Vlastimil Hort: Meine Schachgeschichten

von André Schulz
02.12.2019 – Vlastimil Hort ist der große Bewahrer und Erzähler der Schachgeschichte(n). Auf dieser Seite hat er schon eine Reihen von Geschichten und Anekdoten präsentiert und dafür viel Beifall bekommen. Nun ist sein Buch "Meine Schachgeschichten" erschienen - eine witzige und elegant erzählte Schach-Zeitreise rund um die unzähligen Schachpersönlichkeiten, denen Hort im Laufe seiner Karriere begegnet ist.

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Es lebe die Schachkultur!

Der große Unterschied zwischen dem Schach und allen anderen sportlichen Betätigungen oder auch anderen Spielen ist die lange und große Schachgeschichte und die dadurch entstandene Schachkultur. Schach ist ein uraltes Spiel, im 6. Jahrhundert in Indien erfunden. Von dort hat es sich im Laufe der Jahrhunderte in alle Richtungen ausgebreitet. Offenbar waren die Menschen in vielen Ländern gleichermaßen begeistert von diesem Spiel.

Mitte des 19. Jahrhunderts begann die moderne Turniergeschichte, unterbrochen von zwei großen weltweiten Kriegen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die knüpfte Turnierkultur an die alten Zeiten an, aber anders. Eine neue Schachära begann, ihr Schwerpunkt hatte sich aber nach Osteuropa verschoben. Die neue Großmacht im Schach war die UdSSR. Aber auch in Jugoslawien, Ungarn und der Tschechoslowakei gab es viele neue und starke Spieler.

Die Zeit vom Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion mit der Auflösung des "Ostblocks" 1990 ist eine besondere Zeiten in der Geschichte Europas, auch der Schachgeschichte. Der "Eiserne Vorhang" trennte den Kontinent in zwei Teile und schuf für das Leben und den Austausch der Menschen in Ost und West besondere Bedingungen. Das Schach hat die Menschen aber trotzdem miteinander verbunden, auch wenn es manchmal aus politischen Gründen schwierig war.

Da im Schach alle Partien und Ergebnisse notiert und aufbewahrt werden, sorgt die Beteiligung an Schachturnieren dafür, dass die entsprechenden Spieler mit ihren Partien in die Schachgeschichte eingehen. Und man erinnert sich an sie. Über das Schach erfährt man von Menschen, die ohne das Schach längst vergessen wären. Es waren viele interessante Persönlichkeiten darunter, Genies und charmante Connaisseure, Lebenskünstler, aber auch komische Kauze und schräge Vögel. Sie alle haben eine Geschichte. Und Vlastimil Hort erzählt sie.

Man könnte glauben Vlastimil Hort sei "von Anfang an" dabei gewesen. Das stimmt nicht ganz. Aber er war mehr als ein halbes Jahrhundert aufmerksamer Beobachter seiner Kollegen. und der Dinge, die um ihn herum passierten. Und er hat etwas erlebt.

Im Januar 1944, noch im Krieg, in Kladno geboren, begann seine Turnierkarriere als 16-Jähriger, 1959. Ein paar Jahre später war er bereits einer der besten Spieler der damaligen Zeit und scheiterte 1967 nur knapp im Stichkampf um die Teilnahme an den Kandidatenwettkämpfen. Spätestens 1970 zählte Hort anerkannterweise zur absoluten Weltspitze. Er gehörte zur "Weltauswahl" im Match "UdSSR gegen den Rest der Welt". 1977-78 war Hort dann WM-Kandidat, scheiterte aber im Viertelfinale denkbar knapp an Spasski. 1979 übersiedelte Hort aus der Tschechoslowakei in die Bundesrepublik Deutschland, nachdem er dort zuvor schon einige Zeit als "Ausländer" in der Bundesliga gespielt hat.

1983 begann Horts zweite Karriere im Fernsehen als Co-Kommentator von Helmut Pfleger in den WDR-Sendungen "Schach der Großmeister". 2005 wurde die Sendung abgesetzt. Mit seinen legendären Fernsehauftritte erreichte Vlastimil Hort dank seines Schweijk'schen Witzes mit kultiviertem breiten tschechischen Akzent und unzähligen Bonmots auch außerhalb der Schachwelt große Popularität und war und ist immer noch gern gesehener Gast für Simultanveranstaltungen bei Schachvereinen, nicht nur in Deutschland oder Tschechien, wo man ihn natürlich nicht vergessen hat.

Vlastimil Hort ist für die heutigen Schachfreunde eine Art Periskop, mit denen sie tief in die Schachgeschichte blicken können - nicht nur zurück bis in die 1960er Jahre, als Hort selber die Turnierarenen betrat, sondern noch weit darüber hinaus, denn Vlastimil Hort kannte natürlich auch viele ältere Schachspieler, die ihm wiederum aus ihren Erinnerungen berichteten. Sein Landsmann Karel Opocensky beispielsweise ist noch Alexander Aljechin häufig begegnet.

Einige seiner Geschichten und Erinnerungen hat Vlastimil Hort hier auf der ChessBase-Seite vorgestellt. Sie wurden gerne gelesen und fanden ein so gutes Echo, dass der Wunsch an Hort herangetragen wurde, er möge seine Geschichten und Anekdoten doch in einem Buch veröffentlichen. Und das hat er nun gemacht.

Wir wissen nicht, wie viele solcher Geschichten Vlastimil Hort kennt und aufbewahrt - vielleicht in einem großen Koffer auf seinem Dachboden, vielleicht aber auch "nur" in seinem Kopf. Die ersten 64 seiner Erzählungen hat Vlastimil Hort nun in seinem Buch "Meine Schachgeschichten" veröffentlicht. Das 180 Seiten starke Werk enthält nicht nur die Geschichten an sich, auch Tabellen, Partien, Fotos und auch ein paar treffende Karikaturen der alten Meister von Otokar Masek, die mit den berichteten Ereignissen und Personen in Verbindung stehen.

Natürlich stehen Schachspieler im Mittelpunkt der Erzählungen. Die Zeitreise beginnt 1919 in Tomsk. In Russland ist Bürgerkrieg und mit Karel Treybal und Fjodor Dus-Chotomirsky sind zwei Schachspieler dort hineingeraten. Für Dus-Chotomirsky ist es ein großes Glück, dass Karel Treybal ihn erkennt. Warum? Es soll hier nicht zuviel verraten werden...

Als nächstes begegnet der Leser drei großen Spielern der 1920er und folgenden Jahre: Capablanca, Bogoljubow und Aljechin. Man erfährt von Moshe Czerniak, heute nicht mehr so bekannt, und Tibor Kendelényi, den kaum einer kennt. Aber mit Vlastimil Hort lernen wir sie beide kennen - was waren das für interessante Menschen! 

Und so geht es weiter. Vlastimil Hort führt uns an viele Orte zu vielen Zeiten und stellt uns Episoden und Begebenheiten aus dem Leben der Schachspieler vor. Warum hat David Bronstein 1946 in der Tschechoslowakei bei seinem Simultan gegen 35 Gegner keine einzige Partie gewonnen? Und warum ist Vlastimil Hort 1961 bei seiner Partie gegen Paul Keres vom Stuhl gefallen? Welche Rolle spielte ein Ventilator beim Wettkampf zwischen Bobby Fischer und Samuel Reshevsky? Weshalb wurde Michael Tal 1963 in Moskau nach dem Eröffnungszug in seiner Partie gegen Hort noch einmal in sein Hotelzimmer geführt?

Mit vielen Spielern war Hort gut befreundet, zum Beispiel auch mit Bobby Fischer. Mit ihm ging er Pilze sammeln und hat seinen Freund hinterher davor bewahrte, seine unbekömmliche Beute auch noch zu essen. So hatte auch Vlastimil Hort seinen Anteil an Fischers Gewinn der Schach-Weltmeisterschaft.

Vlastimil Horts Schachgeschichten sind inspirierend und mit großer Leichtigkeit charmant und elegant erzählt.

Das Buch macht einfach Spaß. Kaufen Sie es zu Weihnachten, aber machen Sie bloß nicht den Fehler es wegzuschenken, sondern genießen sie die wundervollen Erzählungen selber!

Zur offiziellen Buchvorstellung bei Schach Niggemann war der Autor persönlich dabei und signierte einen Teil seiner Bücher.

Vlastimil Hort signiert

Der Meister hat Spaß und vermittelt Spaß

Vlastimil Hort: Meine Schachgeschichten ist ab Dienstag, 3. Dezember, überall erhältlich, zum Beispiel bei Schach Niggemann. 

Vlastimil Hort: Meine Schachgeschichten, Nava-Verlag, 22 Euro

Pressemitteilung zum Buch...

 


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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