Houdini 6 macht dort weiter, wo sein Vorgänger aufgehört hat: die neue Version legt bei der Spielstärke noch einmal 60 Elo-Punkte oben drauf. Damit ist Houdini wieder das beste Schachprogramm, das es derzeit auf dem Markt gibt.
Vorjahressieger Houdini von Robert Houdart und das Open Source Programm Stockfish von Tord Romstad, Marco Costalba, Joona Kiiski, Gary Linscott u. v. a. bestreiten das Superfinale des TCEC-Turniers, Season 11. Stockfish gewann die Division Premier deutlich mit 61 Punkten aus 84 Partien vor Houdini (54 1/2). Vorjahresfinalist Komodo (51 1/2) musste sich mit dem undankbaren dritten Platz begnügen und konnte sich damit nicht für das Superfinale qualifizieren.
Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass Komodo in dem zwölfrundigen Turnier als einziges Programm dem Gewinner Stockfish eine Partie abnehmen konnte und auch insgesamt diesem nur knapp unterlag (+1, -2, = 9). Verantwortlich für das Abrutschen auf den dritten Platz ist die schlechte Bilanz gegen Houdini, der sich wie schon im letzten Superfinale deutlich gegen Komodo durchsetzen konnte (+3, -0, = 9). Offenbar ist es den Komodo-Programmierern Marc Lefler und Larry Kaufman zwar gelungen, nahe an Stockfish heranzukommen, doch die Lücke zu Houdini konnten sie bisher nicht schließen. Sicher werden sie die Verlustpartien genau studieren und ihre Schlüsse daraus ziehen.
Von den übrigen teilnehmenden Schachprogrammen konnte einzig Fire über die 50-Prozent-Marke kommen, wenn auch äußerst knapp mit 42 1/2 von 84 möglichen Punkten. Das Programm von Kranium (Norman Schmidt) verlor deutlich gegen die drei Spitzenprogramme (0:5 bei 7 Remisen gegen Stockfish und jeweils 0:3 bei 9 Remisen gegen Houdini und Komodo), konnte jedoch gegen alle vier übrigen Teilnehmer einen positiven Score erreichen, am deutlichsten gegen Ginkgo (5:0 bei 7 Remisen) und am knappsten gegen Andscscs (1:0 bei 11 Remisen). Somit hat sich Fire als aktuelle Nummer 4 hinter den drei Spitzenprogrammen Stockfish, Houdini und Komodo etabliert.
1. Stockfish 61,0 Punkte
2. Houdini 54,5 Punkte
3. Komodo 51,5 Punkte
4. Fire 42,5 Punkte
5. Chiron 36,0 Punkte
6. Andscacs 35,0 Punkte
7. Fizbo 31,0 Punkte
8. Ginkgo 24,5 Punkte
12 Runden insgesamt, je 84 Partien für jeden Teilnehmer
Somit stehen Stockfish und Houdini als Finalisten im Superfinale. Ginkgo und Fizbo steigen in die 1. Divison ab.
In der aktuellen CCRL-ELO-Rangliste (40/40) liegt Deep Shredder 13 mit einer ELO-Zahl von 3291 auf Platz 5 und fehlt daher als einziges Spitzenprogramm im laufenden TCEC-Wettbewerb. Es wäre daher wünschenswert, wenn dieses Programm des deutschen Programmierers Stefan Meyer-Kahlen in der Season 12 ebenfalls mitspielen würde.
Aktuell sieht die Situation an der Spitze im Computerschach folgendermaßen aus:
1. Stockfish 9 3445
2. Houdini 6 3408
3. Komodo 11.3.1 3405
4. Fire 6.1 3296
5. Deep Shredder 13 3291
6. Fizbo 2 3282
7. Andscacs 0.921 3254
8. Booot 6.2 3227
9.-10. Fritz 16 und Chiron 4 3204
Alle 4 CPU, Bedenkzeit: 40 Züge in 40 Minuten.
Mit Houdini, Komodo und Fritz 16 befinden sich gleich drei von ChessBase angebotene Programme in den Top Ten. Zu Fire wäre noch anzumerken, dass in der TCEC Season 11 eine neuere Version am Start ist, die den CCRL-Testern bisher noch nicht zur Verfügung steht.
Die vollständige Liste finden Sie hier: www.computerchess.org.uk/ccrl/4040/
Alle Partien zum Herunterladen gibt es hier: http://tcec.chessdom.com/archive.php
Als Einstimmung auf das Superfinale können Sie sich alle 12 Partien ansehen, welche Stockfish und Houdini im bisherigen Verlauf des Turniers gegeneinander gespielt haben. 11 von ihnen gingen unentschieden aus, und einmal gewann Stockfish:
Da Stockfish sich im direkten Vergleich gegen Houdini mit 6 1/2 : 5 1/2 knapp durchsetzen konnte, geht dieses Programm als leichter Favorit ins Superfinale. Dennoch wäre es verfrüht, hier schon eine Prognose abzugeben. Die Programmierer dürfen nämlich neue, verbesserte Programmversionen einreichen. Robert Houdart hat im bisherigen Verlauf von TCEC 11 keinen Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht und auf dieselbe Progammversion vertraut, welche sich im letzten Superfinale klar gegen Komodo durchsetzen konnte. Lassen wir uns überraschen, ob er dabei bleibt oder nicht. Ziemlich sicher ist, dass Stockfish mit einer neueren Version antreten wird.
Einer der Hauptgründe für den deutlichen Erfolg von Stockfish in der Division Premier dürfte die verbesserte Contempt-Funktion sein. Damit sollen Remisen gegen schwächere Gegner vermieden werden, selbst wenn die aktuelle Stellung etwas schlechter ist. Eine Analyse der Ergebnisse zeigt, dass sich Stockfish gegen die schwächeren Programme klarer durchsetzen konnte, weil sich Houdini mehr Unentschieden leistete. Betrachten wir jedoch nur die Ergebnisse der drei Top-Engines Stockfish, Houdini und Komodo untereinander, so zeigt sich, dass sich in diesem Falle Stockfish und Houdini mit je 13 von 24 möglichen Punkten den Sieg geteilt hätten, während Komodo mit deutlichem Abstand Dritter geworden wäre (10 Punkte).
Also auch wenn sich Stockfish gegen Houdini im bisherigen Turnierverlauf knapp gegen Houdini durchsetzen kommte, so war es doch nur eine einzige Partie, welche das Programm von Spitzenprogrammierer Robert Houdart verlor. In der Tat gelang es keinem der übrigen Programme einschließlich Komodo, auch nur eine einzige Partie gegen Houdini zu gewinnen. Viel wird für das Stockfish-Team also davon abhängen, die Contempt-Funktion richtig einzustellen (oder vielleicht ganz abzuschalten?), denn sonst könnte der Schuss gegen ein so starkes Programm wie Houdini leicht nach hinten losgehen.
Das Superfinale geht wie beim letzten Mal über 100 Partien. Die Bedenkzeit beträgt jeweils 2 Stunden für die gesamte Partie + 15 Sekunden je Zug. Beide Programme können bis zu 43 Prozessoren gleichzeitig nutzen. Wollte man diese Spielbedingungen auf einem herkömmlichen Quadcore-Rechner (4 CPU) simulieren, so müsste man meiner Schätzung nach eine Bedenkzeit von 14 Stunden + 105 Sekunden je Zug einstellen (das variiert natürlich je nach Leistungsfähigkeit des Rechners). Das zeigt, dass genügend Bedenkzeit zur Verfügung steht und hochklassiges Computerschach zu erwarten ist.
Alle Eröffnungsvarianten werden zweimal gespielt, einmal mit Weiß und einmal mit Schwarz. Die Auswahl traf wieder der Eröffnungsexperte Jeroen Noomen. Eine Ausnahme gilt nur für die ersten beiden Partien: Dort wird ganz ohne Eröffnungsbuch von der Grundstellung aus gespielt.
Das Superfinale beginnt am heutigen Donnerstag. Die genaue Uhrzeit war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Hier können Sie die Partien live verfolgen: http://tcec.chessdom.com/live.php
Die Spitzenprogramme Houdini 6, Komodo 11 und Fritz 16 gibt es im ChessBase Shop.