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Heute jährt sich zum 85sten Mal der Geburtstag des rumänischen Großmeisters Theodor Ghitescu. Außerhalb Rumäniens ist Ghitescu besonders bei den jüngeren Schachfreunden nicht mehr so bekannt. Er war aber über lange Zeit einer des besten Spieler Rumäniens und vertrat sein Land bei vielen Mannschaftswettbewerben, wobei er vielleicht etwas im Schatten des zwei Jahre älteren Victor Ciocaltea (C ist im Rumänischen wie K, sprich also in etwa: Kiokalta) stand und später auch von den jüngeren Spielern Florin Gheorghiu (geb. 1944) und Mihai Suba (geb. 1947) überflügelt wurde.
Theodor Ghitescu, rechts 1951
Theodor Ghitescu ist in einer schwierigen Zeit aufgewachsen. Zwischen den beiden Weltkriegen erlebte Rumänien eine unruhige Epoche, die von politischen Richtungkämpfen zwischen rechtsnationalen und liberalen Kräften geprägt war. Politische Morde gehörten zur Tagesordnung. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs verhielt sich Rumänien neutral, wurde aber in der Vorkriegszeit durch den Druck der Sowjetunion und des Deutschen Reiches gezwungen, Gebiete, die es nach dem Ersten Weltkrieg gewonnen hatte, wieder abzutreten. 1940 gewannen dann die Faschisten in der rumänischen Regierung die Mehrheit. Rumänien näherte sich nun den Achsenmächten an und trat schließlich auf deutscher Seite in den Krieg gegen die Sowjetunion ein. 1944 führte das repräsentative Staatsoberhaupt, König Michael I., einen Staatsstreich durch, beendete die Diktatur von Marschall Ion Antonescu und gleichzeitig auch das Militärbündnis Rumäniens mit dem Deutschen Reich. Rumänien stellte sich stattdessen auf die Seite der Alliierten. Im September 1944 erreichte die Sowjetische Rote Armee Rumänien und besetzte das Land. Auf den Dreimächtetreffen hatten Roosevelt, Churchill und Stalin Europa für die Nachkriegszeit neu aufgeteilt. Der Balkan, außer Griechenland, wurde dem sowjetischen Einflussgebiet zugeschlagen. 1947 setzte die Sowjetunion in Rumänien eine kommunistisch orientierte Regierung durch. Im folgenden Jahr wurde Rumänien zu einer "volksdemokratischen Republik" erklärt. Nicolae Ceaușescu kam 1965 als Generalsekretär der Kommunistischen Partei an die Macht. Er regierte das Land mit Hilfe seiner Geheimpolizei "Securitate" als Diktator, bewahrte sich außenpolitisch aber eine gewisse Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Im Dezember 1989 wurde Ceaușescu im Zuge eines Volksaufstandes hingerichtet.
Am 24.1. 1934 geboren, gehörte Ghitescu zu der Generation, die von den Ereignissen im und nach dem Zweiten Weltkrieg besonders hart getroffen wurde. Der Krieg hatte das Land wirtschaftlich ruiniert, danach herrschte sowjetische Mangelwirtschaft. Bei Beginn der sowjetischen Besatzung Ende 1944 war Theodor Ghitescu zehn Jahre alt. Nach der Schule studierte er Bauingenieurswesen. Wie und unter welchen Umständen er Schach gelernt hat, ist nicht bekannt. Seine erste Partie in der Mega Database datiert aus dem Jahr 1955, Ghitescu spielte in der rumänischen Nationalmannschaft bei der Qualifikation für die Europamannschaftsmeisterschaft mit.
Gruppenfoto, Bratislva 1957
Zwischen 1956 und 1984, also über einen Zeitraum von fast 30 Jahren, nahm Ghitescu mit der rumänischen Mannschaft an insgesamt zwölf Schacholympiaden teil und spielte zumeist an Brett drei hinter Gheorghiu und Ciocaltea. Seine beste Leistung zeigte er bei der Schacholympiade 1962 in Varna am 2. Brett mit 8,5 Punkten aus 13 Partien und der viertbesten Leistung an diesem Brett.
Ghitescu 1960
Zwei Jahre zuvor, bei der Schacholympiade in Leipzig, war dem rumänischen Meister gegen den jungen US-Star Bobby Fischer eine peinliche Panne passiert.
Sehr viel besser lief es bei dieser Schacholympiade für Ghitescu gegen den ehemaligen Weltmeister Max Euwe. Der Niederländer wurde im Königsindischen Angriffwirbel weggespült.
Dafür hatte der rumänische Spitzenspieler bei andere Gelegenheit gegen einen weiteren Weltmeister, zum Zeitpunkt der Partie schon Ex-Weltmeister, das Nachsehen.
Ghitescu nahm dreimal an Europamannschaftsmeisterschaften (1965, 1973, 1977) teil und einmal an Mannschaftsweltmeisterschaften (1985). In den 1950er Jahren spielte er zudem dreimal bei Studenten-Mannschaftseuropameisterschaften mit (1956, 1957, 1958). Und von 1971 bis 1986 beteiligte er sich mit der rumänischen Mannschaft dreizehn Mal an den Balkanmeisterschaften, gewann mit dem Team zweimal Gold, fünfmal Silber und sechsmal Bronze.
Schach als Wintersport
Theodor Ghitescu nahm im Laufe seiner Karriere an zahlreichen rumänischen Landesmeisterschaften teil, gewann diese einmal (1963), wurde viermal Vizemeister (1961, 1972, 1975, 1977) und zweimal Dritter (1959, 1971). Ghitescu durfte auch an einer Reihe von internationalen Turnieren im Ausland, auch in Westeuropa, mitspielen.
1964 wurde er in Zinnowitz (DDR) geteilter Zweiter, 1965 in Amsterdam im IBM-B-Turnier ebenfalls Zweiter und 1966 in Bewerwijk im B-Turnier Erster.
Ghitescu in Bewerwijk | Foto: Holländisches Nationalarchiv
Als Sieger durfte Ghitescu im folgenden Jahr das A-Turnier bestreiten, wurde dort aber zusammen mit Karl Robatsch nur geteilter Dreizehnter. Seinen einzigen Sieg feierte er gegen Jan Hein Donner, allerdings auf überzeugende Weise.
Zur Ehrenrettung des großen Niederländers sei erwähnt, dass Donner die anderen beiden Partien, die er gegen Ghitescu spielte, gewann.
1973 konnte Ghitescu seinen Erfolg wiederholen und gewann erneut das B-Turnier.
1976 gewann Ghitescu zudem das Internationale Turnier von Bukarest. Bei der rumänischen Meisterschaft in Sibiu 1977 gelang ihm ein hübsches Matt gegen Gheoghiu.
In der folgenden Partie kam er gegen den späteren FIDE-Vizepräsidenten Georgios Makropoulos zum Erfolg, mit etwas Glück:
1961 wurde Ghitescu zum Internationalen Meister ernannt. 1986 verlieh ihm die FIDE ehrenhalber den Titel des Großmeisters. 2001 beendete Ghitescu seine Karriere als Turnierspieler. Er starb am 22.November 2008.
"Er war ein sehr korrekter Spieler und auch kein Partienhändler," erinnert sich Vlastimil Hort, der einige Male gegen Ghitescu gespielt hat.
Die Fotos in diesem Beitrag stammen, wenn nicht anders angegeben, aus dem Online-Fotoalbum von Marian Stere und bieten einen faszinierenden Einblick in diese Zeit.
Marian Steres Fotoalbum rumänischer Spieler...