Warum nicht Veresov?

von ChessBase
08.11.2014 – Spitzengroßmeister spielen gerne Russisch und Berliner Verteidigung, den Veresov-Angriff (1.d4 Sf6 2.Sc3 d5 3.Lg5) nur selten. Er führt zu scharfen, unterhaltsamen Stellungen. Auf seiner DVD "The wicked Veresov Attack" zeigt IM Andrew Martin, warum diese Eröffnung gefährlich ist. IM Felix Graf hat die DVD Spaß gemacht, inspiriert und Punkte gebracht. Mehr...

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Unterhaltsam, gefährlich, unbekümmert: Andrew Martin: "The wicked Veresow Attack" - eine Rezension

Von Felix Graf

Verrückt, frech, unterhaltsam und eine echte Empfehlung für Schachspieler! So würde ich diesen Eröffnungstrainer umreisen. Doch fangen wir vorne an. The „Wicked Veresow Attack“ ist eine Eröffnung, die, wie der Name schon sagt, auf den sowjetischen Meisterspieler Veresow zurück geht. „Wicked“ zu übersetzen, ohne es aus dem Kontext zu reißen, fällt mir hier schon schwerer. Umgangssprachlich und in jugendlichem Stil kämen hier wohl Übersetzungen wie „geil“ oder „abgefahren“ dem Ganzen am nächsten. Wie ich finde, eine recht passende Beschreibung für eine Eröffnung, die in erster Linie der aufwändigen klassischen Theorie aus dem Weg geht und die Partie sofort in wilde Gewässer führt.

Andrew Martin, The wicked Veresov Attack
Sprache: Englisch, 27,90 €
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Entsprechend meiner Beschreibung habe ich Jungspund natürlich ebenfalls sofort den Sprung ins kalte Wasser gewagt und sie in der höchsten deutschen Spielklasse in Aktion getestet. Positiv: die Großmeister schlucken erst mal, wenn der Gegner mit einer solchen Variante ankommt. Negativ: es gelang mir innerhalb kürzester Zeit fehlzugreifen und mit leicht schlechterer Stellung aus der Eröffnung zu kommen. Typabhängig: es ergeben sich unabhängig von der objektiven Einschätzung fast immer sehr dynamische Stellungen, die unglaublich spannend zu spielen sind!

Mein Fazit: ich habe gewonnen, also muss die Eröffnung super sein.

Nun aber zurück zum Fritz-Trainer! Der Autor Andrew Martin gefällt vom Typ sehr gut. Humor und Sprache sind klassisch englisch. Die Vortragsform ist sauber, aber dennoch locker und auch jugendlich bzw., wie der Name der DVD schon sagt, ein wenig „wicked“. Es ergibt sich somit ein cooler Gesamteindruck, der ehrlich und nicht aufgesetzt wirkt.

IM und erfolgreicher Trainer: Andrew Martin

Vorbereitet ist Mr. Martin gut, wobei er uns anhand von ausgewählten Beispielpartien durch die Eröffnung führt. Der Fokus liegt dabei auf dem Verständnis der Ideen und Prinzipien. Als Beispiel können hier die typischen Bauernhebel (g4, e4 und c4) des Weißen im Veresow angeführt werden. Diese Hebel beschreibt er ausführlich und versucht dabei, ein Verständnis dafür zu wecken, wann welcher Hebel angebracht ist.

Mit konkreter Theorie setzt er sich dabei so gut wie gar nicht auseinander. Zwar gibt es auch kaum Theorie in diesem System. Dennoch mag sich so mancher daran stören, dass ihm nicht vorgegeben wird, was zu tun ist, sondern er den richtigen Weg selbst finden muss. Nach meiner Erfahrung ist aber das Verständnis der Ideen deutlich wichtiger, als konkretes Wissen, weshalb ich hier keinen Minuspunkt vergeben würde.

Welche Ansprüche die DVD bedient, ist schwieriger zu beurteilen. Gerade positionell und taktisch wird recht viel Wissen vermittelt, wobei das Tempo hier sehr angemessen gewählt wurde. Spieler ab 1400 DWZ sollten mit der DVD arbeiten können. Eine Rolle spielen hier allerdings die Vorkenntnisse. Für mich als klassischen 1.d4 Spieler waren sehr viele neue Aspekte dabei, da der Stellungstyp mit dem Springer auf c3 natürlich speziell ist. Ein typischer Veresow Spieler kennt natürlich schon die meisten Ideen und kann dann nicht mehr ganz so viel mitnehmen. Dennoch sollte auch für Spieler bis 2200 immer etwas dabei sein.

Prinzipiell muss natürlich noch angemerkt werden, dass es sich nicht um eine Eröffnung auf Weltklasseniveau handelt. Außer Nakamura (und das meistens auch nur im Blitz) findet sich in der Weltspitze kaum ein Spieler, der öfter als einmal zu dieser Variante gegriffen hat.

"Nothing wrong with a little wickedness": Hikaru Nakamura greift gerne einmal zum Veresov-Angriff.

Objektiv muss man daher wohl davon ausgehen, dass sich nicht wirklich ein Vorteil gegen einen gut vorbereiteten Gegner erzielen lässt. Für dynamische Spieler als Abwechslung zum normalen Eröffnungstrott sollte dies allerdings kein Problem darstellen.

Ich persönlich hatte dennoch unglaublich viel Spaß an diesem ChessBase-Eröffnungstrainer und gerade in spaßigen Blitzpartien wird die Eröffnung von mir definitiv häufiger Verwendung finden. Gerade der jung gebliebene Autor und die spannende Zusammenstellung der Partie wissen zu überzeugen. Zusammenfassend bleibt eine Eröffnung, die gerade dynamischen und theoriefaulen Spielern gefallen und so manche verrückte Gewinnpartie aufs Brett zaubern wird!

Beispielvideo

Andrew Martin, The wicked Veresov Attack
Sprache: Englisch, 27,90 €
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Technische Daten:

Trainings-Video: 4 Stunden 24 min.
Interaktiver Abschlusstest mit Videofeedback
Datenbank mit 50 Musterpartien
Mit CB 12 – Reader

Systemvoraussetzungen

Mindestens: Pentium III 1 GHz, 1 GB RAM, Windows Vista, XP (Service Pack 3), DirectX9 Grafikkarte mit 256 MB RAM, DVD-ROM Laufwerk, Windows Media Player 9, Chessbase12/Fritz 13 oder mitgelieferter Reader und Internetverbindung zur Programmaktivierung. Empfohlen: PC Intel Core i7, 2.8 GHz, 4 GB RAM, Windows 7 oder Windows 8, DirectX10 Grafikkarte (oder kompatibel) mit 512 MB RAM oder mehr, 100% DirectX10 kompatible Soundkarte, Windows Media Player 11, DVD-ROM Laufwerk und Internetverbindung zur Programmaktivierung.

Über den Autor

Felix Graf ist Internationaler Meister im Schach, 21 Jahre alt und studiert Psychologie. Er spielt für die SG Trier in der Bundesliga und gewann 2012 als Außenseiter das ZMDI-Open in Dresden. Mit einer Elo-Zahl von 2476 liegt er zur Zeit auf Platz 61 der deutschen Rangliste.


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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