Vor 25 Jahren - Betrugsfall Clemens Allwermann

von Hartmut Metz
02.01.2025 – Vor 25 Jahren sorgte der Kreisligaspieler Clemens Allwermann mit seinem Sieg beim Böblinger Open für Aufsehen. Doch wie sich bald herausstellte, verdankte Allwermann seinen Sieg nicht einer plötzlichen Steigerung seiner Spielstärke, sondern dem Programm Fritz 5.32, dessen Züge Allwermann mit Hilfe eines nie bekannt gewordenen Helfers und entsprechender technischer Hilfsmittel getreu nachahmte. Hartmut Metz erinnert in der taz an den ersten großen bekannt gewordenen Betrugsfall im Schach.

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Es war vor allem Allermanns Überheblichkeit, die ihm zum Verhängnis wurde. Denn in der letzten Runde spielte Allwermann mit Weiß gegen Großmeister Sergej Kalinitschew und hatte nach 41 Zügen einen Turm und einen Springer mehr. Da Schwarz auch kein Dauerschach geben konnte, gab Kalinitschew auf. Worauf Allermann nachsetzte und meinte, "Das ist Matt in acht Zügen."

Tatsächlich wird Schwarz in dieser Stellung in spätestens acht Zügen Matt gesetzt (für Interessierte: 41...De8 42.Tf7 De4 43.Tf8 Dd3+ 44.T1f3 Dg6 45.Txg8+ Dxg8 46.Sh6 Da8 47.Tg3 Df8 48.Dd8 Dxd8 49.Sf7#). Allerdings wird sich kaum ein Schachspieler mit Weiß die Mühe machen, dieses Matt zu finden, denn für den Ausgang der Partie ist das völlig irrelevant - Weiß steht klar auf Gewinn und die Partie ist entschieden.

Großmeister Sergej Kalinitschew hat den ersten großen Betrugsfall im Schach in Böblingen eigenen Worten nach "abgehakt" und "interessiert sich nicht mehr dafür".

Doch die überhebliche Ankündigung Allwermanns ließ die "Spürhunde" Betrug wittern. Tatsächlich hatte der Sensationssieger durchweg wie das Programm "Fritz 5.32" gespielt, ermittelte der badische Rekordpokalsieger Hajo Vatter. Der gab Hartmut Metz den Tipp nach dem Turnier. Der Kuppenheimer Zeitungsredakteur setzte die Ermittlungen fort und deckte auf, wie Allwermann seinen Coup schaffte.

Der ehemalige Bundesligaspieler Hajo Vatter witterte Lunte. Der aufmerksame Karlsruher brachte als Teilnehmer in Böblingen die Aufklärung des Skandals ins Rollen.

Betrug rechnet sich nicht finanziell

Gerechnet hat sich der Betrug letztlich nicht. Da der Berkheimer rechtzeitig enttarnt wurde, konnte er mit dem Preisgeld nur etwa ein Drittel seiner Ausgaben für das teure Equipment reinholen. Bald danach sperrte der Bayerische Schachbund den ersten großen Computer-Betrüger – seitdem tauchte Allwermann nicht mehr in der Szene auf …

Der aktuelle Beitrag, der an den ersten spektakulären Computer-Betrugsfall erinnert, findet sich online bei der taz unter: https://taz.de/Schach-Betrug/!6055697/

WM geht in die Hose für Carlsen

Zudem hat die humorvolle alternative Tageszeitung, die stets jenseits des Fußball-Mainstreams auch gerne über das königliche Spiel berichtet, ein zweites Schach-Thema aufgegriffen. Die einfallsreiche Überschrift würde auch auf den "Fall Allwermann" zutreffen, bezieht sich aber auf den Jeans-Eklat mit Magnus Carlsen bei der Schnellschach-WM. Die taz titelte trefflich: "Das ging beinahe in die Hose". Der Bericht ist zu lesen unter: https://taz.de/Schach-Posse-wegen-einer-Jeans/!6059356/


Hartmut Metz ist Redakteur bei den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) mit Hauptsitz in Karlsruhe. Er schreibt außerdem unter anderem für die taz, die Frankfurter Rundschau und den Münchner Merkur über Schach und Tischtennis. Zudem verfasst der FM und Deutsche Ü50-Seniorenmeister 2023 von der Rochade Kuppenheim regelmäßig Beiträge für das Schach-Magazin 64, Schach-Aktiv (Österreich) und Chessbase.de.
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