Der Reformentwurf:
Reform der 2. Schach-Bundesliga
Die Bundesspielkommission des Deutschen Schachbundes hat in ihrer Videokonferenz am 10. November 2021 beschossen, einen neuen Anlauf zu einer Strukturreform der 2. Schach-Bundesliga zu nehmen. Zur Vorbereitung von Vorschlägen wurde ein Ausschuss mit folgenden Mitgliedern eingesetzt: Michael S. Langer (Präsident des Niedersächsischen Schachverbandes), Dr. Jürgen Klüners (DSB-Schiedsrichterkommission), Jürgen Kohlstädt (zentraler Leiter der Schach-Bundesliga), Frank Strozewski (Landesspielleiter NRW und Staffelleiter 2. BL West), Thomas Wiedmann (Landesspielleiter Württemberg und Staffelleiter 2. BL Süd), Gregor Johann (Landesspielleiter Rheinland-Pfalz und Bundesturnierdirektor).
Zielsetzung der Reform:
- Steigerung der Attraktivität der 2. Schach-Bundesliga
- Vermeiden von Konstellationen, in der nicht alle Aufstiegsplätze in die 1. Schach-Bundesliga besetzt werden können, wie z.B. letzte Saison in der 2. Schach-Bundesliga-Süd
Verkleinerung der Unterschiede zwischen 1. und 2. Schach-Bundesliga (in Bezug auf Spielstärke und Organisationskapazitäten)
- Schaffung von verbesserten Möglichkeiten zur Erzielung von Spielernomen in der 2. Schach-Bundesliga und Möglichkeit zur Erzielung von Spielernomen in der Spielklasse darunter.
Struktur der 2. Schach-Bundesliga:
Um die Liga attraktiver zu machen und Leistungsstärke zu erhöhen, schlagen wir eine zweigeteilte 2. Schach-Bundesliga vor, die in Doppelrunden spielt. Jede der beiden Staffeln soll mit 12 Mannschaften nach geographischen Gesichtspunkten eingeteilt ein Rundenturnier spielen. Dadurch ergibt sich im Gegensatz zu 10er-Gruppen, die in Doppelrundenspielen, nach jedem Spieltag ein „gerades Tabellenbild“. Frank Strozewski hat die letzten drei Spielzeiten aufbereitet und hierbei nicht die gemeldeten, sondern die eingesetzten Spieler*innen nach Anzahl der Einsätze ausgewertet, Die stärksten 24 Teams wären die folgenden. Dies soll nicht die Grundlage der Qualifikation für die neue 2. Schach-Bundesliga sein, sondern nur verdeutlichen, wie sich die Spielstärke nach der neuen Einteilung darstellen könnte.
Aktuell liegt in den Staffeln der 2. Schach-Bundesliga eine deutlich (100-150 ELO-Punkte) höhere Differenz zwischen der stärksten und der schwächsten Mannschaft vor.
Struktur der 3. Schach-Bundesliga:
Für die 3. Schach-Bundesliga stellen wir zwei Varianten zur Diskussion:
- 4 Staffeln á 12 Mannschaften
- 6 Staffeln á 10 Mannschaften
Für die erste Variante spricht, dass
- die Struktur in 2./3. Liga gleich ist
- durch 11 Partien eine verbesserte Normenmöglichkeit besteht
Für die zweite Variante spricht, dass
- kürzere Fahrtstrecken entstehen und zumindest bei der Austragung in Einzelrunden oftmals eine Übernachtung nicht erforderlich sein wird.
Weitere Details werden wir ausarbeiten, wenn die grundsätzliche Idee der Umstrukturierung Zustimmung findet.
Interview mit Michael S. Langer zum Reformentwurf
Warum braucht die Zweite Bundesliga eine Reform?
Sie ist überfällig. 40 Mannschaften in der zweithöchsten Spielklasse sind im Sinne eines ausgewogenen und spannenden Wettbewerbs einfach nicht mehr vermittelbar.
Man hat eigentlich den Eindruck, dass manche Vereine in der Zweiten Bundesliga mit den Kosten und der Organisation überfordert sind. Wird dieser Effekt nicht durch den Reformvorschlag mit nur zwei Gruppen verstärkt, durch höhere Reisekosten?
Das passiert nicht, wenn die "richtigen" Mannschaften zukünftig dabei sind. Wir möchten deutlich mehr Intensität in die Liga bringen.
Die Mannschaftskämpfe der ersten und zweiten Liga werden von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Die zentrale Bundesligarunde aber schon. Sollte man daraus nicht Lehren ziehen und die Liga in zentralen Runden zusammenfassen?
Ich selbst bin ein Fan von zentral ausgerichteten Veranstaltungen. Wir werden am Samstag sehen, welchen Weg die Bundesspielkommission nehmen möchte.
Manche Teams der Ersten Liga, zum Teil auch der zweiten Liga haben mit dem Vereinsleben und den Vereinen, für die sie spielen, nur wenig Verbindung, zum Beispiel wegen einer hohen Anzahl von vereinsfremden Profis. Wenn die finanzierenden Mäzene wegfallen oder der einzige Organisator im Verein, zerfallen diese Mannschaften plötzlich und verschwinden. Die Bundesliga-Geschichte kennt viele Beispiele. Müsste man nicht hier einmal ansetzen?
Ich würde es gern sehen und forcieren, dass sich alle Ebenen des deutschen Schachs unter besonderer Einbeziehung des Schachbundesliga e.V. diesem seit Jahren gärenden Thema nachhaltig stellen. Mit ihrem frisch verabschiedeten Zulassungskonzept hat sich die Bundesliga ja bereits auf den Weg gemacht.
Wenn man an Reformen denkt, müsste man nicht auch über eine Reform des ganzen Spielbetriebs, auch in den unteren Ligen nachdenken und alles auf den Prüfstand stellen: Anzahl der Bretter pro Team, Integration von Frauen und Jugendlichen, Bedenkzeiten, Termine, etc.. Sind Partien auf Amateurebene mit fünf Stunden Länge am Wochenende oder am Abend nach der Arbeit, mit langen Anreisen und über Monate verteilt heute noch zeitgemäß? Viele Vereine haben Probleme acht Leute zusammenzubekommen…
So viele Fragen ;-) Entweder halte ich jetzt einen mehrstündigen Monolog oder ich antworte mit Ja, wir müssen alles und das fortwährend auf den Prüfstand stellen. Ich nehme Antwort 2. Du zeigst hier eines der Kernthemen des Schachs schlechthin auf und das will und muss bearbeitet werden.
Können Hybridformate eine zeitgemäße Antwort auf die Probleme bieten: Die Mannschaften spielen zusammen, aber jede an ihrem Ort, unter Aufsicht eines Schiedsrichters über das Internet.
Ich bin der festen Ansicht, dass Hybridformate ebenso wie "reines" Onlineschach eine Ergänzung sein können. Es setzt sich aber sicher nicht von der Basis her durch. Es bedarf gut organisierter Veranstaltungen, mit denen das Thema erst mal sukzessive in die Fläche getragen und promotet wird. Wir werden als Niedersächsischer Schachverband mit einer Mannschaft am Millenium Hybrid Masters dabei sein und so unseren Anteil an einer gestaltenden Entwicklung des Themas einbringen.
Vielen Dank für die Antworten.
Die Fragen stellte André Schulz.