TCEC 11: Stockfish und Houdini bestreiten das Superfinale

von Stephan Oliver Platz
13.04.2018 – Seit Ende April bestreiten die Spitzenengines Stockfish und Houdini das Superfinale der Top Chess Engine Championship (TCEC), Season 11. Stephan Oliver Platz berichtet von den Ereignissen der voran gegangenen Premier League. Inzwischen führt Stockfish im Superfinale uneinholbar mit 18:2 Siegen.
Die Nutzungsrechte von ChessBase an der Software Stockfish stehen unter den Lizenzbedingungen der GPL-3.0. ChessBase hat sich mit dem Team von Stockfish geeinigt, das Produkt für einen Zeitraum bis zum 7. November 2023 nicht mehr zu vertreiben.

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Houdini und Stockfish im Superfinale

Vorjahressieger Houdini von Robert Houdart und das Open Source Programm Stockfish von Tord Romstad, Marco Costalba, Joona Kiiski, Gary Linscott u. v. a. bestreiten das Superfinale des TCEC-Turniers, Season 11. Stockfish gewann die Division Premier deutlich mit 61 Punkten aus 84 Partien vor Houdini (54 1/2). Vorjahresfinalist Komodo (51 1/2) musste sich mit dem undankbaren dritten Platz begnügen und konnte sich damit nicht für das Superfinale qualifizieren.

Komodo glänzt gegen Stockfish und schwächelt gegen Houdini

Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass Komodo in dem zwölfrundigen Turnier als einziges Programm dem Gewinner Stockfish eine Partie abnehmen konnte und auch insgesamt diesem nur knapp unterlag (+1, -2, = 9). Verantwortlich für das Abrutschen auf den dritten Platz ist die schlechte Bilanz gegen Houdini, der sich wie schon im letzten Superfinale deutlich gegen Komodo durchsetzen konnte (+3, -0, = 9). Offenbar ist es den Komodo-Programmierern Marc Lefler und Larry Kaufman zwar gelungen, nahe an Stockfish heranzukommen, doch die Lücke zu Houdini konnten sie bisher nicht schließen. Sicher werden sie die Verlustpartien genau studieren und ihre Schlüsse daraus ziehen.

Achtungserfolg für Fire

Von den übrigen teilnehmenden Schachprogrammen konnte einzig Fire über die 50-Prozent-Marke kommen, wenn auch äußerst knapp mit 42 1/2 von 84 möglichen Punkten. Das Programm von Kranium (Norman Schmidt) verlor deutlich gegen die drei Spitzenprogramme (0:5 bei 7 Remisen gegen Stockfish und jeweils 0:3 bei 9 Remisen gegen Houdini und Komodo), konnte jedoch gegen alle vier übrigen Teilnehmer einen positiven Score erreichen, am deutlichsten gegen Ginkgo (5:0 bei 7 Remisen) und am knappsten gegen Andscscs (1:0 bei 11 Remisen). Somit hat sich Fire als aktuelle Nummer 4 hinter den drei Spitzenprogrammen Stockfish, Houdini und Komodo etabliert.

Die Abschlusstabelle der Division Premier

1. Stockfish 61,0 Punkte
2. Houdini 54,5 Punkte
3. Komodo 51,5 Punkte
4. Fire 42,5 Punkte
5. Chiron 36,0 Punkte
6. Andscacs 35,0 Punkte
7. Fizbo 31,0 Punkte
8. Ginkgo 24,5 Punkte

12 Runden insgesamt, je 84 Partien für jeden Teilnehmer

Somit stehen Stockfish und Houdini als Finalisten im Superfinale. Ginkgo und Fizbo steigen in die 1. Divison ab.

Kommt Shredder?

In der aktuellen CCRL-ELO-Rangliste (40/40) liegt Deep Shredder 13 mit einer ELO-Zahl von 3291 auf Platz 5 und fehlt daher als einziges Spitzenprogramm im laufenden TCEC-Wettbewerb. Es wäre daher wünschenswert, wenn dieses Programm des deutschen Programmierers Stefan Meyer-Kahlen in der Season 12 ebenfalls mitspielen würde.

Aktuell sieht die Situation an der Spitze im Computerschach folgendermaßen aus:

1. Stockfish 9 3445
2. Houdini 6 3408
3. Komodo 11.3.1 3405
4. Fire 6.1 3296
5. Deep Shredder 13 3291
6. Fizbo 2 3282
7. Andscacs 0.921 3254
8. Booot 6.2 3227
9.-10. Fritz 16 und Chiron 4 3204

Alle 4 CPU, Bedenkzeit: 40 Züge in 40 Minuten.

Mit Houdini, Komodo und Fritz 16 befinden sich gleich drei von ChessBase angebotene Programme in den Top Ten. Zu Fire wäre noch anzumerken, dass in der TCEC Season 11 eine neuere Version am Start ist, die den CCRL-Testern bisher noch nicht zur Verfügung steht.

Die vollständige Liste finden Sie hier: www.computerchess.org.uk/ccrl/4040/


Die interessantesten Partien der Premier League

 

Alle Partien zum Herunterladen gibt es hier: http://tcec.chessdom.com/archive.php

12 x Stockfish gegen Houdini

Als Einstimmung auf das Superfinale können Sie sich alle 12 Partien ansehen, welche Stockfish und Houdini im bisherigen Verlauf des Turniers gegeneinander gespielt haben. 11 von ihnen gingen unentschieden aus, und einmal gewann Stockfish:
 

 

Ist Stockfish der Favorit im Superfinale?

Da Stockfish sich im direkten Vergleich gegen Houdini mit 6 1/2 : 5 1/2 knapp durchsetzen konnte, geht das Programm als leichter Favorit ins Superfinale. Dennoch wäre es verfrüht, hier schon eine Prognose abzugeben. Die Programmierer dürfen nämlich neue, verbesserte Programmversionen einreichen. Robert Houdart hat im bisherigen Verlauf von TCEC 11 keinen Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht und auf dieselbe Progammversion vertraut, welche sich im letzten Superfinale klar gegen Komodo durchsetzen konnte. Lassen wir uns überraschen, ob er dabei bleibt oder nicht. Ziemlich sicher ist, dass Stockfish mit einer neueren Version antreten wird.

Ergänzung: Inzwischen sind die meisten Partien des über 100 Partien laufenden Superfinales schon gespielt worden und Stockfish liegt mit 18:2 Siegen unerwartet deutlich in Führung.

Geht Stockfish mit Contempt an den Start?

Einer der Hauptgründe für den deutlichen Erfolg von Stockfish in der Division Premier dürfte die verbesserte Contempt-Funktion sein. Damit sollen Remisen gegen schwächere Gegner vermieden werden, selbst wenn die aktuelle Stellung etwas schlechter ist. Eine Analyse der Ergebnisse zeigt, dass sich Stockfish gegen die schwächeren Programme klarer durchsetzen konnte, weil sich Houdini mehr Unentschieden leistete. Betrachten wir jedoch nur die Ergebnisse der drei Top-Engines Stockfish, Houdini und Komodo untereinander, so zeigt sich, dass sich in diesem Falle Stockfish und Houdini mit je 13 von 24 möglichen Punkten den Sieg geteilt hätten, während Komodo mit deutlichem Abstand Dritter geworden wäre (10 Punkte).

Also auch wenn sich Stockfish gegen Houdini im bisherigen Turnierverlauf knapp gegen Houdini durchsetzen kommte, so war es doch nur eine einzige Partie, welche das Programm von Spitzenprogrammierer Robert Houdart verlor. In der Tat gelang es keinem der übrigen Programme einschließlich Komodo, auch nur eine einzige Partie gegen Houdini zu gewinnen. Viel wird für das Stockfish-Team also davon abhängen, die Contempt-Funktion richtig einzustellen (oder vielleicht ganz abzuschalten?), denn sonst könnte der Schuss gegen ein so starkes Programm wie Houdini leicht nach hinten losgehen.

100 spannende Partien stehen bevor

Das Superfinale geht wie beim letzten Mal über 100 Partien. Die Bedenkzeit beträgt jeweils 2 Stunden für die gesamte Partie + 15 Sekunden je Zug. Beide Programme können bis zu 43 Prozessoren gleichzeitig nutzen. Wollte man diese Spielbedingungen auf einem herkömmlichen Quadcore-Rechner (4 CPU) simulieren, so müsste man meiner Schätzung nach eine Bedenkzeit von 14 Stunden + 105 Sekunden je Zug einstellen (das variiert natürlich je nach Leistungsfähigkeit des Rechners). Das zeigt, dass genügend Bedenkzeit zur Verfügung steht und hochklassiges Computerschach zu erwarten ist.

Alle Eröffnungsvarianten werden zweimal gespielt, einmal mit Weiß und einmal mit Schwarz. Die Auswahl traf wieder der Eröffnungsexperte Jeroen Noomen. Eine Ausnahme gilt nur für die ersten beiden Partien: Dort wird ganz ohne Eröffnungsbuch von der Grundstellung aus gespielt.

Das Superfinale begann am 29. März. Hier können Sie die Partien live verfolgen: http://tcec.chessdom.com/live.php

Übrigens: Die Spitzenprogramme Houdini 6, Komodo 11 und Fritz 16 gibt es im ChessBase Shop! Bei Fritz 16 hat man in einigen Partiemodi (z.B. "Einfache Partie) sogar als Mensch eine Chance zu gewinnen.

Fritz 16

Sehen Sie das? Fritz 16 freut sich schon auf Sie! Und Sie werden mit dem neuen Fritz auch viel Spaß haben. Freuen Sie sich auf viele packende Partien und Siege mit "Easy Play" und der "Assisted Analysis"!

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Anmerkung der Redaktion:

Der Artikel wurde schon zum Beginn des Superfinales geschrieben, konnte aber erst jetzt erscheinen. 

 


Stephan Oliver Platz (Jahrgang 1963) ist ein leidenschaftlicher Sammler von Schachbüchern und spielt seit Jahrzehnten erfolgreich in der mittelfränkischen Bezirksliga. Der ehemalige Musiker und Kabarettist arbeitet als freier Journalist und Autor in Hilpoltstein und Berlin.

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