Es war vor allem Allermanns Überheblichkeit, die ihm zum Verhängnis wurde. Denn in der letzten Runde spielte Allwermann mit Weiß gegen Großmeister Sergej Kalinitschew und hatte nach 41 Zügen einen Turm und einen Springer mehr. Da Schwarz auch kein Dauerschach geben konnte, gab Kalinitschew auf. Worauf Allermann nachsetzte und meinte, "Das ist Matt in acht Zügen."
Tatsächlich wird Schwarz in dieser Stellung in spätestens acht Zügen Matt gesetzt (für Interessierte: 41...De8 42.Tf7 De4 43.Tf8 Dd3+ 44.T1f3 Dg6 45.Txg8+ Dxg8 46.Sh6 Da8 47.Tg3 Df8 48.Dd8 Dxd8 49.Sf7#). Allerdings wird sich kaum ein Schachspieler mit Weiß die Mühe machen, dieses Matt zu finden, denn für den Ausgang der Partie ist das völlig irrelevant - Weiß steht klar auf Gewinn und die Partie ist entschieden.
Großmeister Sergej Kalinitschew hat den ersten großen Betrugsfall im Schach in Böblingen eigenen Worten nach "abgehakt" und "interessiert sich nicht mehr dafür".
Doch die überhebliche Ankündigung Allwermanns ließ die "Spürhunde" Betrug wittern. Tatsächlich hatte der Sensationssieger durchweg wie das Programm "Fritz 5.32" gespielt, ermittelte der badische Rekordpokalsieger Hajo Vatter. Der gab Hartmut Metz den Tipp nach dem Turnier. Der Kuppenheimer Zeitungsredakteur setzte die Ermittlungen fort und deckte auf, wie Allwermann seinen Coup schaffte.
Der ehemalige Bundesligaspieler Hajo Vatter witterte Lunte. Der aufmerksame Karlsruher brachte als Teilnehmer in Böblingen die Aufklärung des Skandals ins Rollen.
Betrug rechnet sich nicht finanziell
Gerechnet hat sich der Betrug letztlich nicht. Da der Berkheimer rechtzeitig enttarnt wurde, konnte er mit dem Preisgeld nur etwa ein Drittel seiner Ausgaben für das teure Equipment reinholen. Bald danach sperrte der Bayerische Schachbund den ersten großen Computer-Betrüger – seitdem tauchte Allwermann nicht mehr in der Szene auf …
Der aktuelle Beitrag, der an den ersten spektakulären Computer-Betrugsfall erinnert, findet sich online bei der taz unter: https://taz.de/Schach-Betrug/!6055697/
WM geht in die Hose für Carlsen
Zudem hat die humorvolle alternative Tageszeitung, die stets jenseits des Fußball-Mainstreams auch gerne über das königliche Spiel berichtet, ein zweites Schach-Thema aufgegriffen. Die einfallsreiche Überschrift würde auch auf den "Fall Allwermann" zutreffen, bezieht sich aber auf den Jeans-Eklat mit Magnus Carlsen bei der Schnellschach-WM. Die taz titelte trefflich: "Das ging beinahe in die Hose". Der Bericht ist zu lesen unter: https://taz.de/Schach-Posse-wegen-einer-Jeans/!6059356/