Kein Italiener
stoppt Loek van Wely
Niederländer setzt sich gegen Carabinieri und Riff durch / Hattrick beim
Kuppenheimer 12-Stunden-Blitz
Von Hartmut Metz
Beim
12-Stunden-Blitzturnier in Kuppenheim hat Loek van Wely erneut seine Klasse
unter Beweis gestellt: Beim 18. Sparkassen-Cup lag der niederländische Meister
sowohl nach den 49 Partien mit 43 Punkten vorne wie in den anschließenden
Play-off-Duellen. Doch auf dem Weg zum Hattrick steckte van Wely häufiger in
Schwierigkeiten, als ihm lieb sein konnte – aber weniger in den Partien. Seine
schärfsten Widersacher waren einige Italiener, die den Tilburger um Mitternacht
aus dem Internet-Raum des Olympischen Dorfes vertreiben wollten. Er nahm 489
Kilometer entfernt von Turin aus über den Server
www.schach.de teil. Nichts Ungewöhnliches für ihn, hatte der ehemalige
Top-Ten-Großmeister doch im Vorjahr in New York sitzend Platz eins beim
Sparkassen-Cup verteidigt.

Die zunächst
hartnäckigen Gastgeber der Schach-Olympiade in Turin hielt der schlagfertige van
Wely bis 3.30 Uhr bei Laune. „Die Carabinieri wollten schon schießen“, ulkte der
Spaßvogel und setzte fort, „dann schauten mich die Polizisten bedenklich an, ehe
sie sich unter Katzenjammer verzogen.“ Eine kleine Bestechung hilft im
italienischen Sport immer: „Ich habe allen eine Einladung in die Bar
versprochen, wenn ich das Turnier gewinnen sollte“, berichtete der 33-jährige
Schelm. Die Einladung steht nun aus, obwohl der Mannschafts-Europameister nach
zehn Stunden eine weitere kritische Situation zu überstehen hatte. Just als sich
der Topfavorit mit dem Franzosen Jean-Noel Riff ein Kopf-an-Kopf-Rennen
lieferte, brachen die Leitungen in der Wörtelhalle zusammen. Rund 45 Minuten
dauerte es, bis van Wely wieder online spielen konnte. Dank einer längeren Pause
verlor der Führende nur zwei Partien kampflos gegen Karl Muranyi und
ausgerechnet Riff.
Weil der
Titelverteidiger zu diesem Zeitpunkt aber schon eine Hand voll Punkte mehr als
der Fünfte auf seinem Konto verbucht hatte, fiel dies kaum ins Gewicht.
Schließlich qualifizierten sich vier der 74 Teilnehmer für die Play-offs. Nach
der Vorrunde (24:1 Punkte) wie nach weiteren 23 Partien in der A-Gruppe lag van
Wely mit insgesamt 43:5 Zählern in Front. Riff kam auf 41,5 Punkte, dahinter
folgten Yannick Gozzoli (39) aus Marseille und der Eppinger Bundesligaspieler
Maximilian Meinhardt (38,5) vor den Franzosen Cyril Marzolo und Patrice Lerch
(je 37,5). Überraschend chancenlos blieben die beiden Großmeister Wladimir
Gurewitsch (Bochum/35) als Neunter und Michail Iwanow (Bad Mergentheim/30,5) auf
Rang zwölf.
Im Halbfinale
schaltete van Wely nach einem Remis Meinhardt mit 1,5:0,5 aus. Im Endspiel
unterlag Riff trotz einer Führung mit 1:2. Zuvor hatte der französische IM gegen
IM Yannick Gozzoli dreimal remisiert. Weil Riff in der Gruppe A Platz zwei vor
seinem Freund und Trainingspartner belegt hatte, reichte ihm das dritte
Unentschieden. In der dritten Final-Partie musste dann aber Riff unbedingt ein
Remis vermeiden, weil ansonsten die 1.000 Euro (inklusive eines
Chessbase-Softwarepakets) an den Vorrundensieger gefallen wären. Die dritte
Partie verlief jedoch einseitig zugunsten van Welys. Erfrischt durch den
Hattrick nahm er all die Aufregung mit Humor: „Etwas mehr Spannung war gut für
das Kuppenheimer Blitzturnier!“
Mit der
Teilnehmerzahl zeigte sich Rochade-Präsident Alexander Hatz unzufrieden. Einst
pilgerten bis zu 159 Spieler nach Kuppenheim. Der Negativrekord von 72 Startern
in der Geschichte des Sparkassen-Cups wurde am Freitagabend nur dank zweier
Akteure mehr vermieden. Dennoch lag der Preisfonds wieder bei fast 3.000 Euro.
Ein Drittel davon verleibte sich van Wely ein, der sich am Sonntag gut erholt
von dem zwölfstündigen Marathon-Kampf am Brett und gegen die Carabinieri zeigte.
Zum Auftakt der Schach-Olympiade in Turin verfolgte der niederländische
Spitzenspieler das 4:0 des Europameisters über die Färöer-Inseln. Ein Italiener
hatte ihn aber doch während der Blitz-Nacht ausgebremst. Der befand sich aber
glücklicherweise in Kuppenheim: Pedro Pace aus Mailand schlug im fünften
Durchgang als einziger in der Vorrunde den Weltranglisten-52. Danach wusste
allerdings van Wely, wie man sich aller Attacken der Mannen vom Stiefel erwehrt
…
Endstand nach 48
Runden, Gruppe A: 1. Loek van Wely (Niederlande) 43
Punkte, 2. Jean-Noel Riff 41,5, 3. Yannick Gozzoli (beide Frankreich) 39, 4.
Maximilian Meinhardt (Eppingen) 38,5, 5. Cyril Marzolo, Patrice Lerch (beide
Frankreich) je 37,5, 7. Karl Muranyi, Ahmed Wahedi (beide Nied) je 37, 9. Angelo
Damia (Italien), Wladimir Gurewitsch (Bochum) je 35, 11. Josef Gheng (Böblingen)
33,5, 12. Michail Iwanow (Bad Mergentheim), Anatoli Dontschenko (Sömmerda) 30,5,
14. Jochen Wege (Nied), David Ortmann (Böblingen) je 30, 16. Vladimiro Paleologu
(Schweiz) 28,5, 17. Frank Bellers (Rhede) 25,5, 18. Alain Genzling (Frankreich),
Eric Lutz (Gernsbach) je 25, 20. Pedro Pace (Italien) 24, 21. Thomas Ahner
(Lindenberg), Arnaud Helstroffer (Frankreich), Frank Drill (Raunheim) je 22, 24.
Efim Brants (Karlsruhe) 21,5.