Wer war Ilya Kan?

von ChessBase
07.05.2019 – In der Sowjetunion wurde nach Ilya Kan die Variante der Sizilianischen Verteidigung benannt, die wir im deutschen Sprachraum als Paulsen-Variante kennen. Viel ist über den russischen Rechtsanwalt, dessen Geburtstag sich am Samstag zum 110ten Male jährte, außerhalb Russland nicht bekannt.

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Die Bezeichnung von Schachvarianten nach deren Erfinder, Erforscher oder auch den Turnieren oder Orten, wo sie erstmals oder besonders erfolgreich gespielt wurden, ist in den letzten Jahren, eigentlich Jahrzehnten, etwas aus der Mode gekommen. So bleiben die alten Namen für die alten Eröffnungen und die neuen Eröffnungen bleiben leider ohne Namen oder heißen nach den Zügen, durch die sie gekennzeichnet sind. 

Bisweilen gibt es auch unterschiedliche Bezeichnungen in verschiedenen Ländern oder Kulturkreisen. Das, was wir als Spanische Partie kennen, heißt im Englischen Sprachraum Ruy Lopez, nach ihrem ersten spanischen "Analysten". Und unser Wolga-Gambit heißt im Englischen Sprachraum Benko-Gambit (eigentlich Benkö nach Pal Benkö, aber "ö" kennen die Angelsachsen nicht).

Manchmal gehen die Bezeichnungen auch durcheinander. Was ist zum Beispiel der Unterschied zwischen der Sizilianischen Paulsen-Variante, der Kan-Variante und der Tajmanov-Variante?

Der jugoslawische Informator-Verlag hat einst versucht, im Wirrwarr der Eröffnungsvarianten Ordnung zu schaffen, in dem er die Namen konsequent entfernte und sie stattdessen durch alphanumerische Klassifizierungen ersetzte. Kann man machen, aber irgendwie reißt man dem wunderbaren Reich der Schacheröffnungen damit auch die Seele etwas heraus.

In der Sizilianischen Verteidigung gibt es zwei verwandte Aufbaumöglichkeiten,

diesen Aufbau hier

 

und diesen

 

Die schwarze Dame geht in beiden Systemen meist nach c7 und oft kommt es später durch Zugumstellung zu den gleichen Positionen. Die Partien können sich aber natürlich auch ganz  unterschiedlich entwickeln, je nachdem wie Weiß reagiert.

Beide Anfänge gehen auf den westfälisch-lippischen Meister Wilfried Paulsen zurück, Bruder des noch stärkeren Louis Paulsen. 

 

 

 

 

 

 


Für die Entwicklung mit 4... Sc6 hat sich in den 1960er Jahren dann der Name "Tajmanov-Variante" eingebürgert. Anfangs, um 1957 spielte Mark Tajmanov noch sehr gerne den Aufbau mit 4...a6, doch dann wechselt er zum Aufbau mit 4...Sc6 und spielte dann diese Variante regelmäßig und mit großem Erfolg.

Im Unterschied dazu wurde in der Sowjetunion für den Aufbau mit 4...a6 der Name "Kan-Variante" üblich, benannt nach Ilya Kan. In Deutschland blieben wir unserem lippischen Meister treu und nennen die Variante weiter Paulsen-Variante, während sich der Name Kan-Variante auch in der englisch-sprachigen Welt verbreitete. Ilya Kan hat die Variante nicht so oft gespielt, nur siebenmal laut Mega-Datenbank, und nur mit wenig Erfolg.

Hier ist eine seiner zwei überlieferten Gewinnpartien:

 

Die Begründung für die Benennung nach Ilya Kan, muss wohl in seiner analytischen Arbeit zu suchen sein, die außerhalb Russlands heute aber nur schwer zugänglich ist. 

Wer war nun dieser Ilya Kan? Allzu viel ist über ihn außerhalb Russlands nicht bekannt. Ilja Abramowitsch Kan wurde am 4. Mai 1909 in Samara geboren. Sein Geburtstag jährte sich vergangenen Samstag also zum 110ten Mal. Mit dem Wiener Schachmeister Marcus Kann (1820-1886), bekannt aus der Caro-Kann Verteidigung, hat Ilya Kahn übrigens nichts zu tun.

Kan nahm immerhin zehnmal an den Meisterschaften der UdSSR teil, muss also ein guter Spieler gewesen sein. Anfangs belegte er auch recht gute Plätze, doch spätestens nach Ende des Krieges ließen die Ergebnisse nach.

Bei der 6. UdSSR-Meisterschaft wurde Kan noch Dritter - sein bestes Ergebnis bei den Landesmeisterschaften. 1931 wurde er Siebter (Botvinnik gewann), 1933 wurde er Neunter (Botvinnik gewann auch hier). 1934/35 belegte er den 9. bis 12. Platz. 1937 wurde er 13ter, 1939 belegte er den 13.-14. Platz. Nach dem Krieg landete er dann durchweg im hinteren Tabellenbereich: 1945 wurde er 17ter, 1947 belegte er Platz 13-15, 1952 wurde er 18ter und 1955, bei seiner letzten Teilnahme schloss er als 17ter ab. 

Ilya Kan war hauptberuflich Rechtsanwalt und lebte in Moskau. Mehrfach nahm er auch an der Moskauer Stadtmeisterschaft teil. Sein bestes Ergebnis war hier der geteilte erste Platz im Jahr 1936. 

Vor dem Krieg waren Kan einige Siege gegen den aufstrebenden Star und späteren Weltmeister Mikhail Botvinnik gelungen. 

 

Zwischen 1952 und 1954 trainierte Kan mit Botvinnik und spielte eine Reihe von Trainingspartien zur Vorbereitung auf Botvinniks WM-Kämpfe.

Die FIDE ernannte Ilya Kan 1950 zum Internationalen Meister. Ilya Kan blieb dem Schach stets verbunden und spielte bis ins fortgeschrittene Alter. Seine letzten überlieferten Partien stammten aus dem Jahr 1974. In dieser Zeit war er noch in der Lage, zum Beispiel Vladimir Tukmakov schlagen konnte.

 

Ilya Kahn starb im Jahr 1978.

The Sicilian Kan Variation

The Sicilian Kan Variation is a very flexible and solid defense against 1.e4

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