Das
Partnerschulturnier in Leipzig war bunt und farbenfroh und voller
schachlicher Überraschungen. Welcher Fachmann erwartet schon Thailand, eher
als Schachzwerg bekannt, auf Platz Eins vor Österreich und Rumänien? Wenn
man allerdings weiß, dass hinter Thailand das Bischöfliche Maria-Montessori
Schulzentrum in Leipzig steckt, dann fällt die Überraschung geringer aus.
Sie dominierten das Turnier, wenn man das in der Altersklasse überhaupt
sagen kann.

Bunte Vielfalt im Turniersaal

Das Spitzenspiel: Österreich gegen Thailand
Ein buntes Völkergemisch
bot sich den Augen des Zuschauers. Die Spanier waren im Nationaltrikot
erschienen, die Jamaikaner hatten selbst gebastelte Hüte auf den Köpfen, die
Griechen kamen vielköpfig in den Nationalfarben blau/weiß, wobei die Trikots von
der Griechischen Schachföderation zur Verfügung gestellt wurden und die der
Schüler von einem griechischen Gastwirt. Und wer kein Nationaltrikot mit hatte,
kam zumindest mit einem Schul-T-Shirt auf dem die Fahne des Partnerlandes
angebracht war. Rumänien gestaltete ihre weißen Shirts per Hand und malten Fahne
und Schriftzug selbst auf die Hemdbrust, was auch nicht schlecht aussah.

Internationales Durcheinader: Die Frauenfigur soll Rumänien Glückbringen, sie
stammt
aber aus Weißrussland, der Spieler sitzt für Rumänien am Brett mit der
Polenfahne um die
Schultern

Die Mannschaftsstärke
besteht ja eigentlich aus sechs Spielern. Zwei Ersatzspieler sind zugelassen.
Doch diese Begrenzung stieß bei vielen Schulen auf Probleme, denn alle wollten
mit nach Leipzig.
Den Vogel schoss die
Freiherr-Hünnefeld-Grundschule aus Berlin ab. Als gerade die neue Runde
gestartet wurde, sah ich viele Spanier draußen dem Fußball hinterherlaufen. Ich
nichts wie hin und die Spieler auf den Rundenbeginn hinweisen. Wie war ich
erstaunt, als ich hörte, „wir sind alles Ersatzspieler“. Und nicht nur das,
viele mitgereisten Schüler hatten auch noch weitere Aufgaben übernommen, ohne
ins Schachgeschehen einzugreifen. „Der da ist der Manager der Mannschaft“, hörte
ich. „Was hat der zu tun?! „Weiß nicht, er hat aber ein Handy!“ Wie mir der
zuständige Lehrer dann noch erzählte, heißt der Manager Friedrich Engler und ist
das Auskunftsbüro für Spanien. Er hatte sich am besten vorbereitet und konnte
mir alles über Spanien erzählen. So erfuhr ich, „dass der Kalender in Spanien
gefüllt ist mit vielen Feiertagen und die Andalusier am besten leben, lieben und
feiern in Spanien. Das erzählte mir aber nicht alles der Manager, das konnte ich
auch in den vielen Schrifttafeln der Schule über Spanien nachlesen. Und
natürlich stellten sie auch das berühmte Schachbuch von Ruy Lopez de Segura aus
dem Jahre 1561 vor, in dem ausführlich die Spanische Eröffnung behandelt wird.
Vielen Schulen war es
wichtig, allen zu zeigen, was sie in der mehrmonatigen Projektarbeit über ihr
Partnerland herausgefunden hatten, und viele Schulen berichteten begeistert,
welchen Schub Schach durch das Partnerschulprojekt bekommen hat. So wird am Ende
dieses Projektes auf vielen Schulhöfen ein Großfeldschach stehen, da viele
Fördervereine oder Eltern dafür das Geld zur Verfügung stellen, damit Schach
einfach zu jeder Zeit und überall gespielt werden kann.
Harald Niesch von der
Franz-Mehring-Grundschule erzählte zum Beispiel von einer gewissen Skepsis zu
Beginn der Projektarbeit bei den Lehrern, doch jetzt sind alle mit Begeisterung
dabei und bauen das Partnerland Indien in alle Schulfächer mit ein, wie man sehr
anschaulich an der vielfältigen Präsentation der Schule über ihr Partnerland
Indien sehen konnte.

Indien hatte die umfangreichste Länderpräsentation mit der Weizenkornlegende

Ein lebendig gestaltetes Wald- und Tierleben aus Indien

Die Franz-Mehring-Grundschule kämpft für Indien
Wussten sie, dass die Inder
Sandbilder gestalten, um zu Ostern ihre Höfe zu schmücken? Dieses und noch viel
mehr lernte ich über Indien kennen. Und hörte mit Staunen, dass eine
Projektwoche an der Schule nur zum Thema Schach durchgeführt wurde, in der alle
Mädchen und Jungen der Grundschule das Schachspiel erlernten! Die Projektwoche
endete in einem großen Sommerfest, bei dem die Theater-AG ein Schachstück
aufführte und der Schulchor das DSJ-Lied „schwarz oder weiß“ vortrug.
Für die Schule Portitz aus
Leipzig brachte das Partnerschulprojekt ebenfalls viel Schwung in die
Schacharbeit. Die Schulleiterin stellte jetzt sogar in Aussicht, im nächsten
Schuljahr für eine Stunde Matheunterricht lieber eine Stunde Schach unterrichten
zu lassen! Das Partnerland Bolivien bereitete den Zuständigen zuerst einiges
Kopfzerbrechen. So viel weiß man darüber ja leider nicht. Doch der Zufall wollte
es, dass im Fernsehen über eine Dschungelfamilie aus Chemnitz berichtet wurde,
die sich mit vielen Projekten in Bolivien engagiert.

Grundschule Portitz präsentiert Bolivien
Demnächst kommt dieses
Ehepaar in die Schule Portitz und wird ausführlich über Bolivien berichten. Dann
wird ihnen eine Spende von 100 Euro für ein Brunnenprojekt von den Schülern
überreicht, die diese durch einen selbst organisierten Flohmarkt aufgebracht
haben.
Schachspieler lassen sich –
so sagt man ja – durch nichts aus der Ruhe bringen. Dies konnte ich in Leipzig
life erleben. In der 5. Runde musste Jordanien hart kämpfen. An Brett sechs war
die Spannung zum Greifen nahe. Plötzlich ein Aufschrei. Aaaron Fiedler hielt
einen Zahn in den Fingern, den er gerade verloren hatte. „Macht nichts,
weiterspielen“, hieß es von der Betreuerin, und so legte Aaron den Zahn neben
das Brett und spielte weiter!
Wussten sie, dass man in
Georgien 23 Sprachen spricht aus sechs verschiedenen Sprachfamilien?

Eines der starken Schachländer dieser Welt Georgien
Dies fand ich in einer
wunderbaren Präsentation der Kurt-Tucholsky Oberschule aus Berlin. Und die freie
Schule Fürstenwalde stellte ihr erarbeitetes Wissen über Ägypten aus. Dort wird
nach den gleichen Schachregeln wie bei uns gespielt mit einer nicht unwichtigen
Ausnahme: „In Ägypten darf nur einer der acht Bauern einen Doppelschritt
vollführen, die anderen nicht.“

Wissenswertes aus Ägypten

Ein geschichtsreiches Land Ägypten
Gewusst? Gelernt habe ich
auch die ägyptischen Berufe: der Pharao, der Wesir, die Priester, die Schreiber,
die Soldaten, die Künstler und Handwerker, die Bauern. Über das Tätigkeitsfeld
der Schreiber finde ich: „Die „Schreiber schreiben alles auf, was der Pharao
sagt, ohne sie könnte er nicht regieren!“
Die größte und
umfangreichste Präsentation hatte die Europäische Grundschule Lichtenstein über
Österreich mitgebracht.

Die Europäische Grundschule aus Lichtensein hatte viel zu präsentieren über
Österreich
Alleine 4 Stelltafeln waren
gefüllt mit vielen Berichten über das Land aber auch die mannigfaltigen
Aktivitäten der Grundschule. Besonders auffällig ein mannsgroßes Bild, an dem
alle Schüler mitgearbeitet haben und das nach dem Vorbild des Österreichers
Hundertwasser gemalt wurde. Am Österreichstand konnte auch, wer sich traute,
echte Mozartkugel essen und ein Kostüm aus Mozarts Zeiten hing dort auch, das
sich dann zur Siegerehrung ein Schüler überzog.
Das Schach in Namibia ist
auf dem Vormarsch, berichtet die Grundschule Machern. Durch eine 60.000 Namibia
$ Spende der Bank von Windhoek konnte der Namibische Schachverband vor allem im
ländlichen Bereich das Schach an Schulen fördern. Unterdessen spielen dort 3.000
Kinder Schach. Über 1.000 Schachsets konnten durch die Spende an die Schulen
verteilt werden.
Welche Bank übernimmt dies
für Deutschland?
Wenn man die Lehrer so hört
über die positiven Auswirkungen von Schach an ihren Schulen, sollte sich eine
solche doch finden lassen. Übereinstimmend berichten mir die Lehrer, dass sie
nur positive Erfahrungen gemacht haben. Und das quer durch alle Bundesländer. In
Leipzig zum Beispiel war auch die Grundschule Krötenbruch aus Hof dabei. Deren
Schulleiter berichtet von dem bayerischen Förderprogramm GribS, mit dessen Hilfe
besondere Begabungen von talentierten Schülern an den Grundschulen gefördert
werden sollen. Seine Schule nahm in dieses Programm Schach auf. Binnen kurzer
Zeit steig die Zahl der Schachspieler an seiner Schule rasant an.
Ingo Goltz von der
Evangelischen Schule Charlottenburg kann sich auch kaum noch retten vor dem
Zuspruch der Kinder an seinen Schachangeboten. Sie beschäftigen sich mit dem
Land Taiwan, dessen ständige Vertretung – eine Botschaft dürfen sie offiziell
nicht haben, das verhindert China – kommt am 27.09. zum großen Schulfest in die
Schule und wird Taiwan vorstellen. Ingo Goltz berichtet noch von der Hortarbeit
an seiner Schule. Wenn dort mal gar nichts mehr geht, dann holt die Hortnerin
einfach die Schahbretter aus dem Schrank und sofort sind die Kinder engagiert
bei der Sache.
Überall im Turniersaal
dominiert neben dem Rot der Spanier das Blau der Griechen.

Vielfältige Ideen der GS Hohenmölsen für Griechenland
Auch sie haben eine große
Präsentation aufgebaut und haben viel zu erzählen. Frau Kretzschmar, Lehrerin an
der Grundschule Hohenmölsen in Sachsen-Anhalt ist die Leiterin des
Schachprojektes. Mit einer Großfeldschachvorführung machte die Grundschule auf
ihr Schachprojekt aufmerksam. Aber Großfeldschach wörtlich genommen. Die
einzelnen Felder maßen 2x2 m. Die beiden Spielführer saßen auf einem Podest, um
den Überblick zu behalten. Gespielt wurde das Nationalmatch Deutschland gegen
Griechenland, in selbst geschneiderten Kostümen und richtig mit Action. Wenn
Bauern oder Figuren geschlagen wurden, dann wurde das auf dem Brett sichtbar für
alle nachvollzogen. Mit Knüppeln gingen die Bauern auf einander los. Nach diesem
spektakulären Auftakt, an dem natürlich der Bürgermeister des Ortes und der
griechische Generalkonsul aus Leipzig teilnahmen, wurde Schach in jedes
Unterrichtsfach eingebaut. Große Schachspiele mit aus Klopapierrollen
gefertigten Schachfiguren wurde gebastelt, und vieles mehr.

Ein Schachspiel aus Klopapierrollen gefertigt von Grundschülern für das
Partnerland
Griechenland
Mehrere Lehrerinnen ließen
sich zu Schachpädagogen ausbilden, um den Kindern ab Klasse 2 das Schachspiel
beizubringen. Die dazu gehörende AG gibt es seit 3 Jahren, auch sie wird immer
größer. Durch die vielen Aktionen wurde die deutsch-griechische Gesellschaft in
Leipzig aufmerksam auf die Partnerschule Hohenmölsen und führt nun zusammen mit
der Schule am 27.06. einen griechischen Festtag durch.
Der griechische
Generalkonsul mit Sitz in Leipzig ist richtig begeistert von der Arbeit seiner
Partnerschule und ließ es sich deshalb nicht nehmen, das Partnerschulturnier
persönlich zu eröffnen, wo durch ein zusätzlicher internationaler Glanzpunkt
gesetzt wurde.
Die Kämpfe an den Brettern
verliefen hart, aber äußerst fair. Wenn mal ein Problem auftauchte, dann lag das
an fehlender Regelkenntnis oder mangelnder Erfahrung, denn für viele Schüler wie
Lehrer war dies eines der ersten großen Turniere. Und so dominierte eigentlich
bei allen die Freude über das Turnier, und es gab wenige Tränen über
Niederlagen, die nahm man mit Fassung und Gelassenheit und beruhigte sich
schnell draußen wieder beim Fußballspielen rund um die parkenden Autos.
Die Eltern der Kinder der
Montessori Schule versorgten alle Teilnehmer mit Getränken und Kuchen, ein
Würstchenwagen kam zur Mittagspause vorbeigefahren und verkaufte Roster, was
jeder Teilnehmer nicht sogleich als Bratwurst erkannte. Andere Bundesländer,
andere Sitten.
Insgesamt ein tolles
Festival des Schulschachs mit vielen tollen Länderpräsentationen und
Begeisterung bei allen.

Das ist der Rücken einer Spielerin des Käthe-Kollwitz-Gymn. für Guernsey

Panama kämpft und scheint mit dem Spielverlauf zufrieden zu sein

Ein toll gestaltetes Plakat für Turkmenistan
Endstand Partnerschulturnier Leipzig
1. Thailand 14:0 34,5
2. Österreich 11:3 28,0
3. Rumänien 9:5 26,5
4. Griechenland 9:5 23,0
5. Bahrein 9:5 22,0
6. Bolivien 8:6 24,0
7. Guernsey Inseln 8:6 23,5
8. Panama 8:6 21,5
8. Libanon 8:6 21,5
10. Polen 8:6 19,5
11. Spanien 7:7 23,5
12. Jordanien 7:7 22,0
13. Georgien 7:7 20,0
14. Indien 6:8 21,0
14. Ägypten 6:8 21,0
16. Jamaika 6:8 19,5
17. Sri Lanka 6:8 19,0
18. Namibia 6:8 18,0
19. Botswana 5:9 18,0
20. Aserbaidschan 4:10 14,0
21. Taiwan 2:12 10,0
22. Turkmenistan 0:14 12,0

Die Sieger von der Montessori Schule für Thailand

Feiernde Österreicher mit Mozartkostüm
Jörg Schulz