Pocket Fritz 3 - Der Schachgroßmeister in der
Hosentasche
Rezension von Jens Zeh

Der neue Pocket Fritz in voller Schönheit
Schachprogramme auf dem
PocketPC haben eine lange Tradition. Auf moderner Hardware mit ihrer Spielstärke
auf Großmeisterniveau angekommen, bieten sie den allermeisten Benutzern einen
mehr als ebenbürtigen Gegner. Da es aber sicher niemand mag, einfach nur eine
Partie nach der anderen zu verlieren, verschiebt sich das Interesse an diesen
Programmen zunehmend weg von der reinen Spielstärke hin zu anderen nützlichen
Programmfunktionen. So ist etwa die Möglichkeit, auf Datenbanken mit Partien
zuzugreifen inzwischen Standard für alle ernstzunehmenden Programme. Doch mit
den Möglichkeiten aktueller Geräte steigen auch die Erwartungen an
Schachprogramme: Jenseits des Einsatzes der Rechenkraft für immer tiefere
Variantenberechnungen wünschen sich viele Gelegenheits- und Mittelklassespieler
nicht nur den Gegner auf adäquatem Level, sondern vor allem auch Funktionen, um
die eigene Spielstärke zu verbessern.
Layout / Grafik / Figurendesign
Pocket Fritz 3 hat von
seinem Vorfahren ein kleines aber feines Schmankerl geerbt: Statt einfach alle
Brettfelder mit der gleichen Farbe auszustatten, bekommt jedes einzelne Feld
eine eigene Maserung spendiert (wahlweise im Holz-, Marmor- oder Eisenlook). Das
verstärkt das Realitätsgefühl deutlich und sieht richtig schick aus. Leider ist
von den installierten Figurensätzen nur einer wirklich brauchbar (der
Standarsatz „Diagramm“), und selbst bei diesem wünschte ich mir die Figuren von
Pocketfritz 2 zurück, die wirkten einfach stimmiger. Auf die einfache
„Lesbarkeit“ der Stellung hat das allerdings keinen Einluss, alle Figuren
unterscheiden sich klar voneinander.
Der Notwendigkeit, so viel
wie möglich Informationen auf dem begrenzten Raum eines Displays von 240x320
Punkten unterzubringen, begegnen die Programmierer mt einem Schwung
vordefinierter Fensterlayouts.

Fensterln mit Fritz - schöne Aussichten!
Je nach Erfordernis kann per
Knopfdruck zwischen bildschirmfüllendem Brett mit wenig Zusatzinformation und
kleinerem Brett und mehr Platz für Engine-, Eröffnungsbuch- oder
Notationsausgabe umgeschaltet werden. Auch eine reine Ansicht der Partienotation
ist möglich, was die eigene Kommentierung von Parien erheblich vereinfacht.
Pocket Fritz 3 passt sich
der gewählten Bildschirmausrichtung automatisch an, sowohl im Portrait- als auch
im Landscapemodus ist es problemlos zu bedienen. Sehr praktisch ist, dass dieser
Wechsel auch im laufenden Betrieb des Programms erfolgen kann, beim HTC Touch
Diamond mit installiertem GSen reicht dazu die einfache Drehung des Geräts - so
kann man die jeweiligen Vorteile der Ausrichtungen voll ausnutzen!

Im Querformat passt mehr Information auf den Screen
Die Engine
Pocket Fritz 3 wird mit zwei
vorinstallierten Engines ausgeliefert. Als Highlight, und für so manchen sicher
als Kaufargument schlechthin, verrichtet das vom PC hinlänglich bekannte und
extrem spielstarke Hiarcs 12.1 seine Arbeit als Motor im Schachprogramm. Zum
anderen ist das allseits beliebte Crafty in der Version 22 mit an Bord, und dank
seiner Schnittstelle zu den Engines kann Pocket Fritz 3 in näherer Zukunft
vielleicht auch noch mit weiteren Stars der Szene zusammenarbeiten.
Folgende verschiedene
Methoden bietet Pocket Fritz 3 um die Spielstärke der Engine einzustellen:
-
Zeit pro Zug: Hier kann
die Rechenzeit der Engine pro Zug in Sekundenschritten vorgegeben werden.
-
Einfache Stufe: Die
Rechentiefe der Engine in Halbzügen wird hier eingestellt
-
Blitz: Angabe einer
Gesamtbedenkzeit pro Partie in Minuten mit evtl. Aufschlag pro Zug
-
Zeitkontrollen: Wie in
echten Turnierpartien kann hier eine bestimmte Zeitvorgabe für eine
bestimmte Zuganzahl gemacht werden, pro Partie sind bis zu drei
Zeitkontrollen möglich.
Auch den Spielstil der
eingesetzten Engines kann man nach verschieden Vorgaben ändern. Für die
Hiarcs-Engine stehen dabei „Aktiv“, „Aggressiv“ und „Solide“ zur Auswahl.
Darüber hinaus lässt sich das Suchverhalten der Engine mit einigen weiteren
Parametern verändern (Selektivität, Abschneiden, Kombinationen, Erweiterte
Suche).
Die Extras
Wie schon eingangs
angedeutet wird es für meinen Geschmack hier erst so richtig interessant. Das
ein vernünftig programmiertes Schachprogramm stärker spielt als ich ist mir
klar. Was also bringt es dann mit, um mir zu helfen, mein Schach zu verbessern
und/oder einfach ein ein wenig Spaß zu haben!? Pocket Fritz 3 hat hier so
Einiges zu bieten.

Nach der Suche in der Onlinedatenbank
Eines der besten Features
seines Vorgängers hat es auch wieder in die neue Version geschafft: Die
Online-Datenbank. ChessBase hält auf einem Server eine sehr große Sammlung von
Partien bereit (im Moment wohl um die 3 Millionen Partien, Tendenz steigend),
die mit dem kleinen Pocket Fritz angezapft werden kann. Einfach in der Suchmaske
die interessierenden Spielernamen, Turniere, Eröffnungsvarianten oder auch die
aktuelle Brettstellung auswählen und schon stehen bis zu hundert, möglichst
aktuelle (es sei denn die ausgeführte Suchanfrage verhindert das) Partien zum
Nachspielen auf dem Gerät bereit. Auch gemischte Suchanfragen wie „zeige mir
alle Partien von Kasparov gegen Karpov, bei denen Kasparov als Schwarzer gewann“
sind problemlos möglich.

Das Online-Eröffnungsbuch
Schachprogramme errechnen
sich Ihre Eröffnungsbehandlung einer Schachpartie nicht selber sonder greifen
auf sogenannte Eröffnungsbücher zu. In diesen digitalen Büchern (man sollte hier
wohl eher von (Such)-Bäumen sprechen) ist viel statistisches Wissen enthalten
(„Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Weiss mit dieser Variante
gewinnt?“). Pocket Fritz macht nun dieses Wissen auch für den Benutzer
zugänglich. In der Ansicht des Online-Buches lassen sich die bekannten
Fortsetzungen der aktuellen Stellung erkennen, sowie die Anzahl der dafür
ausgewerteten Partien (N) die Erfolgsquote (%) und die durchschnittliche
ELO-Stärke der Spieler. Per Klick auf eine Variante wird diese gleich in die
aktuelle Partie übernommen und das Online-Buch aktualisiert sich mit der neuen
Stellung. Auch hier bietet sich wieder, auch für den Nicht-Profispieler, eine
ausgezeichnete Möglichkeit, das eigene Spiel zu verbessern und Lücken in der
Eröffnungsvorbereitung auszubessern.
Fazit: Beide Online-Extras
sind in der Welt des PocketPC-Schachs einzigartig. Einfach immer und überall
Zugriff auf zwei mächtige Datenbanken zu haben, eröffnet sicher Vielen neue
Möglichkeiten der Beschäftigung mit Schach.
Mit seiner
Fritztrainer-Serie produziert ChessBase seit Jahren sehr erfolgreich
multimediale Schachlektionen zu allen denkbaren Facetten des Schachs. Neu in
Pocket Fritz 3 ist nun die Unterstützung dieses Formats in einer „abgespeckten“
Form. Während die Originale für den Desktop-PC als Videos mit synchroner
Darstellung des Inhalts auf dem Brett daherkommen, bietet der PDA nun die
Möglichkeit, mit Ton und entsprechender Brettdarstellung eine der geringeren
Rechenleistung und Speicherausstattung der Taschencomputer angepasste Variante
des Fritztrainers. Der fehlende Videoanteil ist dabei schmerzlos zu verkraften,
zeigt er doch im Normalfall nur die Ansicht des gerade sprechenden
Schachexperten, es geht also kein Informationsgehalt bei der nur
Ton/Brettdarstellung verloren.
Auf die Installations-CD hat
ChessBase richtig viel Medieninhalt gepackt: 300MB an Schachlektionen bringen
insgesamt 15 Stunden (9h in Englisch, 6h auf Deutsch) kurzweilige und lehrreiche
Schachkost:
-
Daniel King: Powerplay
Vol 1+2
-
Helmut Pfleger:
Weltklasseschach Vol 1+2
-
Andrew Martin: The basics of winning chess
Fazit: Chess-Media auf dem
PocketPC ist ein weiterer starker Pluspunkt gegenüber der Konkurrenz auf dem
Markt. Damit ist Schach lernen unterwegs mit Pocket Fritz das reine Vergnügen!
Am effektivsten verbessert
man das eigene Spiel durch die Analyse eigener Partien...
Das Werkzeug, das
PocketFritz hierfür mitbringt, lässt sich dafür effektiv einsetzen. Der
Analysemodus gibt während des Nachspielens einer Partie oder deren Eingabe
Einblick in die Rechenergebnisse der Schachengine nebst deren Bewertung.
Durch Anwählen des kleinen
Mikroskops in der Schnellwahlleiste versetzt man die Engine in einen
Rechenmodus, der erst durch erneuten Druck auf das Symbol beendet wird. Dabei
wird dei aktuell beste gefundene Zugfolge angezeigt, man kann sich also schnell
ein Bild bei z.B. taktischen Verwicklungen machen. Diese Funktion bieten fast
alle Schachprogramme, einzigartig bei Fritz ist der Multi-Variantenmodus. Hier
werden bei Bedarf nicht nur die beste, sondern auch noch beliebig viele weitere
Fortsetzungen berechnet und ausgegeben. So lassen sich z.B erzwungene Varianten
sehr schnell identifizieren. Als weiteres Extra bringt ein langer Klick in das
Enginefenster noch einmal ein PopUp-Menü zu Tage, mit dem sich die zu nutzende
Engine einstellen lässt, die stärksten Drohungen des Gegners berechnen lassen
und zur Kommentierung der Partie berechnete Varianten direkt in die Notation
einfügen lassen.

Hier läuft die Engine im Multivariantenmodus
Fazit
Mit Pocket Fritz 3 ist
ChessBase ein großer Schritt vorwärts für das Schach auf dem PocketPC gelungen.
Eine Fülle von Funktionen macht den „Fritz in der Tasche“ nicht nur zum starken
Gegenspieler, sondern auch zum echten Trainingspartner und Mentor. Für alle, die
sich mit Schach ernsthafter beschäftigen (wollen), ist Pocket Fritz 3 ein
absolutes Muss!
Pocket Fritz 3 verdient sich ohne Zweifel damit unseren
PocketPlayers reloaded Gold Award!
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Systemvoraussetzungen:
-
ab Windows
Mobile 2003
-
QVGA oder
VGA Bildschirm
-
Touchscreen
|
Zur
Originalrezension.