Prager Schach-Abenteuer – Teil 2
Von Brigitte Hort
Die Buchvorstellung! Vlastimil war in seinem bekannten Entertain-Element. Ich verstand zwar kein Wort, aber die Gesichter der tschechischen Zuhörer sprachen Bände. Die lange Schlange zum Signieren auch! Bei dieser Gelegenheit sei mir erlaubt, auch auf Robert Hübners „Elemente einer Selbstbiographie“ von 2015, hinzuweisen. Ein interessanter Perspektivenwechsel!
Vlastimil Horts Schacherinnerungen - bislang liegen sie nur auf Tschechisch vor
Robert Hübners Elemente einer Selbstbiographie
Das Schachspielen habe ich als Kind von meinem Vater gelernt – immer zu Weihnachten wurden einige Partien gespielt. Ich war gleich fasziniert und angesteckt von diesem Spiel. Verständlich für alle Schachfans, dass ich mein aktives Spielen, als ich Vlastimil kennenlernte, schnell eingestellt habe. Heute sitze ich im Turniersaal, drücke die Daumen und lese, wenn Vlastimils Stellung meiner Meinung nach kritisch ist, seine Zeit knapp wird, oder seine Mimik höchste Gefahr anzeigt, verzweifelt in meinem Krimi (meist Agatha Christie). Eine Zeit lang habe ich, wie andere Schachfrauen, die geschlagenen Figuren gezählt. Das kann allerdings zu einer trügerischen Schlussfolgerung führen.
Apropos Schachfrauen. Ich habe viele kennengelernt und weiß, wie unterschiedlich mitgefiebert wird. Die eine strickt, die andere liest im Turniersaal. Wieder andere ziehen sich zurück und kommen erst, wenn die Partie vorüber ist. Nervenaufreibend ist es allemal, schließlich geht es um die anschließende Laune des Partners. Verliert er, muss er aufgefangen und getröstet werden. Ein Hoch also auf alle Schachfrauen! Ob Niederlage oder Sieg, Katharina Portisch liebte es, zum Frühstück ein Glas Champagner zu trinken.
Beide Partien der ersten Runde endeten mit einem Unentschieden. Robert hat sehr lange gekämpft. Anschließend waren wir drei noch was essen, froh, dass der erste Tag ohne große Blessuren vorüber gegangen war. Heute werde ich die beiden während der Partie mit heißem Kakao versorgen. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass Petra Kortschnoi ihrem Viktor zu Partiebeginn immer eine heiße Schokolade brachte. Ob es geholfen hat? Manchmal ja, manchmal nein.„Qui vivra verra!“
Petra und Viktor bei einem ChessBase-Ausflug - statt Kakao gab es allerdings Wein
Es gibt auch ein Leben neben dem Schach. Wir Schachfrauen kommen in der Welt viel herum und können uns die Zeit während der Partie auch mit Museumsbesuchen, Stadterkundungen oder mit Shoppen versüßen. Prag ist die Stadt der Literatur und Musik. Ich liebe die Werke von Kundera, Kohout, Hrabal, Capek, Kafka und Werfel. Regelmäßig besuche ich die Oper. Im Nationaltheater direkt an der Moldau fühlt man sich in längst vergangene Zeiten versetzt. Rusalka von Dvorak ist mein Favorit und bei der Arie an den Mond schmelze ich dahin. Nicht weit vom Nationaltheater befindet sich das Café Louvre. Eine Perle der Belle Epoque. Dort wurde schon im 19 Jahrhundert leidenschaftlich Kaffee getrunken und Schach gespielt.
In Prag lässt man sich einfach treiben. Ich genieße es, ohne bestimmtes Ziel, die Zeit verstreichen zu lassen; verlaufe mich aber regelmäßig in der Altstadt. Das macht nichts, irgendwann lande ich doch auf der Karlsbrücke!
„Sem a Tam“ (Ziehen und Drücken) steht an allen Hoteltüren in Prag. Selbst nach unzähligen Besuchen dort, verwechsle ich es immer wieder. Die tschechischen Wörter werden für mich immer „böhmische Dörfer“ bleiben.
Ich muss Prag leider nach der 3. Runde verlassen. „Budu-li míti klicku“ (Wenn ich Glück haben werde), werde ich es bald wiedersehen.
Spielplan:
16.1. 16.00 Eröffnung
16.1. 17.00 Runde 1
17.1. 17.00 Runde 2
18.1. 17.00 Runde 3
19.1. Ruhetag
20.1. 17.00 Runde 4
Der Kakao vor der Runde zwei scheint Hort geholfen zu haben. Er gewann gegen Kriebel und brachte die "Legenden" so 2,5-1,5 in Führung.
Partien
Vlastimil Hort bei ChessBase
Vlastimil Hort: Meine Partien gegen die Weltmeister...
Helmut Pfleger, Vlastimil Hort: Moderne Klassiker, Band 1
Helmut Pfleger, Vlastimil Hort: Moderne Klassiker, Band 2