Na also, es gibt sie noch. Die alte europäische Kaffeehaustradition, bei der man in geselliger Runde, bei Kuchen und Kaffee vielleicht, über die wichtigen und weniger wichtigen, aber aktuellen Dinge des Lebens plaudern kann.
Früher gab es in allen großen Metropolen Europas solche Kaffeehäuser. Im Café de la Régence sprachen Gäste wie Denis Diderot, Benjamin Franklin, Jean-Jacques Rousseau oder Napoleon Bonaparte über Schacheröffnungen und Menschenrechte und bereiteten die Französische Revolution, die Unabhängigkeitserklärung der USA oder die Rochade in der Philidor-Verteidigung vor.
Die Hochburg der europäischer Kaffeehauskultur war jedoch Wien. Unzählige Schachspieler trafen sich im 19. Jahrhundert in den zahlreiche Cafés der Hauptstadt der Donaumonarchie nicht nur, aber auch, zum Schach. Wiener Kaffeehäuser waren eine Art öffentliche Wohnzimmer, in denen man bei einer Tasse Kaffee stundenlang ungestört seiner Beschäftigung nachgehen konnte - Zeitung lesen, schwatzen, Romane schreiben wie Stefan Zweig und unzählige andere Literaten, oder eben Schach spielen. Im Wiener Kaffeehaus traf sich die Avantgarde. Seit 2011 zählt die UNESCO die Wiener Kaffeehauskultur zum immateriellen Kulturerbe der Welt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand die Kaffeehauskultur jedoch allmählich und im berühmten Café Museum, wo die Schachspieler seit über hundert Jahren im "Beethovenzimmer" ihrem Hobby nachgingen, wurde das Schachspielen sogar verboten.
An manchen Stellen wird die alte Kultur jedoch noch gepflegt und im Café Schopenauer, dem früheren Café Zoglmann, findet man all das, was das Wiener Kaffeehaus ausmacht: Kartenspieltische, Tageszeitungen, Schach-und Backgammonspiele und Bratwürstel mit Sauerkraut.
Und nun gibt es hier auch etwas, was selbst zu den besten Zeiten der Wiener Kaffeehauskultur nicht existierte - ein Frauen-Schachclub.
Gegründet hat diesen Karoline Spalt. Zum Schach ist sie über ihren Mann gekommen, der für sein Hobby aus beruflichen Gründen keine Zeit mehr hatte und es deshalb aufgeben wollte. Also lernte Karoline Spalt selber Schach, damit ihr Mann zuhause einen Spielpartner fand. Zwar konnte sie als Spätberufene in der Spielstärke nicht mithalten, fand die Beschäftigung mit dem Spiel und seiner Kultur aber trotzdem großartig.
In einem Artikel, den "Die Presse" veröffentlichte, gab Karoline Spalt einige ihrer Einsichten über das Schach weiter:
„Das Schöne an Schach ist, dass es egal ist, wer man ist. Es sei das ehrlichste Spiel der Welt. Man gewinnt, wenn man gut ist, und verliert, wenn man einen Topfen spielt. Es ist schwarz und weiß. Es gibt keine Grautöne und auch kein Multitasking. Schachspielen entspannt psychisch und hat sogar etwas Eskapistisches. Man kann sich zurückziehen in eine wunderbare, gerechte Welt!“
Die Frauen treffen sich einmal im Monat in ihrem Schachclub "Frau Schach".
Artikel über "Frau Schach" in "Die Presse"...
Frau Schach-Webseite...
Café Schopenhauer...