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Eigentlich hatte ich ja geglaubt, je spannender der Wettkampf wird, desto mehr Prominente wären im VIP-Bereich zu sehen, aber entweder kenne ich zu wenig berühmte Leute oder sie sind nicht offen genug, um zu begreifen, wie es ihr Leben bereichern würde, Schachspieler während eines Weltmeisterschaftskampfs in Aktion zu erleben.
Andrey Minkov (links) beim Blitz mit Maxim Dlugy (rechts) George Tets schaut zu
Zwei gute Freunde von mir, George Tets, ein berühmter russischer Mikrobiologe, und Andrey Minkov, ein Geschäftsmann, der das Schach seit Jahren unterstützt und einmal sogar einen Wettkampf gegen Vladimir Kramnik gespielt hat, in dem der Ex-Weltmeister einen Bauern vorgab, waren aus Russland angereist, um die letzten Partien des WM-Kampfs zu verfolgen - und vielleicht sehen sie jetzt ja auch noch einen Stichkampf.
George Tets und Andrey Minkov
Morgens hatte ich noch die Fragen eines Reporters der New York Times beantwortet, der unbedingt wissen wollte, wie der Wettkampf in Russland in der Öffentlichkeit und in der Presse wahrgenommen wird, jetzt, vor der elften Partie, waren Mark Glukhovsky und Andrei Filatov, die beiden wichtigsten Manager des Russischen Schachverbands, vor Ort, ein deutliches Zeichen, dass Russland großes Interesse hat und doch sehr hofft, den Titel nach Hause zu bringen.
Spanisch in der Diskussion
Zufällig kam ich mit Vladimir Potkin, einem von Karjakins Sekundanten, ins Gespräch, und wir diskutierten Karjakins Eröffnungswahl. Vladimir meinte, für Karjakin sei es leichter, mit Schwarz Spanisch statt Caro-Kann oder Französisch zu spielen, Eröffnungen, auf die er vielleicht bei weniger wichtigen Anlässen zurückgreift.
Nun zeichnen sich wahre Meister allerdings dadurch aus, dass sie Spanisch mit beiden Seiten spielen können, denn diese Eröffnung versteht man nur dann gut, wenn man fast alle positionellen Ideen anderer Eröffnungen kennt.
Auch Ian Nepomniachtchi war wieder da. Er wartete auf den Beginn seiner Simultanpartien und wollte vorher noch ein bisschen blitzen. Wir schafften eine Partie, in der ich in einem Skandinavier besser stand und einen Bauern gewann, aber dann verlor ich meinen Mehrbauern wieder, was zu einem vereinfachten Endspiel und einem Remis führte. Für den Anfang gar nicht schlecht, dachte ich mir.
Ian Nepomniachtchi beim Simultan (Foto: Max Avdeev)
Als wir mit unserer Partie fertig waren, hatten Carlsen und Karjakin bereits die ersten zehn Züge heruntergeblitzt, und ich machte mich auf, um Eindrücke vom Geschehen zu sammeln, verzichtete dabei allerdings auf den Genuss der leckeren Lychee Martinis, damit ich später mit Fabiano, der noch kommen wollte, mithalten konnte.
Jonathan Corrblah spielt gerne Blitz
Als mein Freund Andrey eintraf und meine Frau und meine Tochter sich verabschiedeten, hatte ich Zeit für ein paar Blitzpartien. Ich spielte erst mit Andrey, danach wollte es Jonathan Corrblah, in Schachkreisen und durch Game Shows bestens bekannt, außerdem ein gefährlicher Blitzspieler, auch einmal versuchen. Wir spielten 1 gegen 5, aber er war zu schnell für mich, und ich stellte in einem etwas besseren Endspiel einen Turm ein. Er bot 2 Minuten für jeden an und das wurde auf Video festgehalten, denn Kaja Marie Snare und ihr Team interviewten uns just in dem Moment, in dem es auf dem Brett richtig kompliziert wurde. Ich riss mich irgendwie zusammen und stellte ein paar billige Fallen auf, mit denen ich am Ende Erfolg hatte. Das war richtig anstrengend und ich beschloss, bis zum Duell gegen den großen F. eine Pause vom Blitzen zu machen.
Die große Partie wurde interessant, als Magnus das überraschende 19...d5 spielte.
Partie elf, Stellung vor Carlsens 19...d5
Die Engines bewerteten die Stellung als vollkommen ausgeglichen, und da das schwer zu glauben war, wollten etliche Zuschauer wissen, ob die Stellung wirklich so ausgeglichen ist. Nach der Analyse von ein paar Varianten schien mir diese Stellung einer der Fälle zu sein, in denen dynamisches Spiel statische Vorteile aufhebt - wie sich bald zeigen sollte.
Dann kam Fabiano. Ich war bereit zum Duell, Fabiano musste allerdings vorher noch ein Interview mit Vladimir Barsky beenden.
Fabiano Caruana mit Freundin
Das nutzte Anna Burtasova, um mich zu fragen, ob ich nicht mit Judit Polgar das Ende der Partie, die wahrscheinlich noch etwa eine halbe Stunde dauern würde, kommentieren wollte. Eigentlich hatte ich mich ja auf einen hübschen Kampf mit Fabiano gefreut und deshalb zu alkoholfreien Lychee Martinis gegriffen, aber am Ende erlag ich Annas Charme.
Tatsächlich endete die Partie wenig später mt Remis. Der schwarze Freibauer auf e2 war zu stark für die weißen Figuren und mehr als ein Dauerschach war für Sergey nicht drin.
Als ich aus dem Kommentatorenraum zurückkam, war Fabiano gerade in eine interessante Unterhaltung mit Josh Waitzkin verwickelt, einem ehemaligen Schachwunderkind und einer generell interessanten Persönlichkeit.
Erinnerungen an Josh
Ich lernte Josh kennen, als er sieben Jahre alt war. Er saß auf meinen Knien und wir traten im alten Manhattan Chess Club gegen eine Reihe starker Blitzspieler an, wobei wir immer abwechselnd zogen, und die meisten, wenn nicht sogar alle von ihnen, besiegten, was nach Aussagen von Joshs Mutter sein Interesse am Schach größer werden ließ. Zur Berühmtheit wurde Josh, als sein Vater Fred "Searching for Bobby Fischer" schrieb, ein Buch, das zeigt, wie das Leben eines Schachwunderkinds aussieht. Das Buch wurde zu einem erfolgreichen Film mit Ben Kingsley in der Rolle von Bruce Pandolfini, Joshs erstem Schachtrainer.
Josh Waitzkin
1999 hörte Josh mit dem Schach auf, er spielte damals auf dem Niveau eines starken Internationalen Meisters. Nach dem Schach widmete er sich einer anderen Sportart und wurde 2004 Weltmeister im Wettkampf-Tai-Chi.
Er erklärte uns, dass er sich wehmütige Erinnerungen an das Schach nicht leisten konnte, wenn er in einem anderen Bereich erfolgreich sein wollte, weshalb er einfach ganz mit dem Schach aufhörte. 17 Jahre lang hat er keine einzige Partie gespielt, bis er vor kurzem eine einstündige Blitz-Session mit Light Buggiani, einem Freund von uns beiden, absolvierte.
Doch als seine Eltern die ausgezeichneten Match-Kommentare Judit Polgars lobten, hatte er plötzlich wieder Lust aufs Schach.
Josh Waitzkin hat 17 Jahre kein Schach gespielt, jetzt spricht er mit weltweiten Publikum über Schach
Josh erzählte Fabiano, wie Hochleistungssportler und Aktienhändler ihre Leistung mit Biofeedback und Meditation verbessern, da sie sich so vor wichtigen Herausforderungen besser entspannen und regenerieren können. Er erzählte auch, dass kurze Sprünge in unter Null Grad kaltes Wasser den Körper nach großen Anstrengungen schnell wieder auf Trab bringen würden. Ich würde mich nicht wundern, wenn Fabiano statt Ice-Bucket-Challenge nun den Sprung ins kalte Wasser wagt. Ich jedenfalls finde das sehr interessant.
Nach dieser intensiven und interessanten Unterhaltung suchte Fabiano seine Freundin, um zu gehen, und so kam unser Blitz-Match nicht zustande.
Schade, denn am Montag fliegt er schon wieder nach Europa und ich frage mich, gegen wen ich antreten kann, wenn am Montag die letzte WM-Partie mit klassischer Bedenkzeit gespielt wird.
Ich kann es kaum erwarten.
Inna und Daniella Dlugy
Blick von der Terrasse des Fulton Market (Foto: Max Avdeev)
Lawrence Trent
Maurice Ashley, Carlsens Rechtsberater Richard Conn, Filmproduzent Donari Braxton und Fabiano Caruana