Uhrensimultan mit Rustam Kasimdzhanov

von ChessBase
03.02.2007 – Zu Zeiten von Kasparov waren Uhrensimultans bisweilen groß in Mode. Mit Simultankämpfen gegen Nationalmannschaften demonstrierte der "Meister" gerne seine Überlegenheit. Rustam Kasimdzhanov hat an nun diese weltmeisterliche Tradition angeknüpft und in Taschkent ein Uhrensimultan an fünf Brettern gegen die Nationalmannschaft seines Heimatlandes Usbekistan gespielt. Am Ende gewann er drei Partien und spielte zweimal remis. Unser Usbekistan-Korrespondent Jamshid Begmatov war bei dem Ereignis dabei und hatte zudem Gelegenheit zu einem kurzen Interview mit dem FIDE-Weltmeister von 2004. Mehr...

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Simultan mit Kasimdzhanov
Von Jamshid Begmatov

Es begann mit einer Telefonnachricht, die mich Sonntag morgen um 10 geweckt hat, definitiv zu früh, wenn man die Nacht zuvor bis vier Uhr morgens auf dem ChessBase Server geblitzt hat. Grummelnd fragte ich mich, warum ich das Telefon nicht abgestellt hatte, bevor ich ins Bett ging, las aber dann doch die Nachricht, die von meinem jungen Freund dem Internationalen Meister Anton Filippov stammte. “Kasim gibt heute um 14 Uhr ein Simultan. Wäre ein guter Bericht für ChessBase” lautete der Text...

Ich rief sofort den Schachklub an, um zu fragen, ob beim Simultan noch ein Brett für mich frei war. “Aber Du bist nicht in der Nationalmannschaft” lautete die überraschende Antwort! Ich fragte noch einmal nach, und sie bestätigten, dass Rustam Kasimdzhanov, der FIDE-Weltmeister von 2004,  ein Simultan gegen die usbekische Nationalmannschaft gab.

Ein paar Hintergrundinformationen zu Rustam Kasimdzhanov: Hier habe ich etwas über Schreibweise und Aussprache seines Namens geschrieben:

Rustam Kasimdzhanov (usbekische Schreibweise: Rustam Qosimjonov), geboren am 5. Dezember 1979, ist ein Schachgroßmeister aus Usbekistan, lebt aber zur Zeit in Deutschland.

Zu Rustams besten Ergebnissen zählen:

·        Erster bei der Asienmeisterschaft 1998;

·        Zweiter bei der Jugendweltmeisterschaft 1999;

·        Bronzemedaille mit einem Ergebnis von 9,5/12 an Brett Eins für Usbekistan bei der Schacholympiade 2000.

·        Erster in Essen 2001;

·        Erster in Pamplona 2002;

·        Erster mit 8/9 beim Vlissingen Open 2003;

·        Geteilter Erster mit Liviu Dieter Nisipeanu mit 6/9 in Pune 2005

·        Erster beim Corsica Masters Turnier 2006.

Rustam hat auch an den berühmten Turnieren in Wijk aan Zee (1999 und 2002) und Linares (2005) teilgenommen, wenngleich ohne herausragende Ergebnisse. Aber sein bislang bestes Ergebnis ist der Sieg bei der FIDE-Weltmeisterschaft 2004, die er auf brillante Weise gewonnen und dabei Alejandro Ramirez, Ehsan Ghaem Maghami, Vasily Ivanchuk, Zoltan Almasi, Alexander Grischuk, Veselin Topalov und Michael Adams geschlagen hat.

Rustams höchste Elo-Zahl waren 2706 Punkte auf der FIDE-Rangliste vom Oktober 2001.

Zurück zum Simultan.

Die Mannschaft bestand aus vier Mitgliedern des usbekischen Männerteams: GM Saidali Yuldashev (Iuldachev auf der FIDE-Liste), seine augenblickliche Zahl beträgt 2518; GM Shukhrat Safin, 2460; IM Anton Filippov, 2486; und IM Sergey Kayumov, 2438. Damit hatten Rustams Gegner eine durchschnittliche Elo-Zahl von 2476 – nicht schlecht für ein Simultan! Um im letzten Moment noch für ein wenig mehr Stimmung zu sorgen, fragte Nafisa Muminova, die usbekische U-20 Mädchenmeisterin, Elo 2138, ob sie bei dem Spektakel dabei sein könnte und Rustam war einverstanden.

Bevor die Partien anfingen sprach ich mit Spielern, Experten und Zuschauern und sie beurteilten Rustams Chancen recht zurückhaltend. Ich gebe zu, dass ich der Meinung war, er würde Schwierigkeiten haben, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Aber die Wirklichkeit verläuft  manchmal als unsere Erwartungen …

Glauben Sie mir, drei Siege und zwei Unentschieden ohne eine einzige Niederlage ist ein absolut großartiges Ergebnis für ein solches Simultan!

Saidali und Rustam sind seit vielen Jahren Freunde und Mannschaftskollegen, aber heute sind sie Rivalen.

Saidali verteidigt ein schweres Endspiel, das schließlich Remis wurde. Er ist der Cheftrainer der usbekischen Nationalmannschaft.

Rustam war entschlossen, die Partie gegen Safin zu gewinnen – was er auch tat.

Ganz auf die Partie konzentriert. Die Dinge sahen für dieses junge Mädchen am Anfang und im Mittelspiel ziemlich gut aus…

IM Anton Filippov: nun gut, nun gut, nun gut … schauen wir einmal, was ich hier machen kann … tatsächlich lehnte Anton das Remisangebot Rustams ab, als die Stellung ziemlich unklar war.

Sie haben nicht wirklich geglaubt, dass er schläft, oder? Nein, er hat einfach nur mit geschlossenen Augen nachgedacht.

IM Sergey Kayumov ist in einer schwierigen Stellung in Gedanken vertieft. Sie zu retten erwies sich als zu schwer.

Schauen Sie nur ihre Augen an. Sie war so voller Optimismus, dass sie Rustam direkt ins Gesicht geschaut hat, während er überlegte…

Und Rustam blieb zunehmend länger bei Nafisa stehen. Wie er nach der Partie erklärte, musste er ab einem bestimmten Zeitpunkt lauter “einzige” Züge finden.

Aber es ist nicht leicht, gegen einen Ex-Weltmeister zu spielen. Nafisa wirkt bereits traurig und scheint darauf eingestellt, die Partie aufzugeben. Aber sie lieferte Rustam die schwerste Partie des Simultans. Bravo Nafisa!

Hat ebenfalls Schwierigkeiten … Großmeister Shukhrat Safin.

Schlussstand und Einzelergebnisse:

Rustam Kasimjanov 2682
½-½
Anton Filippov 2486
Nafisa Muminova 2138
0-1
Rustam Kasimjanov 2682
Rustam Kasimjanov 2682
½-½
Saidali Yuldashev 2518
Shukhrat Safin 2460
0-1
Rustam Kasimjanov 2682
Rustam Kasimjanov 2682
1-0
Sergey Kayumov 2438
Endstand: 4:1 (+3 =2)

Bevor Rustam am nächsten Tag wieder nach Deutschland zurückflog, interviewte ich ihn. Das Interview war kurz, aber interessant.

Jamshid: Rustam, wie kam die Idee zu dem Simultan zustande? Wessen Idee war das?

Rustam: Das letzte Mal, als ich nach Taschkent kam, sprach ich mit dem Sportminister, und wir kamen zu dem Schluss, dass Schach in unserem Land stärker gefördert werden muss. Dies ist der erste Schritt unserer Förderpläne, die wir in den nächsten Jahren hoffentlich umsetzen können. Ich hoffe, es gibt noch sehr viel mehr interessante Veranstaltungen. Außerdem war es ein sehr interessantes Experiment. Ich habe ein solches Simultan noch nie zuvor gespielt.

Ok, Du hast heute ein großartiges Ergebnis erzielt, aber offen gestanden, welche Erwartungen hattest Du vor den Partien?

Ich wusste, das wird ein sehr schwerer Wettkampf, und das war er auch! Aber ich habe mich über das Ergebnis gefreut, das ich, ehrlich gesagt, nicht erwartet hatte.

Was sagst Du zu den einzelnen Partien? War irgendeine Partie besonders schwer?

Nun, alle waren schwer. Besonders hervorheben würde ich meine Partie gegen Nafisa. Ab einem bestimmten Zeitpunkt fühlte ich, dass ich sehr vorsichtig spielen musste, um die Partie zu halten. Später wurde sie vielleicht zu optimistisch und überschätzte ihre Chancen, was schließlich zur Niederlage führte. Aber sie hat großes Potenzial. Anton spielte ebenfalls sehr gut und lehnte mein Remisangebot in einer unklaren Stellung ab. Die Partie gegen Saidali war wie gewöhnlich interessant. Es ist immer interessant, gegen seinen Trainer zu spielen (ein Scherz).

Wenn sich die Gelegenheit ergibt, hättest Du Interesse, ein ähnliches Simultan zu spielen, vielleicht international, über das Internet?

Ich spiele nicht allzu viel Internetschach. Es ist großartig und ich spiele mit großem Vergnügen online, aber bei ernsthaften Wettkämpfen sehe ich meine(n) Gegner doch lieber vor mir. Nicht nur aus Angst vor möglichem Betrug. Ich messe der Psychologie im Schach viel Bedeutung bei und beim Internetschach gibt es keine psychologische Kommunikation.

Ok, sprechen wir noch über andere Dinge. Möchtest Du Dich zu Topalovs Team und deren Lage äußern?

Darüber wurde schon genug gesagt. Können wir das Thema übergehen?

Sicher. Welche Pläne hast Du in der nächsten Zukunft?

Nun, erst einmal steht mir in Elista das Qualifikationsturnier zur Weltmeisterschaft bevor. Mein erster Gegner ist Boris Gelfand. Wenn ich weiterkomme, spiele ich gegen den Sieger des Wettkampfes Kamsky gegen Bacrot. Danach sehen wir weiter.

Vielen Dank für das Gespräch.

Über den Autor:

Jamshid arbeitet als Berater für Wirtschaftsfragen für das Büro der Europäischen Kommission in Taschkent in Usbekistan. Er beschäftigt sich leidenschaftlich gern mit Schach und digitaler Fotographie. Jamshid hat außerdem eine Reihe von Artikeln auf der ChessBase-Webseite veröffentlicht und live im Fernsehen über die FIDE-Weltmeisterschaft 2004 in Libyen berichtet, die von seinem Landsmann Rustam Kasimjanov gewonnen wurde.


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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