der einen Hand, mit der anderen bewegte er einen Stift.
Ich habe ihn sofort disqualifiziert.
Als er die Toilette verließ versuchte er sich herauszureden ("ich habe nur eMails bearbeitet"). Ich forderte ihn folglich auf, mir das Handheld, das inzwischen in seiner Tasche verschwunden war, zu zeigen, was er verweigerte. Ich begleitete ihn zu seinem Brett, erklärte die Partie als verloren, ihn ausgeschlossen vom Turnier, er nahm seine Sachen und ging ohne weitere Worte.
Für die Aktion auf der Toilette habe ich einen Zeugen, der zur Aussage vor einem Verbands- oder ordentlichen Gericht bereit wäre."
Soweit mein Bericht an den Hessischen Schachverband und den Deutschen Schachbund mit der Bitte weitergehende Konsequenzen zu treffen.

Die Feststellung des Betrugs hat auch außerhalb der Schachszene bereits Kreise gezogen. Herr S. ist Lehrer, einige seiner Schüler – er leitet eine Schach-AG – waren am Turnier anwesend.

Das Lampertheimer Open (26.-29.12.2002) verlief ansonsten, trotz der stattlichen Teilnehmerzahl (209 Teilnehmer) in ausgesprochener Harmonie. Die Mannschaft um Dr. Hartfrid Golf, Karsten Hilsheimer und Torsten Lösch, mit Bernd Hierholz am PC und Markus Keller als Schiedsrichter sorgte für eine angenehme Atmosphäre. Das Turnier wird auch 2004 wieder stattfinden (jährlicher Wechsel mit dem Mannheimer Open), die Hanns-Pfeiffer-Halle lässt noch weitere 100 Spieler zu, ohne dass man von den bewährten Zwei-Bretter-Sitzgruppen abrücken muss.
Neben den ausgelobten Preisen wurden auch die Spieler berücksichtigt, die in Runde 1 bis 5 mutmaßlich von Herrn S. geschädigt wurden. Wären sie durch einen Sieg in Preisränge gerutscht, so bekamen sie diesen (höheren) Preis.

Hier die Tabellenspitze:
Lampertheimer Open (26.-29.12.2002, 209 Teilnehmer; 8 IM)
1. Yuri Boidman, Andernach 6,5
2. Frank Rosenberger, Koblenz 6,0
3. IM Thorsten Haub, Plettenberg 6,0
4. IM Stefan Solonar, Offenbach 6,0
5. IM Srdjan Panzalovic, Lampertheim 6,0
6. IM Anatoly Donchenko, Hungen-Lich 5,5
7. Tillmann Vogler, Mainz 5,5
8. IM Vadim Chernov 5,5
9. Patrick Peschlow, Porz 5,5
9. Florian Armbrust, Lerchenberg 5,5
(vor weiteren 199 Teilnehmern)

Florian Armbrust war zudem bester Spieler U18, U16 und der DWZ-Gruppen bis U2000.
Die offizielle DWZ-Auswertung wird auf Ende Januar verschoben. Zuvor soll auf der Konferenz der Landes-DWZ-Bearbeiter beraten werden, wie generell bei solchen Betrugsfällen mit bereits gespielten Partien des Betrügers verfahren wird. Eine inoffizielle DWZ-Auswertung ist auf der Homepage www.schachland.de veröffentlicht.

Markus Keller
 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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