Sollte es einmal eine Wahl zum schönsten Austragungsort für ein Schachturnier geben, dann ist das Weissenhaus sicher einer der Favoriten. Nach der Auftaktveranstaltung zu Anfang des Jahres mit der glanzvollen Inszenierung eines Freestyle-Turniers mit einigen der weltbesten Spieler hat der Unternehmer und Schachenthusiast Jan Hendric Buettner ordentlich Gas gegeben und gleich mehrere neue Projekte ins Leben gerufen. In einer Kooperation mit der Schachabteilung von St. Pauli, Aufsteiger in die Bundesliga, transferierte Buettner Magnus Carlsen und mit ihm gleich mehrere weitere Spitzengroßmeister zum schillernden Kiezclub. Das sorgte nicht nur in der Schachpresse für große Aufmerksamkeit.
Der ehrwürdige Hamburger Schachklub von 1830, zweitältester noch bestehender Sportklub der Hansestadt und einer der größten Schachvereine Deutschlands mit einer riesigen Jugendabteilung, durfte sich über die Rückkehr von Niclas Huschenbeth und den Neuzugang von Leonardo Costa freuen, zwei frühere deutsche Meister, wieder Jan Hendric Buettner im Hintergrund.
Außerdem gründete Buettner die Weissenhaus Chess Academy. Im Rahmen dieser Organisation sollen Spitzenspieler und die besten deutschen Talente gefördert werden. Eine der Fördermaßnahmen ist nun das Weissenhaus Young Masters, das am Montag begann und am Freitag endet. Es ist ein klassisches Turnier mit sehr enger Taktung. Mit Ausnahme des Eröffnungstages werden zwei Runden pro Tag gespielt, die erste Runde schon am Morgen ab 10 Uhr, die zweite Runde ab 16 Uhr - ein kräfteraubendes Programm.
Vier junge Talente - Marius Deuer (16), Leonardo Costa (16, Hussain Besou (12) und Christian Glöckler (12) sollen in einem Turnier mit großmeisterlichen Routiniers Erfahrung sammeln und an den Aufgaben wachsen.
Marius Deuer
Glöckler und Costa
Die Routiniers sind Pavel Eljanov, der inzwischen In München lebt, der Inder P. Sethuraman, der dänische Großmeister Sune Berg Hansen, lange Zeit für den Hamburger SK aktiv, der estnische Großmeister Kaido Külaots und der Franzose Christian Bauer.
Pavel Eljanov
P. Sethuraman
Sune Berg Hansen
Kaido Kulaots
Christian Bauer
Schließlich spielt noch Benedict Krause von St. Pauli mit.
Mit seinen 27 Jahren gehört Krause sicher noch nicht zum "alten Eisen". Mit Blick auf die teilweise sehr jungen anderen Teilnehmer, Bisou und Glöckler vor allem, sei er vielleicht ein "Halb-Routiniers", war Benedict Krauses eigene Einschätzung.
Das straffe Turnierprogramm fordert besonders die älteren Spieler, die zum Teil auch noch andere Verpflichtungen haben. Sune Berg Hansen ist beispielsweise inzwischen mit einer eigenen Firma beruflich stark beansprucht und hat kaum noch Zeit, sich um sein Schach zu kümmern. Christian Bauer spielte gerade in der Schweizer Liga, absolviert nun das Turnier im Weissenhaus und muss dann am Samstag eiligst nach Serbien fliegen, da er dort in Vrnjacka Banja am European beim Club Cup teilnimmt. Ob der Elsässer unter diesen Umständen das wunderbare Ambiente des Weissenhaus-Geländes genießen kann?
Das Weissenhaus-Gelände
Die Spieler sind in verschiedenen Häusern des Geländes untergebracht, die Jüngeren mit ihren Begleitern im Haus der Chess Academy. Dort werden für die geförderten Nachwuchsspieler regelmäßig Trainingscamps durchgeführt. Die Gemeinschaftsräume sind gemütlich und jugendgerecht ausgestattet. Zum Endes des Turniers war das Gros der deutschen Nationalmannschaft zu Besuch, besichtigte die Akademie und testete gleich die Einrichtungen.
Bundestrainer Jan Gustafsson mit Matthias Blübaum, Rasmus Svane, Dmitrj Kollars und Alexander Donchenko
Die Nationalspieler mit Reinhard Ahrens, Kapitän des HSK am Kicker
Das "Wohnzimmer" der Academy
Wer auf dem Weissenhaus-Gelände wohnt, hat viele Möglichkeiten zur Entspannung. In wenigen Schritten erreicht man die Ostsee und den Strand zwischen der Seebrücke am Ort Weißenhäuser Strand und einer Steilküste auf dem Weg nach Hohwacht.
Oder man bleibt auf dem Gelände, erholt sich im Spa im Schlosses, setzt sich ins Foyer oder in die Bibliothek oder besucht das Billardzimmer.
Das Weissenhaus Young Masters findet in einem Raum im "Nordflügel" des Schlosses statt. Der Rundenstart wird durch einen Gongschlag von Turnierdirektor Sebastian Siebrecht verkündet.
Sandra Schmidt wacht als Schiedsrichterin über die Einhaltung der Regeln, was hier wohl einfacher ist, als bei den US-Meisterschaften in Saint Louis.
Und so verlief das Turnier bis zum letzten Spieltag, an die beiden Schlussrunden gespielt werden:
Husain Besou startete im Duell der 12-Jährigen mit einem Sieg gegen Christian Glöckler ins Turnier, prallte dann aber in den nächsten beiden Runden an Christian Bauer und Pavel Eljanov ab. Am dritten Spieletag holte Hussain Besou zwei Remis, gegen Sune Berg Hansen und gegen Benedict Krause.
Husain Bisou mit seinem Onkle Mohammed
Christian Glöckler erholte sich von seiner Auftaktniederlage in Runde zwei mit einem Sieg gegen Sune Berg Hansen und spielte dann gegen Benedict Krause remis.
Leonardo Costa gewann gegen Benedict Krause, verlor am zweiten Tag aber gegen Sethuraman und Mariaus Deuer. Am dritten Tag gelang Costa ein Big Point gegen Pavel Eljanov, dann verlor er aber gegen Kaido Kulaots.
Leonardo Costa mit seinem Vater Vinzenco
Die beste Bilanz weist Marius Deuer auf. Er startete mit zwei Remis gegen die beiden starken Großmeister Sethuraman und Eljanov, was schon mal eine gute Leistung ist, und dem Sieg gegen Costa. Am dritten Spieltag remisierte Deuer gegen Kulaots und gewann gegen Glöckler.
Am Donnerstag gewann Marius Deuer auch noch gegen Christian Bauer, profitierte aber von Müdigkeitserscheinungen seines Gegner, denn eigentlich stand Dauer auf Verlust.
Marius Deuer musste dann aber gegen Husain Besou seine erste Niederlage hinnehmen, der wiederum am Vormittag gegen Sethuraman verloren hatte. Und Leonardo Costa feierte am Donnerstag zwei Siege, gegen Christian Glöckler und Christian Bauer.
Christian Glöckler musste am Mittwoch und am Donnerstag mehr Lehrgeld zahlen als ihm lieb war. Er verlor alle vier Partien.
Vor dem letzten Spieltag führt Sethuraman das Feld mit sechs Punkten aus sieben Partien an. Nur Marius Deuer und Christian Bauer war es gelungen, dem 31-jährigen einen halben Punkt abzunehmen. Marius Deuer und Pavel Eljanov folgen mit eine halben Punkt Rückstand.
Ergebnisse des 4. Spieltages
Tabelle
Partien
Mehr Informationen bei der Weissenhaus Chess Academy...