Wer war Emil Schallopp?

von André Schulz
15.08.2018 – Am 1. August jährte sich der 175. Geburtstag von Emil Schallopp. Schallopp war ein starker Spieler und ein erfolgreicher Autor. Viele Jahre stand er der Berliner Schachgesellschaft vor. Eine Variante des Königsgambits ist nach ihm benannt. Und Emil Schallopp dürfte der einzige deutsche Schachspieler sein, nach dem eine Straße benannt ist - in Berlin-Steglitz.

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Emil Schallopp: Meisterspieler, Autor, Funktionär

Die Liste der Schachspieler, die durch einen Straßennamen geehrt werden ist auch weltweit gesehen nicht eben üppig. Gibt es in Deutschland überhaupt einen Schachspieler, nach dem eine Straße benannt ist? In Berlin-Friedrichshain findet man eine Laskerstraße, doch die ist nach dem schlesischen Reichstagsabgeordneten benannt. Doch nanu, in Berlin- Steglitz gibt es tatsächlich eine Schalloppstraße, benannt nach dem Schachmeister, Autor und Funktionär Emil Schallopp.

Bild: Google Street View

Emil Schallopp wurde am, 1. August 1843 in Friesack geboren. In diesem Jahr, vor wenigen Tagen, jährte sich also sein Geburtstag zum 175sten Mal. Friesack ist eine Gemeinde im Havelland, nicht weit von Berlin in nordöstlicher Richtung gelegen. Theodor Fontane schrieb: "Im Herzen der Mark Brandenburg liegt das Havelland, und im Herzen des Havellandes liegt das Ländchen Friesack, ein Kern im Kern."

Schallopp besuchte die Schule in Berlin und schloss seine Schulausbildung 1861 am berühmten Joachimsthalschen Gymnasium - gegründet 1607, geschlossen 1956 - mit dem Abitur ab. Danach begann er ein Studium der Philologie. Unter anderem übersetzte er deutsche Gedichte ins Latein. Während seiner Studienzeit war er Mitbegründer der 1863 ins Leben gerufenen Burschenschaft Alemannia Berlin. Schallop fand Interesse an der Stenographie und ließ sich zum Stenographen ausbilden. Ab 1865 arbeitete er als Stenograph für das Preußische Parlament, ab 1867 auch am Norddeutschen Reichstag. Er arbeitete als Stenograph beim Deutschen Zollparlament und übernahm 1872 Schallop den Vorsitz des Stenographenbüros am Reichstag. In späteren Jahren erhielt er den Titel eines Geheimen Rechnungsrates. 

1869 heiratete Schallopp zum ersten Mal, doch seine Frau starb schon 1879. 1881 heiratete er ein zweites Mal heiratete, doch auch seine Frau starb früh, schon 1884. Später heiratete er ein drittes Mal. Aus seiner ersten Ehe hatte er einen Sohn, 1870 geboren. Er wurde Postdirektor in Liegnitz. Eine Tochter aus erste Ehe heiratete einen Professor Rheinhardt in Charlottenburg. Aus der zweiten Ehe hatte Emil Schallopp zwei weitere Töchter. Die ältere heiratete einen Lehrer in Berlin, einen Herrn Lenz. Die Jüngere wurde ebenfalls Lehrerin. Aus seiner dritten Ehe hatte Emil Schallopp drei weitere Kinder, einen Sohn, der Mathematik studierte und zwei Töchter, von denen eine auch Lehrerin wurde.

Schach lernte Emil Schallop im Alter von 13 Jahren. 1861 trat er dem Akademischen Schachklub in Berlin bei. 1864 hatte er als junges Talent Gelegenheit, gegen Adolf Andersson zu spielen und konnte einige Partien gewinnen. Im Laufe seiner aktiven Karriere, die von 1861 bis 1907 reichte, nahm Schallopp an einer Reihe von stark besetzten Turnieren teil. Er spielte bei Westdeutschen und Norddeutschen Schachkongressen mit, war einer der Teilnehmer an der Anderssen-Feier 1877 und in der Folge regelmäßiger Teilnehmer an den ersten DSB-Kongressen. Außerdem spielte er bei einigen Turnieren der Schachkongresse des Britischen Schachverbandes mit. 1880 erreichte er beim Internationalen Turnier von Wiesbaden den 4. Platz und ließ dabei Spieler wie Winawer und Louis Paulsen hinter sich. 1885 wurde er Zweiter in Hereford, ebenso 1886 in Nottingham. Schallopps Schachpartien zeichneten sich durch großen Kampfgeist aus. Laut Tony Gillam endeten von seinen 371 überlieferten Partien nur 38 mit einem Remis.

Liste von Partien und Wettkämpfen von Emil Schallopp

Quelle: Gilliam: Emil Schallopp

Für seine Partie gegen Zukertort beim Turnier in Nottingham erhielt er den Schönheitspreis.

 

Auch für seine Partie gegen Isidor Gunsberg wurde Schallopp der Schönheitspreis zugesprochen.

 

Häufig gab Emil Schallop auch Blindsimultanvorstellungen, gegen bis zu acht Gegner.

Auch als Fernschachspieler war Emil Schallopp aktiv, so nahm er am 3. Internationalen Fernschachturnier der Monde Illustre, Paris, teil. Bei Städte- und Klubvergleichskämpfen führte er als Kapitän die Mannschaft der Berliner Schachgesellschaft an und analysierte ungeachtet seiner beruflichen Verpflichtungen die Partien bis tief in die Nacht hinein. Als Organisator führte er von 1908 bis 1911 das Fernschachturnier der Zeitrift "Über Land und Meer" durch.

Nebenher war Schallopp als Autor unter anderem von Turnierbüchern sehr aktiv. Er verfasste die Turnierbücher zu den Turnieren Leipzig 1877, Paris 1878, Leipzig 1879, Berlin 1881, Nürnberg 1883 und Hastings 1895. Außerdem verfasste er ein Buch zum ersten Schach-Welmeisterschaftskampf 1886 zwischen Steinitz und Zukertort. Er war zudem der Autor mehrere Schachspalten von Tageszeitungen und Bearbeiter der 7. Auflage (1891) von Bilguers Handbuch des Schachspiels. 

Emil Schallopp war von 1879 bis 1889 Vorsitzender der Berliner Schachgesellschaft. Nach seinem Rückzug verlieh ihm die Schachgesellschaft die Ehrenmitgliedschaft. Anlässlich des 75-jährigen Jubiläums 1902 ernannte die Schachgesellschaft Emil Schallop zum Ehrenvorsitzenden. Bei der Gründung des Deutschen Schachbundes 1877 spielte Emil Schallopp eine maßgebliche Rolle und besaß dort großen Einfluss. In späteren Jahren wurde Schallopp dann auch vom DSB zum Ehrenmitglied ernannt. Neben seinem Engagement in der Berliner Schachgesellschaft unterhielt Emil Schallopp freundschaftliche Beziehungen zu zahlreichen anderen Klubs, von denen einige ihn mit der Ehrenmitgliedschaft ehrten.

In der Chronik der Berliner Schachgesellschaft 1827 Eckbauer, dem ältstesten noch existierenden Schachverein in Deutschland, wird sein Name bei verschiedenen Gelegenheiten erwähnt. So übernahm Schallopp 1885 von Siegbert Tarrasch die Schachspalte in den "Blättern für Belehrung und Unterhaltung", der Sonntagsbeilage der Saale-Zeitung. Im gleichen Jahr gewann er das Winterturnier der Schachgesellschaft. 1891 führte Schallopp ein "Massenspiel", gemeint ist ein Simultan, gegen 30 Gegner durch, gewann 25 Partien, verlor zwei und spielte drei Partien remis. In jenem Jahr erreichte die Berliner SG mit 106 Mitgliedern auch einen neuen Migliederrekord. 

1905 nahm Schallopp noch an einen Kabel-Wettkampf Berlin-New York teil. Am 11. und 12. November spielten sechs Spieler der Berliner SG gegen sechs Spieler des New Yorker Manhattan Chess Clubs. US-Präsident Theodore Roosevelt höchstselbst hatte als Siegerpreis ein eigenhändig unterschriebenes Bild gestiftet. 

Die Spieler des Manhattan Chess Clubs gewannen mit 4:2.

Die Einzelergebnisse:

Davidson (New York) - Caro (Berlin) remis
Dr. B. Lasker (Berlin) - Philipps (New York) 1:0
Finn (New York) - Schallopp (Berlin) remis.
Dr. Lewitt (Berlin) - Kohler (New York) 0:1
Roething (New York) - Post (Berlin) 1:0
Ranneforth (Berlin) - Simonson (New York) 0:1 

Für den Wettkampf wurden 600 Telegramme gewechselt. Die Übermittlung von Kontinent zu Kontinent dauerte jeweils nur eine halbe Minute. Später war er noch aktiv an einem Wettkampf gegen Riga beteiligt und 1911 noch als Vertrauensmann für Wien bei einem Kabel-Wettkampf Berlin-Wien beteiligt. Nach 1911 tritt Schallopp nicht mehr als aktiver Spieler in Erscheinung. 

Schallopp starb am 9. April 1919 in Berlin Steglitz. Am 15. April wurde er auf dem Friedhof Steglitz, Bergstraße, beigesetzt. Im Nachruf der Deutschen Schachzeitung wird erwähnt, dass Schallopp "einige Jahre vor seinem Tod" einen Schlaganfall erlitten hatte, von dem er sich nicht mehr erholte. Nach Schallops Tod benannte sich der Schachlub Steglitz noch 1919 in SK Schallopp-Steglitz um. Der Verein ging später in die Spvg Lasker Steglitz-Wilmersdorf ein. 1930 wurde die oben erwähnte Straße in Steglitz nach Schallopp benannt.

Eine Variante des Angenommenen Königsgambit ist nach Emil Schallopp benannt:

 

Königsgambit Band 1

Williams analysiert zahlreiche Neuerungen und Varianten, die jedem Angriffsspieler gefallen, der nach einer interessanten Variante gegen 1...e5 sucht! 3.Lc4 führt zu ungewöhnlichen, inhaltsreichen Stellungen, in denen Schwarz unter Druck steht.

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Königsgambit Band 2

Eine der interessantesten Varianten im Königsgambit ist 3.Sf3, insbesondere die ‘Widerlegung des Königsgambits’ (Fischer) 3...g5. Außerdem werden Nebenvarianten behandelt.

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André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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