Von Vladimir Lionter
Die 35. NATO-Schachmeisterschaft wurde vom 18. bis 22. August 2025 an der Universität der polnischen Luftwaffe in Dęblin, Polen ausgetragen. Die Teilnehmer aus allen NATO-Ländern waren bereits einen Tag zuvor, am 17. August, angereist und wurden vor Beginn des Turniers im Hotelkomplex der Universität untergebracht. An dem diesjährigen Turnier nehmen 115 Spieler teil, die verschiedene Zweige der Streitkräfte der NATO-Länder vertreten, wodurch es zu einer der größten Ausgaben der Meisterschaft wird.

Die Eröffnungszeremonie begann mit der Vorstellung von Brigadegeneral Pil. Dr. Krzysztof Cur, Kommandant der polnischen Luftwaffenuniversität. Der Moderator sprach ihn mit "Seine Magnifizenz" an – eine formelle akademische Ehrentitel, die im militärischen Sportbereich selten zu hören ist. Der Ausdruck überraschte viele Teilnehmer und wurde schnell zum Gesprächsthema des Tages.
In seiner Rede begrüßte General Cur die Teilnehmer und wies darauf hin, dass 2025 ein Meilenstein für die Akademie sei, die dann das 100-jährige Jubiläum der Gründung der polnischen Flugschule feiert. Anschließend übergab er das Wort an Radosław Jedynak, Präsident des polnischen Schachverbands.
Jedynak hob den Beitrag von Oberst Sławomir Kędzierski zur Entwicklung des Schachs in der Militärgemeinschaft hervor. In Anerkennung seiner Leistungen erhielt Kędzierski die goldene Ehrenauszeichnung des Verbandes. „Ich wünsche Ihnen inspirierende Partien, unvergessliche Erinnerungen und eine schöne Zeit hier“, sagte Jedynak.

Colonel Sławomir Kędzierski und Vladimir Lionter
Oberst Kędzierski schloss die Eröffnungszeremonie mit der Feststellung, dass es kein Zufall sei, dass Polen in diesem Jahr Gastgeber der NATO-Schachmeisterschaft sei. Er erinnerte das Publikum daran, dass die polnische Mannschaft bei vergangenen Schacholympiaden oft zu den Medaillengewinnern gehörte. „Schach ist eine der besten Sportarten, um das wichtigste Organ unseres Körpers zu trainieren – das Gehirn.

Wir sind stärker und sicherer, wenn wir zusammenstehen“, sagte er und betonte, dass der Wettbewerb sowohl für sportliche Spitzenleistungen als auch für die Einheit der NATO steht.
Im Anschluss an das offizielle Programm versammelten sich die Teilnehmer zu einem Gruppenfoto und begannen später mit der ersten Runde. Das türkische Team ging als Favorit in das Turnier, angeführt von Großmeister Batuhan Daştan, der eine FIDE-Wertung von 2562 hat.

Einzelsieger Batuhan Daştan
Die Türkei, angeführt von GM Batuhan Daştan (FIDE 2562), belegte in der Mannschaftswertung mit 23 Punkten den ersten Platz, während sich Deutschland mit 19,5 Punkten den zweiten Platz sicherte und sich dabei in einem hart umkämpften Feld gegen Polen und die USA durchsetzte.

Die Leistung Deutschlands in diesem Jahr unterstreicht seine langjährige Stärke im Schach: Deutschland gehört zu den weltweit führenden Nationen in Bezug auf die Anzahl der Großmeister und steht neben den USA, der Ukraine und Indien an der Spitze der FIDE-Liste. Im Juni 2025 waren in Deutschland 96 Großmeister gemeldet, was die anhaltende Stärke des Landes im Schach widerspiegelt. Der Deutsche Schachbund (DSB) ist mit über 90.000 Mitgliedern in mehr als 2.500 Vereinen einer der größten nationalen Schachverbände weltweit.

Bemerkenswert ist, dass Deutschland mehrere Großmeister der Spitzenklasse vorweisen kann:
- Matthias Blübaum (GM, geboren 1997) ist ehemaliger Europameister und gewann sowohl 2022 als auch 2025 die Einzel-Europameisterschaft im Schach.
- Elisabeth Pähtz war die erste deutsche Frau, die den GM-Titel errang, der im Dezember 2022 von der FIDE offiziell bestätigt wurde.
Diese Meilensteine verdeutlichen den anhaltenden Beitrag Deutschlands zum Spitzenschach und seinen ständig wachsenden Talentpool.

FM Robert Stein
Wir sprachen mit FM Robert Stein, einem der stärksten Mitglieder der deutschen Bundeswehrmannschaft, um über die Leistung Deutschlands und seine persönlichen Höhepunkte der Meisterschaft zu sprechen:
Vladimir Lionter: Herzlichen Glückwunsch zu einer weiteren starken Leistung. Deutschlands Silbermedaille ist beeindruckend – wie hat sich das Team angesichts seiner Geschichte mit Goldmedaillen gefühlt?
Robert Stein: Wir streben immer nach Gold, wussten aber, dass die Türkei ein außergewöhnlich starkes Team hatte – außerdem fehlten zwei unserer Top-Spieler. Vor der letzten Runde vom dritten Platz aufzusteigen und Zweiter zu werden, war eine Erleichterung und eine Bestätigung unserer Stärke.
V.L.: Wie haben Sie sich persönlich auf die Meisterschaft vorbereitet?
R.S.: Ich trainiere das ganze Jahr über konsequent. Zwei Wochen vor der Veranstaltung gewann ich ein GM-Rundenturnier und erreichte meine zweite IM-Norm – nur einen halben Punkt weniger als die GM-Norm –, sodass ich mit Schwung in die Meisterschaft ging.
V.L.: Gibt es eine Partie, die Sie besonders hervorheben würden?
R.S.: In Runde 5, als ich mit Schwarz gegen Marcin Pietruszewski aus Polen spielte, erreichten wir ein abgelehntes Damengambit. Ich startete einen heftigen Vorstoß auf dem Königsflügel, rückte bis h3 vor und setzte Matt – was zu einem klassischen, sportlichen Ende führte.

V.L.: Lange Partien können anstrengend sein – wie bleiben Sie mental fit?
R.S.: Ich trinke viel, mache während der Pausen kurze Spaziergänge und verlasse mich auf meine körperliche Fitness – Training hilft mir, während langer Partien geistig klar zu bleiben.
V.L.: Wenn Sie eine Regel oder ein Format ändern könnten?
R.S.: Ich würde nach dem 40. Zug 10 Minuten mehr Zeit gewähren – das würde die Qualität des Endspiels insgesamt verbessern.
V.L.: Blick in die Zukunft – was nehmen Sie für das nächste Jahr mit?
R.S.: Wir bereiten uns bereits darauf vor, nächstes Jahr die Goldmedaille zurückzuerobern!
Bei der Abschlusszeremonie unter der Leitung von Brigadegeneral Hendrik Steffers aus den Niederlanden wurde das Wikingerschiff-Symbol des Turniers an Lettland, das Gastgeberland für 2026, übergeben.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1989 ist die NATO-Schachmeisterschaft eine einzigartige Plattform für strategischen Wettbewerb und den Aufbau von Allianzen geblieben. In diesem Jahr hat Deutschland seine Schachtradition und Widerstandsfähigkeit erneut unter Beweis gestellt und gezeigt, dass es auch inmitten eines verschärften Wettbewerbs – und ohne wichtige Spieler – eine Macht bleibt, die bereit ist, zurückzuschlagen.

Endstand Teamwertung

Endstand Einzelwertung
| 1. | Dastan, Muhammed Batuhan | 2562 +1 | 6.5 |
| 2. | Eren, Ataberk | 2427 +2 | 6.0 |
| 3. | Greicius, Pijus | 2120 +50 | 5.5 |
| 4. | Ozen, Deniz | 2364 +1 | 5.5 |
| 5. | Tustanowski, Mateusz | 2132 +26 | 5.5 |
| 6. | Shen, Christopher | 2337 +1 | 5.5 |
| 7. | Dedebas, Emre Emin | 2302 -3 | 5.0 |
| 8. | Andersen, Hans-Christoph | 2190 +11 | 5.0 |
| 9. | Jacob, Tobias | 2147 +17 | 5.0 |
| 10. | Stein, Robert | 2404 -7 | 5.0 |
| 11. | Cheung, Jan | 2000 +19 | 5.0 |
| 12. | Akin, Tolga | 1768 +69 | 5.0 |
| 13. | Peraino, Andrew | 2010 +15 | 5.0 |
| 14. | Lami, Damiano | 2177 +7 | 4.5 |
| 15. | Bacak, Muhammed Kaan | 2224 -16 | 4.5 |
| 16. | Song, Samuel | 2168 +7 | 4.5 |
| 17. | Pietruszewski, Marcin | 2130 +11 | 4.5 |
| 18. | Reizniece, Dana | 2237 +4 | 4.5 |
| 19. | Wells, Daniel J | 2016 +24 | 4.5 |
| 20. | Ivbulis, Martins | 1939 +25 | 4.5 |
| 21. | Almonti, Alessandro | 1984 +10 | 4.5 |
| 22. | Hadzicki, Tomasz | 2044 +15 | 4.5 |
| 23. | Alainis, Artis | 1980 +21 | 4.5 |
| 24. | Schnabel, Bennett | 2020 +23 | 4.5 |
| 25. | Schott, Guido | 2016 +4 | 4.5 |
| 26. | Marquardt, Christian | 2054 -12 | 4.5 |
| 27. | Szafranski, Maciej | 1860 +29 | 4.5 |
| 28. | Jauk, Wilhelm | 2130 -24 | 4.5 |
| 29. | Michalowski, Patryk | 2112 +2 | 4.0 |
| 30. | Bohn, Ulrich | 2154 -13 | 4.0 |
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