Kleines Resümee und Impressionen von der Schlussfeier
Gerade hat die Mannschaftsweltmeisterschaft begonnen, kurz zuvor ist Magnus Carlsen im Wettkampf um den Titel in Chennai gegen Viswanthan Anand Weltmeister geworden. Etwas im Schatten des WM-Matches stand die Mannschafts-Europameisterschaft. Diese wurde vom polnischen Schachverband in Warschau durchgeführt. Die deutschen Schachfreunde hatten guten Grund, aufmerksam nach Warschau zu schauen, denn die deutsche Mannschaft hatte bei der letzten Europameisterschaft sehr überraschend den Titel gewonnen und ging also als Titelverteidiger ins Rennen. Die neu aufgestellte deutsche Frauenmannschaft war in der Setzliste sogar auf Platz Fünf und konnte sich Hoffnung auf eine Medaille machen.
Die beiden deutschen Mannschaften kamen jedoch nur sehr schleppend in den Wettbewerb und musste zwischendurch immer wieder Rückschläge hinnehmen. Zum Schluss verzeichnete man drei Siege, drei Remis und drei Niederlagen, as in der Endabrechnung einen eher enttäuschenden 20. Platz ergab. Das Glück, dass man vor zwei Jahren im Übermaß genossen hatte, wurde von Caissa offenbar diesmal wieder abgezogen. Nur Arkadij Naiditsch spielte ein ausgezeichnetes Turnier und erhielt auf der Schlussfeier einen Preis als einer der drei besten Spieler an Brett eins. Er war mit seiner Perfomance (2854) auch der drittbeste Spieler des Turniers insgesamt.
Georg Meier
Igor Khenkin
Daniel Fridman
David Baramidze
Die dominierende Mannschaft des Turniers waren die Franzosen. Sie lagen stets an der Spitze, nur nicht nach dem letzten Spieltag. Vielleicht hätte es gereicht, wenn einer ihrer Besten, Laurent Fressinet, nicht gefehlt hätte. Fressinet war anderweitig beschäftigt, wie und wo, wollte keiner seiner Mannschaftskameraden verraten.
So trafen die Franzosen in der letzten Runde auf die ebenfalls in diesem Turnier nicht optimal spielenden Russen und verloren. Das kann passieren, kostete in diesem Fall aber die Goldmedaille, denn Aserbaidschan zog vorbei. Der Trainer Aserbaidschans, Alexander Khalifman, wird seinen früheren Kollegen aus der russischen Mannschaft dafür wohl einen Wodka extra ausgegeben haben.
Tops und Flops
Schon vor zehn Jahren lehrten die damalige aserische Kindermannschaft mit Radjabov, Mamedyarov und Gashimov die anderen das Fürchten. Inzwischen sind diese drei allesamt Super-Großmeister geworden und gehören zur Weltspitze. Vugar Gashimov war nicht dabei. Er ist bekanntlich krank und spielt derzeit kein Schach mehr. So mussten die Spieler der "zweiten Reihe" in die Bresche springen und das machte vor allem Rauf Mamedov gut.
Teimour Radjabov
Eltaj Safarli
Man könnte vielleicht auf die Idee kommen, das Frankreich die Überraschungsmannschaft des Turniers gewesen sei, doch das stimmt nicht. Die Franzosen belegten hinter Russland und Armenien den 3. Platz der Setzliste - ohne Fressinet. Vachier-Lagrave und Bacrot gehören zur absoluten Weltspitze, Fressinet wäre der dritte Spieler über Elo 2700 gewesen. Romain Eduard ist ein junger Spieler auf dem Weg nach oben. Bemerkenswert ist, dass diese vier Spieler Eigengewächse sind, also im Land geboren und dort schachlich ausgebildet. Frankreich ist zudem - hinter Russland - das Land mit den meisten gewerteten Spielern.
Georgien und Griechenland konnten sich beiden deutlich höher platzieren als die Durchnitts-Elozahl erwarten ließ. Georgien wurde Sechster (Setzliste: 14), Griechenland Siebter (Setzliste 15). Die Griechen besiegten England und unterlagen Aserbaidschan und Frankreich nur knapp. Gegen Italien gab es ein Remis.
Nicht so gut lief für die Ukraine. Die Ukrainer, sonst immer Mitfavorit bei Mannschaftswettbewerben traten ohne Ivanchuk und Ponomariov an, waren trotzdem in der Setzliste auf Rang vier geführt und wurden am Ende Neunte. In der dritten Runde gab es eine Niederlage gegen Frankreich, dann schlug man zwar Armenien, ließ aber gegen Rumänien, England und Weißrussland jeweils ein Remis folgen, um dann auch noch gegen Georgien zu verlieren.
Russland, Topfavorit, hatte mit der Titelvergabe nichts zu tun. Gleich in der zweiten Runde verloren die Russen gegen die Türkei - das Wort "sensationell" ist gar nicht stark genug, um dieses Ereignis angemessen zu beschreiben. Gegen England gaben die Russen eine Remis ab und in der siebten Runde verlor die Mannschaft gegen Armenien - das kann passieren.
Levon Aronian
Gabriel Sargissian
Da die Russen in der Schlussrunde Frankreich schlugen, reichte es noch zur Bronzemedaille.
Peter Svidler
Dmitry Andrejkin
Evgeny Tomashevsky
England, mit seinen Stars, Adams, Short und McShane and Füng gesetzt, wurde Elfter und hatte wahrscheinlich auch mehr erwartet. In der zweiten Runde gab es gleich eine Niederlage gegen Griechenland
Michael Adams
Nigel Short
Luke McShane
Gawain Jones
Die Ausgangslage bei Mannschaftsfrauenturnieren ist eigentlich immer die gleiche: Russland, Ukraine und Georgien machen die Medaillen meist unter sich aus. Selten gibt es echte Enttäuschungen. Manchmal mischt auch die armenische Mannschaft mit. Auch Polen spielt immer eine gute Rolle. In diesem Jahre brachte Deutschland ein nominell starkes Team an den Start, das auf der Setzliste Nummer Fünf war. In der russischen Mannschaft fehlten beide Kosintseva-Schwestern. Nadezhda ist inzwischen zu ihrem Ehemann Leonid Kritz in die USA gezogen und Tatiana verzichtete auch. So war die Ukraine mit ihren Top-Frauen Lagno, Ushenina und M. Muzychuk die Nummer eins auf der Setzliste.
Die deutschen Frauen kassierten gleich in der ersten Runde gegen die nominell deutlich schwächeren Griechinnen eine Niederlage, holten dann aber wieder auf. Beim 2:2 gegen Russland deuteten sie ihr Potenzial an. Dann gab es aber gegen Polen 3 und Bulgarien weitere Niederlagen. Am Ende wurde es ein ordentlicher siebter Platz. Im Dreikampf Ukraine, Russland, Georgien hatte am Ende die Ukraine den längsten Atem. Russland wurde mit knapper Sonderwertung Zweiter vor den punktgleichen Polinnen.
Valentina Gunina
Natalia Pogonina
Die russische Frauen-Mannschaft
Die Schlussfeier
Die polnischen Gastgeber setzten die Veranstaltung souverän und gekonnt als großen Sportevent in Szene. Mit Grußworten polnischer Sportlegenden wurde das Schach in den Sport integriert. Auf der Schlussfeier wurde zudem eine eigens für das Turnier komponierte Hymne vorgetragen.
Die Schlussfeier
Viele Zuschauer
Emotionen in Rot
Emotionen in Blau
Die Hymne der Europameisterschaft wird gesungen
Die Siegerehrung
1. Aserbaidschan
Für die Sieger gab es echte Medaillen aus Gold
2. Frankreich
3. Russland
Endstand Männer:
Rg. |
Snr |
|
Team |
Anz |
+ |
= |
- |
Wtg1 |
Wtg2 |
Wtg3 |
Wtg4 |
1 |
6 |
|
AZERBAIJAN |
9 |
5 |
4 |
0 |
14 |
212.0 |
21.0 |
178.5 |
2 |
3 |
|
FRANCE |
9 |
5 |
3 |
1 |
13 |
210.5 |
20.5 |
181.5 |
3 |
1 |
|
RUSSIA |
9 |
6 |
1 |
2 |
13 |
202.0 |
22.5 |
177.0 |
4 |
2 |
|
ARMENIA |
9 |
5 |
3 |
1 |
13 |
195.5 |
20.0 |
172.0 |
5 |
7 |
|
HUNGARY |
9 |
4 |
4 |
1 |
12 |
200.5 |
21.5 |
171.0 |
6 |
14 |
|
GEORGIA |
9 |
4 |
4 |
1 |
12 |
178.5 |
20.0 |
177.0 |
7 |
15 |
|
GREECE |
9 |
4 |
3 |
2 |
11 |
199.5 |
20.5 |
178.0 |
8 |
9 |
|
CZECH REPUBLIC |
9 |
4 |
3 |
2 |
11 |
192.5 |
20.5 |
179.0 |
9 |
4 |
|
UKRAINE |
9 |
4 |
3 |
2 |
11 |
188.5 |
20.5 |
173.5 |
10 |
5 |
|
ENGLAND |
9 |
3 |
5 |
1 |
11 |
184.5 |
20.0 |
176.0 |
20 |
10 |
|
GERMANY |
9 |
3 |
3 |
3 |
9 |
142.5 |
18.0 |
163.0 |
Die besten Spieler an Brett eins: Naiditsch, Topalov, Aronian
Frauenturnier
1. Ukraine
Die Siegerinnen
2. Russland
3. Polen
Endstand Frauen
Rg. |
Snr |
|
Team |
Anz |
+ |
= |
- |
Wtg1 |
Wtg2 |
Wtg3 |
1 |
1 |
|
Ukraine |
9 |
7 |
1 |
1 |
15 |
222.5 |
24.0 |
2 |
2 |
|
Russia |
9 |
6 |
2 |
1 |
14 |
267.5 |
25.0 |
3 |
4 |
|
Poland |
9 |
6 |
2 |
1 |
14 |
203.0 |
21.5 |
4 |
3 |
|
Georgia |
9 |
4 |
4 |
1 |
12 |
226.0 |
23.0 |
5 |
6 |
|
Armenia |
9 |
5 |
2 |
2 |
12 |
215.5 |
24.0 |
6 |
8 |
|
Hungary |
9 |
4 |
3 |
2 |
11 |
173.5 |
21.0 |
7 |
5 |
|
Germany |
9 |
5 |
1 |
3 |
11 |
167.0 |
20.0 |
8 |
16 |
|
Lithuania |
9 |
5 |
1 |
3 |
11 |
164.0 |
20.5 |
9 |
13 |
|
Poland III |
9 |
5 |
1 |
3 |
11 |
160.0 |
19.0 |
10 |
18 |
|
Czech Republic |
9 |
5 |
1 |
3 |
11 |
158.0 |
21.0 |
Die besten Spielerinnen an Brett 1: Kosteniuk, Ushenina, Mkrtchian
Die rumänische Mannschaft
"Dieter Nisipeanu - du hast uns verraten..." (Dieter war Trainer der deutschen Mannschaft)
Spieler der Mannschafts-Europameisterschaft
Wojciech Bartelski, Politikerr und Gründer der Seite Olimbase
David Navara
Fabiano Caruana
Michele Godena
Anish Giri
Judit Polgar
Erwin L'Ami
Jan Smeets
Ivan Salgado Lopez
Hannes Stefansson
Sune Berg Hansen
Nils Grandelius
Emanuel Berg
Hans Tikkanen
Erik Blomquist
Olsson, Erlandsson, Surender, Kvisth
Hichem Hamdouchi
Victorija Cmilyte
Viele polnische Legenden:
Andrzej Adamski
Jacek Gdanski
Tomasz Lissowski
Text und Redaktion: André Schulz
Fotos: Alina L'Ami (Schlussfeier), Turnierseite, Calle Erlandsson (Portraits)