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Pressemitteilungen (Conrad Schormann)
Wenn es beim Schach auf dem Feld f7 einschlägt, ist das in aller Regel kein gutes Zeichen für die schwarze Seite, oft sogar der Anfang vom Ende. Großmeister Sethuraman war am Dienstag in der zweiten Runde des WEISSENHAUS Young Masters sehr zufrieden, als Leonardo Costa auf f7 in unmittelbarer Nähe seines Königs einen Springer opferte. “Das habe ich sehr gerne gesehen”, berichtete der Inder nach einer Partie, in der er lange mit dem Rücken zur Wand gekämpft hatte.
„Scary“: Sethuraman befürchtete Schlimmstes gegen den einmal mehr bestens vorbereiteten Leonardo Costa, der ihn zu einer ganzen Reihe einziger Verteidigungszüge zwang. Der Inder absolvierte die schwierigen Aufgaben makellos. | Foto: WEISSENHAUS Chess Academy
„Scary“: Sethuraman befürchtete Schlimmstes gegen den einmal mehr bestens vorbereiteten Leonardo Costa, der ihn zu einer ganzen Reihe einziger Verteidigungszüge zwang. Der Inder absolvierte die schwierigen Aufgaben makellos. | Foto: WEISSENHAUS Chess Academy
Der 16-jährige IM und der 31-jährige GM lieferten sich das Duell des Tages, in das Leonardo Costa zunächst eine seiner großen Qualitäten einbrachte: die punktgenaue, tiefe Vorbereitung. Diesmal spielte Costa die erste 17 Züge inklusive eines thematischen Springeropfers auf d5 “a tempo”, ohne nachzudenken. “Scary” fand das Sethuraman, zumal Costa im 18. Zug dem Figurenopfer ein Qualitätsopfer folgen ließ.
Für den Minusturm hatte Costa so viel Kompensation, dass er in aller Ruhe die unkoordinierte Ruine seines Gegners nach und nach hätte zerlegen können. Aber wer einen ganzen Turm ins Geschäft gesteckt hat, der will die Dinge forcieren. Und das tat Costa mit eben diesem Einschlag auf f7 im 20. Zug, der verlockend aussah, aber eben Sethuraman einen Weg zurück in die Partie ebnete.
Das Springeropfer im 11. Zug, das Qualitätsopfer im 18., dann der Einschlag auf f7. Zwischen Leonardo Costa und Sethuraman ging es hoch her.
Nun ist Sethuraman einer der beiden Könige, die die Buben entthronen. Christian Bauer ist der andere. Im Duell mit dem anderen Vortagessieger Hussain Besou setzte sich der Franzose klar durch. Nach der Eröffnung sei es ausgeglichen gewesen, aber dann sei die schwarze Stellung nach einem Fehler schlicht kollabiert, erklärte Bauer nach der Partie. Jetzt teilen sich die beiden erfahrenen Großmeister mit 1,5 Punkten aus 2 Partien die Tabellenspitze. Costa und Besou stehen bei 50 Prozent.
Läuft: Christian Bauer will das Turnier mit einem Plus-Score abschließen – und ist auf Kurs. | Foto: WEISSENHAUS Chesss Academy
Für eine Ausnahmebegabung wie Christian Glöckler ist ein Sieg über einen Großmeister längst keine Ausnahmeleistung mehr. Aber dieser Zweitrundensieg über Sune Berg Hansen war ebenso glatt wie wichtig. Nach dem missratenen Auftakt gegen Hussain Besou schlug Glöckler unmittelbar zurück. Der 13-Jährige überspielte den erfahrenen Dänen auf routinierte, großmeisterliche Weise. Auch Glöckler steht jetzt bei 50 Prozent.
Geht doch: Christian Glöckler hat die Auftaktniederlage weggesteckt und in der zweiten Runde einen glatten Sieg eingefahren. | Foto: WEISSENHAUS Chess Academy
Ebenso Marius Deuer, der mit einer kuriosen Auslosung zu kämpfen hat: fünf Schwarzpartien gegen die fünf Großmeister im Feld. Die ersten beiden davon hat er nun absolviert und zwei halbe Punkte erzielt. “Eine Performance über 2600” stehe für Deuer nach zwei Partien zu Buche, betont Turnier- und Akademiedirektor Sebastian Siebrecht, der auf Normen seiner Schützlinge hofft. Und dafür ist die 2600 eine signifikante Zahl: Wer eine 2600 oder besser spielt, der hat die GM-Norm geschafft.
Schwarz gegen die fünf Großmeister, das bedeutet einen Härtetest für Marius Deuers Caro-Kann-Verteidigung. | Foto: WEISSENHAUS Chess Academy
Davon ist Marius Deuer noch ein Stück entfernt. Aber er kann nach der zweiten Schwarzpartie feststellen, dass sein Caro-Kann zwei großmeisterlichen Attacken nicht nur widerstanden hat, sondern ihm Möglichkeiten zum Kontern eröffnete. Die Partie gegen Turnierfavorit Pavel Eljanov lief für den 16-Jährigen rund, bis ihm tief im Endspiel ein Qualitätsopfer entging, mit dem Eljanov den schwarzen König freilegte. Es war ein wenig glücklich, dass Eljanov bei beiderseits knapper Zeit nicht den Weg fand, die Partie doch noch in seine Richtung zu ziehen. Stattdessen endete das Geschehen in einer Zugwiederholung.
60.Df8+ Ka5 (einziger Zug) 61.Da8+ Kb4 (einziger Zug) 62.Tb6+ wäre der Ausknipser gewesen. Ob 62…Ka3 53.Tb3+! oder 62…Kc3 Tc6+, Schwarz verliert entscheidend Material.
Benedict Krause hat nach seiner unglücklichen Niederlage zum Auftakt offenbar keinen Knacks davongetragen. Kaido Kulaots zwang den St.-Pauli-Bundesligaspieler zu einer langen Verteidigung, die Krause vor den Augen von St.-Pauli-Schach-Macher Oliver von Wersch mit Bravour absolvierte. Mehr als 70 Züge lang versuchte Kualots, einen kleinen Materialvorteil zum Gewinn zu verdichten, fand aber kein Durchkommen.
Benedict Krause hielt den Gewinnversuchen von Kaido Kulaots stand und ergatterte seinen ersten halben Punkt. | Foto: WEISSENHAUS Chess Academy
Jeden Tag zwei Partien. Logisch, dass irgendwann der Begriff “müde” fallen würde. Ausgesprochen hat ihn derjenige, der hellwach erscheint. “Müdigkeit wird für alle ein Faktor sein”, sagt Sethuraman mit Blick auf den weiteren Turnierverlauf. Sich selbst kann er damit nicht gemeint haben. Mit 2,5 Punkten aus 3 Partien führt der Inder als erster Spieler allein die Tabelle an. In der dritten Runde besiegte Sethuraman Kaido Kulaots.
Sethuraman wünscht sich durchaus, zwischen den Partien und der Vorbereitung etwas mehr Zeit zu haben. Nicht zum Ausschlafen, auch nicht für Schach, sondern um sich umzuschauen und das Fünf-Sterne-Resort zu genießen. “Ein sehr spezieller Veranstaltungsort, einer der schönsten und hochwertigsten, an denen ich je gespielt habe. Ein Traum”, erklärt Sethuraman.
Ein Traum mit Ablenkpotenzial allerdings. Weil es in WEISSENHAUS so schön ist, weil der Ort zum Entspannen und Genießen einlädt, sei es für die Wettkämpfer umso schwieriger, den Fokus und die Intensität zu halten. “Alles ist perfekt. Etwas mehr Zeit, das auszukosten, wäre natürlich schön”, sagt Christian Bauer, und Sethuraman stimmt zu. Der Inder hat sich Urlaubsgefühle verboten, um auf dem Brett die bestmögliche Leistung bieten zu können.
Das funktioniert bislang sehr gut. In der dritten Runde in einem Najdorf-Sizilaner mit entgegengesetzten Rochaden war Kulaots drauf und dran, dem weißen König bedrohlich nahe zu kommen. Aber Sethuraman hielt seine Bastion stabil, und die erste Chance zu kontern nutzte er sogleich entscheidend. Nun führt der Inder als erster alleiniger Tabellenführer das Feld der zehn Schachmeister an.
Wenn Marius Deuer etwas spielt, in dem er sich sicher fühlt, hält ihn das nicht davon ab, das Brett anzuzünden. | Foto: WEISSENHAUS Chess Academy
Aus Sicht der deutschen Supertalente war die zentrale Drittrundenpartie leicht auszumachen: Marius Deuer gegen Leonardo Costa, eine Partie mit Geschichte. 1:6 gegen ihn habe es im direkten Vergleich gestanden, berichtet Deuer. “Gegen Leonardo tue ich mich psychologisch sehr schwer.” Für diese Begegnung hatte Deuer beschlossen, “den Teil meines Repertoires zu spielen, in dem ich mich am sichersten fühle”.
„Das hat Leo bestimmt gesehen“: Marius Deuer rechnete mit 31…Sh4+ 32.Kh2 Lf5 33.Txf7! Lxc2 34.Txg7+ mit Dauerschach – und wäre mit dem halben Punkt gegen seine schachliche Nemesis Leonardo Costa zufrieden gewesen. Costa versuchte 31…Sxf4+ 32.Kf3 Df1+, was zwar brandgefährlich aussieht, aber nicht recht funktioniert.
Was wiederum mit Sicherheit auf dem Brett wenig zu tun hatte. Die beiden Großmeisterkandidaten zettelten ein offenes Gefecht an, das beiden Seiten Gewinnchancen bot. Dann kam der 31. Zug, der eine hübsche Dauerschachabwicklung möglich machte. “Die hat Leonardo bestimmt gesehen.” Aber der Münchner in Diensten des Hamburger SK wollte mehr – und verrechnete sich. Nun gehört Deuer (Performance 2698!) zum Trio derjenigen, die mit zwei Zählern dem ersten alleinigen Tabellenführer im Nacken sitzen.
Anfangs fühlte es sich für Benedict Krause gar nicht an, als müsse er bergauf spielen, aber Christian Glöckler neutralisierte alle weißen Versuche sicher. | Foto: WEISSENHAUS Chess Academy
Christian Glöckler hat sich weiter stabilisiert. In der Eröffnung habe ihn Benedict Krause überrascht, habe die leichter zu spielendende Stellung erreicht, aber hätte laut Glöckler keine symmetrische Struktur zulassen dürfen. Es folgte ein ungefährdetes, beiderseits solides Remis. Mit nun 1,5 Punkten steht der Zwölfjährige im Soll hinsichtlich seines Ziels, Elo zu gewinnen.
“Der Eloschwächste im Feld zu sein, ist eine Superchance für mich”, sagt Christian Glöckler. Eine IM-Norm ist für ihn kein Faktor. Zwei davon hat er schon, eine braucht er zwar noch, aber die müsse in einem offenen Turnier erzielt werden. Und eine GM-Norm? “Das wird sehr schwierig”, sagt Glöckler lachend.
Optisch ein ungleiches Duell, auf dem Brett auch: Hussain Besou gegen Pavel Eljanov. | Foto: WEISSENHAUS Chess Academy
Turnierfavorit Pavel Eljanov hatte in den ersten beiden Runden manches versucht, aber noch nicht demonstrieren können, warum er mit knapp 2700 Elo der Favorit ist. Diese Demonstration hatte er sich für den Vergleich mit Hussain Besou aufgespart.
Eljanov teilt sich nun mit Marius Deuer und Christian Bauer den zweiten Platz mit zwei Punkten aus drei Partien. Der Franzose hatte durchblicken lassen, dass er optimistisch in seine Schwarzpartie der dritten Runde gegen Sune Berg Hansen geht. Die beiden Großmeister debattierten eine der ewigen Fragen des Schachs, nämlich die, ob ein vorgepreschter Freibauer stark oder schwach ist.
Bis nach d6 hatte Hansen seinen d-Bauern vorangetrieben – die Endstation und schließlich das Grab des vorwitzigen Gesellen. Mit Eroberung des Bauern hatte sich der gleichnamige Großmeister ein Endspiel mit Mehr-Bauer erkämpft. Das allerdings vermochte Hansen nach 58 Zügen ins remis zu führen.
Genau genommen hatte Sune Berg Hansen sogar zwei Bauern weniger, den auf dem Brett und den im Namen. Das hielt ihn nicht davon ab, sein Turmendspiel gegen Christian Bauer remis zu halten.
Tabelle nach drei Runden
Partien
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