ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Der folgende Beitrag erschien im original in der Neuen Westfälischen Zeitung. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Feinde seit 27 Jahren
Karpow gegen Kortschnoi: In Mainz entflammt
der kalte Krieg erneut
Mainz (cos). Als sie 1978 auf den Philippinen um die Weltmeisterschaft spielten,
waren der KGB, Parapsychologen und indische Gurus mit von der Partie. Um jeden
Preis sollte Titelverteidiger Anatoli Karpow die Überlegenheit sozialistischen
Denkens demonstrieren - gegen den Auswanderer und Regimefeind Viktor Kortschnoi,
der sich mit einer Sonnenbrille vor den bösen Blicken von Karpows
Parapsychologen Wladimir Suchar schützte.
Jetzt saßen sich Karpow und Kortschnoi in Mainz wieder gegenüber, pflegten ihre
Feindschaft und drängten die Hauptperson an den Rand des Geschehens. Zum 80.
Geburtstag des Rekordnationalspielers Wolfgang Unzicker (386-mal für Deutschland
am Brett) hatten die Organisatoren der "Chess Classics" ein Turnier der lebenden
Legenden organisiert. Ex-Weltmeister Anatoli Karpow (54) gab den Benjamin bei
der "Unzicker-Gala" mit Ex-Weltmeister Boris Spassky (68), Viktor Kortschnoi
(74) und Wolfgang Unzicker (80).
Das Duell Karpow-Kortschnoi 1978 war die Vorlage für das Musical "Chess". Wer
als erster sechs Partien gewonnen hat, sollte das Match gewinnen. 5:2 führte
Regimegünstling Karpow, dann drehte Dissident Kortschnoi auf. Karpows
Parapsychologen begegnete er mit indischen Gurus, die die bösen Blicke abfingen.
Die Sorge um seine Familie in der UdSSR verdrängte und auf dem Brett gewann er,
bis es 5:5 stand.
Vielleicht ist Kortschnoi heute froh, 5:6 verloren zu haben. Der russische
Geheimdienst KGB hatte geplant, Kortschnoi zu ermorden, sollte er Karpow
entthronen. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde obendrein der Plan bekannt,
Kortschnois Sohn in ein Arbeitslager zu verbannen.
Als Karpow vor der Auftaktpressekonferenz in Mainz entdeckte, dass er neben
Kortschnoi sitzen sollte, stellte er die Namensschilder um. Kortschnoi wollte
seine extradunkle Brille von 1978 für die Partien gegen Karpow mit nach Mainz
bringen, vergaß sie aber. In einem Brillenladen kaufte er ein Modell, das dem
Psychologenschutz von damals ähnelte. Die Brille mit blauem Rand trug er über
seiner regulären, nicht verdunkelten Sehhilfe. Karpow fand's "lächerlich".
Bei der Siegerehrung der Unzicker-Gala mussten die Feinde gemeinsam die Bühne
erklimmen. Mit 3,5 Punkten aus sechs
Partien hatten Karpow und Kortschnoi punktgleich das Turnier zu Ehren des
Deutschen gewonnen.