Unerwünschte Paarungen vermeiden - nun verboten

von ChessBase
15.01.2025 – Das Schweizer System wurde als praktikables Format für Turniere mit vielen Teilnehmern erfunden. Mit Hilfe der Computer können die Paarungen heutzutage sehr schnell und automatisch ausgelost werden. Allerdings greifen die Organisatoren bisweilen ein, um bestimmte unerwünschte Paarungen zu vermeiden. Der internationale Schiedsrichter Alon Shulman sagt uns, was er von diesen Manipulationen hält.

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Von IA Alon Shulman, Mitglied des ECU-Schiedsrichterrats

Das Konzept des Schweizer Systems ist nicht so neu. Es wurde bereits 1895 in Zürich entwickelt (daher der Name "Schweizer System"). Das Schweizer System wurde von der Schachwelt bald für große Turniere übernommen, wobei es erst 1976 bei einer Schacholympiade verwendet wurde. Ich erinnere mich noch an die guten alten Zeiten in den frühen 1980er Jahren, als wir die Paarungen mit Karten durchführten.

Als wir anfingen, Computer und Software zu benutzen, wurde das Leben viel einfacher. Ich erinnere mich an eine Jugendveranstaltung, die ich 1983 in Saint Germain, Frankreich, spielte. Die französischen Organisatoren benutzten einen Computer, um die Paarungen zu bilden. Für uns war das damals gleichbedeutend mit Science Fiction. Ich erinnere mich, dass der Organisator Patrick Gonneau hieß, und noch heute, 41 Jahre später, halte ich es für eine der am besten organisierten Veranstaltungen, die ich je erlebt habe. Super Organisation mit einem scharfen Auge für Details. Zum Beispiel wurde an einem Morgen nach einer wieder aufgenommenen Spielrunde (damals gab es noch Hängepartien und Abgabezüge) der Fernseher und ein Videogerät in den Spielsaal herbeigeholt, um uns mit einem James-Bond-Film zu unterhalten, damit uns nicht langweilig wurde. Sie haben auch alle unsere Namen und Bilder auf Pappzettel geschrieben und sie auf einer riesigen Plakatwand entsprechend dem Stand der einzelnen Runden angebracht.

Als in den 1990er Jahren die PCs in unseren Breiten Einzug hielten und die Paarungssoftware eingeführt wurde, wurde unser Leben so viel einfacher. Man lädt die Ergebnisse hoch, klickt auf die Software und in einer Sekunde hat man die Paarungen der nächsten Runde, alle Millionen Partien, klar und einfach. Eine Sekunde Arbeit statt früher eine Stunde. Die Software für die Paarungen verfügt über alle Algorithmen und „kennt“ alle Regeln und Prioritäten für die Paarungen.

Der Hauptschiedsrichter kann jedoch in das Programm eingreifen, und einer dieser Eingriffe ist ein Befehl, der als „verbotene Paarungen“ bezeichnet wird.

Eine verbotene Paarung verhindert, dass bestimmte Spieler gegen andere bestimmte Spieler gepaart werden. Der Befehl für verbotene Paarungen setzt die ursprünglichen Algorithmen der Software außer Kraft und „zwingt“ sie dazu, die Paarungen zu ändern, falls diese „verbotenen“ Gegner ursprünglich miteinander gepaart werden sollen.

Es gibt verschiedene Gründe für verbotene d.h. unerwünschte Paarungen. Am häufigsten sind es Anträge von Familienmitgliedern, nicht gegeneinander gepaart zu werden. Als CA habe ich oft Anfragen erhalten, bestimmte Paarungen nicht durchzuführen, und auch wenn ich Verständnis und Sympathie hatte - ich habe immer kategorisch abgelehnt. Ich behandle die Paarungen von Swiss Manager wie ein objektives, starkes Instrument, das nicht geändert werden darf. Das vermeidet auch Komplikationen und mögliches Misstrauen der Teilnehmer. Keine Änderungen - keine Probleme.

Ein weiterer Grund kann eine Intervention sein, um einen Spieler mit einem Gegner zu paaren, der für eine Norm erforderlich ist. Es gibt jedoch noch einen anderen, unheilvollen Grund, warum verbotene Paarungen beantragt werden, und das ist ein politischer Grund. Ein Mitglied der Föderation A weigert sich aus politischen Gründen, gegen einen Spieler der Föderation B anzutreten. Es ist bedauerlich, dass wir, die globale Gesellschaft, immer noch nicht das gelobte Land erreicht haben, in dem jeder Spieler frei gegen jeden anderen Spieler spielen kann, ohne Angst vor Sanktionen/Repressalien zu haben. Schach sollte ein gleiches Spielfeld sein, offen und frei für alle. Turnierveranstalter befinden sich in vielen Fällen in der Klemme, wenn Spieler aus zwei oder mehr Föderationen, die Probleme miteinander haben, teilnehmen wollen. Jahrzehntelang hatten die Verbotenen Paarungen eine Lösung für dieses Hindernis geboten. Keine perfekte Lösung, bei weitem nicht, aber eine Möglichkeit, allen die Teilnahme zu ermöglichen.

Der FIDE - Qualification Committee hat jedoch kürzlich der gesamten Praxis der verbotenen Paarungen einen schweren Schlag versetzt. Ich wurde kürzlich von meinem Verband mit einem Fall betraut, bei dem bei einer internationalen Veranstaltung in diesem Jahr praktisch alle Normanträge abgelehnt wurden, weil die zuständige Behörde ein Paarungsverbot verhängt hatte.

Das Paarungsverbot hatte in diesem Fall politische Gründe, aber die QC lehnen seit mehreren Jahren jeden Normantrag ab, der von einer Veranstaltung stammt, bei der ein Paarungsverbot verhängt wurde. Selbst dann, wenn die Antragsteller nicht an der Angelegenheit beteiligt waren. Der zuständige Richter war sich dessen leider nicht bewusst. Er war sich nicht bewusst, welches Unheil dieser scheinbar harmlose Eingriff in verbotene Paarungen für das Turnier bedeuten würde.

Bei der jüngsten Olympiade 2024 in Budapest wurde in der letzten Runde bei den Frauen Israel gegen den Iran gepaart. Jeder wusste, dass der Iran gar nicht erst antreten würde, aber eine Änderung der Paarung hätte alle Olympia-Normen außer Kraft gesetzt. Im Gegensatz zu früheren Olympiaden wurde die ursprüngliche Paarung also beibehalten. Der Iran war nicht erschienen, und Israel hatte mit 4:0 gewonnen.

Aufgrund all der Scharmützel und scheinbaren Unklarheiten habe ich beschlossen, diesen Artikel zu verfassen, um Licht in die Angelegenheit zu bringen und Organisatoren, Paarungsbeauftragte und Spieler vor den horrenden Auswirkungen von verbotenen Paarungen bei normtragenden Veranstaltungen zu warnen, die das katastrophale Potenzial haben, ein Turnier zu zerstören.

Es sollte angemerkt werden, dass verbotene Paarungen keine Turniere disqualifizieren - nur Normanträge.

Ich möchte auch klarstellen, dass ich keine Vorbehalte gegenüber dem Qualification Committee habe. Es ist zwingend notwendig, die Integrität der Paarungen und Normen zu schützen. Ich würde auch bescheiden vorschlagen, die entsprechenden Normvorschriften neu zu formulieren und, wenn verbotene Paarungen verboten sind, dies klar zu sagen. Das offensichtliche harte Durchgreifen bei der Ächtung von verbotenen Paarungen dürfte die Organisatoren nun in eine Zwickmühle bringen: Wie soll man derzeit mit Anfragen zu verbotenen Paarungen umgehen?

Das Motto von Gens Una Sumus muss erneut überdacht werden und nur die Zeit wird das Ergebnis zeigen.


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